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Tagebuch
oder
Geschichtskalender
aus
Friedrichs des Großen Regentenleben,
Dritte Abtheilung,
enthaltend
die Jahre 1760 — 1769.

<2><3>

Januar 1760

A.

Januar 1760

Der König in Pretschendorf.

5. Januar 1760

Der König an d'Argens:

- etc. "Ein Mann voll Muth, deß Männergeist sich kühn
Und hohen Fluges von der Erde Staub
Zum Pallast der Urania erhebt,
Wirft von der Weisheit hohem Sitz auf Tod,
Auf Leben einen gleichen Blick herab.
Sein Geist, den nie ein Schlag des Schicksals trifft,
Sieht auf das Nichts der Welt, die Eitelkeit,
Den Stolz, den Irrthum, der sie füllt; er sieht,
Daß Alles anfängt, Alles enden muß.
Und so erhält der Weise, wenn der Sturm
Schon braust, den tiefen Frieden seiner Brust.
Die düstre Zukunft schreckt ihn niemals auf;
Er harrt auf sie, und greift ihr niemals vor.
Bewaffnet bietet er dem Unglück Hohn,
Was es dann auch voll Grausamkeit beschloß;
Er will sich nie dem allgemeinen Loos
Der Sterblichen entziehn; er ist ein Mensch,
So treff ihn denn der Menschheit Schicksal auch."

7. Januar 1760

An die Prinzessin Amalie (Epistel über das Ungefähr) :

"Nein, nein, Du glaubst nicht, daß des Menschen Noth
Der Gott erblickt, der uns das Leben gab :
Und das, mit vollem Recht; denn stören kann
Die ew'ge Ruhe seines Glückes nichts.
<4>Für unsern Wunsch ist diese Gottheit taub :
Sie kennet unsre Bitten nicht, und nicht
Den Weihrauch, der auf ihrem Altar glüht,
Sie strafet, sie belohnt uns nicht, und wirft
Nicht einen Blick auf uns, den niedern Staub;
Beherrscht im Ganzen nur den weiten Bau
Der Welt, das zahlenlose Sonnenheer,
Das in des Aethers Wogen schwebt, und macht
Dem Urgesetz das Weltall unterthan. etc.
Die Welt wird, Schwester, denn vom Ungefähr
Beherrscht; dies bauet auf, und dies zerstört;
Es läßt uns fühlen, daß es Launen hat,
Und maßt sich unsrer Klugheit Rechte an. etc.
Auf edler Bahn, wo Flug der Held beginnt,
Da kämpfet mit dem Ungefähr sein Geist
Um Uebermacht; doch er erschöpft sich selbst
Umsonst in Müh' und Streben; denn er hängt,
Ob ungern auch, vom schwächsten Triebrad ab.
Mich trifft der Frevlerbund, der sie 4-+ verknüpft.
Für ihre Thorheit, die beständig schwankt,
Werd' ich gestraft; ich bin verfolgt, besiegt;
Des Schicksals Spruch gebietet mir : so stirb
Als Fürst, wenn Du als Sklav' nicht leben willst!
Was hilft, sagst Du, "die Klugheit denn, wenn doch
Ihr Schutz umsonst, ihr Streben kraftlos ist?
So war' es einerlei, wir würfen schnell
Ihr Joch von, Nacken ab, und gingen dann
Verwegen in des Lebens Labyrinth?"
<5>Die Klugheit ist wohl keine Panacee,
Die jedes Uebel scheucht, das uns bedrückt;
Dem Menschen Glück ertheilen kann sie nicht;
Doch ihre Kunst macht milder unsre Noth,
Und mäßiger den Wunsch in unsrer Brust;
Erweicht das strenge Schicksal, wenn es zürnt,
Sie ist ein Faden, der uns führt, wenn gleich
Kein Schwert, das jeden Knoten schnell zerhaut.
An manche Klippen schlug' uns wohl der Sturm,
Allein vor Nebeln, die das Auge sieht,
Bewahret uns ihr Schutz. Ihr Blick, der stets
Behutsam wacht; wenn uns Gefahr umringt,
Durch überdachte Schritt' uns Rettung giebt —
Führt zwischen Furcht und zwischen Tollkühnheit
Auf schmalem, kaum bekanntem Pfad uns hin.
Sie müdet oft Fortunen durch Geduld;
Sie harret stets der Zeit, greift ihr nicht vor,
Und ordnet nie voll Stolz die Zukunft an.
Verberg' in seinem dunkeln Pallast denn
Das Schicksal seinen Spruch mit dichter Nacht.
Das Unglück beug' uns nicht — wir hüllen uns,
O Schwester, dann in unsre Tugend ein."

?? Januar 1760

An den Marquis d'Argens (der dem Könige kurz vorher gemeldet hatte, daß in Berlin ein Prophet aufgestanden, welcher verkündigt : daß der König in Kurzem über alle seine Feinde siegen und bis zu Ende des Krieges stets Glück haben werde) 1).

"Mein lieber Marquis. - etc. - Das Unglück macht zaghaft, und die Furcht abergläubisch. Es befremdet mich gar nicht, daß Leute, welche die Zukunft mit Unverschämtheit und Zuversicht verkündigen, leichtgläubige Menschen finden, die ihren Weissagungen Glauben beimessen. Ein Narr findet immer einen größern Narren, der ihn bewundert. Ich wünsch<6>te, wir könnten uns mehr über diese Possen sattlachen, aber mir ist die Lust zum Lachen vergangen. Mich haben zu viel Unglücksfälle betroffen, und ich bin von zu vieler Verlegenheit umringt, außerdem bleiben mir zu wenig Hoffnungen übrig, als daß ich mich aufheitern könnte. - etc. - Ich habe einen Fluß an der Backe gehabt, der mir große Schmerzen verursacht hat. Alle Geißeln des Himmels treffen mich, und dennoch lebe ich, und sehe das Licht, ob ich gleich hundert Mal wünsche, daß es für mich erloschen wäre. Doch - jeder Mensch muß sein Schicksal tragen.

Möchte das Ihrige glücklich sein, und Sie nie einen Freund vergessen, der in einem wahren Fegefeuer ist, der Sie aber liebt und ewig lieben wird. Leben Sie wohl."

12. Januar 1760

Der König in Freiberg.

15. Januar 1760

An d'Argens :

- etc. "Der Friede ist nichts weniger als gewiß etc. Ich kann nur standhaft gegen die Widerwärtigkeiten kämpfen, aber weder das Glück zurückbringen, noch die Menge meiner Feinde vermindern. Bei solchen Umständen bleibt meine Lage einerlei; trifft mich noch ein Unglück, so ist es der Gnadenstoß. In der That, das Leben wird ganz unerträglich, wenn man es in Kummer und tödtlichen Sorgen verleben muß; es Hort auf, eine Wohlthat des Himmels zu sein, wird ein Gegenstand des Abscheus, und gleicht der grausamen Rache, welche Tyrannen an Unglücklichen ausüben. Sie könnten mich eher tobten, mein lieber Marquis, als mich dahin bringen, anders zu denken. Sie sehen die Gegenstände aus einem Gesichtspunkt, der sie verkleinert und minder widrig macht; wären Sie aber nur eine Stunde hier, was würden Sie da finden! Leben Sie wohl. Quälen Sie Sich nicht mit unnützen Sorgen, und erhalten Sie, ohne die Zukunft vorher sehen zu wollen, Ihre Ruhe, so lange Sie können. Sie sind nicht König, haben keinen Staat zu vertheidigen, dürfen keine Unterhandlung führen, auf keine Hülfsmittel bedacht sein, und<7> sind für keine Vorfälle verantwortlich. Ich erliege unter dieser Bürde, und muß allein darunter leiden. Lassen Sie sie mir, lieber Marquis, ohne sie mit mir zu theilen. Ich umarme Sie mit der Versicherung, daß ich Sie hochachte. Vale."

?? Januar 1760

An Ebendenselben. Der König trägt ihm auf, seinem Bruder, dem Prinzen Ferdinand, und dem General von Seidlitz, der sich in Berlin von seinen Wunden heilen läßt, jedem ein Exemplar von den Betrachtungen über Karl XII. zu geben. Dann schreibt er weiter: "Meine Lage verändert sich um nichts, und wegen der Zukunft bin ich eben so unruhig als bisher. Melden Sie mir zum Zeitvertreib die Lügen Ihres Propheten, und die Possen, die Ihnen zu Ohren kommen. Der Himmel gebe, daß die Unterhandlungen, von denen man spricht, uns bald gegründetere Hoffnung geben mögen, als bisher, und daß wir unsere Leiden und Mühseligkeiten durch einen dauerhaften und vortheilhaften Frieden geendigt sehen. Leben Sie wohl, lieber Marquis; ich thue tausend Wünsche für Ihre Zufriedenheit."

In diesem Monat schrieb der König die Ode an den Erbprinzen von Braunschweig (hinterl. Werke Vl. 203), und ein Gedicht: "Als ich Voltaire's Salomo gelesen hatte" (hinterl. Werke VII. 106).

B.

Januar 1760

Die Lage des Königs war um diese Zeit allerdings von der Art, daß sie ihn in große Unruhe versetzen mußte. Es wurde zwar alles Mögliche angewandt, die Armee wieder zu ergänzen, doch konnte sie nur bis auf höchstens 90000 Mann gebracht werden. Es waren aber nicht mehr die alten Soldaten — sondern zum größten Theil nur, wie Friedrich selbst sagt, "Truppen zur Schau," und wenig zu brauchen, denn die Neugeworbenen bestanden "halb aus Sächsischen Bauern, halb aus feindlichen Ueberläufern etc." Zudem so fehlte es vorzüglich an Officicren; statt der 52, welche jedes<8> Regiment haben sollte, waren deren kaum noch 12 übrig. Eine, nach Zahl und Beschaffenheit so geringe Armee, konnte, einer feindlichen, 200000 Mann starken Macht gegenüber, anstatt Hoffnung, nur Besorgnisse erregen.

7. Januar 1760

Das Dillenburger Schloß geht an die Alliirten über, wobei die Franzosen großen Verlust erleiden.

Februar.

A.

Februar 1760

Der König in Freiberg.

24. Februar 1760

Der König an Voltaire:

- etc. "Ich weiß nicht, wer an mir zum Verräther geworden ist, und den Einfall gehabt hat, dem Publikum Rhapsodieen zu geben, die zu meinem Zeitvertreib gut genug, aber niemals dazu bestimmt waren, daß sie öffentlich bekannt werden sollten 8-+. Indeß, ich bin an Verräthereien, schlechte Streiche und Treulosigkeiten so gewöhnt, daß ich sehr glücklich sein würde, wenn alles Böse, das man mir zugefügt hat, und das Andere mir noch zuzufügen denken, sich auf die verstohlene Herausgabe dieser Verse einschränkte. Sie wissen besser, als ich es Ihnen sagen kann, daß die Leute, die für das Publikum schreiben, den Geschmack und selbst die Vorurtheile desselben respectiren müssen etc. Ich für mein Theil wollte incognito Dichter sein. Man hat mich gegen meinen Willen vor das Publikum geführt, und ich werde nun eine alberne Rolle spielen. Indeß, was ist daran gelegen? ich will es Ihnen schon vergelten.

Sie erzählen mir von einem gewissen Vorfalle besondere Umstände, die mir niemals zu Ohren gekommen sind. Ich weiß, daß man in Frankfurt Sie angehalten hat, meine Verse<9> und einiges Spielzeug 9-+ wieder herauszugeben; aber daß man sich an Sachen und an Ihrem Gelde vergriffen, habe ich nicht gewußt und es auch nicht gewollt. Ist es wirklich geschehen, so können Sie das Ihrige auf dem Wege Rechtens wieder fodern. Das werde ich sehr billigen, und Schmidt hat in diesem Stück nicht den geringsten Schutz von mir zu erwarten.

Wer der Bredow ist, von dem Sie reden, weiß ich nicht. Er hat Ihnen die Wahrheit gesagt. Das Schwert und der Tod haben eine schreckliche Verheerung unter uns angerichtet, am Schlimmsten ist aber der Umstand, daß wir mit unserm Trauerspiel noch nicht zu Ende sind. Sie können leicht denken, was für eine schreckliche Wirkung diese Erschütterungen auf mich gemacht haben. Ich hülle mich, so gut ich kann, in meinen Stoicismus. Fleisch und Blut empören sich freilich oft gegen diese tyrannische Herrschaft der Vernunft, aber man muß ihr doch nachgeben. Sollten Sie mich sehen, so würden Sie mich kaum wieder erkennen; ich bin alt, verfallen, bekomme graue Haare und Runzeln, und verliere die Zähne und meinen Frohsinn. Wenn das so fortgeht, so wird von mir selbst Nichts übrig bleiben, als die Manie, Verse zu machen, und eine unverletzliche Anhänglichkeit an meine Pflichten, die ich kenne. Meine Laufbahn ist rauh und voll Dornen und Nesteln. Ich habe alle Arten von Kummer erfahren, welche den Menschen nur treffen können, und mir oft die schönen Verse wiederholt: Wohl dem, der einsam in dem Heiligthum der Weisen etc."

B.

9. Februar 1760

Die Preußen besetzen Erfurt, verlassen es aber denselben Tag wieder.

11. Februar 1760

Herzog Ferdinand vertreibt die Franzosen aus Hessen.

<10>

20. Februar 1760

Gefecht bei Cosdorf, wobei der General von Czetteritz (Ernst Heinrich, Chef eines Dragoner-Regiments), da er mit dem Pferde stürzte, von den Oestreichern, unter dem General Beck, zum Gefangenen gemacht wird, die Schmettauschen Kürassiere schlugen aber die Oestreicher zurück, machten 200 Gefangene, und der Posten wurde behauptet. Mit der Equipage des Generals von Czetteritz fiel den Oestreichern auch die von dem Könige seinen Generalen mitgetheilten: Instructions pour les Généraux in die Hände, mit sehr guten Plänen. Sie wurden dem General Beck zugestellt, und erschienen bald nachher in Druck. (Cogniazo's Veteran III. 125).

22. Februar 1760

Der Russische Rittmeister Phillipowitz 10-+ vom Soltikofschen Heer, dessen leichte Truppen den ganzen Winter hindurch Streifzüge durch die Neumark und Pommern gemacht hatten, überfiel mit 400 Kosacken Stadt und Schloß Schwedt, nahm den Markgrafen Friedrich Wilhelm und den Herzog Eugen von Würtemberg gefangen, und führte sie mit sich fort. In Nahausen gab der Markgraf dem Rittmeister ein Schreiben an den Königsberger Magistrat, demselben 20000 Thaler Lösegeld zu zahlen, worauf der Markgraf und der Herzog sogleich ihre Freiheit wieder erhielten. Indessen war der Preußische Major von Hohendorf 10-++ mit zwei Escadrons Provinzial-Husaren auf die Russen gestoßen, nach kurzem Gefecht ward das Detachement zerstreut, der Rittmeister selbst mit 12 Mann zum Gefangenen gemacht, und ihm das Papier über das Lösegeld wieder abgenommen.

März.

A.

März 1760

Der König in Freiberg.

<11>

?? März 1760

Der König an den Marquis d'Argens :

"Man hat mir meine Albernheiten gedruckt zugeschickt, so wie sie in Frankreich ausgeboten worden sind. Ich fand viele Stellen darin, die sich nicht mit der Politik vertragen. So gut ich gekonnt, habe ich sie alle geändert, und schicke sie dem Buchhändler Neaulme, mit einem verbesserten Exemplare zu, damit er sie drucken soll 11-+. Dem kleinen Beausobre sein Sie so gütig zu sagen, er möchte für die Korrektheit der Ausgabe sorgen, weil man sonst immer wieder von Neuem anfangen müßte.

Sie können sicher glauben, daß man das Werk aus Bosheit hat drucken lassen, um vielleicht den König von England, oder Rußland, gegen mich aufzubringen; daher ist es sehr nothwendig, daß diese Ausgabe erscheint, und die andere unterdrückt.

Ich bin unglücklich und alt, darum verfolgt man mich, lieber Marquis, und Gott weiß, was ich in diesem Jahre zu erwarten habe. Ich fürchte, durch meine Prophezeiung der unglücklichen Kassandra ähnlich zu werden. Wie kann man aber in der verzweifelten Lage, in der wir uns befinden, und die täglich schlimmer wird, etwas Gutes hoffen? Heute bin ich so mißmüthig, daß ich Ihnen nichts mehr sagen kann. etc."

10. März 1760

An Algarotti :

- etc. "Der ewige Jude - wenn er jemals existirte - hat kein so wanderndes Leben geführt, als ich. Man kommt endlich dahin, es wie die herumziehenden Dorfschauspieler zu machen, die weder Feuer noch Heerd haben; so durchlaufen<12> wir die Welt, um unsere blutigen Trauerspiele da aufzuführen, wo es unfern Feinden gefällig ist, das Theater dazu herzugeben.

Ich bin Ihnen sehr für den Caviar verbunden, welchen Sie mir geschickt haben; die Reichstruppen haben ihn verzehrt, vielleicht auch die von Mainz, gegen welche Ariost so großen Abscheu hegte. etc.

Ohne des moralischen Uebels zu gedenken, welches dieser Krieg hervorruft, so ist das physische gewiß nicht geringer, und wir können Gott danken, wenn keine Pest folgt.

Armselige Thoren, die wir sind, die wir nur einen Augenblick zu leben haben! Und diesen Augenblick verbittern wir uns einander, so sehr wir können, wir gefallen uns darin, die Meisterstücke des Kunstfleißes und der Zeit zu zerstören, und ein gehässiges Andenken unserer Verwüstung und des Unglücks, welches sie angerichtet, zu hinterlassen. etc."

20. März 1760

An d'Argens :

"Ja, lieber Marquis, ich habe Fehler begangen, und was das Schlimmste ist, ich werde noch mehr begehen. Man wird nicht sogleich weise, wenn man es wünscht; wir bleiben unser ganzes Leben hindurch beinahe immer dieselben. Das Unangenehmste bei den gegenwärtigen Umständen besteht darin, daß alle Fehler sogleich die größten Folgen haben. Schon dieser eine Gedanke macht, daß ich zittere. etc.

Um von diesen trüben und finstern Bildern weg zu kommen, durch die endlich selbst Demokrit melancholisch und hypochondrisch werden müßte, studire ich oder mache leichte Verse. So lange diese Beschäftigung dauert, bin ich glücklich. Sie täuscht mich über meine gegenwärtige Lage, und verschafft mir Das, was die Aerzte lucida intervalla nennen; aber kaum ist der Zauber verschwunden, so sinke ich wieder in meine finstere Träumerei zurück, und das Leiden, das nur gehemmt war, wird nun stärker und mächtiger."

<13>

An Voltaire (der Brief ist mit vielen Versen untermischt):

- etc. "Die Friedensbedingungen, von denen Sie reden, finde ich so unsinnig, daß ich sie in das Tollhaus schicken will; denn dort kann man gerade recht darauf antworten. Was soll ich von Ihren Ministern sagen?

Die Riesen fiel der Wahnsinn an,
Wenn sie nicht etwa Götter sind.

Die Herren können sich darauf verlassen, daß ich mich wie ein Verzweifelter vertheidigen werde, und dann mag das Ungefähr entscheiden etc.

(Verse). Leben Sie wohl, leben Sie glücklich. Und indeß Sie alle Ihre Kräfte anwenden, um Preußen zu vernichten, erinnern Sie Sich, daß Niemand es um Sie und um Ihre Landsleute weniger verdient hat, als ich. etc."

