3563. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

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Klinggräffen berichtet, London 11. März, dass der französische Geschäftsträger Durand aus dem Munde des Herzogs von Bedford erfahren habe, das englische Ministerium sei noch mit der Prüfung der Geheimartikel des russisch-österreichischen Bündnisses beschäftigt, ohne sich wegen des Beitrittes zu demselben entschieden zu haben. „Je lui [à Durand] ai encore conseillé de redoubler d'attention, puisque, selon moi, cette cour-ci ne cherchait qu'à gagner du temps et à endormir la France, et, quoique l'accession ne se fît pas présentement, j'étais fort porté à croire que la partie n'en serait pas moins liée et qu'on ne paraîtrait que lorsque la Suède serait peut-être subjuguée : qu'alors le secours de la France arriverait après coup.“

Klinggräffen berichtet, London 14. März, über eine Unterredung mit dem Herzog von Newcastle452-1 anlässlich der Gerüchte von einem bevorstehenden Kriege im Norden. „Je remarquai qu'il ne s'attendait pas à ces propos, ne lui avant jamais parlé jusqu'à présent d'affaires; aussi sa contenance fut-elle ébranlée au point qu'il osa me dire que de pareils bruits ne lui étaient point revenus, et que, sans qu'il fût question de la cour de Vienne, il ajouta que le sieur Keith avait marqué par ses dernières lettres que l'Impératrice-Reine l'avait assuré dans les termes les pins précis qu'elle était résolue de conserver la paix avec tout le monde. Je lui répondis que je ne parlais pas de la cour de Vienne, mais du Nord, sur quoi il ne put plus soutenir ce qu'il avait avancé, et il fut obligé de venir au fait, en s'expliquant en expressions assez mal rangées, qu'il lui paraissait que la Russie et le Danemark ne verraient pas avec indifférence que le système de gouvernement fût changé en Suède, alléguant en même temps la déclaration du sieur Panin452-2 ...

Potsdam, 24. März 1749.

Ew. Excellenz werden bereits ersehen haben, was der Herr Geheime Rath von Klinggräffen über die Position berichtet, worinnen die Sachen wegen der nordischen Affairen jetzo in Engelland stehen. Bei welcher Gelegenheit denn Se. Königl. Majestät mir befohlen haben, an Ew. Excellenz, jedennoch (wie Höchstderoselben eigene Worte waren) unter dem allerhöchsten Secret und lediglich zu Dero alleinigen Direction, zu vermelden, wie dass Se. Königl. Majestät das Glück gehabt hätten, durch einen besonderen, aber ganz und gar zuverlässigen Canal das ganze Système der beiden kaiserlichen Höfe und deren jetzige Negociation an dem englischen Hof wegen der nordischen Sachen zu decouvriren, worauf Ew. Excellenz, ohne zu scrupuliren, so gewiss rechnen könnten, als ob Dieselbe alle Papiere deshalb selbst eingesehen hätten.

Das ganze Système gedachter beider kaiserlichen Höfe wäre auf den zwischen ihnen in anno 1746 geschlossenen Defensivtractat452-3 gebauet, zu welchem aber dermalen ein höchst geheimer sécréter Articul besonders gemachet worden wäre. Des Königs Majestät soupçonniren, dass dieser secrète Articul auf zwei Objets roulire, und

Je ne remarquai que trop qu'il était persuadé en lui-même que Votre Majesté avait pour but que la forme du gouvernement en Suède fût changée, et je lui lus dans ses yeux et dans la façon de s'expliquer que son cœur démentait tout ce qu'il me témoigna approuver. Comme il oublia de répondre à l'accession de l'Angleterre au traité des cours impériales, j'eus encore soin d'en faire mention comme d'une chose assez publique. Il s'expliqua que l'accession n'était pas encore faite, mais qu'elle serait fort innocente en cas qu'elle eût lieu.“

zwar zuvorderst, zu verhindern, dass auf den Fall des Todes vom König von Schweden der Thronfolger nicht zur Succession gelangen, sondern demselben von der russischen Kaiserin ein anderes, derselben anständigeres Subjectum, nämlich der Prinz Friederich von Hessen (davon unten ein mehreres vorkommen wird) substituiret werden sollte, wozu die Oesterreicher ihre Assistance versprochen hätten, und dass demnächst die Russen wieder ihrerseits sich engagiret hätten, der Königin von Ungarn zur Reconnaissance wegen des von ihr geleisteten Beistandes in den Absichten auf Schweden zur Récupération von Schlesien behülflich zu sein.

