2098. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU IN TORGAU.
Hauptquartier Bautzen, 9. December 1745.
Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ich bin extrem frappiret worden, als Ich aus Ew. Liebden Schreiben vom 7. d. ersehen habe, wie Dieselben den Sinn Meiner Ordre vom 4. d. so genommen haben, als ob Sie über die Elbe diesseits gehen und auf dieser Seite zum General Lehwaldten stossen sollten. Ich muss Ew. Liebden sagen,<369> dass Ich Dero bisherige Operationes nicht approbiren kann, weil solche so langsam gehen, und wo was im Stande wäre, Mich hier in Unglück zu bringen, so wäre es gewiss Ew. Liebden Saumseligkeit. Hier seind zehn dergleichen Schlösser mit Landmiliz besetzet, welche wir alle hegen lassen und uns nicht daran kehren. Es ist Mir nicht in den Sinn gekommen, dass Ew. Liebden über die Elbe kommen sollten; Ich weiss auch nicht, wie Ew. Liebden der Gedanke kommen können, dass Sie über die Elbe diesseits kommen wollten; wenn Dieselbe diesseits kommen, so wäre solches eben so viel, als Mir hier das Messer an der Kehle gesetzet. Ich begreife auch nicht, wie Ew. Liebden diesseits der Elbe Meissen nehmen wollen, da dieser Ort jenseit der Elbe liegt, noch weniger begreife Ich, wo Ew. Liebden dann diesseits der Elbe weiter hin wollten. Ich schicke daher Ew. Liebden den Capitän von Oelsnitz hin, damit Dieselbe einmal auf eine convenable Art und nach Meiner Intention agiren mögen. Alle Meine Officiers verstehen Meine Ordres, die Ich deutlich und positiv genug gebe. Ich kann also nicht begreifen, warum Ich das Unglück habe, dass Ew. Liebden Mich nicht verstehen. Da Ew. Liebden einen so guten Vorrath an Mehl zu Torgau gefunden haben, so können Sie jedoch, ohne Dero Operationes aufzuhalten, die Anstalten machen, dass Ihnen das Mehl auf der Elbe nachgebracht werde, dann in Meissen backen lassen und Dero Operationes jenseit der Elbe gegen Dresden fortsetzen, wie Ich so deutlich und oft geschrieben. Ich muss Mir vorstellen, dass es mit der Contribution, welche Ich Ew. Liebden von der Stadt Leipzig und sonsten beizutreiben befohlen habe, nicht besser noch geschwinder gehen werde; dahero denn Ew. Liebden mit mehrerer Promptitude Dero Sachen zu machen und Meine Ordres zu executiren haben, sonst wir nicht Freunde bleiben können. Ich bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter
Ich kann nicht leugnen, dass ich gar übel von Ihr Durchlaucht Manceuvres zufrieden bin; Sie gehen so langsam, als wenn Sie Sich vorgenommen hätten, mich aus meiner Avantage zu setzen, und weiln diese Sachen ernsthaft seind, so rathe Ihnen als ein guter Freund, solche mit mehrer Vigueur zu tractiren, meine Ordres ponctueller zu executiren, sonsten sehe mir gezwungen, zu Extremitäten zu schreiten, die ich gerne evitiren wollte. Ich weiss auch, dass ich mir alle Mal so deutlich explicire, dass sein Tage kein Officier von meiner Armee geklaget hat, dass er mir nicht verstünde, und ist mein Feldmarschall der einzige, der meine deutliche Befehle nicht verstehen kann oder verstehen will. Ich kann es nicht begreifen und bin in dem grossen Missvergnügen, denn Sie bringen mir um Ehre und Reputation.
Friderich.
Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst. Der Zusatz eigenhändig.
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