<38> so wird es noch da sein, wenn ich schon todt bin. Die Staaten erhalten sich durch die Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts, und so lange man noch an Vermehrung desselben mit Vergnügen arbeitet, werden sich auch Minister oder Regenten finden, die das Volk beherrschen. Etwas mehr Thorheit, etwas mehr Weisheit — das läuft ziemlich auf Eins hinaus. Die Nuancen sind so klein, daß das Volk, im Ganzen genommen, sie kaum bemerkt.
Wiederholen Sie mir also, lieber Marquis, das alte Hofgeschwätz nicht länger, und bilden Sie Sich nicht ein, daß mich die Vorurtheile der Eigenliebe und der Eitelkeit blenden, oder mich auch nur zur kleinsten Veränderung meiner Gesinnungen bewegen könnten. Man endigt ein unglückliches Leben nicht aus Schwachheit, sondern aus überdachter Klugheit, die uns überzeugt, daß der Zustand, in welchem uns Niemand schaden, und Nichts unsere Ruhe stören kann, der glücklichste für uns ist. Wie viel Gründe hat man nicht in einem Alter von fünfzig Jahren, das Leben zu verachten.' Mir bleibt keine Aussicht übrig, als daß ich ein kraftloses, schmerzhaftes Alter, Kummer, Betrübniß über ehemaliges Glück, Schande und Beschimpfungen haben werde.
In der That, wenn Sie Sich in meine Lage hineindenken, so werden Sie meinen Vorsatz weniger tadeln, als jetzt. Ich habe alle meine Freunde, meine geliebtesten Verwandten verloren; mich trifft jede nur mögliche Art von Unglück; mir bleibt gar keine Hoffnung übrig; ich sehe mich von meinen Feinden verspottet, und ihr Stolz trifft Anstalten, mich unter die Füße zu treten. Ach! Marquis : Wenn Alles uns verläßt, die Hoffnung selbst uns flieht, Dann wird das Leben Schmach und eine Pflicht der Tod. Mehr weiß ich nicht hinzuzusetzen. Ihrer Neugierde erzähle ich, daß wir vorgestern über die Elbe gingen, und morgen nach Leipzig marschieren, wo ich den 31sten zu sein gedenke. Da schlagen wir uns hoffentlich, und von daher sollen Sie