<5>Die Klugheit ist wohl keine Panacee,
Die jedes Uebel scheucht, das uns bedrückt;
Dem Menschen Glück ertheilen kann sie nicht;
Doch ihre Kunst macht milder unsre Noth,
Und mäßiger den Wunsch in unsrer Brust;
Erweicht das strenge Schicksal, wenn es zürnt,
Sie ist ein Faden, der uns führt, wenn gleich
Kein Schwert, das jeden Knoten schnell zerhaut.
An manche Klippen schlug' uns wohl der Sturm,
Allein vor Nebeln, die das Auge sieht,
Bewahret uns ihr Schutz. Ihr Blick, der stets
Behutsam wacht; wenn uns Gefahr umringt,
Durch überdachte Schritt' uns Rettung giebt —
Führt zwischen Furcht und zwischen Tollkühnheit
Auf schmalem, kaum bekanntem Pfad uns hin.
Sie müdet oft Fortunen durch Geduld;
Sie harret stets der Zeit, greift ihr nicht vor,
Und ordnet nie voll Stolz die Zukunft an.
Verberg' in seinem dunkeln Pallast denn
Das Schicksal seinen Spruch mit dichter Nacht.
Das Unglück beug' uns nicht — wir hüllen uns,
O Schwester, dann in unsre Tugend ein."
?? Januar 1760
An den Marquis d'Argens (der dem Könige kurz vorher gemeldet hatte, daß in Berlin ein Prophet aufgestanden, welcher verkündigt : daß der König in Kurzem über alle seine Feinde siegen und bis zu Ende des Krieges stets Glück haben werde) 1).
"Mein lieber Marquis. - etc. - Das Unglück macht zaghaft, und die Furcht abergläubisch. Es befremdet mich gar nicht, daß Leute, welche die Zukunft mit Unverschämtheit und Zuversicht verkündigen, leichtgläubige Menschen finden, die ihren Weissagungen Glauben beimessen. Ein Narr findet immer einen größern Narren, der ihn bewundert. Ich wünsch-