<95>

Um Ihnen indeß doch Nachrichten zu geben, die Sie interessiren können, will ich Ihnen sagen, daß hier bis zum 15. Julius Alles ruhig bleiben wird; und daß, wenn das Glück mir während der Zeit lacht, vielleicht ein Schlag fällt, den unsere Feinde vielleicht am wenigsten erwarten. Sie werden bald hören, was es ist. Alles ist genau berechnet; nun wollen wir sehen, ob es mit der Ausführung gut gehen wird.

Leben Sie wohl, lieber Marquis, ich umarme Sie. NS. Verzeihen Sie, lieber Marquis, das unleserliche Geschreibe und die Nachlässigkeit im Ausdruck; aber wenn einem der Teufel im Leibe ist, so schreibt man weder im Ton der Elegie, noch im Attischen Geschmack."

7. Juni 1761

An Ebendenselben:

"Noch ist meine Lage eben so, lieber Marquis, wie sie bei meiner Ankunft war. Diese tiefe Stille kann der Vorbote eines heftigen Sturmes werden; das Ende dieses Monats scheint ihn anzukündigen. Ich bin auf Alles vorbereitet, auf Glück wie auf Unglück. Singen Sie Fortunen, deren Schutz wir so sehr bedürfen, eine kleine Hymne. Die Königin von Ungarn besteht hartnäckig auf den Krieg. Fünf Jahre lang habe ich den Pfeilen des Wiener Hofes, der Barbarei seiner Truppen und seiner Bundesgenossen zum Stichblatt gedient. Es ist hart, stets zu leiden; und ich fühle, daß die Rache ein göttliches Vergnügen sein kann, wie die Italiener sagen. Es kommt nur darauf an, die Gelegenheit zu ergreifen. Meine Philosophie wird so wild bestürmt, daß sie sich in gewissen Augenblicken vergißt. Jeden Andern, der so beleidigt wäre, wie ich, und der Gewalt genug über sich hätte, seinen Feinden aufrichtig zu verzeihen, würde man canonisiren. Doch ich? ich überlasse meinen Platz in der Legende Jedem, der ihn will; ich bekenne Ihnen, daß meine schwache Tugend diesen Grad von Vollkommenheit nicht erreichen kann, und daß ich vergnügt sterben würde,