?? März 1760

An den Marquis d'Argens :

"Ich habe Ihnen einen kleinen Auftrag zu geben. Sie wissen, daß Gottskowsky 2) noch schöne Gemälde hat, die für mich bestimmt sind. Ich ersuche Sie, ihren Werth zu prüfen, und sich bei ihm zu erkundigen, ob er den Correggio bekommen wird, den er mir einmal versprach. Mich wandelt gerade eine Neugierde darauf an. Noch weiß ich nicht, was aus mir werden, und eben so wenig, wie es diesen Feldzug gehen wird, der mir sehr mißlich scheint; und ich Unbesonnener bekümmere mich um Gemälde. Aber so sind die Menschen! sie haben Perioden von Klugheit, und wieder andere von Verirrung. Sie sind die Nachsicht selbst, und müssen also Mitleiden mit meinen Schwachheiten haben. Wenigstens wird das, was Sie mir schreiben, mich vergnügen, und meinen Geist auf einige Augenblicke mit Sanssouci und meiner Gallerie beschäftigen. etc.

Ich habe eine kleine Brochüre geschrieben, die in Berlin herauskommt, eine : "Reisenachricht eines Sinesischen Ge<14>sandten an seinen Kaiser 14-+." Das Werk hat den Endzweck, dem Pabst eins zu versetzen, weil er die Degen meiner Feinde segnet, und königsmörderischen Mönchen einen Zufluchtsort giebt. Der Aufsatz wird Sie, glaube ich, belustigen - etc. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Ihre Briefe sind mir ein ähnlicher Trost, wie dem Elias die Erscheinung der Raben, die ihm in der Wüste Nahrung brachten; oder wie dem Hirsche, der vor Durst schreiet, eine Quelle; oder wie dem Aeneas der Anblick des Anchises in der Unterwelt. Entziehen Sie mir also nicht meine einzige Freude, während meines langen Mißvergnügens, und sein Sie von der Freundschaft versichert, die ich mein ganzes Leben hindurch für Sie behalten werde."

In diesem Monat schrieb der König auch die Epistel an den Feldmarschall Keith, über die nichtige Furcht vor dem Tod, nach dem dritten Buche des Lukrez (bei Lebzeiten gedr. Werke, Decker'sche Ausgabe IV. S. 215); und : Ode an die Deutschen (hinterl. Werke VI. 191).

B.

1. März 1760

Die Franzosen besetzen die Stadt Marburg, doch können sie das Schloß nicht in ihre Gewalt bekommen.

3. März 1760

Die Preußen fallen in das Mecklenburgische ein.

6. März 1760

Die Preußen dringen wieder in Erfurt ein und nehmen Geißeln mit fort.

15. März 1760

Gefecht bei Neustadt. Laudon greift den General von Golz ohne Erfolg an.

April.

A.

April 1760

Der König in Freiberg.

2. April 1760

An den Marquis d'Argens :

— etc. "Heute bekommen Sie keine Verse von mir; ich hebe eine ganze Menge bis zur nächsten Gelegenheit für Sie<15> auf. Der Dichterdämon ist ganz etwas Fürchterliches; er plagt mich in jeder Lage, in der ich bin, und fällt mich überall an. Wenn Sie unter Ihren Bekannten einen Exorcisten haben, so schicken Sie ihn mir, damit er mich von diesem bösen Geist befreie.

Leben Sie wohl, lieber Marquis, ich empfehle Sie und mich dem Schütze Sr. Heiligen Majestät des Ungefährs. Es lasse Sie glücklich, ruhig und gesund sein, und gebe, daß ich Sie so wieder finde, wenn es mein unstetes Geschick jemals erlaubt, mich wieder zu meinem Heerde in Sanssouci zurück zu führen."

3. April 760

An Voltaire :

"Was macht Sie noch immer gegen Maupertuis so wüthend? Sie beschuldigen ihn, er habe mich verrathen? So muß ich Ihnen sagen, daß er mir meine Verse nach seinem Tode wohl versiegelt hat zustellen lassen, und daß er nicht im Stande war, sich durch eine solche Indiskretion gegen mich zu vergehen etc. (Verse). - etc. Sie sprechen wieder vom Frieden. Aber was für Bedingungen. Gewiß haben die Leute, die sie vorschlagen, keine Lust dazu. Was für eine Logik! Ich soll Kleve abtreten, weil es von Dummköpfen bewohnt ist! Was würden Ihre Minister antworten, wenn Jemand Champagne von ihnen foderte, weil man zu sagen Pflegt: "Neun und neunzig Schöpse und ein Champagner machen hundert Stück Vieh?" Ach, weg mit allen den lächerlichen Projekten. etc."

Um diese Zeit schrieb der König auch das Gedicht : Der Frühling (h. W. VII.108), auch die Liebe einer Holländerin etc. (in der Deutsch. Ausg. d. h. W. VII. 111 steht es irrig unterm Mai).

22. April 1760

Der König an Fouque. Er meldet ihm, daß er die durch den Tod des Fürsten Moritz von Anhalt-Dessau erledigte Stelle des Domprobstes zu Brandenburg, mit allen Emolumenten etc., ihm übertragen habe etc.

<16>

24. April 1760

Der König von Freiberg zur Armee nach Wilsdruf.

25. April 1760

Nach Schlettau (bei Meissen).

B.

11. April 1760

Stirbt der Prinz Moritz von Anbalt-Dessau in Berlin.

Die Friedensunterhandlungen, welche in Paris durch den Herrn von Edelsheim, und in Petersburg durch einen Hollsteinischen Edelmann versucht wurden, hatten keinen Erfolg. Eben so zerschlugen sich die Unterhandlungen mit Dänemark, welches anfänglich einige Hülfsvölker zur Vertheidigung von Pommern angeboten hatte. (Hinterl. W. VI. 70).

Mai.

A.

Mai 1760

Der König in Schlettau bei Meissen, indeß datirt derselbe fast alle seine Briefe etc. aus Meissen, wo er jedoch während der langen Zeit, daß er sein Hauptquartier in Schlettau hatte, öfters auch gewesen sein mag.

1. Mai 1760

Der König "im Porzellan-Quartier Meissen" an Voltaire : Der Brief beginnt mit Versen, deren Schluß so lautet :

"Allein ich selbst — ich schränke mich
In meine wahren Grenzen ein,
Und schmeichle niemals mir, daß ich
Den Helden und den Dichter Rom's
Auf meinem Pfad erreichen will.
Ich strebe nur nach dem Verdienst,
So klein es ist, dass ich der Trost
Der Wittwen und der Waisen sei."

Dabei überschickte ihm der Konig noch andere Poesieen. Eine Ode au die Deutschen (hinterl. Werke VI. 191); Epistel an d'Alembert (hinterl. Werke VI. 276, wo sie jedoch das Jahr 1761 hat); eine andere: Ueber die Eröffnung des jetzigen Feldzugs, und eine Erzählung (hinterl. Werke VII. 111, IX. 231), und sagt: "Das Alles war gut, mir die Zeit zu ver<17>treiben; aber ich wiederhole unaufhörlich : doch auch nur dazu. etc.

Sie scherzen über den Frieden — etc. Wie auch Herr von Choiseul gesonnen sein mag, so wird er doch mit der Zeit Dem, was ich mir ausgedacht habe, sein Ohr hinhalten müssen, und zwar recht sehr 17-+. Ich erkläre mich nicht, aber man wird sehen, daß in weniger als zwei Monaten . . . . sich die ganze Scene in Europa ändert: Sie selber werden dann sagen: ich sei mit meinen Hülfsquellen noch nicht am Ende, und habe Ursache gehabt, Ihrem Herzoge meinen Klevischen Thiergarten zu verweigern etc.

Ihren Herzog, Herr Graf, loben Sie, denke ich, sehr schlecht, da Sie mich versichern, er mache Verse, wie ich. Ich habe Geschmack genug, um zu fühlen, daß die meinigen nicht viel taugen. etc. Wenn ich einige Augenblicke Ruhe habe, so befällt mich der Schreibkitzel, und ich versage mir dies flüchtige Vergnügen nicht. Es giebt mir Zeitvertreib und Zerstreuung, und überdies eine bessere Stimmung zu der Arbeit, mit der ich belastet bin. etc."

12. Mai 1760

An Ebendenselben :

"Ich weiß recht gut, daß ich Fehler habe, und noch dazu recht große Sie können mir glauben, daß ich mich nicht gelinde behandle, und mir Nichts verzeihe, wenn ich mit mir selber spreche. Aber ich gestehe, daß dies Geschäft weniger fruchtlos sein würde, wenn ich mich in einer Lage befände, wo meine Seele nicht so heftige Erschütterungen und so gewaltsame Stürme zu leiden hätte, als denen sie seit einiger Zeit ausgesetzt ist, und denen sie wahrscheinlich noch ferner zum Spiele dienen wird - etc.

Auf eine Untersuchung des Vergangenen lasse ich mich nicht ein. Sie haben ohne Zweifel höchst unrecht gegen mich gehandelt. Kein Philosoph hätte Ihr Betragen erduldet. Ich<18> verzeihe Ihnen und will sogar Alles vergessen. Aber hätten Sie nicht mit einem Verehrer zu thun gehabt, der von Ihrem herrlichen Genie ganz bethört — bei einem Andern wäre» Sie so gut nicht weggekommen. Das lassen Sie Sich denn gesagt sein und reden Sie mir nicht mehr von Ihrer Nichte, die mir so langweilig ist, und nicht soviel Verdienst hat, wie ihr Oheim, daß sie ihre Fehler damit bedecken könnte. Man spricht von Moliere's Magd, aber Niemand wird von Voltaire's Nichte sprechen. - etc. - Ihre Nation ist die inkonsequenteste in ganz Europa; sie hat viel Witz, aber ihre Ideen sind gar nicht zusammenhängend. So zeigt sie sich in ihrer ganzen Geschichte. Dieser Charakter muß ihr unauslöschlich eingedrückt sein. In der langen Reihe der Regierungen giebt es keine Ausnahmen, als einige Jahre unter der Regierung Ludwig's XIV. Heinrich's IV Regierung war nicht ruhig und nicht lang genug, daß sie mit in Anschlag kommen könnte. Während Richelieu's Administration bemerkt man Verbindung in den Planen und Kraft in der Ausführung, aber das sind in der That sehr kurze Perioden von Klugheit für eine so länge Reihe von Thorheiten.

Frankreich konnte wohl Leute wie Deskartes und Mallebranche hervorbringen, aber keinen Leibnitz, Locke und Newton. Dagegen übertrefft Ihr alle anderen Nationen an Geschmack, und ich halte mich gern zu Euren Fahnen, sobald es auf feine Unterscheidungskraft und auf scharfsinnige, kritische Wahl zwiscen wirklichen und zwischen nur scheinbarren Schönheiten ankommt. Das ist ein großer Vorsprung für die schönen Wissenschaften, aber es reicht noch nicht hin. etc."

14. Mai 1760

An den Marquis d'Argens :

- etc. "Sie sehen, daß alle Hoffnungen zum Frieden verschwunden sind, und daß meine Feinde die größten Zurüstungen machen. In drei Wochen werde ich 220000 Mann auf den Hals bekommen. Ich habe nur ungefähr die Hälfte;<19> es läßt sich also begreifen, daß ich nothwendig da unterliegen muß, wo ich am schwächsten sein werde, und wo ich der Uebermacht, die mich unterdrückt, nichts entgegensetzen kann. Also bleibt mir nur Ein Mittel, das nicht einmal zuverlässig ist, wenn auch dieses verschwindet, so muß ich dem entgegen sehen, was mir die Umstände ankündigen, und was die gewohnliche Art zu schließen mir wahrscheinlich macht. Der Kopf wird mir regelmäßig alle Tage drei bis vier Mal drehend, wenn ich mich quäle, Hülfsmittel zu finden, und nicht zu meinem Zweck kommen kann. etc. - Ich schicke Ihnen einen kleinen Brief im Namen der Pompadour, den ich im vorigen Jahre schrieb. etc.

Das Verzeichniß der Gemälde habe ich gesehen und mir einen Augenblick die Zeit damit vertrieben, Um die Sammlung vollkommen zu machen, gehörten noch ein schöner Correggio, ein schöner Julio Romano und ein Jordano hinein. Doch wohin verirren sich meine Gedanken! Ich weiß nicht, welches Unglück vielleicht in Kurzem auf mich wartet, und rede von Gemälden und Bildergalerien. In der That, die jetzigen Zeiten möchten einem die artigsten Kinderklappern verleiden, und es sieht Alles so sehr auf der Wage, daß man fast gar nicht mehr daran denken kann, wenn anders nicht ein glücklicher Vorfall einen sanften Lichtstrahl verbreitet, der die Finsterniß, in der wir wandeln, erhellt. etc."

In diesem Monat schrieb der König folgende Gedichte : Die Liebe durch Briefwechsel etc.

An d'Argens, als dieser ein Exemplar von den Gedichten des Philosophen von Sanssouci überschickte.

An den Prinzessin Amalie, als die Friedensunterhandlungen sich zerschlugen.

An d'Argens, bei Uebersendung der Briefe des etc. Phihihu.

An Ebendenselben: "Aus unserm Porzellan-Quartier" etc. Sie stehen sämtl. im 7. Theil der h. W. S. 24 — 35 u. 111.

<20>

B.

Mai 1760

Ende Mai rückt Laudon mit zwei Kolonnen über Patschkau und Silberberg durch die Grafschaft Glatz in Schlesien ein.

Zu gleicher Zeit kommt der Russische General-Major von Tottleben mit 8000 Mann aus Polen über Neustettin in Hinterpommern an.

29. Mai 1760

Tottleben nimmt Cöslin, nachdem er die beiden Vorstädte anzünden lassen und der Stadt ein gleiches Schicksal gedroht.

Die Preußische Besatzung erhielt freien Abzug.

Juni.

A.

Juni 1760

Der König in Schlettau (bei Meissen).

14. Juni 1760 bis 15. Juni 1760

Der König geht zwischen Zehren und Zabel über die Elbe und campirt unter freiem Himmel.

15. Juni 1760

In Proschwitz.

18. Juni 1760

In Radeburg.

19. Juni 1760

Ausmarsch zum Treffen gegen Laszy, der aber ausweicht und zurückgeht, worauf auch der König nach Radeburg zurückkehrt.

21. Juni 1760

Der König an Voltaire : etc. - "Wir wollten gestern eine Schlacht liefern. Der Feind, der hier stand, hat sich zurückgezogen, und so ist mein Plan fehlgeschlagen. etc. - Um Ihnen vielleicht die Zeit zu vertreiben, lege ich meinem Briefe ein kleines morceau bei, wie unser guter d'Argens sagt 20-+. Ich habe es für einen Schweizer gemacht, der seit einem Jahre unter meiner Artillerie dient. Dieser ehrliche Schweizer hatte in feiner Garnison zu Breda einer schönen Holländerin den Kopf drehend gemacht, und mich verschiedene Mal um Erlaubniß gebeten,<21> sie nach den, Frieden heirathen zu dürfen. Ich bewillige es endlich; aber die Schöne, die vor Liebe krank war, wollte nicht so lange warten, und der allerliebste Amor entflog pfeilschnell. O tempus! O mores!"

25. Juni 1760 bis 26. Juni 1760

Nachts ab von Radeburg über Rändern, Lauterbach und Ebersdach nach Groß-Döbritz.

26. Juni 1760

Der König an d'Argens :

"Ihren Brief vom 22sten, mein lieber Marquis, erhalte ich zu einer Zeit, wo ich, wie ich es vorhersah, aufs Neue Wirkungen von der boshaften Erbitterung meines Unsterns fühle. Ohne Zweifel wissen Sie jetzt die Unglücksfälle, die mir in Schlesien begegnet sind 21-+, und werden gestehen müssen, daß ich nur zu richtig prophezeihet habe. Der Himmel gebe, daß ich es nicht bis ans Ende thue. - etc. - Wäre ich selbst nur erst am Ende der Zeit, die ich in diesem Thale der Finsterniß und der Noch noch vegetiren soll. Der letzte Theil meiner Laufbahn ist rauh, traurig und unglücklich. Ich liebe die Philosophie, weil sie meine Leidenschaften mäßigt, und mir Gleichgültigkeit gegen meine Auflösung und gegen die Vernichtung meines denkenden Wesens einflößt. — etc. — Leben Sie wohl, lieber Marquis, haben Sie einige Nachsicht mit meiner Traurigkeit; sie ist gerecht. Seit zwei Jahren habe ich Nichts als Leiden, und noch sehe ich kein Ende. - etc."

B.

6. Juni 1760

General Fouqué verläßt den Posten bei Landshut, der sogleich durch Laudon besetzt wird.

7. Juni 1760

Laudon berennt die Festung Glatz.

17. Juni 1760

Fouqué nimmt auf ausdrücklichen Befehl des Königs den Posten bei Landshut wieder ein.

22. Juni 1760 bis 23. Juni 1760

Laudon mit 38000 Mann greift den General Fouqué,<22> der nur 10400 Mann hat, bei Landshut an, schlägt ihn und macht ihn — schwer verwundet —, noch 2 Generale, 17 Stabsoffiziere, 157 Officiere und 7800 Mann zu Gefangenen. Es gingen dabei verloren : 68 Geschütze, 34 Fahnen, 2 Standarten, 1 Paar Pauken. Die Oestreicher hatten an Todten und Verwundeten gegen 5000 Mann verloren. Laudon befleckte seinen Sieg dadurch, daß er die Stadt Landshut plündern ließ (Gesch. des siebenj. K. vom Generalstab IV. 36 und Archenholz II. 62—66).

30. Juni 1760

Die Franzosen bemächtigen sich des Schlosses Marburg.

Juli.

A.

2. Juli 1760

Der König in Quolsdorf (Ober-Lausitzisch).

4. Juli 1760

In Königsbrück und Pulsnitz. Hauptquartier.

5. Juli 1760

In Marienstern.

6. Juli 1760

In Nieder-Gurk.

7. Juli 1760

Der König greift selbst mit einigen Pikets der Armee und einiger Kavallerie die feindliche Arrieregarde bei Gödau an, ohne Erfolg. Er war dabei in Gefahr, durch zwei Kaiserliche Ulanen, welche sehr weit vorgekommen waren, vom Pferde gestochen zu werden. Sein gestürzter Page rief ihnen auf Polnisch zu, was sie hier wollten, worauf sie, den keine Preußische Militäruniform tragenden Pagen für einen Oestreichischen Officier haltend, sich mit dem Durchgehen ihrer Pferde entschuldigten und umkehrten. (von Retzow II. 215).

8. Juli 1760

In Schmölln bei Bautzen.

9. Juli 1760

In Hartha.

10. Juli 1760

In Weissig.

11. Juli 1760

In Hof Lösnitz.

12. Juli 1760

Rückt die Armee in das von den Oestreichern verlassene Lager bei Reichenberg. Der König nimmt sein Hauptquartier in dem sogenannten Spitzhause.

13. Juli 1760

Der König geht über die Elbe und rückt vor Dresden. Grüne<23> Wiese (Dresden). Der König läßt den Oestreichischen Commandanten von Dresden, Maquiere, auffodern, die Stadt zu übergeben. — Anfang der Belagerung.

14. Juli 1760

Ward die Pirnaische Vorstadt von Dresden erobert. Der König begiebt sich mit seinem Gefolge in das Holländische Haus, wo ihn der Feind mit mehr als 25 Stückschüssen begrüßte. Dresden wird beschossen.

15. Juli 1760

Der König an d'Argens :

"Sie schmeicheln sich vergebens, mein lieber Marquis; meine Umstände nehmen eine abscheuliche Wendung. Durch die Belagerung von Dresden glaubte ich ihnen wieder aufzuhelfen; aber — ich werde die Stadt erobern, und damit um keinen Schritt weiter kommen. Machen Sie immer im Voraus meine Grabschrift, und trauen Sie mir zu, daß ich meine Lage deutlich genug sehe, um sie, nicht ohne Grund, für verzweifelt zu halten. Die Englischen Flotten erhalten überall große Vortheile, so daß man ihnen keinen Vorwurf machen kann. Prinz Ferdinand hat, statt derl 100000 Mann, die Sie ihm geben, nicht mehr als 60000: dies macht in dem Gemälde eine kleine Abänderung. Sie urtheilen nach den Zeitungen, allein diese sind nicht wahr und so werden Sie getäuscht. Laudon hat in dem Gefecht bei Landshut 10000 Mann verloren, dessen ungeachtet bleiben den Oestreichern noch 95000 Mann gegen mich übrig. Die Russen haben 60000 Mann. So ist meine Lage; vieles noch nicht einmal mitgerechnet, von dem ich jetzt schweigen muß, das ich aber werde sagen können, sobald es geschehen ist.

