1665. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU IN NEISSE.

Berlin, 26. December 1744.

Ich habe nicht anstehen wollen, Ew. Liebden hierdurch zu benachrichtigen, wie Ich sowohl von Wien aus selbst, als sonsten von anderen Orten mehr her, ganz zuverlässig erfahren habe, dass das mehrste, was von feindlichen Völkern nach Oberschlesien marschiret ist, aus ungarischer National-Miliz bestehet, und solche nur allein von einigen andern regulirten Truppen soutenirt wird. Im Glatzischen hiergegen sollen auch nur fünf bis sechs Regimenter stehen. Ich werde Ew. Liebden alles, was Ich von dergleichen Zeitungen erfahre, fordersamst communiciren lassen. Bei diesen Umständen nun, und da, wie gedacht, das mehrste der feindlichen Truppen nur in ungarischer Miliz bestehet, sollte Ich glauben, dass Ew. Liebden Mein Regiment Garde dorten in Oberschlesien nicht so sehr nöthig haben werden, und würde es Mir daher lieb sein, wenn solches das erste sein würde, welches Ew. Liebden in die destinirte Garnison nach Breslau zurückschicken könnten. Sonsten habe Ich die Ordre gestellet, dass mit der kommenden Montag nach Breslau und Neisse abgehenden fahrenden Post 15,000 und etliche 100 Reichsthaler baar nach Neisse gesandt werden sollen, um zu der dort noch nöthigen Fortifications-Arbeit gebraucht zu werden. Ew. Liebden wollen also dahin sehen, dass diese Gelder dort gut angewendet und das nöthigste davor gemacht werde.

Bei dieser Gelegenheit habe Ew. Liebden noch im Vertrauen er- öffnen wollen, wie Ich gestern dem sächsischen Minister allhier, dem von Bülow, eröffnen lassen, dass, da Ich vernommen, dass des Königs von Polen Majestät nächstens von Warschau nach Dresden zurückgehen, Dero Tour aber über Krakau, Teschen, Olmütz und Prag nehmen wollten, Ich Mich sehr gerne offerirte, daferne sonsten gedachtes Königs Majestät diesen Umweg sparen und gerade durch Schlesien nach den sächsischen Landen gehen wollten, Ich Deroselben und Dero Hof und Suite nicht nur die freie und sichere Passage durch Schlesien zustehen, sondern selbst Deroselben alle einem gekrönten Haupte gebührende Honneurs auf solcher Passage erweisen lassen wollte. Obgedachter <372>Minister hat diese Offerte mit sehr vieler Erkenntlichkeit angenommen, und versprochen, sowohl dem Hof zu Dresden als dem König seinem Herren nach Polen sofort davon Part zu geben. Ferner habe Ich gedachtem Minister declariren lassen, dass, da der wienerische Hof den Bruit ausstreuete, als ob die sächsischen Truppen, welche der Königin von Ungarn en auxiliaire überlassen worden, nicht allein in Böhmen défensivement, sondern auch sonsten und überall offensivement gegen Mich agiren würden, Ich also darüber eine prompte und kategorische Explication und Antwort von seinem Hofe verlangte, wessen Mich deshalb zu versehen hätte. Gedachter Ministre hat sich darauf dahin herausgelassen, wie er ermeldtem Bruit nicht den allergeringsten Glauben beilegen könnte, da alle seine bisherige Instructiones positive dahin gingen, wie er aus allen seinen Kräften dahin arbeiten solle, dass die Freundschaft ' und Harmonie zwischen Mir und dem König seinem Herren völlig wiederhergestellt und die Continuation der guten Nachbarschaft zwischen beider Lande und Staaten solchergestalt unterhalten würde, als ob die Ueberlassung der Auxiliartruppen an die Königin von Ungarn nie geschehen sei; inzwischen er darüber näher bei seinem Hofe anfragen und eine kategorische Erklärung deshalb bewirken wollte. Bei welchen Umständen denn Ich glaube, dass wir von sächsischer Seite nichts zu besorgen haben werden. Uebrigens wiederhole nochmalen, was Ew. Liebden bereits wegen Meines Regiments geschrieben, und werde Ich gerne sehen, wenn solches nach Breslau zurückgehn kann. Ich bin mit aller Hochachtung Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Was ich Ihnen hier schreibe, habe wohl von vier unterschiedenen Orten her, so dass Sie darauf Staat machen können.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst. Der Zusatz eigenhändig.