11236. AN DEN GENERALMAJOR VON WOBERSNOW.

Im Lager bei Schmottseifen, 19. Juli 1759.

Ich habe Euren Bericht unterm 16. dieses wohl erhalten, und muss Ich Euch darauf in Antwort vermelden, dass Ich dem Generallieutenant Grafen von Dohna auf sein Schreiben unterm 17. dieses in Antwort ertheilet habe,422-1 dass Ich ihm zuvörderst befähle, da die Polen nichts zur Armee gebracht hätten, dass von denen zur Bezahlung der Naturalien in Polen assignirten 100000 Reichsthaler nichts bis auf Meine weitere Ordre ausgegeben werden sollte. Ich könnte übrigens ohnmöglich alle die Sottises approbiren, die Ihr gethan hättet,422-2 indem ein mediocrer General, der betrunken, eine Armee nicht toller commandiren könnte. Ihr hättet weder Vorsorge für Euer Brod getragen, noch weniger für die Feldapotheke, so Euch nachgeschicket worden. Alles, was Ihr zu thun gehabt, hättet Ihr zu spät gethan. Aus Euren Relationen sähe Ich, dass Ihr Euch in Polen herumtreibet, und weiter nichts. Ein vernünftiger General müsse ein Dessein haben und solches mit Vigueur und Habilität ausführen; allein bei allen Euren Märschen, bei allen Euren Vornehmen da sehe Ich nichts wie Querzüge. Ihr wäret ja nicht d'accord mit Euch selbst, was Ihr nämlich wolltet und nicht wolltet; dieses würde Ich leider sattsam aus allen Sottisen gewahr, die Ihr begangen hättet und noch begehen würdet. Ich würde, wo Ihr so fortführet, durch Eure üble Conduite in Unglück kommen, und wäre es gewiss Schade, dass bei einer so schönen Armee solche unverständige Generals wären. Ihr hättet Husaren und alles, so erfordert würde, und wüsstet es nicht zu gebrauchen. Ihr liesset Euch abschneiden und ginget bei Posen über die Warthe und schnittet dem Feinde nichts ab, vielmehr liesset Ihr alles vom Feinde hinmarschiren, wo es nur immer wollte.

In summa, Ich sagte Euch nur den geringsten Theil der Fehler, die Ihr begangen hättet und da ein Buch von zu schreiben wäre, und Ich könnte Mir von Euerer üblen Conduite nichts versprechen, als dass entweder durch Euere Irresolution und unvernünftige Handlungen Ihr über Hals und Kopf würdet zurückgejaget werden, oder dass Ich erfahren würde, dass Ihr diesseits der Oder Euch unter die Kanonen von Glogau würdet verstecket haben. Ein habiler General, so die Armee commandirte, würde den Feind erst platt vor ....422-3 abgeschnitten haben, auch alle Mesures genommen haben, dass ihm weder Lebensmittel noch Succurs hätten zukommen müssen. Wenn sich der Feind von Posen gerücket hätte, so würde er ihm die Stadt und die Magasins darin weggenommen haben und wäre ihm nachher im Rücken marschiret und hätte eine affaire d'arrrère-garde mit ihm engagiret, da er gewiss bei gewinnen müssen, und hätte der Feind<423> also mit vielem Vortheil und guter Disposition attaquiret weiden können, ehe er an die schlesische Grenze gekommen wäre. An Eure423-1 Seeen und vortreffliche Kanonnadens wäre Mir gar nichts gelegen. Ich könnte hier nicht fort, sonst Ich schon vorlängst bei Euch sein würde; so aber muss Ich Mir genügen lassen, Meine Armee dem glücklichen Hasard zu überlassen, denn es müsste solcher mehr dabei ausrichten als die Weisheit der Generals, so sie commandirten.

So viel könnte Ich Euch nur dabei schreiben, dass wir hier den General Laudon, so nach Krossen marschiren wollen, mit ein paar Mouvements wieder zur österreichschen grossen Armee zurückgetrieben hätten.

Ihre polnische Campagne meritiret gedruckt zu werden, vor ein ewiges Exempel, was von keinem vernünftigen Officier muss gefolget werden. Alle Sottisen, die man im Krieg thun kann, haben Sie gethan, und nicht das geringste, was ein vernünftiger Mensch approbiren kann. Ich mache die Briefe, die daher kommen, mit Zittern auf.

Friderich.

Nach einer im Königl. Geh. Staatsarchiv befindlichen (jedoch nicht fehlerlosen) Abschrift der Ausfertigung;423-2 der Zusatz war in der Ausfertigung eigenhändig.



422-1 Das für Dohna nicht günstige Schreiben ist in der Sammlung der Schreiben an Dohna (im Generalstabsarchiv) nicht aufbewahrt.

422-2 Vergl. S. 374. 389. 406.

422-3 Lücke in der Abschrift.

423-1 Vorlage: Euer. Wobersnow hatte in seinem Bericht wiederholentlich darauf hingewiesen, dass durch Seeen, die ihn vom Feinde trennten. seine Operationen gehindert würden

423-2 Die Ausfertigung war 1872 im Besitz des königl. preuss. Ingenieurhauptmanns Graffunder; über ihren Verbleib vermögen die Erben nicht Auskunft zu geben.