Das Lustspiel : die Philosophen, ist ziemlich gut ausgearbeitet; allein es enthält Anspielungen, die keine Wirkung auf mich gethan haben, weil ich nicht wußte, wohin sie zielen; z. B. die Stelle: Jeune homme, prends et lis. Ach! mein lieber Marquis, zu einer andern Zeit würde mir das Alles viel Vergnügen gemacht haben; aber jetzt sehe ich nur den Schlund vor mir, in den ich bald stürzen werde.<24> Leben Sie wohl, mein Lieber. Ueberlassen Sie Sich keinen chimärischen Hoffnungen, beklagen Sie mich im Voraus. Wollte der, Himmel, meine Weissagungen träfen nicht ein! Doch, es komme wie es wolle, machen Sie immer meine Grabschrift. Ich umarme Sie."

19. Juli 1760

Der König in Gruna. Hauptquartier.

21. Juli 1760

Bei einem Ausfalle der Dresdner Besatzung, ward das die Laufgräben deckende Regiment Anhalt-Bernburg durch Uebermacht zurückgedrängt, und der Feind bemächtigte sich einer Preußischen Batterie, die jedoch durch ankommende Hülfe wieder genommen wurde. Der König glaubte, daß das Regiment sich nicht, wie es gesollt, vertheidigt hätte, und bestrafte es dadurch, daß die Officicre und Unterofficiere die Huttressen und die Gemeinen die Säbel ablegen mußten. Das Regiment hatte übrigens bei diesem Ueberfall 46 Todte, incl. 3 Officicre, 34 Blessirte, und an Gefangenen : 2 Ober-, 14 Unterofficiere und, 251 Gemeine : Der Oestreichische General Brentano überfiel das Preußische Dragoner-Regiment bei Gruna, und trieb es in Unordnung nach dem großen Garten, der stark von den Preußen besetzt war. Der König hatte sein Hauptquartier auf der grünen Wiese, und befand sich in keiner geringen Gefahr, da ihn Alles verließ, und nach dem großen Garten eilte. Ein Oestreichisches Commando Kavallerie war vor der Brücke stehen geblieben, hatte aber versäumt, das Wirthshaus der grünen Wiese visitiren zu lassen, wo sie sonst den König gefunden hätten. Da nun die Preußische Besatzung des großen Gartens die Oestreichischen Vorposten wieder zurücktrieb, so ging auch jenes Commando Kavallerie mit zurück, und der König säumte nicht, sich sogleich aufs Pferd zu werfen, nach Leubnitz zu jagen, und von nun an sein Hauptquartier dahin zu verlegen. (Vergl. Ba<25>ckenberg 236). Dieser Vorfall müßte also den 22sten Statt gehabt haben.

22. Juli 1760

Der König in Leubnitz.

28. Juli 1760 bis 29. Juli 1760

Der König hebt die Belagerung Dresdens auf.

31. Juli 1760

In Schieritz.

B.

10. Juli 1760

Treffen bei Corbach, der Erbprinz von Braunschweig gegen Broglio. Ersterer muß sich zurückziehen und war in diesem Gefecht verwundet worden. Die Alliirten verloren 8 — 900 Mann und 15 Geschütze.

13. Juli 1760

Dresden von Preußen belagert.

14. Juli 1760

Anfang der Beschießung Dresdens.

15. Juli 1760

Die Franzosen erobern das Dillenburger Schloß, welches ganz ruinirt wird.

16. Juli 1760

Die Franzosen besetzen Cassel.

16. Juli 1760

Der Erbprinz von Braunschweig schlägt ein Französisches Corps unter General Glaubitz bei Erxdorf, und ruinirt es gänzlich. Der General Glaubitz, der Prinz von Anhalt-Köthen, 179 Officiere, 2482 Mann wurden gefangen. Das ganze Lager, alles Gepäck, 5 Kanonen, 9 Fahnen fielen den Alliirten in die Hände.

19. Juli 1760

Anfang des eigentlichen Bombardements der Stadt Dresden (Maguire's Tagebuch).

20. Juli 1760 bis 21. Juli 1760

Laudon eröffnet die Laufgräben gegen die Festung Glatz.

25. Juli 1760

Herzog Ferdinand wird von Broglio aus seiner Stellung bei Sachsenhausen verdrängt.

26. Juli 1760

Laudon erobert die Festung Glatz.

28. Juli 1760

Die Besatzung von Dresden erfährt die Eroberung von Glatz und läßt Tags nachher Viktoria schießen (Marguire's Tagebuch).

29. Juli 1760

Die Preußen ziehen vor Dresden ab.

30. Juli 1750

Breslau durch den Oestr. General Draschkowitz berennt.

<26>

31. Juli 1760

Der Erbprinz von Braunschweig schlägt die Franzosen unter dem General May bei Warburg. Sie verloren : 12 Kanonen und an 5000 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen.

31. Juli 1760

Laudon schließt Breslau ein und läßt den Commandanten, General von Tauenzien, auffodern, die Stadt zu übergeben.

August.

A.

1. August 1760

Der König in Dallwitz (im Amte Großen-Hayn).

1. August 1760

Der König an d'Argens (der Brief ist überschrieben großen-Hayn) :

"Die Belagerung von Dresden, lieber Marquis, ist uns zu Wasser geworden. Jetzt sind wir in vollem Marsche nach Schlesien. Ganz gewiß werden wir uns an der Grenze schlagen, und das könnte zwischen dem 7ten und 10ten d. M. geschehen. Glatz ist verloren, Neisse ist belagert. Nun ist kein Augenblick zu verlieren. Sind wir glücklich, so werde ich es Ihnen schreiben; sind wir unglücklich, so nehme ich im Voraus von Ihnen und von allen unsern Freunden Abschied.

Der arme Foresta hat das Leben verloren, und sein Opfer hilft mir nichts. Kurz, mein Lieber, der ganze Kram geht zum Teufel. Uebermorgen marschiren wir. Ich sehe die schreckliche Lage, die mich erwartet, ganz voraus, und habe meinen Entschluß mit Standhaftigkeit gefaßt. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie. Denken Sie bisweilen an mich, und sein Sie von meiner Achtung überzeugt."

3. August 1760

Der König in Koitsch (nicht Loitsch, wie Tempelhof und Andere es nennen, auch nicht Roitsch, wie es auf manchen Karten genannt wird; es heißt urkundlich Koytsch, und liegt in der Ober-Lausitz unweit Königsbrück).

4. August 1760

In Ratibor bei Bautzen.

5. August 1760

In Arnsdorf.

6. August 1760

Ueber Lissa bei Görlitz in Riedel - Rothwasser.

<27>

7. August 1760

In der Vorstadt von Bunzlau (Schlesien).

9. August 1760

Von Bunzlau auf Adelsdorf, wo der König aber den Marsch ändert und bei Kroitsch das Lager nimmt, Hptq. Hohendorf.

10. August 1760

In Liegnitz (in der Goldberger Vorstadt).

11. August 1760

In Seichau.

13. August 1760

In Liegnitz.

14. August 1760 bis 15. August 1760

Nachts, Abmarsch. Der König bei dem Wachtfeuer hinter Pfaffendorf erhält von dem Major von Hund die Nachricht von der Annäherung des Laudonschen Corps, läßt sogleich die Truppen das Gewehr aufnehmen und trifft Anordnung zur Schlacht.

15. August 1760

Schlacht bei Liegnitz. Der König greift Laudon an und schlägt ihn. Von der Königlichen, 30000 Mann starken Armee waren nur 14000 Mann zum Gefecht gekommen, von Laudons 35000 Mann 31 bis 32000. Den Preussen kostete der Sieg (nach Gaudi) :

 an Todten12 Officiere und763 Mann,
  Verwundeten74 2415
  Gefangenen10 242
  96 Officiere und3420 Mann,
 

auch gingen 10 Fahnen verloren. Der König selbst hatte einen Prellschuß erhalten, und ein Pferd ward unter ihm todtgeschossen.

 Die Oestreicher verloren : an Todten2000 Mann,
 an Verwundeten 4000
 an Gefangenen : 86 Offfciere und 4000
  86 Officiere und 10000 Mann,
 

82 Kanonen, 23 Fahnen und Standarten.

Nach der Schlacht redet der Flügelmann des Regiments Anhalt-Bernburg 27-+, welches sich bei Dresden die Ungnade<28> des Königs zugezogen, in dieser Schlacht aber mit aufgezeichneter Tapferkeit, wie sonst immer, gefochten und viel zum Siege beigetragen hatte, den König an und bittet um die verlorne Gnade, welche der König auch dem Regiment mit den Worten zusichert: Ja, Kinder, ihr sollt sie wieder haben, und Alles soll vergessen sein. Noch an demselben Tage erhielt das Regiment die Degen wieder.

Der König erließ nach der Schlacht eine Danksagung an die Armee 28-+ und theilte Orden und Geld aus. Jede eroberte Fahne oder Standarte ließ er mit 56 Thlr. und jede eroberte Kanone mit 137½ Thlr. bezahlen.

15. August 1760

Nach der Schlacht nahm der König sein Hauptq. in Parchwitz.

16. August 1760

In Parchwitz und in Neumark.

17. August 1760

Der König an d'Argens : "Gott ist in den Schwachen mächtig, wiederholte der alte Bülow jedes Mal, wenn er uns die Schwangerschaft seiner Kurfürstin anzeigte. Diesen schönen Spruch kann ich nun auf unsere Armee anwenden. Die Oestreicher, 80000 Mann stark 28-++, wollten 35000 Preußen umzingeln. Wir haben Laudon geschlagen, und die Uebrigen haben es bleiben las<29>sen, uns anzugreifen. Das ist ein großer Vortheil, auf den wir nicht rechnen konnten. Doch ist es damit nicht gethan, wir müssen noch klettern und eine steile Höhe gewinnen, um das Werk zu krönen. Mein Rock und meine Pferde sind verwundet, ich selbst aber bin bis jetzt unverwundlich. Nie haben wir größere Gefahren bestanden, nie hat es uns solche schreckliche Mühe gekostet. Was wird aber das Ende unserer Arbeiten sein? Immer komme ich auf den schönen Vers des Lukrez zurück : Glücklich, wer einsam im Tempel der Weisen etc.

Haben Sie Mitleid, mein lieber Marquis, mit einem armen Philosophen, der auf die sonderbarste Weise aus seiner Sphäre gerissen worden, und lieben Sie mich jederzeit. Leben Sie wohl."

19. August 1760

Der König in Hermannsdorf bei Breslau.

27. August 1760

Der König an d'Argens :

"Ehemals, lieber Marquis, hätte das Treffen am 15ten den Feldzug entschieden; jetzt ist es nur eine Streifwunde. Um unser Schicksal zu entscheiden, ist eine Hauptschlacht nöthig. Allem Anscheine nach liefern wir sie bald, und dann werden wir, wenn sie zu unserm Vortheil ausfällt, uns freuen können. Indeß danke ich Ihnen für Ihre aufrichtige Theilnahme an diesem Vortheil. Es war viele List und Geschicklichkeit nöthig, um so weit zu kommen.

Sagen Sie mir nichts von Gefahren; das letzte Gefecht kostet mir nur ein Kleid und ein Pferd, und dafür ist ein Sieg wohlfeil erkauft.

Den andern Brief, den Sie erwähnen, habe ich nicht erhalten, in Ansehung der Correspondenz sind wir einigermaßen blockirt, auf der einen Seite der Oder von den Russen und auf der andern von den Oestreichern. Um Cocceji 29-+ durch,<30> zubringen, war erst ein kleines Gefecht nöthig. Hoffentlich wird er Ihnen meinen Brief zugestellt haben.

So lange ich lebe, bin ich in keiner so mißlichen Lage gewesen, als in diesem Feldzuge. Glauben Sie mir, noch immer gehören Wunder dazu, wenn ich alle die Schwierigkeiten überwinden soll, die ich vorhersehe. Ich werde, wenn sich Gelegenheit ereignet, ganz gewiß meine Pflicht thun, aber, lieber Marquis, vergessen Sie nicht, daß ich nicht über das Glück gebiete, und daß ich genöthigt bin, in meinen Planen dem Zufall zu viel zu überlassen, da es mir an Mitteln fehlt, gründlichere zu entwerfen. Ich soll herkulische Arbeiten in einem Alter endigen, worin mich die Kräfte verlassen, meine Schwachheiten zunehmen, und, aufrichtig zu reden, selbst Hoffnung, der einzige Trost der Unglücklichen, mir zu mangeln anfängt. Sie kennen die Umstände nicht genug, um sich einen deutlichen Begriff von den Gefahren zu machen, die dem Staate drohen, ich kenne und verschweige sie. Alle Besorgnisse behatte ich für mich, und theile dem Publikum bloß die Hoffnungen und die wenigen guten Nachrichten mit, die ich ihm geben kann. Gelingt der Streich, auf den ich denke, dann, lieber Marquis, wird es Zeit sein, der Freude freien Lauf zu lassen. Allem bis dahin wollen wir uns mit Nichts schmeicheln, aus Furcht, daß eine unerwartete üble Nachsicht uns zu sehr niederschlagen möchte.

Ich lebe hier wie ein kriegerischer Karthäuser. Ich muß viel an meine Geschäfte denken; die übrige Zeit widme ich den Wissenschaften, die mich trösten wie jenen Consul, den Redner, den Vater des Vaterlandes und der Beredsamkeit. Ob ich diesen Krieg überleben werde, weiß ich nicht; aber wenn es geschehen sollte, so bin ich fest entschlossen, den Ueberrest meiner Tage in der Einsamkeit, im Schooße der Philosophie und der Freundschaft zuzubringen. Sobald der Briefwechsel ungehinderter ist, werden Sie mir ein Vergnügen machen? wenn Sie mir öfter schreiben. Wo wir diesmal<31> unsere Winterquartiere haben werden, weiß ich noch nicht. Mein Haus in Breslau ist bei dem Bombardement zerstört worden. Unsere Feinde mißgönnen uns Alles, selbst das Tageslicht und die Luft, die wir athmen. Indeß werden sie uns doch einen Platz lassen müssen, und wenn der sicher ist, so wird es mir eine wahre Freude sein Sie bei mir zu sehen. etc."31-+

30. August 1760

Der König in Prschiedrowitz.

31. August 1760

In Költschen.

B.

1. August 1760

Die Franzosen besetzen Hannöverisch-Minden.

1. August 1760

Breslau wird von Laudon bombardirt, vom General von Tauenzien 3) vertheidigt.

4. August 1760

Prinz Heinrich trifft mit seiner Armee bei Breslau ein.

4. August 1760

Laudon hebt die Belagerung von Breslau auf, und zieht sich nach Canth.

6. August 1760

Die Russische Hauptarmee unter Soltikof trifft über Kobylin und Militsch bei Breslau ein, und bezieht ein Lager bei Hundsfeld.

8. August 1760

Die Franzosen erobern Schloß Bentheim.

15. August 1760

Schlacht bei Liegnitz. Sieg des Königs über Laudon.

16. August 1760

Die Schweden fangen ihre Operationen wieder an und dringen bis Prenzlow vor.

20. August 1760

Gefecht bei Strehla. Generall von Hülfen gegen den Prin<32>zen von Stolberg, wobei die Preußen ein ganzes feindliches Corps unter General Kleefeld zerstreuen, eine Kanone und 5 Fahnen erbeuten, und 40 Officiere, darunter den Prinzen von Usingen, Obersten des Zweibrückschen Regiments, und 1178 Gemeine gefangen nehmen.

22. August 1760

Die Alliirten nehmen das Schloß Bentheim wieder.

26. August 1760

Vor Colberg erscheint eine Russische Kriegsflotte von 24 Linienschiffen und Fregatten, 9 kleinern Kriegsfahrzeugen und 40 Transportschiffen.

28. August 1760

Anfang des Bombardements von Colberg.

29. August 1760

Es treffen noch 6 Schwedische Linienschiffe und Fregatten zur Verstärkung der Russischen Flotte vor Colberg ein.

September.

A.

1. September 1760

Der König in Pilzen.

3. September 1760

Von Pilzen in Jauernick.

4. September 1760

In Bunzelwitz.

11. September 1760

In Ober-Baumgarten.

12. September 1760

Der König greift ein feindliches Corps an, jagt es durch Hohenfriedberg und macht 680 Mann zu Gefangenen.

17. September 1760

In Hohengiersdorf.

18. September 1760

In Reisendorf und Dittmannsdorf. Aus ersterm Ort schreibt der König an d'Argens :

"Ihre beiden Briefe habe ich erhalten, mein lieber Marquis. In der That bin ich einer sehr großen Gefahr entgangen, und bei Liegnitz hatte ich alles Glück, das ich in meiner Lage haben konnte. In einem gewöhnlichen Kriege würde es viel zu bedeuten haben, aber in diesem ist die Schlacht nur ein Scharmützel, und im Ganzen genommen hat sich meine Lage dadurch eben nicht viel verbessert. Ich will Ihnen keine Jeremiaden vorsingen, oder Sie durch alle Gegenstände meiner Furcht und meiner Besorgnisse beunruhigen; aber ich versichere Sie, daß diese groß sind. Die Kri<33>sis, in der ich bin, hat eine andere Gestalt gewonnen; aber bis jetzt entscheidet sie Nichts, und die Entwickelung läßt sich noch nicht absehen. Ich brenne an einem langsamen Feuer; ich bin wie ein Körper, den man verstümmelt, und der täglich einige von seinen Gliedern verliert. Der Himmel stehe uns bei, wir haben es sehr nöthig.

Immer reden Sie von meiner Person. Es ist, wie Sie wissen sollten, nicht nöthig, daß ich lebe, wohl aber, daß ich meine Schuldigkeit thue, und für mein Vaterland kämpfe, um es, wo möglich, noch zu retten. In vielen kleinen Vorfällen habe ich Glück gehabt, und ich hätte große Lust, mir den Wahlspruch zu wählen : Maximus in minimis et minimuss in maximis.

Sie können sich unsere entsetzlichen Beschwerden gar nicht denken. Dieser Feldzug ist ärger, wie alle vorhergehenden, bisweilen weiß ich nicht, wohin ich mich wenden soll. — Doch ich mache Ihnen mit der Erzählung von meiner Unruhe und meinem Kummer nur Langeweile. Mein Frohsinn und meine Munterkeit sind mit den geliebten und hochachtungswürdigen Personen begraben, an die mein Herz gefesselt war. Das Ende meines Lebens ist schmerzhaft und traurig. etc."

B.

2. September 1760

Die Russische Flotte vor Colberg setzt das Bombardement fort, und es werden Truppen gelandet.

7. September 1760

Die Schweden nehmen ein Lager bei Prenzlow.

18. September 1760

General von Werner erscheint mit 5 Bataillons und 8 Eskadrons zum Entsatz bei Colberg, greift die verschiedenen Posten der Russen an und schlägt sie in die Flucht.

19. September 1760

Das Russische Belagerungs-Corps geht zurück, doch wird die Stadt noch bis zum 21sten von der Russischen Flotte beschossen, an welchem Tage sie sich auch zurückzieht und den 23sten unter Segel geht, daß nun also Colberg wieder frei ist. Die Schwedische Flotte hatte schon vorher die Anker gelichtet und die hohe See gewonnen.

<34>

Die Russen hinterließen bei ihrer Flucht 22 Stück Geschütze, 100 Ctr. Pulver, 4000 Stück Kugeln und eine Menge Munitions- und andere Wagen und viel andere Bagage, Lagergeräth und Lebensmittel.

