Anmerkungen zum Jahre 1745.

Der östreich. Panduran, Oberst von Trenk, sagt in seiner Lebensbeschreibung über diesen Vorfall Folgendes: "Indessen hatte ich und der General Nadasti Gelegenheit, in die linke Flanke des preuß. Lagers einzudringen und beinahe des Königs ganzen Hofstaat und Bediente zu Gefangenen zu machen, auch nebst der Königl. des Prinzen von Preußen und des Prinzen Heinrichs ganze Bagage und Hofstaat sammt der Kanzellei und 6 Kanonen zu erobern etc. Es wurden dabei an 400 Gefangene<126> gemacht, auch erbeuteten wir eine Menge Pferde, bepackte Maulthiere und Wagen etc. Die Königl. Bagage fanden wir schon aufgeladen und im Weggehen begriffen, daher sie uns desto weniger Mühe verursachte. Dem König selbst war nicht das Gerigste weiter übrig geblieben, als wie er ging und stand. Selbst seine geheime Briefchatoulle fiel bei dieser Gelegenheit mit in unsere Hände, welche dem Prinzen Karl unverletzt eingehändigt wurde und wodurch Sachen von äußerster Wichtigkeit sollen entdeckt worden sein. In der Kriegskasse fanden wir 80,000 Dukaten, und der Werth der ganzen Beute wurde auf 2 Millionen geschätzt; denn auch die meisten Regimenter vom rechten Flügel hatten ihre Bagage hieher gebracht, weil sie vermeint bei der Königl. am sichersten zu sein. Unter den Gefangenen waren vornehmlich merkwürdig: der Königl. Flügeladjudant von Czeczwicz, 2 Lieutenants, die Herren von Buttler und Bachstein; ferner der Geheime Rath Eichel, der Hofrath Kesser (?), der Geheime Sekretair Kopper (Köppen) und 107 (?) Hof- und Stallbediente, auch ein Page des Prinzen von Preußen, Namens von Diezenhof. Des andern Tages schickte der König einen Trompeter an den Prinzen und ließ um Freigebung einiger seiner Bedienten, die er nochwendig brauchte, ansuchen, die ihm auch sogleich zurück geschickt wurden" (auch der Geheime Rath Müller war in Gefangenschaft gerathen).
     

Bei dem Gepäck des Königs befand sich auch eines seiner Lieblings-Windspiele, Biche genannt. Es gerieth also mit in östreich. Gefangenschaft. Die Generalin Nadasti nahm es zu sich und mußte verschiedene Male darum ersucht werden, ehe sie sich entschließen konnte, es zurück zu geben. Der König saß eben und schrieb als Biche wiederkam. Der General Rothenburg ließ sie leise, ohne daß der König es bemerkte, in die Stube hinein, und mit einem Sprung stand sie auf dem Tisch vor dem König' und legte die Vorderpfötchen um seinen Hals. Der König freuete sich so sehr, daß ihm die Thränen in die Augen traten. Biche hat in, Sanssouci ein kleines Denkmal erhalten und ihre Nachkommenschaft hat der König bis an sein Ende um sich behalten.

Büsching in seiner Charakteristik Friedrichs hat diese<127> Anekdote und auch eine andere, welche man von diesem Windspiele erzählt, nämlich: daß, als der König sich vor einem, unvermuthet erscheinenden, Trupp' Panduren unter eine Brücke retirirt, Biche ganz still sich an den König geschmiegt habe, als die Panduren über die Brücke geritten - widersprochen. Beide sind aber im Vorbericht der 13. Sammlung von Anekdoten (bei Unger in Berlin) vertheidigt und glaubwürdige Gewährsmänner dafür angeführt worden.

Es findet sich über dieses Gefecht folgender merkwürdiger Brief des Königs an einen seiner Staatsminister in Berlin. Er ist datirt Hermsdorf in der Lausitz den 27. Novbr. 1745 (es muß aber heißen: den 24sten).
     

"Ich habe Ihren Brief vom 22sten dieses Monats erhalten und ich bin mit allem, was Sie mir berichten, wohl zufrieden. Jetzt habe ich Ihnen zu melden, daß ich vorgestern mit meiner Armee in die Niederlausitz (soll Oberlausitz heißen) eingerückt bin, um den Feind aufzusuchen, welcher meine treuen Unterthanen mit allem Unheil und meine Staaten mit Verheerung bedrohete. Ich begegnete auf meinem Weg einem Corps Sachsen, welches sich mit östreichischen Truppen vereint aus Böhmen nach der Lausitz gewandt hatte, in der Gegend des Dorfes Hennersdorf, es wurde von einer meiner Kolonnen nach ziemlich langem Widerstand' geschlagen und gänzlich zerstreut. Wir haben in dieser Aktion 1050 Mann gefangen genommen, auch 31 Offiziere, unter denen der Oberst Subiron (O'Byrn) und verschiedene Offiziere vom Etat-Major, desgleichen den General Büchner (Buchner), welcher die Sachsen kommandirte, ohne die Deserteurs und die Umgekommenen zu rechnen. Wir haben auch 4 Kanonen, 3 Fahnen, 2 Standarten und 2 paar Pauken, desgleichen die Feldapotheke, die Munitionswagen etc. erbeutet, so, daß dieses Corps ganz vernichtet ist. Das Treffen hat drei volle Stunden gedauert. Ich marschirte unmittelbar nach dem Treffen gegen die Östreicher, welche der Prinz Karl von Lothringen kommandirt und die bei Görlitz kampiren; aber der Prinz fand es nicht gerathen, mich zu erwarten, und nachdem er die sämmtliche Bagage seiner Armee auf der Seite nach Zittau zu zurückgesandt und zu gleicher Zeit die sehr ansehnlichen Magazine, welche man für ihn aufge<128>häuft hatte, verlassen, ließ er seine Armee über Olsitz und Zittau, als den geradesten Weg nach Böhmen, zurückgehen, zuvor war noch der größte Theil der Dörfer, welche Sachsen gehören, geplündert worden, damit die armen Einwohner sich erinnern, daß sie Östreicher zu Gästen gehabt haben. Ich werde nun sehen, was weiter zu thun ist, ob man vorrücken oder sie bis nach Böhmen hinein drängen muß.

Aus allen diesen Umständen können Sie leicht sehen, daß bei fernerem Schutz des Allerhöchsten Sie von dem Feinde nichts mehr zu fürchten haben, so daß Sie in dieser Hinsicht nicht allein den Einwohnern von Berlin sondern auch noch allen meinen treuen Unterthanen wiederholt diese Versicherung geben können. Ich zweifle nicht im geringsten, daß der Allmächtige, welcher die Gerechtigkeit meiner Sache kennt, fortfahren wird, meine Waffen zum Schutz meiner Staaten und meiner Unterthanen, und um ihnen eine vollständige und feste Sicherheit zu verschaffen, zu segnen.

Sein Sie ganz ruhig und haben Sie keine Angst! hier ist - Gott sei gelobt - Alles in Ordnung. Außer den Gefangenen, welcher ich eben erwähnt, haben wir heute noch 200 Mann von der sächsischen Garde und in Görlitz die Equipage des Prinzen von Sachsen-Gotha, 28,000 Tonnen Mehl, 100,000 Ctr. Heu und das ganze Magazin genommen."