11972. AN DEN GENERAL DER INFANTERIE BARON DE LA MOTTE - FOUQUÉ.234-2
Freiberg, 4. April 1760.
Ich habe Euren Bericht vom 1. dieses erhalten, und, wie es Mir lieb gewesen, daraus zu ersehen, dass dorten weiter nichts veränderliches vorgefallen, so gratulire Ich Euch zu dem schönen Coup, welchen Ihr gegen den Feind ohnweit Böhmisch-Friedland gemachet habet.234-3 Ich wünsche, dass dergleichen mehr geschehen mögen, ob es schon in jetzigen Umständen weit decisivere Coups sein müssen, die uns aus dem Embarras ziehen sollen.
Damit Ihr auch von allem in der Connexion informiret sein möget, was von Seiten derer Russen in Polen vorgehet, so lasse Ich Euch vermittelst der abschriftlichen Anlage communiciren, was Mir Mein ordinärer Correspondent zu Danzig deshalb mit heutiger Post gemeldet hat, und werde Ich sehen, wie es weiter darunter gehen wird, da Ich inzwischen den Generallieutenant von Forcade mit einigen Bataillons vorerst nach Stargard zu gehen beordert habe.
Auf dass Ihr auch von dem Ungrunde des letztern Bruits, als ob ein russisches Corps von 12000 Mann bereits zu Krakau angekommen,234-4 um so mehr confirmiret werden möget, so lasse Ich Euch vermittelst anliegenden Extracts communiciren, was Meine letztere Briefe aus Warschau vom 26. voriges Mir darunter melden.234-5
Im übrigen schicke Ich Euch hierbei die Abschrift von einer gewissen Marschroute,234-6 so Ihr inzwischen bei Euch wohl zu asserviren habet, da solche nur praeparatorie und auf den Fall ist, wenn es nöthig wäre, davon Gebrauch zu machen, und dass solches die Zeitumstände nothwendig erforderten.
Friderich.
<235>Danzig, 29. März 1760.
Ew. König]. Majestät referire hierdurch allerunterthänigst, wie die russischen Truppen, welche diesseits der Weichsel und ohnlängst dieser Stadt gestanden haben, aufgebrochen sein und gegen Könitz marschiren, einige kleine Commandos sind davon nur hin und wieder bis zur Zeit zurückgeblieben. Dieses in Bewegung und in Marsch seiende Corps Infanterie halte ich 6000 Mann complet; die irregulären Truppen und Husaren hergegen, so sich mit demselben vereinigen sollen, davon bereits in Pommern in die Gegenden von Cöslin und Cörlin eine Partei jetzo herumschweifet, könnten aber gar wohl gegen 8000 Mann an der Zahl sein. Wie ich aus einem guten Kanal vernehme, ist darüber das Project, dass dieses Corps durch die Neumark bis ziemlich nahe gegen die Oder vorzurücken beordert seie; ob nun solches eine Avantgarde anzeigen soll, wird sich in kurzem zeigen müssen; allein bei dem gros d'armée ist noch alles beim vorigen, und ich glaube nicht, dass solche vor der Hand werde aufbrechen, da auch der Weichselstrom daran hinderlich ist und der Anfang des Eisganges täglich zu erwarten stehet. Wie ich aus verschiedenen Nachrichten und Veranstaltungen urtheile, soll der Feind sein Dessein auf Colberg haben.
Reimer.
Nach der Ausfertigung im Kaiserl. und Königl. Kriegsarchiv zu Wien.
234-2 Fouqués Berichte sind inj April aus Löwenberg datirt.
234-3 Die Ueberrumpelung eines österreichischen Postens bei Rückersdorf, wobei der Feind über 60 Mann an Todten und Gefangenen verloren hatte.
234-4 Vergl. S. 227.
234-5 Bericht Benoîts vom 26. März: „Il ne paraît pas encore que l'armée russe sera en état de recommencer ses opérations aussitôt qu'on se l'était promis. Ses recrues ne lui arrivent que très lentement et en plus petit nombre qu'on ne l'avait débité.“ Das zur Verstärkung heranziehende Corps Milizen sei nicht, wie man ausgesprengt habe, 20000, sondern nur 4000 Mann stark. — Eine Abschrift dieses Berichtes wird am 4. April auch dem General Goltz übersandt.
234-6 Eine Marschroute von Lövvenberg bis Stargard.