Eine Gesellschaft Patrioten hatte zu Ehren des tapfern Commandanten von Colberg, Oberst von der Heyde, und des Generals von Werner eine Medaille prägen lassen. Der König übersandte davon jedem der beiden Helden ein Exemplar in Gold, 7—8 Loth schwer, und 20 in Silber. Abbildung und Beschreibung derselben findet man in: Fromery Recueil de Medailles pour servir à I'histoire de Frédéric le Grand, und in : Spieß Brandenburgische Münzbelustigungen IV. 257.

26. September 1760

Göttingen wird von den Franzosen besetzt.

27. September 1760

Der Preuß. Major von Normann, Commandant von Torgau, übergiebt diesen Platz an die Reichsarmee.

29. September 1760 bis 30. September 1760

Der Erbprinz von Braunschweig gebt bei Ruhrort über den Rhein.

Oktober.

A.

Oktober 1760

Der König in Dittersdorf.

7. Oktober 1760

Von Dittersdorf in das alte Lager bei Bunzelwitz.

7. Oktober 1760

Der König an d'Argens :

"Gotskowsky hat mir so eben, mein lieber Marquis, Ihren Brief überbracht. Befürchten Sie Nichts für meine gute Stadt Berlin; man hat für Alles gesorgt, und die Bürgerschaft soll in Nichts belästigt werden. Ich wünschte, daß man wichtigere Dinge, die mich beunruhigen, eben so gut beendigen könnte. Gleichwohl haben wir so eben einen Obersten, 100 Mann und 4 Kanonen den Kreistruppen abgenommen. Jetzt sind sie gänzlich aus Sachsen vertricben. Unsere Husaren haben Wunder gethan."

8. Oktober 1760

In der Vorstadt von Jauer.

<35>

9. Oktober 1760

In Haynau, dann in Conradsdorf. Hauptquartier.

10. Oktober 1760

In Primkenau.

11. Oktober 1760

In Sagan.

13. Oktober 1760

In Golßen (Nieder-Lausitz).

14. Oktober 1760

In Guben (log. in der alten Münze).

15. Oktober 1760

In Groß-Muckro. Hier erfährt der König die Einnahme Berlins durch die Russen und zugleich auch ihren Rückzug.

16. Oktober 1760

In Sickadel.

17. Oktober 1760

In Lübben bis den 20.

20. Oktober 1760

In Wildau

21. Oktober 1760

In Dahme.

22. Oktober 1760

Jessen — Schweinitz Hauptq. Aus ersterm Ort schreibt der König an d'Argens :

"Da waren denn einige von den Streichen, die ich seit dem vorigen Winter besorgte. Aus dem Grunde schrieb ich Ihnen so oft Briefe über meine unglückliche Lage. Ich hatte meine ganze Philosophie nöthig, um die Widerwärtigkeiten, Erniedrigungen, Beschimpfungen und die ganze Reihe von schrecklichen Dingen zu ertragen, die vorgegangen sind. Ich bin in voller Thätigkeit, und prophezeihe Ihnen, wie unser Feldzug sich ungefähr endigen wird. Wir werden Leipzig, Wittenberg, Torgau und Meissen wieder einnehmen; der Feind aber wird in Sachsen Dresden und in Schlesien die Gebirge behalten, und diese Vortheile werden es ihm leicht machen, mir im folgenden Jahre den Gnadenstoß zu geben. Ich sage Ihnen nicht, was ich denke, noch weniger was ich im Sinne habe; aber ohne Zweifel werden Sie Sich vorstellen können, was im Innern meines Herzens vorgeht, wie zerrüttet mein Geist und alle meine Gedanken sind.

Ihr Brief hat mir Vergnügen gemacht, wenn man anders in, Sturme, in diesen unruhigen, alles zerrüttenden Zeiten, mitten unter der Verheerung, der Verwüstung und dem Tode, zu einer ähnlichen Empfindung fähig ist. Sie haben, wie ich sehe, unter den Ursomanen und Oestreichern eine ruhige<36> Seele behalten, und Ihre Gesundheit hat dadurch nicht gelitten.

Die Abschrift des Briefes, die Sie mir schicken 36-+, ist wirklich von mir; einige Fehler im Styl ausgenommen, die sich vermuthlich bei dem Kopiren eingeschlichen haben. So wird das Ende meiner Tage vergällt, lieber Marquis, so spottet das Glück der schwachen Sterblichen! Aber ich bin seiner Gunstbezeigungen und seines Eigensinnes müde, und denke darauf, mir eine Lage zu verschaffen, in der ich weder von den Menschen, noch von den Göttern etwas befürchten darf. Leben Sie wohl, lieber Marquis; beruhigen Sie Sich und lesen Sie noch einmal Virgil's zweiten Gesang, worin Sie ungefähr ein Bild von Dem sehen werden, was mein Vaterland erlitten hat.

Schreiben Sie mir, Sie haben Muße dazu, und vergessen Sie mich nicht."

23. Oktober 1760

In Tragun.

25. Oktober 1760

In Coswig.

26. Oktober 1760

In Jonitz (auch vielleicht in Dessau?).

27. Oktober 1760

In Kemberg.

28. Oktober 1760

Der König an d'Argens :

"Nennen Sie meine Gesinnungen, wie Sie wollen, lieber Marquis. Ich sehe, daß wir in unsern Begriffen nie übereinstimmen werden, und daß wir von sehr verschiedenen Grundsätzen ausgehen. Sie schätzen das Leben wie ein Sybarit, und ich? — ich betrachte den Tod wie ein Stoiker. Nie werde ich den Augenblick sehen, der mich nöthigt, einen nachtheiligen Frieden zu schließen; keine Bewegungsgründe, keine Beredsamkeit können mich dahin bringen, daß ich meine Schande unterschreibe. Entweder lasse ich mich unter den Ruinen meines Vaterlandes begraben, oder sollte dieser Trost dem Geschicke, das mich verfolgt, noch zu süß scheinen; so werde<37> ich mein Unglück zu endigen wissen, wenn es sich unmöglich länger ertragen läßt. Ich handelte stets der innern Ueberzeuguug und jenem Gefühle von Ehre gemäß, die alle meine Schritte leitet, und thue es auch noch jetzt; mein Betragen wird allezeit mit diesen Grundsätzen übereinstimmen. Die Jugend opferte ich meinem Vater, und die männlichen Jahre meinem Vaterlande auf; nun glaube ich berechtigt zu sein, über mein Alter zu gebieten. Ich habe es Ihnen gesagt, und wiederhole es noch einmal; nie wird meine Hand einen schimpflichen Frieden unterzeichnen. Ich bin fest entschlossen, in diesem Feldzuge Alles zu wagen, und die verzweifeltsten Dinge zu versuchen, um zu siegen oder ein ehrenvolles Ende zu finden.

Ich habe einige Betrachtungen über die kriegerischen Talente Karls XII angestellt; aber nicht untersucht, ob er sich hätte tödten sollen, oder nicht. Nach der Eroberung von Stralsund hätte er, dünkt mich, klug gehandelt, wenn er aufgebrochen wäre. Mag er aber gethan oder gelassen haben, was er will; sein Beispiel ist keine Regel für mich. Es giebt Leute, die dem Geschicke folgsam sind; ich bin nicht dazu geboren. Habe ich für Andere gelebt, so will ich für mich sterben. Was man davon sagen wird, ist mir sehr gleichgültig, und ich stehe Ihnen sogar dafür, daß ich es nie erfahren werde. Heinrich IV war ein jüngerer Sohn von gutem Hause, der sein Glück machte; da hatte er nun eben nicht Ursache, sich zu erhenken. Ludwig XIV war ein großer König, er hatte große Hülfsquellen und zog sich aus der Verlegenheit. Doch ich — ich bin ihn, an Macht nicht gleich; aber die Ehre ist mir theurer, als ihm, und, wie ich Ihnen schon gesagt habe, ich richte mich nach Niemand.

Seit Erschaffung der Welt zählen wir, glaub ich, fünftausend Jahre; diese Angabe scheint mir viel geringer, als die Dauer des Weltalls. Das Brandenburgische Land hat diese ganze Zeit hindurch existirt, ehe ich auf der Welt war. Eben<38> so wird es noch da sein, wenn ich schon todt bin. Die Staaten erhalten sich durch die Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts, und so lange man noch an Vermehrung desselben mit Vergnügen arbeitet, werden sich auch Minister oder Regenten finden, die das Volk beherrschen. Etwas mehr Thorheit, etwas mehr Weisheit — das läuft ziemlich auf Eins hinaus. Die Nuancen sind so klein, daß das Volk, im Ganzen genommen, sie kaum bemerkt.

Wiederholen Sie mir also, lieber Marquis, das alte Hofgeschwätz nicht länger, und bilden Sie Sich nicht ein, daß mich die Vorurtheile der Eigenliebe und der Eitelkeit blenden, oder mich auch nur zur kleinsten Veränderung meiner Gesinnungen bewegen könnten. Man endigt ein unglückliches Leben nicht aus Schwachheit, sondern aus überdachter Klugheit, die uns überzeugt, daß der Zustand, in welchem uns Niemand schaden, und Nichts unsere Ruhe stören kann, der glücklichste für uns ist. Wie viel Gründe hat man nicht in einem Alter von fünfzig Jahren, das Leben zu verachten.' Mir bleibt keine Aussicht übrig, als daß ich ein kraftloses, schmerzhaftes Alter, Kummer, Betrübniß über ehemaliges Glück, Schande und Beschimpfungen haben werde.

In der That, wenn Sie Sich in meine Lage hineindenken, so werden Sie meinen Vorsatz weniger tadeln, als jetzt. Ich habe alle meine Freunde, meine geliebtesten Verwandten verloren; mich trifft jede nur mögliche Art von Unglück; mir bleibt gar keine Hoffnung übrig; ich sehe mich von meinen Feinden verspottet, und ihr Stolz trifft Anstalten, mich unter die Füße zu treten. Ach! Marquis : Wenn Alles uns verläßt, die Hoffnung selbst uns flieht, Dann wird das Leben Schmach und eine Pflicht der Tod. Mehr weiß ich nicht hinzuzusetzen. Ihrer Neugierde erzähle ich, daß wir vorgestern über die Elbe gingen, und morgen nach Leipzig marschieren, wo ich den 31sten zu sein gedenke. Da schlagen wir uns hoffentlich, und von daher sollen Sie<39> Nachrichten von uns bekommen, so wie die Vorfälle sie geben werden. Leben Sie wohl, lieber Marquis. Vergessen Sie mich nicht, und sein Sie von meiner Hochachtung überzeugt."

29. Oktober 1760

Der König in Düben.

30. Oktober 1670

In Eilenburg.

31. Oktober 1750

Der König an Voltaire:

"Ich bin Ihnen verbunden, daß Sie Antheil an einigen flüchtigen Gunstbezeigungen nehmen, die ich der Glücksgöttin entwandt habe. Seit der Zeit sind die Russen in Brandenburg eingebrochen. Ich eilte hinzu; sie entflohen aber sogleich, und ich wandte mich nun nach Sachsen, wo die Umstände meine Gegenwart erfoderten. Wir haben noch zwei lange Monate zu diesem Feldzuge vor uns. Der jetzige ist der härteste und ermüdendste von allen gewesen. Mein Körper empfindet es, meine Gesundheit nimmt ab, und mein Geist vermindert sich in dem Verhältnis wie seine Behausung den Einsturz drohet.

Ich weiß nicht, was für einen Brief von mir an den Marquis d'Argens man aufgefangen haben mag; vielleicht ist er von mir, vielleicht auch in Wien fabricirt. etc. – etc. - etc. Ihr Eifer entbrennt gegen die Jesuiten und gegen die mancherlei Arten von Aberglauben auf der Erde. Sie thun sehr wohl daran, daß Sie gegen den Irrthum kämpfen; aber glauben Sie, daß die Welt sich ändern wird? Der menschliche Geist ist schwach; mehr als drei Viertel von uns sind zur Sklaverei des ungereimtesten Fanatismus geschaffen. Die Furcht vor dem Teufel und der Hölle wirft den Leuten eine Decke vor die Augen, und sie verabscheuen den Weisen, der ihnen Licht geben will. Der große Haufen unsers Geschlechtes ist albern und boshaft. Ich suche an ihm vergeblich das Bild Gottes, wozu er, wie die Theologen versichern, geschaffen sein soll. Jeder Mensch hat ein wildes Thier in sich; nur wenige wissen es zu fesseln, die meisten lassen ihm<40> den Zügel schießen, wenn sie nicht durch die Furcht vor den Gesetzen davon abgehalten werden.

Sie finden mich vielleicht zu misanthropisch. Ich bin krank, ich leide Schmerzen und habe mit einem halben Dutzend boshafter Geschöpfe beiderlei Geschlechts zu thun, die selber einen Sokrates und Antonin aus der Fassung bringen würden. Sie sind glücklich, daß Sie Kandidens Rath befolgen und Sich darauf einschränken, Ihren Garten zu bauen. Nicht Jedem ist es vergönnt, eben das zu thun. Der Stier muß Furchen ziehen, die Nachtigall singen, der Delphin schwimmen und ich — Krieg führen.

Je länger ich dies Handwerk treibe, desto mehr überzeuge ich mich, daß das Glück den größten Antheil daran hat. Lange werde ich es, glaube ich, wohl nicht mehr thun; meine Gesundheit verfällt zusehends, und ich könnte wohl bald abreisen, um Virgil'n von der Henriade zu unterhalten, und in jenes Land hinabzugehen, wo unser Kummer, unsere Freuden und unsere Hoffnungen uns nicht nachfolgen, wo Sie mit Ihrem herrlichen Genie und der Troßtknecht einerlei Werth haben, kurz, wo man sich wieder in dem Zustande befindet, der vor der Geburt vorher ging.

Vielleicht wird Ihnen in Kurzem das Vergnügen zu Theil, mein Epitaphium zu verfertigen. Sie werden von mir sagen, daß ich die guten Verse liebte und schlechte machte; ferner, daß ich nicht stumpfsinnig war, um Ihre Talente nicht hochzuschätzen. Kurz, Sie werden von mir eben so Rechenschaft geben, wie Babuck dem Engel Ituriel in Paris 40-+.

Das ist für die Lage, in der ich bin, ein langer Brief! Ich finde ihn ein wenig schwarz; indeß soll er doch abgehen, wie er ist. Er wird unterweges nicht aufgefangen werden und in der tiefen Vergessenheit bleiben, zu der ich ihn verdamme. etc."

<41>

1. Oktober 1760

Es gehen noch zwei Corps der Alliirten bei Emmerich und bei Roes über den Rhein.

2. Oktober 1760

Gefecht bei Wittenberg. General Hülsen gegen die Reichstruppen. Ersterer muß sich zurück ziehen. Er geht über Coswig ins Lager bei Mühlstadt.

?? Oktober 1760

Die Preußen verlassen Leipzig, daß nun also ganz Sachsen bis auf Wittenberg in den Händen der Feinde war.

3. Oktober 1760

Wittenberg von den Reichstruppen berennt.

3. Oktober 1760

Die Russen unter dem General von Tottleben 41-+ 4) vor Berlin. Die Stadt wird aufgefodert, und da der Commandant, General von Rochow, eine abschlägige Antwort giebt, aus drei vor dem Halleschen und Cotbusser Thore errichteten Haubitz-Batterien beschossen, doch ohne Schaden zu thun. Darauf versuchten die Russen mit 300 Grenadieren das Hallesche Thor zu erstürmen, sie wurden aber mit Verlust zurückgeschlagen.

3. Oktober 1760 bis 4. Oktober 1760

In der Nacht langten zwei Kavallerieregimenter vom Corps des Herzogs von Würtemberg in Berlin an, und rückten den 4ten früh vor dem Halleschen Thore dem Feinde entgegen.<42> Abends kam auch die Infanterie des Herzogs von Würtemberg an. Tottleben hatte sich schon mit einem Theil seiner Truppen nach Cöpnik, welcher Stadt er sich bemächtigt hatte, zurückgezogen, um sich dem anrückenden General Czernitschef zu nähern.

5. Oktober 1760

Der Herzog von Würtemberg rückt mit seinem Corps vor das Hallesche Thor, nöthigt die noch daselbst stehenden Russischen Truppen, sich ebenfalls nach Cöpnik zurückzuziehen und nimmt sein Lager auf den Höhen vor dem Halleschen Thore.

5. Oktober 1760

Der General Czernitschef kommt mit einem Corps bei Copnik an, weshalb der Herzog von Würtemberg sein Lager auf die Höhen vor dem Landsberger Thore verlegt.

7. Oktober 1760

Bricht Tottleben von Cöpnik auf und besetzt die Höhen zwischen Mariendorf und Steglitz, und mit einem andern Theil geht er wieder vor das Hallesche Thor und läßt die Stadt aufs Neue beschießen. Indeß langte auch ein Theil des Corps vom General Hülsen unter dem Oberst Kleist an, wobei es in der Gegend von Schönberg zu einem Gefecht kam, und dieses Dorf in Brand geriet. Kleist mußte sich nach Teltow zurückziehen, wo eben der General Hülsen mit den übrigen Truppen angelangt war. Während dieser Vorfälle hatte der General Czirnitschef sein Lager bei Lichtenberg, dem Herzog von Würtemberg gegenüber, genommen.

Das Hülsensche Corps, welches sich Tottleben entgegenstellte, hatte diesen General wieder zum Zurückzug veranlaßt, um sich an die anrückenden Oestreicher unter Laszy anzuschließen.

8. Oktober 1760

Erhalten dle Russen Unter Czernitschef eine Verstärkung von 9 Bat., 5 Eskadr. und einer zahlreichen Artillerie, welche sich bei Weissensee lagern. Der Herzog von Würtemderg suchte dies zwar zu verhindern, was eine lebhafte Kanonade verursachte, die aber nichts entschied.

8. Oktober 1760

Gegen Abend langte nun auch das Oestreichische Corps unter<43> Laszy in Mariendorf, 1 Meile von Berlin, an, welcher sogleich durch den Fürsten von Lichtenstein die Stadt auffodern ließ, aber abschlägige Antwort erhielt. Da nun die Feinde, Russen und Oestreicher zusammen, an 30000 Mann stark waren, die Preußen unter dem Herzog von Würtemberg und Hülsen aber überhaupt kaum 14000 Mann hatten, so hielten es diese Generale für rathsamer, dem Könige dies Corps zu erhalten, als es auf ein so gewagtes Spiel zn setzen, wo im Fall, daß es geschlagen würde, das Schicksal der Hauptstadt unendlich verschlimmert werden müßte. Beide zogen sich also in der Nacht auf den 9ten nach Spandau zurück. Bei Anbruch des Tages wurde die Arriere-Garde, welche das Freibataillon Wunsch, die Fußjäger und etwa 100 Husaren und Dragoner machten, von den Kosacken verfolgt und theils niedergemacht, theils gefangen genommen. Vorher schon war Tottleben vor das Cotbusser Thor gerückt und hatte die Stadt wiederholt aufgefodert, nach erhaltener abschlägiger Antwort aber von Neuem bombardiren lassen.

9. Oktober 1760

Früh um 3 Uhr schickte nun der Commandant von Rochow zwei Officiere, Major Wegener und Rittmeister Wangenheim, an den General Tottleben, und bot ihm eine Capitulation an, die dann auch abgeschlossen wurde. Sie lautete wie folgt :

1) Die Garnison und Alles, was zum Militär gehört, erhält freien Abzug samt ihren Effecten, wozu ihnen Vorspann gegeben wird.

2) Was vom Militär krank ist, genießet bis zur Genesung alle Sicherheit und hiernächst auch freien Abzug und Vorspann zur Fortbringung ihrer Sachen.

