1515. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.
Von dem Cabinetssecretär.
Potsdam, 26. Juli 1744.
Nachdem des Königes Majestät den Inhalt der hierein hegenden Relation des Herrn Geheimen Rath von Klinggräffen ersehen, so haben Höchstdieselben mir darauf befohlen, an Ew. Excellenz zu melden, wie <224>Sie zu Beobachtung des Wohlstandes vor nöthig fänden, dass auch der Generallieutenant Graf Dohna zu Wien von Sr. Königl. Majestät en faveur des Kaisers gefassten Resolution informiret und dahin instruiret werde, in ganz modesten, doch energiquen Terminis dem dortigen Hofe vorzustellen, wie man sich zu Wien erinnern würde, dass Se. Königl. Majestät nach geschlossenem Breslauer Frieden von Anfang und jeher declariret hätten,224-1 wie Sie zwar allen Dero dadurch getroffenen Engagements ein gehöriges Genüge leisten und Sich von denen Démêlés, so die Königin von Ungarn mit andern Puissances hätte, ni pour ni contre meliren würden; daferne man aber solches dahin ziehen wollte, dass des Königs Majestät zugeben und nachsehen sollten, dass der Kaiser als einmal rechtmässig gewählter Chef des Reiches unterdrückt, dem Reiche und dessen Ständen Gewalt geschehen und deren wohlhergebrachte Freiheiten, Würde und Verfassungen alteriret würden, man seine Rechnung falsch machen würde, allermassen Se. Königl. Majestät als ein Churfürst und einer derer ersteren Stände des Reiches dergleichen nie gestatten, sondern, so viel an Ihro wäre, sich solchen Unternehmungen nach aller von Gott Deroselben verliehenen Macht widersetzen, mithin das Haupt des Reiches in seiner Würde und Autorité und die Stände desselben in ihren Rechten, Prärogativen und Freiheiten kräftigst zu souteniren Sich obligiret sehen würden. Wann aber alle diese Deroselben, zu Aufrechthaltung der Reichsverfassung sowohl als selbst zum wahren Interesse des österreichischen Hauses wohlgemeinte Vorstellungen und Declarationes ganz nicht in Consideration genommen, vielmehr die kaiserliche Autorité und Würde beständighin vilipendiret, die Stände des Reiches aber theils unterdrücket, theils wider deren rechtmässiges Oberhaupt aufgebracht werden wollen, auch verschiedene Mesures von weitem her solchergestalt genommen worden, dass dadurch die in des jetzigen Kaisers Person geschehene rechtmässige Wahl invalidiret, diejenige Churfürsten, so denselben einmüthig erwählet, in die äusserste Beschimpfung gesetzet, und die ganze Reichsverfassung einem völligen Umsturz exponiret werden muss : so hätten des Königs Majestät als ein Churfürst und Mitstand des Reiches Sich endlich gezwungen gesehen, wider alle dergleichen Attentata diejenige Mittel an die Hand zu nehmen, zu welchen Sie Sich als ein redlicher und patriotischer Fürst des Reiches verbunden zu sein erachtet hätten; Sie hätten deshalb mit dem Oberhaupte des Reiches und einigen derer mächtigen und wohlgesinneten Ständen desselben eine Union verabredet und geschlossen (von welcher die Copei des Recesses dem Generallieutenant Dohna mitgeschicket werden sollte), welche nichts anders zum Grunde habe, als des Kaisers Wahl, Würde und Rechte zu mainteniren, die Stände in ihren Prärogativen und das Reich in seiner Verfassung zu conserviren, auch den Frieden und die Ruhe im Reiche zu herstellen. Wie aber bei dem Verfall, worinnen <225>das Reich nebst dem Kaiser durch die gegenwärtige Conjoncturen gerathen, ein jeder ohnparteischer leicht zum Voraus sehen würde, dass diese Union den intendirten Endzweck nie zu Wege bringen werde, daferne nicht zugleich die dahin dienende Mittel zur Hand genommen würden, so hätten Se. Königl. Majestät als ein treuer Stand und rechtschaffener Patriot des Reiches Sich nicht entbrechen können, dem Kaiser bei denen Umständen, worinnen er gesetzet worden, eine Anzahl Dero Truppen als Auxiliaires zu überlassen. Des Königs Majestät nähmen von allen anderen Démêlés, ausser die, so das Reich angingen; keinen Antheil ; Sie würden vielmehr alle Dero Engagements, worinnen Sie mit allen Dero benachbarten Puissances ständen, religiosest observiren; nur allein als ein Reichsstand hätten Sie in vorermeldeten Stücken keine andere Resolution nehmen können, als die Sie genommen hätten, damit Sie Sich niemalen zu reprochiren hätten, als hätten Sie etwas von der Pflicht unterlassen, zu welcher Sie wie ein teutscher Fürst dem Kaiser und dem Reiche verbunden wären; wie ohngerne Sie auch zu einer solchen Extrémité gekommen wären, davon würden alle Dero Bemühungen, welche Sie Sich überall gegeben, um in dem Reiche einen redlichen Frieden herzustellen, ohnverwerfliche Zeugen sein; nachdem aber alles nichts verfangen und auf alle Dero deshalb gethane Vorstellungen nicht der geringste Egard genommen, vielmehr das Reich immer mehr und mehr in gefährliche Umstände gebracht worden, so hätten Sie als einer derer ersteren Reichsstände nicht anders gekonnt, als die diensamsten Mittel zu Erreichung Dero Endzweckes an die Hand zu nehmen, welcher, wie Sie nochmalen declariren wollten, kein anderer sei, als den rechtmässig erwähleten Kaiser in seiner Autorität, Würde und Rechten zu souteniren, die Stände desselben in ihren wohlhergebrachten Prärogativen und Freiheiten zu mainteniren und die Ruhe im Reich durch einen redlichen und beständigen Frieden herzustellen.
Alles dieses würden Ew. Excellenz recht wohl fassen, in eine gute Ordnung bringen und den Generallieutenant Graf Dohna desfalls instruiren,225-1 auch sonsten besorgen, dass ihm solches den 6. August par Estafette zugesandt werde, damit derselbe die behörige Declaration desfalls thun, zugleich aber das erforderliche wegen einer Schickung nach Stuttgart225-2 übergeben könne, wobei derselbe zu instruiren sein würde, wegen seiner Papiere die gehörige Précaution zu nehmen.
Dem von Klinggräffen könnte vorläufig davon Nachricht gegeben werden, jedoch dass er alles bis zu dem 6. oder 8. August menagirte, als um welche Zeit alsdann die Publication des Unionsrecesses auch wohl geschehen könnte.
Eichel.
P. S.
Wegen der Ausfertigung des Vorstehenden haben Se. Majestät nochmalen erinnert, dass alles mit einem auf das bestmöglichste zu beobach<226>tenden Secret geschehen müsse. Wobei des Königs Majestät noch erinnert haben, dass, dafern etwa die Königin von Ungarn zu der Zeit, da der Generallieutenant Dohna seine Declaration thun soll, zu Pressburg abwesend wäre, er solches, wie auch das wegen seiner Reise nach Württemberg erforderliche, schriftlich verrichten soll.
Eichel.
Nach der Ausfertigung.
224-1 Vergl. Bd. II, 304. 305. 441. 472. 477. 478. 481.
225-1 Das Rescript an Dohna, d. d. Berlin 28. Juli, siehe Preussische Staatsschriften I, 465.
225-2 Vergl. oben Nr. 1505 S. 213.