Die zwischen beiden kaiserlichen Höfen nun seit einigen Monaten her vorgewesene und noch vorseinde Negociationes hätten hauptsächlich zum Objet gehabt, die beiden Seepuissances und zuvorderst Engelland zu obermeldetem Tractat von 1746 accediren zu machen, und zwar inclusive des vorerwähnten secreten Articuls, nicht weniger, solche zu disponiren, die mit ihnen wegen des bekannten russischen Auxiliaircorps errichtete Convention453-1 von neuem zu prolongiren. Zu welchem Ende dann nicht nur der p. Bernes und Bestushew dem Mylord Hyndford gegen Ausgang des letzteren Monat Decembris ein förmliches sogenanntes Invitations-Promemoria zugestellet, welches derselbe auch an seinen Hof gesandt, bisher aber keine Resolution darauf erhalten, obgleich nurgedachte Ministres sich flattiren, dass solche tagtäglich einlaufen werde, sondern es habe auch der Graf Tschernyschew zu London ohngefähr medio Januarii c. a. mit dem Duc de Newcastle über solche Angelegenheit gesprochen, darauf aber von diesem zur Antwort erhalten, wie er solchen Antrag ad referendum nehmen wollte, jedoch hinzugefüget, dass gleichwie der König von Engelland dermalen mit der République Holland in sehr engem und genauem Verständniss stände, also man englischer Seits in keine neue Conventiones noch Engagements sich einlassen könne, ohne sich mit Holland oder mit dem Prinzen-Statthalter darüber vorhero verstanden und ein gemeinsamliches Concert gefasset zu haben; worauf aber der p. Tschernyschew regeriret, dass wann Engelland nur allererst beigetreten sein würde, sodann Zeit genug übrig sein würde, die Generalstaaten zur Accession zu invitiren.

In welcher Crise dann die Sachen in Engelland, soviel davon bekannt, noch zur Zeit stünden, und es lediglich darauf ankommen würde, ob Engelland in Considération, dass die République Holland von keinen neuen Engagements hören wollte noch im Stande wäre, sich mit der-

 

gleichen einzulassen, die ganze Accession decliniren, oder aber nur simplement zum Haupttractat accediren — oder aber, ob solches dem ganzen Tractat inclusive der secreten Articuls beitreten, auch die ermeldte Convention prolongiren werde. Auf beide erstere Fälle vermeinen des Königs Majestät, dass der Friede noch conserviret werden könnte, im letzteren Fall aber sei der Krieg inévitable, und nicht zu zweifeln, dass die beide kaiserliche Höfe bei der allerersten Gelegenheit losbrechen würden. Es sind des Königs Majestät mit gleicher Zuverlässigkeit als obgedacht informiret worden, wie der Grosskanzler Bestushew bei dem wienerschen Hofe sehr insistire, dass letzterer mit dem fordersamsten eine kaiserliche Gesandtschaft nach Kopenhagen denominiren und senden solle; nicht weniger dass der Bestushew noch ohnlängst sich in einem Discurse gegen einen seiner allervertrautesten Freunde nicht ohndeudich entfallen lassen, wie die russische Kaiserin mit dem undankbaren Thronfolger in Schweden gar nicht zufrieden wäre und Dero Intention noch immer dahin gehe, den jungen Prinz Friederich von Hessen auf den schwedischen Thron zu bringen.

So viel ist es, was Ew. Excellenz von Sr. Königl. Majestät wegen unter dem grössesten Secret melden sollen, worunter um so mehr das mir anbefohlene sofort ausrichten wollen, als nicht zu zweifeln ist, dass des Königs Majestät bei Dero morgenden Ankunft zu Berlin Ew. Excellenz desfalls noch ganz ausführlicher sprechen werden. Ich vor mein weniges Particulier wünsche nur, dass des Königs Majestät Schreiben an den König von Engelland noch vorher eintreffen möge, bevor man dorten eine funeste Partie genommen, da dann noch zu hoffen wäre, dass solches Schreiben einige Impressions machen dörfte. Uebrigens haben des Königs Majestät mir befohlen, noch heute sowohl den Herrn von Klinggräffen, als auch den Herrn Grafen von Podewils, ingleichen den Chambrier und von Goltz, en gros und so viel einem jeden nach seinen differenten Umständen zu wissen nöthig sein dörfte, von obgedachtem Système und wie weit es damit gekommen, zu avertiren. Ich würde nicht ermangelt haben, Ew. Excellenz unterthänig zu ersuchen, die Besorgung deshalb gnädigst zu übernehmen und zu geruhen, mich von dieser mir auf die Länge fast ofmerträglich fallenden Arbeit zu dechargiren; die wenige Zeit aber zur Expedition alles erforderlichen, und da solches noch dazu sorgfältigst chiffriret werden muss, um morgen früh vor Sr. Königl. Majestät Abreise von hier unterschrieben werden zu können, obligiret mich, dass ich nebst aller meiner andern Arbeit mich auch, so gut ich kann, von solcher acquittiren, auch dergestalt in meinem Gehorsam noch weiter continuiren muss, bis es dem Höchsten gefallen wird, mein mühsames Leben zu endigen. Der Allerhöchste wolle inzwischen alle so sehr androhende Gefahr in Gnaden abwenden und diesen schweren Kelch vorübergehen lassen.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.

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452-1 Vergl. S. 397. 401.

452-2 Vergl. S. 373. 375.

452-3 Vergl. Bd. V, 183.

453-1 Vergl. Bd. V, 432.