Antwort auf 1 und 2. Der Herr Commandant, alle Herren Generals, Stabs- und andere Officiere, wie auch alle Soldaten, sie gehören zur Garnison oder nicht, sie mögen dienen oder sonst in Berlin sich aufhalten,<44> Kranke und Invaliden, so noch Dienste thun können, in Summa alle die, so in Berlin und auf dieser Seite sind, müssen sich zu Kriegsgefangenen ergeben und zum Thore ausmarschiren, das Gewehr strecken und die Thore der Stadt von mir besetzen lassen. Die lahm oder Krüppel sind, bleiben hier, aber wegen ihrer soll eine Specification gegeben werden. Die Herren Officiers behalten ihre Equipage. Es muß auch eine Specification von allen gefangenen Officiers, Unterofficiers und Gemeinen, so hier sind, beigebracht werden, und sollen morgen früh um 7 Uhr bei dem Cotbusser Thore sein.

3) Die Garnison nimmt alle vorhandene Ammunition, Geschütze und Montirungsstücke mit. Antwort Die Artillerie und Kriegsammunition muß, ohne das allermindeste zu verheelen, sondern laut Specification an mich übergeben werden.

4) Das Königliche Schloß, die Prinzlichen Palais und andere öffentliche Gebäude erhalten Sauvegarde und werben wie geheiligte Schutzörter angesehen und gehalten. Antwort: Da alle übrigen Häuser unbeschädigt und von aller Plünderung frei sein sollen, um so vielmehr soll dies den Königlichen Häusern widerfahren.

5) Alle Kriegsgefangene, so von der Kaiserlich Russischen Armee allhier sein und sich hier befinden, werden von der Garnison mitgenommen.

6) Die außer der Garnison hier befindlichen Militärbediente, wie auch von denen Alliirten, werden getreulich angegeben, keine Königl. Kassen und Kriegsammunitionen, Proviantmagazine und Fourage werden verheelt.

7) Sobald die Russische Garnison einrückt, soll die Stadt vor allen Anfällen der Truppen, sowohl Kaiserl. Russischer Seite, als von deren Alliirten sichern Schutz haben. Berlin, den 9. Oktbr. 1760. von Rochow.<45> Antwort auf 5, 6 und 7. Alle Gefangene, Sachsen und Schweden, Oestreichische und Französische Truppen, wie auch die von der Reichsarmee, und in Summa alle Gefangene von denen Alliirten Armeen, so hier sind, müssen sofort an mich übergeben werden, und es muß nichts verheelet werden, worin es wolle, nemlich von der Garnison, und aller Kriegsammunition und Gefangenen.

Was die Stadt Berlin für Contribution und baare Brandschatzung zu erlegen, wird der Herr Brigadier von Bachmann, als welchen ich zur Errichtung der Capitulation hiermit bevollmächtige, a parte aufgeben.

Im Lager bei Berlin, den 9. Oktbr. 1760.
Graf Tottleben. von Rochow.

Capitulationspunkte, welche accordirt zu erhalten die Stadt Berlin von der Gnade Ihro Russisch Kaiserl. Majestät und des commandirenden Herrn Generals Hochgräflichcn Excellenz bekannten Generosität hoffet :

1) Daß den hiesigen Residenzien und sämtlichen Einwohnern alle ihre Privilegia, Freiheiten und Gerechtigkeiten verbleiben, auch Nahrung und Gewerbe, Fabriken und Künste in ihrem bisherigen Gange gelassen werden.

2) Das freie Religionserercitium und der öffentliche Gottesdienst bei der bisherigen Verfassung, ohne die mindeste Veränderung, bleibe.

3) Sämtliche Städte und Vorstädte von Einquartierung verschonet, auch den leichten Truppen nicht verstattet werde, in die Städte und Vorstädte einzudringen.

4) Sollte die Notwendigkeit erfodern, einige reguläre Truppen in die Städte und Vorstädte zu verlegen, so geschiehet solches nach denen bisherigen Städtischen Verfassungen, und bleiben diejenigen, so sonsten erimiret gewesen, ferner bei ihrer Freiheit.<46> 5) Alle Einwohner überhaupt, und wessen Standes und Würde sie sein, bleiben in dem ruhigen Besitz des Ihrigen, und wird allen Unordnungen und Plünderungen in sämtlichen Städten und Vorstädten, auch des Magistrats Dörfern und Vorwerken gesteuert.

6) Kirchen, Schulen, Hospitäler und allen piis corporibus, nicht minder deren Bedienten sowohl, als andern Civilbedienten bleiben ihre bisherigen Einkünfte und deshalb gemachte Einrichtungen.

7) Es werden denen hiesigen Königlichen Collegiis, also auch dem Landschaftlichen und Magistratscollegio, auch Stadtgerichte, ihre Archive und Registraturen, nicht minder alle bisherigen Einkünfte, da solche mit den König!. Kassen keine Connerion oder Verbindung haben, ferner gelassen.

8) Der Handel zu Wasser und zu Lande, in und außerhalb Landes, wird fernerhin sicher und ungestört getrieben.

9) Der Lauf der Posten wird nicht gehemmt, und freie Passage und Zufuhr wird überall gestattet.

10) Die Polizeiverfassung bleibet auf dem alten Fuß, und werden alle Zünfte und Gilden bei ihren Privilegiis gelassen, und ihnen weder in Ansehung ihrer Personen als Metiers, Gesellen und Lehrburschen, das geringste in Weg gelegt.

11) Wird der Stadt Berlin die Garantie geleistet, daß die Capitulation auch, in Ansehung sämtlicher mit Ihrer Russisch Kaiserlichen Majestät verbundenen Mächte und deren Truppen, ihre Vollgültigkeit habe, und derselben auf keine Weise weiter etwas zu gemuthet werden solle.

12) Da auch noch ein und andere Puncte, so zum wesentlichen Besten der Stadt gereichen, und eine Folge der gnädigst promittirten Protection Ihrer Russisch Kaiserlichen Majestät anzusehen, hier nicht völlig enthalten sein; so wollen des commandirenden Generals Hoch<47>gräfl. Exzellenz auf geziemendes Ansuchen des Magistrats sowohl, als die etwan nöthig seienden Sauvegardes, hiernächst noch separatim verwilligen.

13) Dahingegen werden von der Stadt Berlin statt des gefoderten Mehls, Rationen und Portionen, da solche keinen Ackerbau oder andere Gelegenheit dergleichen anzuschaffen hat, dem unter dem Commando Sr. Hochgrafl. Excellenz stehenden Corps ein Douceur von 100000 Reichsthaler, für das Corps des Herrn Generals Czernitschef Excellenz und für das Corps des Herrn Generals von Lascy Excellenz 100000 Rthlr. morgen früh bezahlet, und cessiren alsdann alle weitere Anfoderungen, sie haben Namen wie sie wollen.

Die Kaiserliche Contribution betreffend unterwirft sich die Stadt, wegen der pro Ultimo gefoderten 1½ Million Thaler, lediglich Ihrer Russisch Kaiserlichen Majestät weltgepriesener Gnade, im mildesten Betracht der bekannten und notorischen Armut der mehresten Einwohner, und hoffet durch die vielgültige Vorsprache der hohen Russischen Generalität, wegen dieser großen Summe, noch eine ansehnliche Milderung zu erhalten.

Inzwischen verbindet sich die hiesige Kaufmannschaft über die ganze Summe einen Wechsel, in 6 Tagen zahlbar, Sr. Hochgräfl. Excellenz auszuhändigen, mit dem Vorbehalt, daß, was in diesen 6 Tagen, auf Abschlag dieser Summe, in Silbermünze zusammengebracht werden könne, darauf angenommen werde, und wird die Kaufmannschaft wegen des Ueberrestes Wechsel in Ducaten zu 4 Thlr. jedes Stück gerechnet, und in 2 Monat zahlbar extradiren.

Uebrigens erhält die Stadt die Versicherung, daß, außer denen in dieser Capitulation stipulirten Geldsummen, von den übrigen, vor oder in der Stadt stehenden, oder noch anrückenden Oestreichischen Truppen, keine wei<48>tere Contribution oder Douceurgelder zu bezahlen, noch Naturalverpflegung zu übernehmen weiter zugemuthet werden solle. Berlin, den 9. Oktbr. 1760.
Graf Tottleben.

Hierauf kam der General-Major Graf Tottleben, die Generale Fürst Dolgorucki und von Panin und der Brigadier von Bachmann etc. in die Stadt, und es rückten zugleich einige reguläre Kavallerie und Infanterie mit ihren Feldstücken zum Cotbusser Thore ein 48-+. Die Thorwachen und auch die Schloßwache wurden von den Russen besetzt, die Garnison mußte das Gewehr strecken und ward abgeführt. Der Brigadier von Bachmann war zum Commandanten ernannt worden. Der General Graf Tottleben nahm sein Quartier in der Brüderstraße in dem Montgobertschen, ehemals St. Vincentschen Hause (jetzt Nr. 39), der General Czernitschef hatte sein Hauptquartier in Friedrichsfelde auf dem damals Markgräflichen Schlosse genommen. Der Oestreichische General von Laszy, als er von Tottleben benachrichtigt ward, daß die Stadt mit ihm capitulirt habe, war damit höchst unzufrieden und verlangte gleichen Theil daran zu haben, er ließ das Hallesche Thor mit Gewalt besetzen und wollte gegen die Capitulation protestiren. Nach vielen Streitigkeiten wurden den Oestreichern 50000 Thlr. von den Douceurgeldern zugesichert und ihnen 3 Thore zu besetzen nachgegeben. Sie drangen aber bald mit einigen Tausend Mann in die Stadt ein und nahmen die ganze Friedrichstadt zu ihren Quartieren, wo sie große Exesse verübten 48-++, wogegen die Russen die strengste und rühmlichste Mannszucht hielten.

<49>

Der Graf Tottleben hatte von dem General en Chef Reichsgrafen von Fermor die gemessensten Befehle, mit Berlin ohne Schonung zu verfahren, 4 Millionen in altem Gelde zu erheben, alle Königl. Fabriken, Münzen, das Gießhaus und alle dergl. Anstalten zu ruiniren 49-+ etc. Dennoch wurde die Stadt weit weniger hart behandelt, als man allen Umständen nach fürchten mußte. Sie verdankte dies sowohl Tottleben selbst, der auch später beschuldigt ward, zu viel Nachsicht gehabt und nicht, wie er gesollt und ihm von Fermor befohlen worden, gehandelt zu haben, und in Untersuchung kam, als auch dem Commandanten Wachmann. Diesem wollte die Stadt ein Geschenk von 10000 Thlr. machen, allein er schlug es mit den Worten aus: "Glaubt die Stadt, daß ihr Schicksal durch unsere Mannszucht erträglicher ist, als es hätte sein können, so hat sie es dem ausdrücklichen Befehl unserer Kaiserin zu danken; ich für mein Theil bin durch die Ehre, drei Tage Commandant in Berlin gewesen zu sein, hinlänglich belohnt."

Bei aller Schonung, welche der Stadt zu Theil ward, war das Unglück sowohl für sie, als auch für den König, immer noch sehr groß. Das Zeughaus, darin außer 86 Stück Geschützen, nach Andren 143, eine Menge Gewehre, Säbel, Pistolen und andere Armatursiücke, die eroberten Fahnen etc. (Schwedische und Sächsische, die Oestreichischen waren schon vorher nach Magdedurg geschafft worden), desgl. Kugeln, große Vorräthe von Schwefel und Salpeter etc. befindlich<50> waren, und die Montirungskammern wurden gänzlich ausgeräumt, so auch die Proviant, und Fourage-Magazine, und alles, was wegen Kürze der Zeit nicht fortgeschafft werden konnte, wurde vernichtet, ins Wasser geworfen oder verbrannt; Anderes um ein Spottgeld verkauft, z. B. Salz, die Tonne für 1 Thlr., wofür überhaupt 1500 Thlr. gelöst wurden. Aus Königl. Kassen wurden 62000 Thlr. 50-+, und aus dem Königl. Marstalle alle Pferde, Kutschen und Geschirre weggenommen. Das Gießhaus sollte in die Luft gesprengt werden, doch begnügte man sich endlich damit, die Maschinen und Oefen zu ruiniren. Gleiches geschah in der vor dem Thore befindlichen Pulverfabrik; ein Pulvermagazin flog dabei in die Luft. Auch in der Münze wurden die Maschinen unbrauchbar gemacht. Nicht ohne viele Mühe erlangte man, daß das Lagerhaus und die Gold- und Silbermanufactur, als eigentlich nicht Königliche Manufakturen, obschon Fermor sie auf die Liste der zu zerstörenden Gegenstände gesetzt hatte, verschont wurden. (S. Gotskowsky) 50-++.

Die Bürgerschaft hatte ebenfalls ihre Gewehre abliefern müssen, die theils zerschlagen, theils mitgenommen wurden. Einen sehr schmerzlichen Eindruck machte es, als man auch die Kadetten, fast alle noch Kinder, da man die erwachsenern zur Armee geschickt hatte, als Gefangene abführen sah. Die Zahl aller Gefangenen, inclus. der Kadetten, betrug 4499 Mann.

Eine andere traurige Scene war die beschlossene Execution<51> der beiden Berliner Zeitungsschreiber Krause und Kretschmer. Man gab ihnen Schuld, in die Zeitungen allerlei Dinge aufgenommen zu haben, wodurch die mit Preußen in Krieg befindlichen Mächte beleidigt worden 51-+; auch hielt man sie für die Verfasser der sogenannten Bauerngespräche (s. 2. Abtheil. S. 335), und anderer gegen sie gerichteten Flugschriften, deswegen sollten sie nun mit Gassenlaufen bestraft werden. Zu diesem Behuf hatte sich auf dem Neuen Markt ein Russisches Commando von ungefähr 100 Mann aufgestellt, denen von einem Profos die Ruthen ausgetheilt wurden, darauf holte man (den 12ten früh um 8 Uhr) die beiden Unglücklichen aus der Neuen Marktwache, wo sie gefangen saßen, und führte sie vor die Gasse, wo sie entkleidet wurden und der zu Pferde commandirende Officier ihnen die zuerkannte Strafe bekannt machte. Der Redacteur der Spenerschen Zeitung, Joh. Victor Krause, ein 68jähriger Greis, umfaßte den Fuß des Officiers, nahm seine Perücke vom Haupt und zeigte sein eisgraues Haar, indem er weinend um Gnade bat, die ihm der Officier auch sogleich gewährte, und ihn freiließ. Der Vossische Redacteur, Kretschmer, erhielt salva fama einige Hiebe, und ward dann ebenfalls entlassen.

Alsdann wurden alle jene anstößigen Schriften, die man in den Buchhandlungen, und wo man sie sonst hatte auffinden können, weggenommen hatte, auf dem Neuen Markt an dem daselbst zum Galgen oder Pranger dienenden Pfahl auf einen Haufen geschüttet und verbrannt.

Außer den Bauerngesprächen waren auch folgende dabei : Beweis, daß der Kaiser zur Absetzung reif ist; Anfrage, ob und warum gewisse Völker in Europa wirklich Anlage haben, und Lust bezeigen, Menschenfresser zu werden; die Lebensbeschreibung des Grafen Brühl etc. Der Verfasser dieser Schriften war der ehemals auch in Oestreichischen Diensten gestan<52>dene Bergrath von Justi. Er ward in Berlin, wo er sich damals wirtlich aufhielt, von den Russen sehr eifrig aufgesucht, aber sein Versteck nicht gefunden.

Bei der vor den Thoren lagernden Armee konnten die Mannszucht und Ordnung, besonders in Betreff der irregulären Truppen, nicht so streng gehandhabt und nicht alle Excesse verhindert werden. Das Lustschloß der Königin, Schönhausen, wurde fast gänzlich ruinirt, und auch in Charlottenburg verübten die Sächsischen Dragoner vom Brühlschen Regiment große Ausschweifungen, das Schloß wurde geplündert, die kostbaren Möbel, Spiegel und viel Porzellan zerschlagen, viele Antiken aus der Polignacschen Sammlung verstümmelt, und mehrere Gemälde geraubt. Dagegen der in Potsdam stehende Oestreichische General Graf Esterhasy die größte Achtung für den Aufenthalt des Königs, sowohl in der Stadt, als in Sanssouci, äußerte und in seinen Schutz nahm, so daß nichts geraubt und nichts beschädigt wurde. Der Graf bat sich bloß zum Andenken ein Gemälde aus, das ihm auch sehr willig verabfolgt wurde.

Der Marquis d'Argens schrieb darüber an den König :

- etc. "Unstreitig wissen Sie schon, Sire, daß man weder zu Potsdam noch zu Sanssouci die geringste Verwüstung angerichtet hat. In Charlottendurg aber hat man die Tapeten und die Gemälde geplündert; allein durch einen sonderbaren Zufall hat man die drei schönsten zurückgelassen : die zwei Schildereiläden von Watteau, und das Bildniß der Frau, die Pesne zu Venedig malte.

Die Antiken hat man bloß umgeworfen, wodurch von einigen die Köpfe und Arme zerbrochen worden etc. — Der Kastellan war genöthigt, sich in bloßem Hemde und halb todt nach Berlin zu flüchten. etc."

Ueber das edle und rühmenswerthe Verhalten des Grafen Esterhasy in Potsdam hat der Königl. Intendant folgendes Zeugniß ausgestellt :

<53>

Que son Excellence Mrs. le Comte d'Esterhasy, Général des Armées de sa Maj. Imp. et Roy pendant le sejour qu'il a fait avec le corps de Trouppes sous ses Ordres dans le Chateau Royal de Sa Maj. Prussienne, et à son départ, a fait observer le meilleur ordre et une disciplin exacte; qu'il en a usé avec tous les Egards convenables envers la maison d'un Souverain, et qu'on a laissé tout sans le moindre dommage ou dégat. C'est ce que le soussigné de même que toutes les personnes de la Cour de sa Majesté Prussienne qui se trouvent ici, ne sauroient se disponser d'avouer et de reconnoitre, à l'honneur particulier de son Excellence par le present temoignage.

A Potsdam, ce 11. Octbr. 1760.
F. Neuffer,
Intendant des Batimens et des Jardins du Roi.

Laszy und Czernitschef, die darüber aufgebracht waren, daß Tottleben ihnen mit Abschließung einer Capitulation zuvor, und sie mit ihrer Aufforderung zu spät gekommen waren, waren nicht übel Willens, ihren Unmut durch Berennung eines Theiles der Stadt auszulassen, das nur durch die sehr eindringlichen Vorstellungen des in Berlin sich aufhaltenden Holländischen Gesandten von Verelst 5) verhindert ward, daher ihre Wuth und Wildheit nun auf die Köngl. Schlösser zu Charlottenburg und Schönhausen fiel (Hinterl. Werke IV. 135). An den Hern von Verelst erließ der König folgendes Danksagungsschreiben :

"Herr von Verelst! Ob ich gleich bis jetzo nur aus den unbestimmten öffentlichen Gerüchten die Sorgfalt und Dienstfertigkeiten vernommen habe, die Sie während des jüngst meiner guten Stadt Berlin überkommenen Unsterns angewendet haben, um den<54> Leuten in der Stadt wider die Härte und Grausamkeiten, welche der Feind an ihnen zu verüben gedachte, beizustehen und selbige zu mildern, so habe ich doch nicht umhin gekonnt, Ihnen so fort deswegen zu danken, und Ihnen zu bezeigen, wie gerührt ich über die Regungen der Menschenliebe bin, die Sie bei dieser Gelegenheit so großmüthig bewiesen haben. Seyn Sie versichert, daß ich das Andenken daran niemals aus dem Gedächtniß verlieren, und bei allen sich ergebenden Vorfällen mir eine Schuldigkeit daraus machen werde, Ihnen eine vollkommene und ausnehmende Hochachtung und Erkenntlichkeit zu bezeigen; der ich übrigens Gott bitte, daß er Sie Herr von Verelst, in seine heilige Obhut nehme.

Aus meinem Hauptquartier zu Jessen,
den 22. Oktbr. 1760.
Friedrich."

