<102>sen dieses Feldzugs hervorbringt, von denen Ihnen Doktor Pangloß + sagen wird: sie waren in der besten Welt nothwendig. Wir sind dem Augenblicke nahe, in welchem sich der Knoten des Stücks entwickeln und Alles in Bewegung kommen wird. Erinnern Sie Sich an die Verse des philosophischen Dichters Lucrez :

Beglückt, wer in dem Heiligthum des Weisen Zu seinem Fuß den Sturm mit Ruh' im Blicke sieht!

Das Uebrige wissen Sie. Es kommt noch auf hundert und zehn Tage an, bis zu Ende Novembers; diese Zeit muß man mit Standhaftigkeit und heldenmüthigem Gleichmuth überstehen. Lesen Sie den Epictet und die Betrachtungen des Mark Antonin; dies sind stärkende Mittel für die erschlafften Fibern der Seele.

Ich habe alle Maßregeln genommen, die mir zu meiner Vertheidigung dienlich scheinen; Herr Kaunitz setzt sich in Bereitschaft, fürchterliche Angriffe auf mich zu thun. Ich sehe ohne Schrecken Alles, wozu man Anstalten trifft, und bin fest entschlossen, zu sterben oder mein Vaterland zu retten. Können wir nicht über die Ereignisse gebieten, so müssen wir wenigstens Herren über unsere Seele sein, und die Würde unsers Geschlechts nicht durch niedrige Anhänglichkeit an diese Welt entehren, die man einst doch verlassen muß. Sie finden mich ein wenig stoisch, Marquis; allein man muß alle Arten von Waffen in seinem Arsenal vorräthig haben, um sich ihrer, wie es die Gelegenheit fodert, zu bedienen. Wäre ich mit Ihnen in Sanssouci, so überließe ich mich Ihrem angenehmen Umgange; dann würde meine Philosophie sanfter, und meine Reflexionen minder schwarz sein. Im Sturme muß Alles arbeiten, der Steuermann und die Matrosen; wenn sie im Hafen sind, dann können sie lachen und ausruhen.


+ In Voltair's Kandide.