795. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BRESLAU.
Von dem Cabinetssecretär.
Chrudim, 21. April 1742.
„Ew. Excellenz werden aus dem einliegenden Schreiben mit mehrerm zu ersehen geruhen, welchergestalt des Königs Majestät Sich über das <122>bewusste Sujet noch näher expliciret haben. Nachdem Sie mir die Gnade gethan, mich ausführlich darüber zu sprechen, so kann Ew. Excellenz vor mein weniges Particulier aufrichtig versichern, wie dass Se. Königl. Majestät anjetzo in den besten Sentiments von der Welt stehen, sodass es sehr zu beklagen sein würde, wenn der wienersche Hof sich mal à propos roidiren und diese favorable Moments, welche, wann sie einmal vorbei und alteriret seyn dörften, vielleicht nie wieder kommen würden, sodass ich mit Assurance das bekannte Dicterium : Fronte capillata, posthac occasio calva122-1 davon sagen kann. Nachdem auch des Königs Majestät Dero Schreiben an Ew. Excellenz geschlossen, haben Dieselben gegen mich nochmalen wiederholet und Ew. Excellenz zu melden befohlen, Mylord Hyndford zu sagen, wie dass Se. Königl. Majestät den Frieden jetzo aus keiner andern Ursache wünschten, als weil Sie in Consideration zögen, dass, nachdem Sie dasjenige, so Sie nur immer verlangen konnten, bis auf das Schloss von Glatz in Besitz hätten und dabei in solcher Situation wären, dass Sie so leicht niemand daraus delogiren könnte, vielmehr Sie noch gegen andere Frontièren Dero Länder Face machen könnten, Sie fänden, dass wenn Sie ferner offensive agirten, Sie nichts anders thäten, als die Kron Frankreich überwiegend zu machen. Um nun zu verhüten, dass nurgedachte Krone die Balance nicht gänzlich emportirte und Dero vaste Desseins bei Danemark, Russland und den Türken ausführte, wären Se. Königl. Majestät determiniret, Dero Waffen unter honorablen, wenigstens nicht deshonoranten, Conditions zu legen. Der Effect davon würde ohnfehlbar sein, dass Frankreich sich in seinen Schranken halten müsste, dass das Haus Oesterreich zu einem avantageusen Generalfrieden kommen könnte, dass die Seepuissances nicht die Hälfte von Efforts thun dörften, um das Gleichgewicht zu erhalten, dass ein generaler Krieg evitiret und Europa wieder in Ruhe gestellet, auch durch die zwischen Sr. Königl. Majestät und den Seepuissancen nach gemachtem Particulierfrieden zu errichtende Defensivallianz letztere aus aller Inquiétude wegen Frankreich gesetzet würden; nicht zu gedenken, wie sehr à propos solches bei der jetzigen Fermentation in Engelland des Königs von Grossbritannien Majestät kommen wiirde, um sich davon bei seinem Parlament und bei der Nation zu prevaliren, und dass dadurch das alte System und die vorige Vertraulichkeit zwischen Engelland und Holland retabliret werden könnte.
Die Schwierigkeiten, welche bei denen geforderten Conditionen des Particulierfriedens vorkommen könnten, wären der Articul von Königgrätz. Wenn der wienersche Hof considerirte, wie nicht nur das sonst offerirte Oberschlesien weit einträglicher wie der königgrätzer Kreis und Pardubitz sei, und dass die Situation von Oberschlesien ihnen viel avantageuser wegen Ungarn, Oesterreich und Mähren wâre, wie <123>Königgrätz, so würde er finden, dass er bei solchem Troc eher gewönne als verlöre. Allenfalls aber, und wenn der wienersche Hof sich mit keinen Raisons bezahlen lassen wollte, so acceptirten Se. Königl. Majestät das offerirte Oberschlesien, wiewohl Sie allemal mehr vor Königgrätz und Pardubitz penchirten.