Auch an den Grafen Esterhasy hatte der König ein sehr verbindliches Dankschreiben erlassen.

12. Oktober 1760

Der General Fermor, welcher in Frankfurt a. O. stand, hatte indessen nicht sobald erfahren, daß der König aus Schlesien im Anmarsch sei, als er dem Grafen Tottleben den Befehl zuschickte, sogleich bei Ansicht desselben aufzubrechen und sich zurückzuziehen. Tottleben setzte sich auch ungesäumt in Marsch und ging den 12ten Abend von Berlin über Cöpnik und Fürstenwalde nach Frankfurt a. O. Nach seinem Bericht scheint es, daß er "die schöne, alte Sächsische Artillerie, welche im Gießhause ohne Laffetten lag, und zu deren Fortbringung allein einige hundert Pferde erfoderlich waren," in deren Ermangelung nicht hat mitnehmen können.

Czernitschef war schon am 12ten früh vor Tage ebenfalls nach Frankfurt, und das Laszysche Corps am Morgen desselben Tages über Trebbin nach der Elbe zu abgezogen.

Anmerk. Wir haben es der deutlichern Uebersicht wegen für nöthig erachtet, die Berlin betroffenen Schicksale ohne Unterbrechung anzuführen, und kehren nun zu den übrigen gleichzeitigen Ereignissen zurück.

<55>

3. Oktober 1760

Der Oberst Ditfurth unter dem Erbprinzen von Braunschweig besetzt Kleve, das Schloß capitulirt, und der Commandant von Baral mit 17 Officieren und 463 Mann ergeben sich zu Kriegsgefangenen.

4. Oktober 760

Der Erbprinz von Braunschweig läßt Wesel einschließen.

10. Oktober 1760 bis 11. Oktober 1760

Die Alliirten eröffnen die Laufgräben vor Wesel.

14. Oktober 1760

General von Salemnon übergiebt Wittenberg an die Reichsarmee.

16. Oktober 1760

Gefecht bei Kloster Kampen. Der Erbprinz schlägt die Franzosen unter de Castries. Ihr Verlust war 2545 Mann. Die Alliirten verloren 1612 Mann. Hier fand die Heldenmüthige That des Ritters d'Assas, Capitain im Regiment Auvergne, Statt. Englische Grenadiere umringten ihn in der Nacht und drohten ihm den Tod, wenn er einen Laut von sich geben würde. Er rief dennoch seinen Leuten zu: "A moi, Auvergne, voici l'ennemi!" und ward augenblicklich niedergestoßen.

17. Oktober 1760 bis 18. Oktober 1760

Der Erbprinz von Braunschweig hebt die Belagerung von Wesel auf.

19. Oktober 1760

Die Schweden ziehen sich vor den anrückenden Preußen nach Stralsund zurück.

20. Oktober 1760 bis 22. Oktober 1760

Laudon läßt Cosel einschließen.

23. Oktober 1760

Die Reichstruppen räumen Wittenberg, das von Preußen besetzt wird.

25. Oktober 1760

George II, König von England, stirbt.

26. Oktober 1760

Cosel wird bombardirt.

27. Oktober 1760

Die Schweden gehen über die Peene zurück.

28. Oktober 1760

Laudon zieht vor Cosel ab.

31. Oktober 1760

Leipzig wird von den Preußen unter General Linden wieder genommen.

In diesem Monat übergiebt der Generalfeldmarschal Soltikof das Obercommando der Russischen Armee an den Generalfeldmarschall Butturlin.

<56>

November.

A.

1. November 1760

Der König in Thalwitz.

2. November 1760

In Langen-Reichenbach.

3. November 1760

Schlacht bei Torgau. Die Armee des Königs siegt über die Oestreicher unter Daun. Nach Gaudi betrug die Stärke der Preußischen Armee 44000 Mann, die der Oestreichischen 64 bis 65000 Mann, mit Ausnahme der leichten Truppen unter den Generalen Ried und Brentano. Der Verlust war auf beiden Seiten sehr groß. Die Preußen verloren nach Gaudi, incl. 3000 Gefangene, 12 bis 13000 Mann, unter den Gefangenen waren 2 Generale, 9 Stabs- und 83 Subalternofficiere, unter den Todten 10 Stabsofficiere. Tempelhof giebt den Verlust, incl. 4000 Gefangene, auf 13 bis 14000 Mann an, auch gingen 27 Fahnen verloren. Der Verlust der Oestreicher betrug nach Gaudi 16000 Mann, incl. 7000 Gefangene, unter diesen 4 Generale, 13 Stabsund 202 Subalternofficiere, unter den Todten befanden sich 2 Generale und 9 Stabsofficiere. Der Feldmarschall Daun ward verwundet. Sie verloren 49 Geschütze, 29 Fahnen und 1 Standarte. Nach Tempelhof hatten sie 20000 M., incl. 8000 Gefangene, 45 Kanonen und 7pfündige Haubitzen verloren. Die Oestreicher selbst gaben ihren Verlust auf 11000 Mann an.

Die Schlacht war eine der mörderischsten, und der Sieg der Preußen anfänglich sehr zweifelhaft. Der König ward von einer Kartätschkugel auf der Brust getroffen, die eine starke Kontusion verursachte, und zwei Pferde waren unter ihm erschossen worden. In dieser Krisis wurde ihm der Tod des Obersten Anhalt, den er sehr liebte 6), gemeldet, er wandte sich zu dem Grafen Anhalt, seinem Flügeladjutanten, und sagte: "Heute geht Alles schlimm. Alle meine Freunde verlassen mich, so eben meldet man mir den Tod Ihres Bruders." Endlich führte noch spät, als die Schlacht<57> schon über 6 Stunden ohne Entscheidung gewüthet hatte, der Scharfblick und die muthige Entschlossenheit Saldern's, Ziethen's und Möllendorf's durch Eroberung der Süptitzer Höhen den Sieg herbei.

Der König ging nach der Schlacht unter starker Bedeckung, die unterwegs noch ganze Comagnien und Detachements vom Feinde, die sich verirrt hatten, gefangen nahm, nach dem Dorfe Elsnig, und da hier schon alle Häuser so voll von Verwundeten waren, daß der König kein Unterkommen finden konnte, so ließ er sich die Kirche aufschließen, wo er dann, weil es noch ungewiß war, ob nicht der Kampf am andern Tage noch nothwendig sein dürfte, auf den Stufen des Altars die weitern Dispositionen und Anordnungen niederschrieb und an die Generale abschickte. Nachdem er nur wenige Stunden Ruhe genossen, war er am 4ten schon früh um 4 Uhr wieder bei der Armee, die ihr Lager auf dem Schlachtfelde genommen hatte. Hier gab er sogleich den Befehl, daß alle Feldscheerer der Armee sich auf das Schlachtfeld vertheilen, und ohne Unterschied Preußen und Oestreicher, die noch nicht verbunden wären, verbinden und in die nächsten Dörfer bringen sollten.

4. November 1760

Der König in Süptitz, dann in Torgau, das die Oestreicher geräumt hatten.

5. November 1760

Der König an d'Argens :

"Heute, den 5. November, lieber Marquis, erhalte ich einen Brief, den Sie mir am 25. Septbr. geschrieben haben. Sie sehen, daß unsere Correspondenz sehr regelmäßig ist. Gott! was ist seitdem vorgefallen! Wir haben die Oestreicher geschlagen; von ihnen und von uns sind außerordentlich viel Leute geblieben. Dieser Sieg verschafft uns vielleicht den Winter hindurch einige Ruhe; aber das ist auch Alles. Mit dem künftigen Jahre wird es von Neuem angehen. Ich bin von einem Schuß oben an der Brust gestreift worden; es ist aber nur eine Contusion, ein wenig Schmerz<58> ohne Gefahr. Das wird mich nicht abhalten, wie gewöhnlich thätig zu sein.

Ich bin mit einer Menge Verfügungen beschäftigt. Kurz, ich werde diesen Feldzug so gut als möglich endigen; und das ist Alles, was man von mir fodern kann. Uebrigens bleibt meine Art zu denken so, wie ich sie Ihnen vor acht Tagen zu erkennen gab. Leben Sie wohl, lieber Marquis, vergessen Sie mich nicht und sein Sie von meiner Freundschaft überzeugt."

6. November 1760

Der König in Cavertitz.

7. November 1760

In Muschwitz.

8. November 1760

In Meissen. (Der Verf. des Tagebuches eines Pr. Officiers von der Königl. Armee im Jahr 1760, Cölln a. R. 1781, p. 88 sagt: "Den 15ten nahm der König sein Hauptq. in Neustadt, den 27sten brach der König von Neustadt auf und ging nach Meissen "). (?)

10. November 1760

Der König an d'Argens (aus Meissen). "Aus dem Briefe, den ich Ihnen aus Torgau schrieb, müssen Sie jetzt Alles wissen, was mich betrifft. Sie werden daraus gesehen haben, daß meine Contusion nicht gefährlich war. Die Kugel hatte einen Theil ihrer Kraft verloren, weil sie einen dichten Pelz und ein sammtnes Kleid, das ich trug, durchdringen mußte, und so konnte das Brustbein ihrer Gewalt widerstehen. Indeß versichere ich Sie, daß ich daran am wenigsten dachte, da Sieg oder Tod mein einziger Gedanke war.

Ich habe die Oestreicher bis an die Thore von Dresden getrieben. Da stehen sie nun in ihrem Lager von, vorigen Jahre, und sie aus dem zu verdrängen, dazu reicht alle meine Geschicklichkeit nicht hin. etc.

In der That, das ist eine traurige Aussicht und ein geringer Gewinn für die unermeßlichen Beschwerden und Gefahren dieses Feldzugs. Mitten unter so vielen Widerwärtigkeiten habe ich keinen Beistand, als meine Philosophie; sie<59> ist ein Stab, auf den ich mich stütze, und mein einziger Trost in diesen unruhigen Zeiten, wo Alles zerrüttet wird.

Sie sehen, lieber Marquis, daß mich mein Glück nicht aufbläht. Ich stelle Ihnen die Umstände genau so vor, wie sie sind. Vielleicht denkt die Welt anders und läßt sich von dem Glanze blenden, den ein Sieg immer von sich strahlt.

Beneidet sind wir fern; doch hier — hier seufzen wir.

Dies geschieht öfters, als man es sich vorstellt, das können Sie gewiß glauben. Um die Umstände gehörig zu beurtheilen, muß man sie in der Nähe sehen. Wie ich es auch anfangen mag, ich erliege unter der Menge meiner Feinde. Darin besteht mein Unglück, und das ist die eigentliche Ursach von so vielen Unglücksfällen und Widerwärtigkeiten, die ich nicht habe vermeiden können. etc.

Mit dem Prinzen Ferdinand geht es schlecht, ich fürchte, die Franzosen werden die Vortheile, die sie in diesem Feldzuge über ihn erhalten haben, den Winter hindurch behaupten. Kurz, es ist um mich her so schwarz, als wenn ich tief im Grabe läge. Haben Sie einiges Mitleid mit meiner Lage. Ich verhehle Ihnen nichts, entdecke Ihnen aber meine Verlegenheiten, meine Besorgnisse, meinen Kummer noch nicht in ihrem ganzen Umfange.

Leben Sie wohl, lieber Marquis, schreiben Sie mir bisweilen und vergessen Sie einen armen Teufel nicht, der täglich zehnmal sein unglückliches Dasein verflucht und schon in den Gegenden zu sein wünscht, aus denen Niemand mit Nachrichten zurückkommt."

11. November 1760

Der König in Neustadt (bei Meissen) an Frau von Camas 7):

"Ich bin pünktlich, Ihnen zu antworten, und eile, Sie zufrieden zu stellen. Es ist doch sonderbar, wie das Alter sich einfindet! Seit vier Jahren habe ich darauf verzichtet, zu Nacht zu speisen, weil dies mit dem Handwerk, welches ich zu treiben genöthigt bin, unverträglich ist, und an den Tagen, wo ich auf dem Marsche bin, besteht mein Mittags<60>mahl in einer Tasse Chocolade. Ganz von unsern Siegen aufgeblasen sind wir wie toll und besessen hingelaufen, um die Oestreicher aus Dresden zu verjagen. Aber von ihren Bergen herab haben sie uns zum Narren gehabt. Da habe ich denn wie ein echter Fibelschütze flink wieder linksum gemacht, und vor Bosheit mich in eins der vermaledeiten Dörfer Sachsens verkrochen. Jetzt kommt es darauf an, aus Freiberg und Chemnitz die saubern Herren Kreiseler zu vertreiben, damit wir Brod und Obdach bekommen.

Es ist, Sie können es mir wahrlich glauben, ein rechtes Hundeleben, wie, außer Don Ouixote und mir, noch keine Seele dergleichen geführt hat. Alle die Plackereien, die kein Ende nehmen, haben mich dermaßen alt gemacht, daß Sie Mühe haben werden, mich wieder zu erkennen. An der rechten Seite meines Schädels sind mir alle Haare grau geworden; meine Zähne zerbröckeln und fallen mir aus; mein Gesicht ist gerunzelt, wie das Falbala eines Weiberrocks, mein Rücken gewölbt, wie der eines Mönchs von La Trappe. Das Alles kündige ich Ihnen deshalb an, damit, wenn wir uns ja einmal in Fleisch und Bein wieder sehen sollten, meine Figur Sie nicht zu widrig überrascht. Nichts als mein Herz bleibt mir übrig, welches keineswegs verändert ist, und welches, so lange ich athmen werde, die Gefühle der zärtlichsten Achtung und Freundschaft für mein Herzensmütterchen bewahren wird. Leben Sie wohl."

16. November 1760

Der König in Unkersdorf. An d'Argens :

- etc. - "Wir sind genöthigt, uns Grenzen zu machen, das heißt : wir verheeren Striche Landes, um den Feind zu verhindern, daß er uns in den Winterquartieren nicht beunruhigen kann. etc. — Urtheilen Sie nun von den Beschwerden und Unannehmlichkeiten, die ich erdulde, denken Sie Sich meine Verlegenheit, wenn ich Ihnen sage, daß ich den Unterhalt und den Sold meiner Armee durch allerlei Kunstgriffe anzuschaffen gezwungen bin. Außerdem habe ich nicht die<61> mindeste Gesellschaft, bin aller Personen, die ich liebte, beraubt, muß mir selbst Alles sein, und die sämtlichen Augenblicke meines Lebens zwischen fruchtloser Arbeit und tausend Besorgnissen theilen.

Sehen Sie da ein Gemälde, das nicht schmeichelt, wohl aber die Umstände und meine unangenehme Lage treu schildert. Wie sehr ist es verschieden, ob man diese Gegenstände aus einem weiten Abstande und durch ein täuschendes, verschönerndes Glas ansieht, oder ob man sie ganz in ihrer nahen Gestalt und ohne den falschen Glanz untersucht, der sie schmückt! Eitelkeit der Eitelkeiten! auch die Schlachten sind eitel. Ich schließe mit dieser Sentenz des Weisen, die Alles umfaßt und Betrachtungen enthält, die alle Menschen machen sollten und nur zu wenige machen. etc."

18. November 1760

Der König in Neustadt (bei Meissen).

24. November 1760

Der König an von Catt (aus Neustadt) :

"Sie sind zu einer Zeit nach Berlin gekommen, wo Sie nur traurige Spuren von Dem finden werden, was die Stadt ehemals war. — etc. — Sein Sie doch so gut, dem kleinen Beausobre zu sagen, daß er mir einen vollständigen Cicero, einen Xenophon, eine gute Logik aus dem Port-Royal, Voltaires Pücelle und seinen Pauvre diable schicken soll. Ich erwarte Sie in Meissen, mein Lieber. Die Arbeiten, die man dort macht, gleichen an Zerbrechlichkeit dem Glücke der Menschen! Ich beschäftige mich hier mit Anstalten zu meinen Winterquartieren. etc."

24. November 1760

Der König an d'Argens 61-+ :

"Sie halten meinen Geist bei weitem für sorgenfreier, lie<62>der Marquis, als er ist. Ich bin hier von Geschäften überhäuft, und es ist nicht so leicht, meinen Feldzug zu endigen, als Sie Sich einbilden. Die Kriegssteuern der Berliner werden von meinem Glück oder meinem Verlust abhängen. Bin ich glücklich, fo bezahlt Berlin keinen Pfennig; ist mir Fortuna zuwider, wie bisher, so werde ich auf ein Mittel sinnen, dem Volke Erleichterung zu verschaffen. Das ist Alles, was ich Ihnen sagen kann.

Welchen Anstrich Sie den schwarzen Unternehmungen unserer Feinde und den Trübsalen meines Vaterlandes auch geden wollen, so müssen Sie doch nicht denken, ich sähe nicht deutlich durch die Wolken, mit denen Sie das wesentliche und lastende Unglück zu verhüllen glauben. Das Ende meiner Tage wird mir verbittert, und mein Abend ist eben so unglücklich, als meine Morgenröthe. — etc. — Ich mag thun was ich will, fo sehe ich bei der Menge meiner Feinde voraus, daß ich auf der einen Seite unterliegen werde, wenn ich ja auf der andern Widerstand leiste. Ich habe weder Hülfe, noch Diversion, noch Frieden, kurz, Nichts in der Welt zu hoffen. Sie werden mir also zugeben, daß ein kluger Mann, der eine gewisse Zeit wider das Unglück gekämpft hat, seinem Gestirn nicht hartnäckig entgegen streben muß, und daß der muthige, entschlossene Mann kürzere und ehrenvollere Mittel hat, sich aus der Noth zu helfen.

Den armen Gotskowsky schicke ich beinah so wieder weg, wie er gekommen ist, ich kann nicht eher etwas bestimmen, als binnen hier und 14 Tagen. Erst muß ich den Feldzug auf irgend eine Art endigen. Diese Frist habe ich mir festgesetzt, und, wie Sie sehen, wird ein Theil des Schicksals, das uns die Zukunft verbirgt, davon abhängen. etc."

27. November 1760

Der König an Frau von Camas :

"Sie sehen, mein liebes Mütterchen, mit welcher Tätigkeit Sie bedient werden. Hier erhalten Sie Ihren Tabak. Wir richten uns hier, zu unsern Winterquartieren ein. Noch<63> habe ich eine kleine Geschäftsreise zu machen, und dann eile ich, die Ruhe, wenn sie dort zu finden ist, in Leipzig aufzusuchen. Für mich bleibt es jedoch bloß ein metaphysisches Wort, ohne alle Wirklichkeit. Unter uns gesagt, mein liebes Mütterchen, das Leben, welches wir hier führen, ist ein Hundeleben; allein man muß zum bösen Spiele gute Miene machen. Leben Sie wohl, meine Herzensgute, und vergessen Sie mich nicht. Sie würden daran sehr unrecht thun, denn Niemand liebt und schätzt Sie inniger, als Ihr Friedrich."

Dezember.

A.

1. Dezember 1760

Der König in Meisten. An d'Argens :

"Catt ist angekommen, mein lieber Marquis, und hat mir Ihren Brief gebracht. Sie können versichert sein, daß die Hoffnung, die Sie mir darin machen, Sie wieder zu sehen, mich sehr erfreut hat. So gewiß, als es die Ungewißheit der Ereignisse, von denen ich abhänge, erlaubt, will ich Ihnen melden, daß ich ungefähr den 10ten in Leipzig zu sein rechne, daß ich dort ein Haus besprochen habe und ein daran stehendes durchbrechen lasse, damit Sie ohne die geringste Beschwerde zu mir kommen können. Auf wie Vieles Sie Sich auch sonst verstehen mögen, so weiß ich doch, welche Mühe es Ihnen macht, Ihre Reise Sich selbst zu besorgen. Um Ihnen nun diese großmüthige Anstrengung, die Sie mir zu Liebe unternehmen wollen, zu erleichtern, werde ich Ihnen einen Jäger schicken, der Sie führen soll. Die Marquise muß diese Reise mit machen. Wenn Sie wollen, können Sie ohne Gefahr bis zum Mai in Leipzig bleiben, und Sie kennen mich zu gut, um zu glauben, daß ich Sie da aufhalten würde, wenn Sie Ihrer Gesundheit wegen wieder nach Berlin zurück wollten. Allein wie lange ich mich da werde aufhalten können, dafür kann ich Ihnen mit Gewißheit nicht<64> stehen, weil ich mich sklavisch nach den Umständen richten muß, und mehr von meinen Feinden, als von mir selbst abhänge.

