10882. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.
Landshut, 19. April 1759.177-2
Eichel kommt auf die Angelegenheit des Generalmajors Graf Finckenstein, des Bruders des Ministers, zurück177-3 und schreibt :
Wann ich wüsste, dass denselben einige mehrere Exempel consoliren und beruhigen könnten, um ihm zu zeigen, dass, was occasione des Herrn Generallieutenant von Platen geschehen, nicht den geringsten personellen Rapport auf Ew. Excellenz Herrn Bruder hat, sondern vielmehr eine Suite von dem Principio ist, welches Se. Königliche Majestät in gegenwärtigem so gar sehr critiquen Kriege declariret haben, nämlich in dem Avancement unter Dero Herrn Generals Sich nicht an die Tour noch Ancienneté zu binden, sondern solches dergestalt zu machen, wie Sie glaubeten, dass es in gegenwärtigen Umständen Dero Dienst und die Beschaffenheit derer Sachen erforderte, so könnte ich noch die Exempel derer Herrn Generallieutenants von Finck und von Wedell177-4 allegiren, welche bekanntermaassen von denen jüngsten Generalmajors waren, als des Königs Majestät glaubeten, dass zu Soutenirung des Commando, so Sie ihnen anvertrauen wollten, es nöthig sei, ihnen den Grade und Caractère vom Generallieutenant beizugeben; anderer Obristen zu geschweigen, so noch von den jüngsten waren, die zu Generalmajors ernennet und ihnen Regimenter conferiret worden. Des Königs Majestät seind auch in diesem Dero Sentiment und von der Nothwendigkeit dessen in gegenwärtigem so sehr bösen Kriege dergestalt confirmiret, dass sie bei einer gewissen Gelegenheit ohnlängst declarireten, wie dass, wenn Sie einen Fähnrich bei der Armee wüssten, der die Qualitäten des Prinz Eugène de Savoie besässe, Sie denselben, ohne Sich an einige Tour zu kehren, zum Generalfeldmarschall declariren würden; und da der Generalmajor Baron von Schönaich einige Sensibilité über das Avancement einiger Generallieutenants, so hinter ihm gestanden, bezeigete und deshalb, ob es schon bei dem zweiten Marsch in die Cantonnierquartiere zu der zu eröffnenden Campagne<178> war, etwas vom Abschiede schrieb, haben des Königs Majestät ihn beim Wort genommen und demselben solchen gleich accordiret . . .
Hier ist bis dato noch alles in denen vorigen Umständen, und des Königs Majestät continuiren noch bis dato in Ihrer bisherigen Position, obgleich, so zu sagen, alle Tage mit einem Fuss im Steigbügel, da der Feind hergegen seine Truppen beständig in Marches und Contremarches erhält und es fast scheinet, als ob er eine Offensive hiesigerseits besorge, wovon der Ausgang decidiren muss. In Oberschlesien hat sich der General von Fouqué mit seinem unterhabenden Corps d'armée gegen den Feind in Bewegung gesetzet, wozu Gott allen Succès geben wolle! welches sich nächsten Tages ausweisen muss.
Wir haben hier jetzo mehreren Winter, als wir nicht im Januario und Februario gehabt haben, und frieret, schneiet und regnet es beständig eins um das andere; ob diese rude Saison weiter als in den hiesigen Gebirgen gehet, kann ich nicht sagen.
Ob ich gleich nicht vom Métier bin, so kommet mir doch das Manœuvre und die Contenance des Feindes in dem hier benachbarten Böhmen so vor, als ob derselbe nichts gerne eher engagiret sehen möchte, bevor er nicht von der Anrückung der russischen Armee auf der andern Seite versichert sei, und dass diese das Branle gebe.
Der Allerhöchste wolle des Königs gerechte Sache souteniren und alle übele und gefährliche Complots derer Feinde confondiren. Ew. Excellenz gnädigem Andenken empfehle ich mich als ein alter, treuer und fast von Tag in Tag schwächer werdender Diener und178-1 mit Beibehaltung des besten Willens bis auf das letzte bald succombiren wird.178-2
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
177-2 Auf einem Bericht des Generalmajors von Rebentisch, Johnsdorf 19. April, findet sich die Weisung zur Antwort: „Auf diesseits Trautenau nichts als Banden Kroaten, die wirkliche Armee jenseits Trautenau und nach Politz.“
177-3 Vergl. Nr. 10866.
177-4 Vergl. S. 138.
178-1 So; statt „der“ .
178-2 Eichel starb 1768 im Alter von 72 Jahren.