Die Schwierigkeit, welche sich bei der dritten Condition123-1 finden möchte, deshalb haben Se. Königl. Majestät in Dero einliegendem eigenhändigen Schreiben allen Zweifel gehoben.
Wegen des fünften Articuls soll Ew. Excellenz auf expressen Königlichen Befehl melden, dass Se. Königl. Majestät auf solchen sogleich renuntiiren und fahren lassen, mithin, sobald der Particulierfrieden seine Richtigkeit hat, Oberschlesien, ausser dasjenige, so Deroselben davon cediret wird, von Dero Truppen evacuiren wollen. Es approbiren daher auch Höchstdieselbe, dass Ew. Excellenz den Mylord Hyndford declariret, wie nach gezeichneten und ratificirten Präliminarien sowohl Mähren als Böhmen, soviel davon nicht an des Königs Majestät verbleibet, evacuiret werden soll. Und da die übrigen Conditiones ausser Contestation waren, so konnte die Sache auf einmal zur Richtigkeit kommen, wenn der wienersche Hof soviel Facilité bezeigte, als des Königs Majestät Geneigtheit wiesen.
Ich habe demnach Ew. Excellenz alles solches schuldigst melden und nur noch hinbeifiigen sollen, wie Se. Königl. Majestät zu Ew. Excellenz Einsicht und näheren Ueberlegung ausstelleten, ob es sicher und von einem guten Effect sein würde, wenn der Herr Graf von Podewils im Haag instruiret würde, in einer Conversation mit dem Pensionario in Holland oder mit dem Greffier Fagel von Sr. Königl. Majestät amiablen Sentiments gegen die See-Puissances, von Dero Inclination Sich mit solchen näher zu verbinden, wenn sie ihrerseits einen Frieden mit der Königin von Ungarn zu Wege gebracht hätten, und von allem übrigen, so Ew. Excellenz convenabel hielten, sich etwas zu äussern, um denen Holländern alle bisher gehabte Ombrage, als ob Se. Königl. Majestät wider das Interesse der Staaten Sich mit Frankreich über etwas concertiret hätten, zu benehmen, und den Pensionär oder Greffier in seinen guten Sentiments gegen des Königs Majestät zu fortifiiren. Alles dieses aber müsste auf eine sehr delicate Art und unter der Condition eines ohnverbrüchlichen Secrets geschehen“ . . .
.... Eger ist von den Franzosen eingenommen, und in Baiern hat sich Graf Khevenhüller bis Landshut zurückziehen müssen, sodass die Franzosen die Donau bis Straubing beherrschen und ihre Verbindung mit Böhmen wieder gewonnen haben. „Des Königs Majestät haben mir befohlen, diese Zeitung Ew. Excellenz sogleich zu überschreiben, mit dem Vermelden, dass Sie solche überall publique machen und den Mylord Hyndford davon entreteniren könnten ... Bei dieser Gelegenheit <124>haben des Königs Majestät Sich zurück erinnert, wie Mylord Hyndford in seinem Schreiben, worinnen er die Proposition von der Cession von Oberschlesien und der deshalb erhaltenen Vollmacht meldet,124-1 u. A. annoch gewisser Propositionen erwähnet, welche er dermalen nicht mit überschreiben, sondern solche Sr. Königl. Majestät mündlich zu eröffnen sich vorbehalten wollen. Höchstdieselbe befehlen mir demnach, Ew. Excellenz zu melden, wie Se. Königl. Majestät nunmehro von Mylord Hyndford zu wissen verlangeten, was diese Propositiones in sich hielten, und dass Ew. Excellenz dannenhero namens Sr. Königl. Majestät ihn darüber befragen und Sich deshalb auf sein Schreiben beziehen, ihm allenfalls solches auch selbst vorweisen möchten“ ....
Eichel.
Auszug aus der Ausfertigung.
122-1 Nach einer Fabel des Phaedrus.
123-1 Verstanden ist immer das Ultimatum vom 22. März, oben Nr. 751 S. 84.
124-1 1. Februar 1742. Vergl. die Anm. zu Nr. 687 (6. Febr.) 31.