10877. AN DEN GENERALLIEUTENANT VON MANTEUFFEL.
Landshut, 17. April 1759.
Eure beide letztere Schreiben vom 10. dieses habe Ich erhalten, und bin Ich von der mit der feindlichen Garnison getroffenen Capitulation wegen Uebergabe der Peenemünder Schanze recht wohl zufrieden gewesen.172-2 Ihr habet auch ganz recht gethan, die gesammte Garnison als Kriegesgefangene nach Stettin abzuschicken, indem Ich aus denen Euch vorhin bekannt gemachten Ursachen172-3 nicht mehr convenable finde, ein oder andere von denen kriegesgefangenen schwedischen Officiers auf ihre parole d'honneur [zu entlassen],172-4 da sie solche, wie Ihr Mir<173> jetzo abermalen überzeugende Proben davon anzeiget, so gar schlecht zu beobachten, sich gar keinen Skrupel machen.
Es ist auch ganz recht, dass Ihr nur das Fort gänzlich rasiren lasset, wozu Ihr dann das dortige Landvolk employiren könnet, und Ihr damit um so viel eher zum Stande kommen werdet, als solches bei der letztern Einnahme173-1 ohnehin sehr delabriret worden. Es ist in jetzigen Umständen eine schlechte Bicoque, so nichts defendiret, wohl aber allemal embarrassiret und eine Garnison exponiret.
Die in der Schanze befindlich gewesene Canons habet Ihr sowohl als die Schwerinschen auf Stettin, und von dar, was metallene darunter seind, nach Berlin weiter bringen zu lassen, dem Generallieutenant von Rochow aber dabei zu schreiben, dass er alles, was kleines Zeug ist, nach Meiner Intention nur zum Einschmelzen gebrauchen lassen soll. Was aber Zwölfpfünder davon seind, solche könnet Ihr behalten, auch die Sechspfünder gegen Dreipfünder bei Eurem unterhabenden Corps austauschen. Alles übrige kleine Zeug, als Zweipfünder und dergleichen mehr, soll nur zu Berlin eingeschmolzen werden.
Was das Kartell mit denen Schweden betrifft,173-2 da bin Ich zufrieden, dass die Conferenzen deshalb zwischen denen Commissarien angetreten und das Kartell zur Auswechselung auf ein gewisses Geld par tête reguliret und dergestalt alles bis zu Meiner Ratification arrangiret werde; welchem ohnerachtet Ihr dennoch die kriegesgefangene schwedische Officiers, so auf ihre parole d'honneur vorhin reclamiret worden, noch reclamiren könnet, dass solche sich persönlich sistiren müssen.
Dieweilen auch nach dem mehrerern Einhalt Eures besonderen Schreibens vom 10. dieses der Capitän von Ehrengranat, sich, da er auf parole d'honneur als Kriegesgefangener zurückzugehen, Urlaub erhalten, dennoch, wider alles, was unter ehrliebenden Officiers der Gebrauch ist, von allerhand sehr präjudicirlichen Briefen, um solche heimlich mit durchzubringen, chargiret hat, so sollet Ihr solchen nur zu Stettin ferner, und zwar unter guter Aufsicht in genauem Arrest halten lassen, auch deshalb das nöthige an des General von der Infanterie Herzog von Bevern Liebden schreiben, die bei ihm gefundene Briefe aber, die ausserdem wenig releviren, könnet Ihr nur ins Feuer werfen lassen.