Ich mag in meinen Briefen nicht Alles erschöpfen, was ich mir vornehme, Ihnen mündlich zu sagen, und will mir von der Unterhaltung, die ich mir mit Ihnen verspreche, nicht das Beste voraus nehmen. Darum behalte ich Alles, was ich auf dem Herzen habe, bis wir in Leipzig sind. Leben, Sie wohl, lieber Marquis, ich werde Ihnen schreiben und einen Jäger schicken. Dieser Merkur wird Sorge tragen, daß Ihnen Nichts Schlimmes begegnet, und ich werde wie Horaz ausrufen: Liebes Schiff, das den d'Argens an die Ufer der Pleisse bringt etc. Das Uebrige wissen Sie."

3. Dezember 1760

Der König an Frau von Camas :

"In Wahrheit, mein liebes Mütterchen, Sie sind eine erfahrne Frau, und ich wünsche Ihnen Glück, daß Sie eine Wassersucht so haarscharf unterscheiden können. Das Abenteuer ist ein ganz gewöhnliches; da ist kein Hof, kein Nonnenkloster sogar, wo so was sich nicht ereignete. Ich, der ich mit den Schwachheiten meiner Gattung viel Nachsicht habe, ich steinige keineswegs die Ehren-Fräuleins, die Mutter werden. Sie pflanzen das Geschlecht fort, statt daß jene rohen und blutdürstigen Politiker durch ihre heillosen Kriege dasselbe zerstören. Und dann gestehe ich Ihnen, daß mir jene zu zärtlichen Gemüther unendlich lieber sind, als jene Keuschheitsdrachen, die beständig ihre Schwestern zerfleischen, oder jene hadersüchtigen Weiber, die von Grund aus schlecht und boshaft sind. Man erziehe sorgfältig das Kind, man entehre nicht eine Familie, und entferne ohne Aufsehen, und Aergerniß das arme Mädchen vom Hofe, und schone ihres Rufes so viel als möglich.

Wir werden Frieden bekommen, mein liebes Mütterchen, und ich freue mich recht darauf, mit Ihnen unter vier Augen zu lachen, wenn ich das Vergnügen haben werde, Sie<65> wieder zu sehen. Leben Sie wohl, mein liebes Mütterchen. Ich umarme Sie 65-+."

8. Dezember 1760

Der König von Meisten nach Leipzig. (Der Verf. des oben erwähnten Tagebuches sagt S. 89: Den 11. Decbr. verließ der König Meissen und nahm sein Hauptq. in Leipzig).

Hier in Leipzig, wo der König im Apelschen Hause, auf dem Neuen Neumarkt (Nr. 16) wohnte, blieb er den ganzen Winter hindurch. Bei ihm befanden sich: der Marquis d'Argens, Quintus Icilius, der Englische Gesandte Mitchel, von Catt und die Neffen des Königs, die Prinzen Friedrich Wilhelm und Heinrich, Söhne des verstorbenen Prinzen von Preußen August Wilhelm.

18. Dezember 1760

Der König läßt durch den Obersten Quintus Icilius 8) den Professor Gellert zu sich rufen, und es hatte an diesem Tage, Nachmittags von 4 bis 6 Uhr, die bekannte Unterredung des Königs (hauptsächlich über schöne Wissenschaften, Poesie, Beredsamkeit etc.) mit diesem Gelehrten Statt. Man findet sie in der kleinen Schrift: Zwei Briefe von Gellert und Rabener, Leipzig 1761, S.82; auch in der 9. Samml. der Anekdoten und Karakterzüge aus dem Leben Friedrichs des Zweiten, Berlin 1787.

Anmerkungen zum Jahre 1760.

Es ist gewöhnlich, daß in Zeiten anhaltenden allgemeinen Unglücks Propheten aufstehen, die baldige Besserung und nahe Glücksfälle verkündigen 65-++, denn, wie der König selbst in seinem Briefe an d'Argens sagt: "Das Unglück macht zaghaft, und die Furcht aber<66>gläubig." So war es denn auch wahrend des siebenjährigen Krieges. Der hier von d'Argens erwähnte Berliner Prophet hieß Pfannenschmidt und war ein Leinweber. Er hatte bereits als Geselle sehr fleißig die Apokalypse, Pordädgens, Elsners und andere dergleichen Schriften gelesen, und sich daraus ein System gebildet, nach welchem er das künftige Schicksal der Welt und der Menschen vorher sagen zu können sich fähig glaubte. Es fehlte ihm nicht an Besuchern, die theils aus bloßer Neugier, theils aber auch in gutem Glauben ihn sowohl über ihre eigenen künftigen Schicksale, als über die, welche der Krieg über Stadt und Land herbeiführen würde, befragten. Er foderte Nichts für seine Prophezeiungen und trieb sein Handwerk sehr fleißig, gewöhnlich ertheilte er seine Orakelsprüche am offenen Fenster, während er dabei immer fort webte. Die meisten Fragenden ließen ihm ein kleines Geschenk an Gelde zurück, das man ihm aber bloß hinlegen mußte, ohne im mindesten den Zweck, warum es geschah, anzudeuten. So geringschätzig der König sich gegen d'Argens über dergleichen Prophezeihungen ausspricht, haben doch Einige behaupten wollen, daß er einem andern Propheten in Schlesien, Namens Lukas, sein Ohr geliehen, und von dem General Tauenzien Alles sehr sorgfaltig habe protocolliren lassen, was dieser Seher in die Zukunft von dem Erfolge kriegerischer Unternehmungen vorhergesagt. Es erschienen damals auch mehrere Prophezeihungen im Druck, als: Sonderbare Prophezeihungen auf das Jahr 1757. Untrügliche Prophezeihungen wichtiger Begebenheiten auf jeden Monat des Jahres 1760. Auch die Prophezeiungen des Bruders von Lehnin wurden wieder hervorgesucht und fleißig gelesen und gedeutet.

Johann Ernst Gotskowsky, zu Conitz im jetzigen Westpreußen am 21 November 1710 geboren, war der Sohn eines Polnischen Edelmanns, der in dem damaligen großen Nordischen Kriege sein ganzes Vermögen und durch eine damals grassirende Pest nebst seiner Gattin auch das Leben verlor. Einige seiner Verwandten in Dresden nahmen ihn zu sich und erzogen ihn bis in sein 14tes Jahr, wo er nach Berlin kam und hier bei einem der bedeutendsten Kaufleute<67> (Sprögel) die Materialhandlung erlernte. Nach deren Beendigung (1730) nahm ihn sein Bruder, der hier schon seit einiger Zeit eine Galanteriewaaren-Handlung hatte, in sein Geschäft. Hier ward er dem damaligen Kronprinzen Friedrich bekannt, dem seine Redlichkeit, seine Kenntnisse und seine Gewandtheit in Geschäften nicht entgangewaren. Als dieser 1740 zur Regierung kam, munterte er ihn auf, Fabriken anzulegen und fremde Arbeiter ins Land zu ziehen, wobei er ihm seine Unterstützung versprach. G. heirathete in der Folge die Tochter des Kaufmanns und Hoflieferanten Blume, nach dessen Tode er ein ansehnliches Vermögen ererbte, welches er dazu anwandte, nach dem Wunsche des Königs das Fabrikwesen immer mehr empor zu bringen. Er setzte nicht allein die von seinem Schwiegervater errichtete Sammtmanufaktur fort, sondern erweiterte sie auch bedeutend, er unternahm nachher noch eine Seidenstoffmanufaktur und beschäftigte auf diese Art 1500 Arbeiter. Auch die jetzt noch bestehende Königl. Porzellanmanufaktur verdankt ihm ihren Ursprung. Dabei betrieb er noch sehr ausgebreitete Wechselgeschäfte und hatte sich durch seine Geschicklichkeit und Thätigkeit, verbunden mit der strengsten Rechtschaffenheit, auf allen Handelsplätzen ein unbedingtes Zutrauen und großen Credit erworben, vermöge dessen er, besonders in der Zeit des siebenjährigen Krieges, nicht allein der Stadt Berlin, sondern auch Leipzig die wichtigsten Dienste leistete. Wegen letzterer Stadt ertheilte ihm der damalige König von Polen, Churfürst von Sachsen, das Patent als geheimer Commerzienrath, wovon er aber nie Gebrauch gemacht hat. Friedrich d. G. bediente sich seiner auch beim Ankauf kostbarrer Gemälde etc. und in andern Negocien.
     

Wie er aus reinem, sich selbst aufopferndem Patriotismus die beschwerlichsten Reisen und gefährlichsten Unterhandlungen übernommen, ist ausführlich und documentirt dargestellt in der "Geschichte eines patriotischen Kaufmanns." Für die von der Stadt Leipzig zu bezahlende Contribution von 2 Millionen Thaler hatte er Wechsel ausgestellt; da aber unglücklicher Weise die erwarteten Deckungen nicht regelmäßig und einige gar nicht eingingen, er auch bei Fallissementen anderer Handlungshäuser ansehnliche Verluste erlitt, so führten diese<68> seinen eigenen Fall herbei. Es entstand ein Concurs, bei welchem seine Gläubiger nur 50 pCt. erhalten konnten. Er arbeitete jedoch mit unablässigem Eifer weiter fort und brachte es dahin, daß er den bedürftigsten seiner Gläubiger in den Jahren von 1764 bis 1766 noch 400000 Thaler nachzahlte, ungeachtet er dies nach dem geschlossenen Accord nicht schuldig war. Da aber bald nachher die auswärtigen, besonders die Französischen Sammt- und Seidenmanufakturen sich wieder erholt, mit neuer Thätigkeit arbeiteten, der Handel freier geworden war, und andere ungünstige Conjuncturen hinzukamen, sank der Absatz seiner eigenen Manufakta dermaßen, daß sein Geschäft gänzlich zum Stillstand kam, und er den Entschluß faßte, sein ganzes Vermögen seinen Gläubigern abzutreten. Indeß hatte bereits ein hartherziger Gläubiger einen Arrestbefehl gegen ihn ausgewirkt, der ihm am 12. März 1767 insinuirt wurde, und hätte nicht ein edler Menschenfreund für ihn Bürgschaft geleistet, so würde er noch die Kränkung haben erdulden müssen, in das Gefängniß abgeführt zu werden. Von da an war es ihm nicht mehr möglich, seine zerrütteten Vermögensumstände wieder herzustellen. Er verlebte nun seine übrigen Tage ganz in der Stille und starb am 9. August 1775.

Bogislav Friedrich von Tauenzien war geboren den 8. April 1710 zu Tauenzien in der Herrschaft Lauenburg. Er diente zuerst unter König Friedrich Wilhelm I (1728) in dem großen Potsdamer Leib-Regiment und war einer der Ersten, welcher von Friedrich d. G. den Orden pour les mérites erhielt. In der Schlacht bei Kollin kommandirte er als Oberst das erste Bataillon Leibgarden und vertheidigte sich gegen 4 ihn umringende feindliche Bat. und 2 Kavallerie-Regimenter auf das Aeußerste, wobei er höchst gefährlich verwundet wurde. Bei der oben erwähnten Vertheidigung Breslaus gegen Laudons 50000 Mann starkes Belagerungscorps hatte die Stadt nicht mehr als 3000Mann Besatzung, wovon zwei Drittel aus unsichern Leuten bestanden, dabei hatte er noch an 9000 Kriegsgefangene zu bewachen; dennoch dachte er an keine Uebergabe. Weil indessen seine Lage höchst gefährlich war, so versammelte er seine<69> Officiere und stellte ihnen vor, daß, wenn die Stadt von den Oestreichern erstürmt würde, er mit der Garde einen besondern Theil der Wälle besetzen und bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen wolle, "damit die Welt nicht das seltsame Schauspiel erlebe, Friedrichs Leibwache gefangen zu sehen."
     

Als er sich während dieser Belagerung und des Beschießens der Stadt auf dem Glacis befand, schlug eine Geschützkugel hart neben ihm nieder, daß nur ein äußerst kleiner Zwischenraum ihn vom sichern Tode rettete. Er bedeckte sogleich diesen Fleck mit seinem Hut, um ihn nachher genauer zu bezeichnen, und bestimmte diese Stelle, wo ihm der Tod so nahe gewesen, zu seinem Grabe. 1762 commandirte er die Belagerung der Festung Schweidnitz, welche sich den 9. Oktbr. desselben Jahres mit 9000 Mann, welche Kriegsgefangene wurden, ergab. Nach dem Kriege erhielt er ein Infanterie-Regiment, wurde Gouverneur von Breslau und General-Inspecteur der sämtlichen Schlesischen Infanterie. Er starb am 20. März 1791 und ward an der von ihm bestimmten Stelle auf dem Glacis, unweit des Schweidnitzer Thores, begraben, wo seine Familie ihm, auch ein Denkmal errichtete.

Gottlob Kurt Heinrich Graf von Tottleben stammte aus einem alten adeligen Geschlecht in Thüringen her, und war in Tottleben, dem Stammgute desselben, am 15. Dezbr. 1715 geboren. Er studirte auf der Universität zu Leipzig und trat als Hofjunker und Amtshauptmann zu Freiberg in die Dienste seines damaligen Landesherrn, des Herzogs von Weissenfels. Da nach dem Tode desselben seine Länder an das Churhaus Sachsen fielen, so ward er 1742 Hof- und Justizrath bei der Regierung zu Dresden. Hier wurde er während des Reichsvicariats nach Karl's VII Tode vom Churfürsten in den Reichsgrafenstand erhoben. Er verließ hierauf die Sächsischen Dienste und ging nach Holland, wo er zum Behuf des zwischen der Republik und Frankreich zu erwartenden Krieges als Oberst ein Regiment zu Fuß für die Republik errichtete. Nach dem Frieden wurde sein Regiment abgedankt; er selbst blieb aber unter dem Versprechen, ein anderes erle<70>digtes Regiment zu erhalten, in Holländischen Diensten. In Amsterdam machte er unterdessen die Bekanntschaft eines sehr reichen jungen Frauenzimmers aus Batavia 70-+, welches er, da ihr Vormund sie für seinen eigenen Sohn bestimmt hatte, heimlich entführte. Er ließ sich in Cleve mit ihr trauen und ging nun nach Weimar, um dort Schutz gegen die ihn verfolgenden Holländer zu suchen. Er wandte sich hernach in eben dieser Absicht an den König von Polen, August III. Da er aber mit dem Grafen von Brühl in Mißverständnis lebte, so konnte er die gesuchte Vermittelung nicht erhalten, und ging daher auf Antrag des Preußischen Ministers von Bülow nach Berlin, um den Schutz des Königs von Preußen nachzusuchen.
     

Hier lebte er mit seiner Frau und zwei Kindern eine geraume Zeit. Er kaufte sich unterdessen Güter in Schlesien (im Saganschen Hansdorf etc.) und ging hernach unter Vermittelung des Königs wieder nach Amsterdam, wo er nun auf dem Rathhause nochmals feierlich mit seiner Frau verbunden wurde. Jetzt reiste er nach Schlesien zurück, wo er bis zum Ausbruch des siebenjährigen Krieges blieb. Die Neigung zum Kriegsdienst veranlaßte ihn, dem Könige seine Dienste anzubieten. Da dieser ihn zwar als Oberst in die Armee aufnehmen, ihm aber kein Commando anvertrauen wollte, wandte er sich, nachdem er in Holland seinen Abschied als General-Major genommen hatte, nach Rußland. Hier erhielt er die Erlaubniß, als Volontair bei der Russischen Armee dienen zu können 70-++. In der Schlacht bei Zorndorf ward ihm ins Gesicht geschossen. Nach seiner Genesung trat er wieder als General-Major in Dienst. Die gelinde Behandlung der Einwohner Berlins, nach der Einnahme der Stadt (1760), seine öfters bezeigte Achtung gegen die Person des Königs und seine Besitzungen in Schlesien erregten den Verdacht der Treulosigkeit gegen ihn, so daß er am 31. August 1761 von 50 Kosacken gefangen nach Peters<71>burg geführt wurde. Hier blieb er, so lange die Kaiserin Elisabeth lebte, auf der Festung ohne Verhör und Untersuchung. Nach ihrem Tode (1762) erhielt er die Erlaubniß, seine Rechtfertigung einreichen und dazu ein eigenes Quartier in der Stadt miethen zu dürfen 71-+. Bei der Thronbesteigung der Kaiserin Katharina (1763) ward er völlig in Freiheit gesetzt. Er ging nun nach seinen Gütern in Sachsen zurück und bekam auch seine Besitzungen in Schlesien vom Könige wieder.

Hierauf machte er eine Reise nach Holland, um seine von Errichtung des Regiments noch habenden Foderungen nachzusuchen. Er nahm seinen Rückweg über Paris. Hier hatte er verschiedene Unterredungen mit dem damaligen Französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem Herzoge von Choiseul.

Da der dortige Russische Gesandte dies seinen, Hofe anzeigte, so ward er auf Ansuchen desselben bei seiner Rückkunft in Schlesien nochmals verhaftet und nach Glogau gebracht. Man eröffnete ihm endlich, daß, da seine Unterredungen mit Choiseul bei dem eben entstehenden Kriege mit den Türken und der Conföderation der Polen, wobei Frankreich die Hände im Spiele hatte, fürchten ließen, daß er sich zu einen, oder dem andern Geschäfte gebrauchen lassen dürfte, so müsse man sich seiner, so lange der Krieg dauere, versichern. Er rechtfertigte sich indessen vollkommen und trat sogar wieder in Russische Kriegsdienste, wurde General-Lieutenant und erwarb sich den Alexander- und St. Annen-Orden. Er wurde nun mit einem eigenen Corps nach Georgien geschickt, um dem Prinzen Heraklius beizustehen. Er hielt sich sehr tapfer und that den Türken vielen Abbruch. Er fiel in ihre Länder ein und drang bis Trebisand vor. Hierauf ward er zurückgerufen und nach Polen geschickt, um den General Bibikof<72> in Warschau abzulösen, starb aber daselbst drei Tage nach seiner Ankunft an einer Entzündung des Bluts am 19. März 1773.

Hierdurch werden die über ihn verbreiteten Nachrichten von seinem schlechten und grausamen Charakter, und die Schmähungen und Lügen, welche die 1762 bei P. Marteau zu Cölln erschienene Schrift :

"Leben des Grafen von Tottleben" enthält, hinreichend widerlegt.

5) Dietrich Hubert Graf von Verelst, außerordentlicher Gesandter der Generalstaaten der vereinigten Niederlande am Preußischen Hofe, war 1720 zu Ter-Veere in Zeeland geboren, wo sein Vater Johann Ludwig Verelst Mitglied des Staatsraths war.
     

Durch seine Gesandtschaften am Sardinischen,, Neapolitanischen und Preußischen Hofe machte Ersterer sich rühmlich bekannt. In Berlin beförderte er die in Vorschlag gebrachte Vermählung (1767) des Erbstatthalters George Wilhelm V mit der Prinzessin Wilhelmine von Preußen (Schwester des damaligen Prinzen von Preußen, nachherigen Königs Friedrich Wilhelm II) und wurde um diese Zeit in den Preußischen Grafenstand erhoben. Er starb in Berlin am 26. Januar 1771. In der Dorotheenstädtischen Kirche zu Berlin ist ihm ein Denkmal errichtet.

