12823. AN DEN GENERALLIEUTENANT FREIHERRN VON DER GOLTZ.
Meissen, 15. April 1761.
Ich habe Euer Schreiben vom 11. dieses erhalten, worauf Euch in Antwort diene, dass Ihr Euch in Eurem Judicio, so Ihr über die österreichschen Absichten fället, nicht betrüget. Bis dato seind solche nicht anders als defensives. Ich habe sehr grosse Mühe zu glauben, dass es mit denen Detachements, so Laudon machet, noch zur Zeit ein rechter Ernst sei. Es ist zwar wahr, dass die Oesterreicher sich mit denen Spaniern und dem Turinschen Hofe über die italiensche Sachen nicht verstehen können;337-1 demohnerachtet aber glaube Ich noch nicht, wie es schon so weit gekommen, dass es zum wirklichen Bruch ausschlagen werde. Was die Rebellion in Ungern angehet, da kann solche dem wienerschen Hofe nicht sonderlich viel Ombrage machen, weil, wann solcher ein Bataillon [3] oder 4 mit Canons nebst ein paar Regimenter Dragoner dahin schicket, selbige alsdenn alles sich dort versammlete<338> Zeug um desto eher wieder auseinander jagen, da solches keine Protection hat.
Was Ihr wegen des stillen Wehklagens der katholischen Pfaffen in Böhmen schreibet, davon kann die Ursache diese sein, dass selbige so starke Contributions jetzo bezahlen müssen, und dass sie deshalb die Hände ringen.
Den Frieden anlangend, da ist es zwar an dem, dass die Oesterreicher einen Congress deshalb zu Augsburg proponiret haben, aber Ich sehe aus allen ihren Anstalten, dass es ihnen kein Ernst damit ist, und zwar erstlich, weil sie nur ganz kürzlich hier die Auswechselungssachen sehr rüde rompiret haben, welches sie nicht gethan haben würden, wenn sie Friede machen wollten; 2) weil alle Meine Briefe von der russischen Armee lauten, dass bei solcher alle Anstalten zu Eröffnung der Campagne getroffen werden, und endlich auch 3) die verschiedene kleine Nachrichten, so Ich von Zeit zu Zeit bekomme, genugsam am Tage legen, dass es diesen Leuten noch gar kein rechter Ernst mit dem Frieden sei. Ich bleibe daher bei Meinem Projet und bin fest resolviret, nach Schlesien zu marschiren. Sonsten werdet Ihr wohl thun, diejenigen Regimenter, so zur Campagne destiniret sein, nur immer aus denen Garnisonen, wo sie jetzt stehen, herauszuziehen, damit Euer Haufe und Klump desto stärker und considerabler werde und Ihr um so wenigerem Hasard exponiret seid. . . .
Friderich.338-1
Nach der Ausfertigung.
337-1 Vergl. Nr. 12797. 12811.
338-1 Auf einem Berichte Hülsens, d. d. Freiberg 15. April, finden sich die Weisungen für die Antwort: „Ich dankte für die Nachricht. Hier hätten vorgestern die Oesterreicher drei bis vier Embuscaden gemacht, um Meinen Patrouillen aufzupassen. Nichts abgekriegt, als ein dummer Kürassierofficier, der sie verfolgen wollte und 10 Mann im Stiche gelassen. Ich hätte nun Forcade vorrücken lassen, damit auf allen Fall Infanterie da wäre, um die Redouten auf den Katzenbergen zu besetzen. Im übrigen würde noch alles so stehen bleiben, wie es wäre.“