2314. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Potsdam, 25. August 1746.

Des Königs Majestät haben mir heute nochmalen165-2 exprès befohlen, an Ew. Excellenz von Höchstderoselben wegen zu vermelden, dass Ew. Excellenz den Herrn Grafen von Podewils in der Reichsgarantiesache über den Dresdner Frieden ja sehr gründlich und deutlich in<166>struiren, auch die wienersche schriftliche Antwort166-1 durch ein sehr wohl ausgearbeitetes Promemoria166-2 beantworten möchten. Höchstdieselbe liessen Ew. Excellenz zu dem Ende noch nachstehende Gedanken communiciren, welche Dieselbe bestens erwägen und gebührenden Ortes mit einer solchen gegebenen recht guten Tournure mit einfliessen lassen möchten, nämlich:

Dass in dem Friedenstractat von keiner weiteren Garantie die Rede wäre, als dass Ich der Königin von Hungarn ihre teutsche Provinzien garantirte, so wie sie Mir überhaupt die Meinige zu garantiren versprochen hätte. Von keiner weitern Garantie wäre die Rede,166-3 und an den Friedenstractat hielten wir uns lediglich in gegenwärtigem Fall, ohne was neues drein zu mengen. Wenn sie auch verlangete die Pragmatique zu garantiren, so könnte ihr doch nicht mehr garantiret werden, als was sie wirklich noch besässe; exempli gratia, Brabant und dergleichen mehr hätte sie jetzo nicht, also könnte es ihr nicht garantirt werden. Da man jetzo zu einem Congress in Breda schreiten wollte, so wäre es jetzo noch nicht Zeit, von einer Garantie der Pragmatique zu reden, sondern man müsste erst sehen, wie es bei dem Congress darunter gehen würde. Es könnte geschehen, dass die Königin von Hungarn bei dem künftigen Frieden Cessiones erhielte, so würde sie sich alsdann selbst eher im Wege gestanden, als beförderlich gewesen sein, wenn man jetzo schon von einer Garantie der Pragmatique vage sprechen wollte.

Auf was Art der Hochselige König die Pragmatique garantiret, wäre Sr. Königl. Majestät unbekannt; die neuen zwischen Sr. Königl. Majestät und der Königin von Hungarn geschlossenen Tractate hebten<167> die altern Tractate auf,167-1 und wäre überdem Sr. Königl. Majestät nicht wohl anzumuthen, dem wienerschen Hofe zu Gefallen einen neuen Krieg anzufangen.

Uebrigens liessen des Königs Majestät an Ew. Excellenz bestens recommandiren, den Andrié von allem wohl au fait zu setzen und demselben deutlich vorzuschreiben, wie er sich deshalb gegen Mylord Harrington expliciren und über das ganz neu und übel ausgedachte Ansinnen des wienerschen Hofes beschweren sollte.

Dieses ist von Wort zu Wort, was des Königs Majestät mir befohlen haben, an Ew. Excellenz sogleich zu vermelden.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



165-2 Schon Tags zuvor hatte der König durch Eichel dem Minister eine kurze Weisung für die in Rede stehende Angelegenheit zugehen lassen.

166-1 Ein Promemoria, Wien 14. August 1746, Antwort auf ein preussisches Promemoria vom 4. Mai 1746.

166-2 Dasselbe ist dem Grafen Otto Podewils am 27. August zugesandt und am 16. September in Wien von ihm übergeben worden.

166-3 Das österreichische Promemoria vom 14. August macht die Ertheilung der Reichsgarantie für den dresdner Frieden davon abhängig, dass der König von Preussen die Garantie der Pragmatischen Sanction übernehme, wozu ihm Artikel 9 des Friedens eine Verpflichtung auferlege, welcher der unmittelbar vorangehende Artikel keinen Abbruch thun könne. Die beiden Artikel lauten: (8) „Sa Majesté l'impératrice-reine de Hongrie et de Bohême et Sa Majesté le roi de Prusse se garantiront mutuellement, de la manière la plus forte, leurs Etats, savoir Sa Majesté l'impératrice-reine de Hongrie et de Bohême tous les Etats de Sa Majesté Prussienne sans exception, et Sa Majesté le roi de Prusse tous les Etats que Sa Majesté l'impératrice-reine de Hongrie possède en Allemagne.“ Artikel 9: „Sa Majesté le roi de la Grande-Bretagne, outre la garantie particulière dont elle veut bien se charger de ce présent traité dans toute son étendue, voudra bien encore prendre sur soi de joindre ses soins à ceux des deux hautes parties contractantes, pour le faire non seulement garantir par la république des provinces unies des Pays-Bas, mais aussi par tout l'Empire, et de faire comprendre, inclure et garantir dans le futur traité de paix générale et par toutes les puissances qui y prendront part, tous les Etats et pays de Sa Majesté le roi de Prusse, et en particulier le traité de paix de Breslau et le traité présent de paix, tout comme les États et pays de Sa Majesté l'impératrice-reine de Hongrie et de Bohême.“

167-1 In der preussischen Antwort vom 16. September heisst es über diesen Punkt: Durch die Restriction des Artikels 8 des dresdner Friedens seien eo ipso diejenigen Verbindungen aufgehoben, „worin das Königl. Churhaus Preussen und Brandenburg ehedem in Ansicht der Garantie der Pragmatischen Sanction getreten und wovon ohnedem dem Kaiserl. und Königl. Ungarischen und Böhmischen Ministerio die Umstände und Conditiones, wie auch die damals darüber ausgestellte kaiserliche Declaration, nicht unbekannt sein können.“ Vergl. S. 185. 259. 26S. 272 und Bd. I, 159. 160.