12970. AN DEN GENERALLIEUTENANT PRINZ FRIEDRICH EUGEN VON WÜRTTEMBERG.
Kunzendorf, 19. Juni 1761.
Es ist Mir recht erfreulich gewesen, Ew. Liebden Schreiben vom 15. dieses zu erhalten. Was Dero Vorposten der Orten angehet, so diene deshalb in Antwort, dass Ew. Liebden vornehmstes Project und Augenmerk sein muss, Colberg zu souteniren. Dero reguläre Infanterie wird noch sehr nöthig haben, annoch exerciret und in gehöriger Ordnung gebracht zu werden. Es wird also wohl besser sein, dass Ew. Liebden solche zusammen behalten und nicht exponiren, en détail geschlagen zu werden. Ueberflüssig stark seind Dieselbe auch nicht; an<468> Infanterie haben Ew. Liebden nicht einen Mann zu viel, um Dero Posten recht gut zu defendiren. Litten Dieselbe einigen Échec, eher das Retranchement attaquiret würde, so würde dadurch Dero Infanterie decouragiret werden und alsdann nicht mit der Standhaftigkeit und Fermeté, so von ihr erfordert wird, das Retranchement auf den Fall einer Attaque defendiren. Mein Rath ist also, dass, wann sich Dero Kavallerie und Freibataillons nicht länger ferner souteniren können, solche zurückzuziehen; es wird am Ende doch dazu kommen müssen, und en gros in der Sache ist es ein Thun, ob sich das Corps einige Tage eher oder etliche Tage später zurückziehet.
Dem Prinzen wird ähnlich, wie dem General Goltz (Nr. 12968), Mittheilung gemacht von den muthmaasslichen Operationen der Oesterreicher und Russen in Sachsen und Schlesien und den Gegenmaassregeln, die der Prinz Heinrich und der General Goltz ergreifen sollen.468-1
Ich gestehe, wie Ich Mühe habe zu glauben, dass die Russen so viel auf einmal unternehmen sollten, sondern Ich halte, dass zuerst sie abwarten werden wollen, wie es mit ihrer Entreprise gegen Colberg gehen wird, wo Ich gewiss hoffe, dass sie sich den Kopf sehr zerstossen sollen. Das übrige wird von des Himmels Beistand und dem Glück, so wir haben werden, dependiren und, so embarrassant es auch vorerst ist, hoffentlich gut gehen.
Ich danke Ew. Liebden vor die Mir sonst communicirte Nachrichten. Die gehabte Unpässlichkeit des Generallieutenant von Werner beklage Ich, freue Mich aber, dass es mit ihm schon wieder auf dem Wege einer guten Besserung ist, davon die fernere Continuation wünsche und ihn solches nebst allem Meinem gnädigsten Wohlwollen zu versichern bitte.
Friderich.
Nach der Ausfertigung im Königl. Haus- und Staatsarchiv zu Stuttgart.
468-1 Ebenso wird am 19. dem Kriegsminister von Wedell Mittheilung gemacht von den Plänen der Oesterreicher und Russen und des Prinzen Xaver. Der König erklärt sich zufrieden mit dem zwischen den Ministern Wedell und Finckenstein „getroffenen Concert“ . (Vergl. Nr. 12935.) „Was die Stadt Berlin angehet, da werdet Ihr als ein vernünftiger und der Sachen erfahrener Mann am besten beurtheilen können, ob und wann es rathsam und nöthig sei, dem dortigen Geheimen Rath Kircheisen einige Ouverture davon zu thun, damit derselbe die wohlhabensten Leute alsdenn mit einer guten Art und so avertire, dass nicht alles zusammen in einen grossen Schreck gesetzet und ohnnöthiger Weise sich allarmire und davonlaufen wolle, ohne zu wissen, warum noch wohin.“ [Wedellsches Familienarchiv zu Ludwigsdorf.]