Was Ich Euch übrigens, jedoch hauptsächlich und vor allen Dingen, recommandire, ist, dass Ihr bei dem Commando über dortiges Corps eine scharfe und sehr exacte Disciplin, insonderheit aber bei denen preussischen Regimentern, halten sollet; denn es nicht erlaubet, noch kaum zu glauben ist, wie sehr diese Regimenter, als Ich solche im vorigen Jahre gesehen, sich wegen aller guter Ordnung, Disciplin und<174> Subordination relachiret haben.174-1 Dannenhero Ihr solche auf alle Weise wiederum retabliren und sie hereinbringen müsset; zu dem Ende Ihr sowohl den gemeinen Mann scharf unter der Disciplin und unter dem Stock halten lassen, als auoh die Officiers in der gehörigen Subordination und Ordre bringen müsset, so dass, wenn einer von ihnen etwas im Dienste und in der Subordination versiehet und fehlet, er sogleich und ohne einigen Scherz deshalb zu verstehen, davor angesehen und im Arrest gesetzet werden müsse; Ihr vor Euch aber sollet Euch, wenn was versehen worden oder wider den Dienst gehandelt wird, nicht sowohl an die Subalternen, als vielmehr an die Commandeurs halten und diese davor ansehen, dass sie nicht besser Acht geben und erstere in der gehörigen Disciplin und Subordination halten.
Alles dieses recommandire Ich Euch höchstens, denn Ihr Mir selbsten davor responsable bleiben sollet.
P. S.
Auch befehle Ich Euch hierdurch, dass Ihr nunmehro mit allen mecklenburgischen Sachen174-2 und was dergleichen sonsten ist, auf das fordersamste zum Stande und zur Endschaft zu kommen suchen, auch Euch überall dergestalt einrichten und parat halten sollet, auf dass, wenn es nöthig sein dörfte, Ihr ohnfehlbar kommenden 1. Mai mit dem unter Eurem Commando stehenden Corps im völligen Stande aufbrechen und Euch dahin, wo Ich es befehlen werde, wenden könnet. Ihr sollet Mir auch inzwischen melden, ob die dortigen Regimenter und Bataillons wiederum gänzlich complet sein oder nicht, ob sie fleissig exerciret haben, und wie solche in Ordre seind, zumalen da Ich in geraumer Zeit von allem diesen gar keine Nachricht bekommen habe; wie Ihr denn auch melden müsset, ob die Magazine und sonsten alles in fertigem Stande sei.
Friderich.
Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin.
172-2 Vergl. die Capitulation vom 10. April in den Danziger „Beyträgen“ Bd. VII, S. 605 ff. In ähnlicher Art, wie an Manteuffel, schrieb der König an General von Diericke über die Capitulation, indem er ihm gratulirt, „dass Sache so gut gemacht“ . [Weisungen für die Antwort, auf der Rückseite des Berichts von Diericke, Wolgast 11. April.] Vergl. auch S. 158.
172-3 Dieses Schreiben fehlt; gefangene schwedische Officiere hatten unerlaubte Correspondenzen geführt.
172-4 Vergl. S. 156.
173-1 Am 13. März 1758 durch die Preussen. Vergl. Danziger „Beyträge“ Bd. IV. 379. Vergl. auch Bd. XVI, 172. 298.
173-2 Vergl. S. 104.
174-1 Vergl. Bd. XVII, 475. Auf die Immediateingabe des Generalmajors von Kleist, des neuen Chefs des ehemals Rauter'schen ostpreussischen Infanterieregiments (vergl. Bd. XVII, 284), d. d. Güstrow 31. März, enthaltend das Gesuch, bei der durch den Abschied eines Capitäns eintretenden Vacanz ein allgemeines Avancement im Regiment stattfinden zu lassen, da die zum Avancement vorgeschlagenen alles Officiere seien, „die mit stärkstem Eifer Ew. Königl. Majestät attachiret seind“ , entgegnet der König: „Er rühmt; Zeichen dass nicht taugt. So schändlich bei Zorrnd[orf], nicht zu beschreiben! Meritiren nicht! Soll nur sorgen, erst ihr Devoir; sonst w[erde] sch[on] bessere schicken ...“ [Weisungen zur Antwort; am Rande des Gesuchs.]
174-2 Vergl. S. 88. 89. 100. 158.