Friedrich Reichsgraf von Anhalt, geboren zu Klöckwitz denn 15. März 1727, war der Sohn des Erbprinzen Wilhelm Gustav von Anhalt-Dessau und der von dem Kaiser zur Reichsgräfin erhobenen Johanna Sophie von Herr. Den 6. März 1744 trat er als Hauptmann in Preußische Dienste. Er machte als solcher den zweiten Schlesischen Krieg mit und erhielt den Orden pour les mérites. Im siebenjährigen Krieg wohnte er den Schlachten bei Lowositz, Prag und Roßbach bei. 1759 ernannte ihn der König zum Oberst-Lieutenant und Flügeladjutanten und übergab ihm 1760 ein Grenadierbataillon; mit diesem befand er sich in der Schlacht bei Torgau, wo er erschossen ward. Als sein Bruder den Orden des Verstorbenen, dem Herkommen gemäß, an den König zurücksandte, erhielt er folgendes Antwortschreiben :
     <73>

"Mein lieber Major Graf von Anhalt. Ich habe mit Eurem heutigen Schreiben den Orden pour les mérites, so Euer verstorbener Bruder getragen, erhalten, und condolire Euch um so mehr wegen des Verlustes dieses Eures Bruders, als ich an demselben einen sehr braven und qualificirten Officier verloren, dessen Verlust ich sehr zu regrettiren alle Ursach habe. Ich bin inzwischen Euer wohl affectionirter König.

Torgau, den 5. Novbr. 1760.
Friedrich."

7) Sophie Gräfin von Camas, geborne von Brand, war die Gemalin des am 14. April 1741 zu Breslau verstorbenen Oberst und Chefs eines Regiments zu Fuß Paul Henri de Tilio de Camas. Im Jahr 1742 ernannte sie der König zur Oberhofmeisterin bei der Königin seiner Gemalin, und erhob sie unter dem II. August desselben Jahres zur Gräfin. Sie wurde vom Könige, wie von dem gesamten Konigl. Hause wegen der vortrefflichen Eigenschaft ten ihres Geistes und Herzens allgemein geliebt und hochgeschätzt. Sie starb am 2. Juli 1766 im 80sten Jahre ihres Lebens.

Charles Theophile Guichard oder Guischardt (genannt Quintus Icilius) war 1724 zu Magdeburg geboren, und der zweite Sohn des Königl. Hofraths und Syndicus der Pfälzer Kolonie Philipp Guichard 73-+. Nach beendigten Schuljahren studirte er nach einander auf den Universitäten Halle, Marburg, Herborn und Leiden Theologie, Griechische und Lateinische Literatur und die morgenländischen Sprachen. Obgleich er schon zu Marburg und<74> Herborn öffentlich gepredigt hatte 74-+, scheint er doch nicht den Vorsatz gehabt zu haben, sich dem Predigerstande widmen zu wollen, vielmehr bestrebte er sich eifrigst, ein Lehramt an der Universität Utrecht zu erhalten, wozu ihm auch von dem Erbstatthalter große Hoffnung gemacht worden war. Als diese dennoch nicht in Erfüllung ging, entschloß er sich plötzlich zum Soldatenstand, wozu seine Studien der Römischen und Griechischen Geschichte in ihm die erste Lust erweckt haben mochten. Er trat daher 1747 in das Regiment Sachsen-Hildburghausen, welches damals zum Dienst der vereinigten Niederlande geworben wurde, als Fähnrich ein und wohnte nun dem letzten Feldzug vor dem Aachener Frieden bei. Hernach ward er Lieutenant im Regiment Baden-Durlach und schon 1751 Hauptmann und bekam eine Compagnie. Er setzte seine Studien, deren Gegenstand nun vorzüglich die Kriegsgeschichte der Alten wurde, eifrigst fort, und fing seine Memoires militaires sur Ies Grecs et les Romains an auszuarbeiten. Er beendigte sie in London, wohin er 1754 oder 1756 mit Urlaub gegangen war. Dieses Werk, welches seinem Verfasser hohen Ruhm verschaffte und in kurzer Zeit fünf Mal aufgelegt wurde, ward auch Friedrich d. Gr. bekannt 74-++ und bewog ihn, daß er G. zu sich berief und als Hauptmann in sein Gefolge aufnahm. Dies geschah, als der König im Anfang des Jahres 1758 sich in Breslau aufhielt. Die Unterhaltung, die G. nun sehr oft mit dem König hatte, bezog sich gewöhnlich und hauptsächlich auf die Kriegskunst der Griechen und Römer. Bei einer solchen Gelegenheit kam die Rede auf den Centurio der zehnten Legion, welchen der König Quintus Cäcilius nannte; G. aber behauptete, er habe nicht so, sondern Quintus Icilius geheißen, und als man darüber nachforschte, fand sich, daß<75> G. Recht hatte, worauf der König zu ihm sagte: "Nun, so soll Er auch zeitlebens Ouintus Icilius heißen." Der König nannte ihn von da an beständig bei diesem Namen, und als 1759 der Oberst. L. Du Verger in Ungnade fiel und nach Schweidnitz in Arrest gebracht wurde, ward bei der Parade bekannt gemacht : "das vacante Freibataillon Du Verger hat der Major Ouintus Icilius erhalten." Nun nahm, der Major diesen Namen für immer an und schrieb sich überall Ouintus Icilius.
     

Das Freibataillon vermehrte er bis zu einem Regiment von drei Bataillonen. Im Januar des Jahres 1761 hat er den Auftrag gehabt und vollzogen, das Churfürstl. Sächsische Lustschloß Hubertsburg "seiner Zierathen zu berauben," zur Vergeltung der Verwüstungen, welche die Feinde in den Königl. Lustschlössern zu Schönhausen, Friedrichsfelde, und besonders die Sächsischen Truppen in Charlottenburg ausgeübt hatten 75-+. Nähere Nachrichten darüber findet man in : Mosers Europäisches Völkerrecht in Kriegszeiten II. 324. Nach dem Frieden ward das Freiregiment aufgelöst, Ouintus Icilius aber blieb im Gefolge des Königs, dessen fast täglicher Gesellschafter er wurde. 1765 wurde er Oberste Lieutenant und 1772 Oberst. 1773 gab er ein neues Werk unter dem Titel : Memoires critiques et historiques sur plusieurs points d'antiquités militaires heraus, welches ebenfalls allgemeinen Beifall fand. Bei seinen Studien gab er sich auch mit mancherlei Projekten und Speculationen ab. Er war bei der damaligen Tabaksferme, bei der Bank etc. betheiligt und bei deren Einrichtung wirksam gewesen. 1770 hatte er sich mit der Tochter des General-Majors Gustav Albrecht von Schlabberndorf vermählt, nachdem der König nach langem vergeblichem Anhalten endlich seinen Consens dazu ertheilt hatte. Daß es wegen der anfängli<76>chen Verweigerung des Consenses zwischen dem König und dem Oberst zu einem förmlichen Zwist gekommen, ist wohl glaublich. Die Umstände aber und besonders die dabei statt gefundene Unterhaltung, wie sie in den oben erwähnten Anekdoten erzählt wird, sind sehr zu bezweifeln. (Vergl. Nicolai's Anekdoten VI. 140. 141. 144; doch irrt Nicolai, wenn er S. 145 sagt: "Nicht des Quintus Vater, sondern dessen Bruder oder Vetter sei Besitzer einer Fayance, Fabrik gewesen)."

Ouintus starb in Potsdam den 13. Mai 1773 76-+ und hinterließ eine Tochter und einen Sohn (geb. im Febr. 1773), welcher 1783 auf das Gymnasium zum grauen Kloster kam, und ein Jahr später laut Kabinetsordre des Königs vom 17. März 1784 in das Kadetten-Haus aufgenommen werden sollte. Den 1. Juli ging er zur damaligen Academie militaire über, welche er am 1. Mai 1788 mit der Ritterakademie in Liegnitz vertauschte. Bald darauf ward er Officier in einem Husaren-Regiment. Hier gerieth er eines Scherzes wegen über die Husaren-Mütze mit einem andern Officier in Wortwechsel, foderte ihn und ward erschossen.

Januar 1761.

A.

Januar 1761

Der König in Leipzig (im Apelschen Hause am Neuen Neumarkt Nr. 16).

Außer den schon oben genannten gelehrten Freunden und Gesellschaftern des Königs kamen auf seinen Befehl auch mehrere Sänger und Musiker ans Berlin nach Leipzig. Die Zeit,<77> welche ihm die ernsten Staatsgeschäfte, die er wie immer mit gewohnter Thätigkeit betrieb, übrig leißen, widmete er zur Erholung und Aufheiterung theils der Poesie, theils den Unterhaltungen mit verschiedenen Gelehrten und dem Vergnügen der Tonkunst. Unter den Gelehrten der Leipziger Universität, die er mehrere Male zu sich rufen ließ, waren, außer Gellert und Gotsched, auch Karl Günther Ludovice, Joh. Jac. Reiske, Johann August Ernesti uud Johann Heinrich Winkler. Mit Letzterm sprach er über allerlei Gegenstände der Naturlehre, als vom Licht und dessen Fortpflanzung nach den Grundsätzen Newton's und Euler's, von der Berechung der Sonnenstrahlen, der anziehenden Kraft, dem Entstehen der Farben, der Elektricität und den Entdeckungen und Erfahrungen, welche W. darüber angestellt hatte. Mit Gotsched redete er von der Büchersammlung zu Leipzig, und den in derselben befindlichen Handschriften. Er erkundigte sich auch nach der Handschrift des Neuen Testaments, und ob die so oft angefochtene Stelle: Drei sind die da zeugen etc. in derselben anzutreffen sei. G. versicherte, daß er zu Wien die Handschrift, nach welcher Melanchthon die erste Ausgabe seines Griechischen und Lateinischen Testaments herausgegeben, gesehen, und daß jene Stelle von Melanchthon erst mit eigener Hand hinzugesetzt worden, daß Luther die Deutsche Ausgabe des Neuen Testaments nach der Hand, schrift des Erasmus übersetzt, und daß daher obige Stelle bis an das Ende seines Lebens in allen Ausgaben der heil. Schrift gefehlt habe etc. Der König bezeigte darüber seine Verwunderung, und unterhielt sich dann mit den übrigen anwesenden Professoren der Universität mit gleicher Herablassung.

12. Januar 1761

Die Neffen des Königs, die Prinzen Friedrich Wilhelm und Heinrich, Söhne des verstorbenen Prinzen August Wilhelm, verlassen Leipzig und gehen nach Magdeburg.

20. Januar 1761

Gotskowsky kommt nach Leipzig zum König.

<78>

B.

12. Januar 1761

Zwischen den Preußen und Russen wird in Pommern ein Waffenstillstand geschlossen, der bis zum 27. Mai dauert.

22. Januar 1761

Das Freibataillon des Oberst-Lieutenant Quintus Icilius rückt in Hubertsburg ein, um dies Schloß seiner Zierrathen zu berauben. (S. oben).

26. Januar 1761

Der Marschall Belles Isle stirbt.

Februar.

A.

Februar 1761

Der König in Leipzig.

B.

15. Februar 1761

Gefecht bei Langensalze. Die Alliirten unter Spörken und Syburg schlagen die Franzosen und Sachsen unter Solms etc., wobei dem Preußen 53 Officiere, 1200 Mann, 3 Kanonen und 1 Fahne, und den Alliirten 53 Officiere, 709 Mann und 2 Kanonen in die Hände fielen.

15. Februar 1761

Die Alliirten nehmen Fißlar.

20. Februar 1761

Desgleichen Hirschfeld und einen Theil des großen Magazins, welches ganz zu verderben die Feinde nicht Zeit gehabt.

21. Februar 1761

Der Prinz von Zweibrücken legt das Commando nieder, und an seine Stelle tritt Graf Serbelloni.

21. Februar 1761

Die Alliirten unter Graf von der Lippe schließen Cassel ein.

25. Februar 1761

Die Alliirten belagern Ziegenhayn, besehen die Stadt, doch vertheidigt sich das Schloß fortwährend.

26. Februar 1761

Die Alliirten erobern die Stadt Marburg und blockiren das Schloß.

28. Februar 1761

Erscheint ein Anhang zum Codex Fridericiani.

März.

A.

März 1761

Der König in Leipzig.

17. März 1761

Hier macht der König, im Beisein des Ministers von Finkenstein und der Geh. Räthe von Herzberg und Häse<79>ler, des Kriegsraths Müller und des Englischen Gesandten Mitchel, Anordnungen, wie es auf den Fall seines Todes in Betreff der Thronfolge etc. gehalten werden soll. (Seiffert's Lebens- und Regierungsgeschichte Friedrich's II. Thl. III. 67).

17. März 1761

An demselben Tag verläßt der König Leipzig, und geht über Rochlitz, Chemnitz und Freiberg nach Meissen.

18. März 1761

Von Chemnitz nach Freiberg.

19. März 1761

oder 20. In Meissen.

20. März 1761

Der König an Frau von Camas :

"Ich schicke Ihnen, mein liebes Mütterchen, eine Kleinigkeit79-+, damit Sie mein gedenken. Sie können die Dose dazu gebrauchen, daß Sie Noth, oder Schönpflästerchen, oder Tabak, oder Bonbons, oder Pillen hinein thun; aber welchen Gebrauch Sie auch immer davon machen mögen, denken Sie wenigstens, wenn Sie diesen Hund, dies Sinnbild der Treue, ansehen, daß derjenige, der es Ihnen schickt, an Treue und Anhänglichkeit für Sie, alle Hunde der Welt hinter sich läßt, und daß seine Ergebenheit für Ihre Person nicht das Mindeste gemein hat mit der Zerbrechlichkeit der Materie, welche man hier zu Lande fabricirt.

Ich habe hier für alle Welt Porzellan bestellt; für Schönhausen, für meine Schwägerinnen, kurz, ich bin jetzt nur an dieser zerbrechlichen Materie reich. Ich hoffe, daß diejenigen, denen ich dergleichen zuschicke, es für baares Geld nehmen werden, denn wir sind bettelarm, mein liebes Mütterchen; nichts bleibt uns übrig, als die Ehre, unser Schwert und Porzellan.

Leben Sie wohl, mein Herzensmütterchen. Will es der Himmel, so werde ich Sie dereinst wieder von Angesicht zu Angesicht schauen, und Ihnen mündlich das wiederhole, was ich Ihnen bereits gesagt habe; allein, mag ich das auch dre<80>hen und wenden, wie ich nur kann, ich werde immer nur höchst unvollkommen Ihnen die Empfindungen meines Herzens für Sie ausdrücken.
Friedrich."

21. März 1761

Der König an d'Argens :

"Ich muß Abschied von Ihnen nehmen, mein lieber Marquis; unsere Ruhe geht auf die Neige, und wir sind großen Begebenheiten ganz nahe. Mein Schicksal will es, und ich unterwerfe mich. Nur das giebt mir noch einige Hoffnung, daß die Engländer den von den Franzosen angebotenen Waffenstillstand angenommen, und daß ein Französischer Minister unverzüglich nach London gehen wird, um über den Frieden zu unterhandeln, vermuthlich wird also der Feldzug, den wir eröffnen werden, sich nicht bis in den Dezember hinziehen, und jene zwei großen Mächte werden, wenn sie erst eins sind, dem Dinge wohl ein Ende machen.

Schreiben Sie mir nur immer weg, ich mag stecken, wo ich will. Besorgen Sie aber, daß Ihre Briefe aufgefangen werden, so lassen Sie Sich bloß über Litteratur mit mir ein, was Keinem schaden kann. Eben kommt mein Bruder an. Ich finde ihn sehr gesund und nicht im Mindesten geschwächt. Allein er wundert sich, nicht mehr zwanzig Jahr alt zu sein, und Sie wissen wohl, daß es uns was rechts kostet, diese Prätension aufzugeben. Wollen Sie wissen, was ich hier mache, so werde ich es Ihnen in zwei Worten sagen : ich studire meinen Feldzug und studire meine Bücher. Unterdessen haben mir gestern die Porzellan-Fabrikanten eine Abendmusik gebracht. Sie haben ein Chor von Musikanten unter sich, die ganz artig spielen. Ich thue tausend Wünsche für Sie, mein lieber Marquis, für die ganze Stadt Berlin, und für alle meine Landsleute, die rechtschaffene Männer sind, und bitte Sie, einen irrenden Ritter nicht zu vergessen, der ihr Freund ist."

22. März 1761

Der König überschickt dem Obersten von der Heyde die<81> auf ihn als Vertheidiger von Colberg geprägte Medaille in Gold (7—8 Loth schwer) mit nachstehendem Schreiben :

"Mein lieber Oberst v. d. Heyde. Die ruhmwürdige Defension, so Ihr zu wiederholten malen von der Euch anvertrauten Festung Colberg gethan habt, und welche Euch sowohl bei der jetzigen Welt eine wohl meritirte Reputation zu wege gebracht hat, als auch alle meine gnädige Erkenntlichkeit verdient, hat mich bewegen, das Andenken davon durch gegenwärtige Medaille auch auf die späteste Nachwelt bringen zu lassen; welche Ihr hierbei von mir zu empfangen habt. Ihr könnet dabei versichert sein, daß bei dem ferneren getreuesten Betragen in meinen Diensten (dessen ich mich versichert halte), ich Euch noch weitere Marquen meiner Erkenntlichkeit geben, und darthun werde, wie ich bin Euer wohlaffectionirter König.

Meissen, d. 22. März 1761.
Friedrich."

?? März 1761

Der König an d'Argens: "Ich habe mit Vergnügen von Ihnen gehört, lieber Marquis, daß Sie glücklich in Berlin angekommen sind. Für Sie ist dies eine große Reise, und Ihr Feldzug wäre nun geendigt.

Ich bin in der That eben so ungeduldig, wie Sie, die Uebergabe von Cassel zu erfahren; aber ungeachtet aller Vortheile, die der Prinz Ferdinand erhalten hat, fange ich an zu fürchten, daß er einen Fehltritt thun wird, der ihn wieder so weit rückwärts bringt, als er vorwärts gekommen war.

Die Franzosen sind stumm, wie die Fische; sie sagen den Engländern kein Wort. Kurz, die Eröffnung des Feldzugs ist nahe, und wahrscheinlich wird er mit eben so vielen Widerwärtigkeiten und Gefahren verbunden sein, wie der vorige. Ich gestehe Ihnen, daß ich tiefsinnig und schwermüthig werde, wenn ich daran denke. Oft sage ich zu mir selbst: Den, reißenden Strome der Ereignisse, uud dem Geschick, das die Menschen fortstößt, so wie die Stürme Sand und Fluthen<82> aufwühlen, kann man nicht widerstehen. Dieser Trost ist eben nicht sehr tröstlich; aber damit hat man Alles, gesagt. Für Ihre Beschreibung von Sanssouci danke ich Ihnen. Gott weiß, ob ich es je wieder mit einem Fuße betrete. Indeß hat mir Das, was Sie mir erzählen, viel Vergnügen gemacht. Ich denke an Sanssouci, wie die Juden an Jerusalem, oder wie Moses an das gelobte Land, in welches er die Israeliten führen wollte, worin ihm aber selbst der Eingang versagt war.

Was soll ich Ihnen von dem Könige von Portugal sagen, lieber Marquis? Ueberall hat die ... Unheil gestiftet, und wird es stets thun, so lange nicht die Regenten selbst, wie Cäsar, die obersten Priester in ihrem Lande sind. Diese Leute mißbrauchen den Namen der Religion, die der stärkste Zügel des Lasters sein sollte, gar zu frech. Sie bewaffnen sich mit dem heiligen Messer, das sie vom Altar nehmen, um Könige zu morden, und mit der Frömmigkeit der Einfältigen, um ihre Begierden und ihre Herrschsucht zu gründen und zu erweitern. Das Betragen des Pabstes bei diesem Vorfalle ist unbegreiflich; er muß ein schwacher Mann und sein Kardinalsekretär ein Bösewicht sein, den man lebendig rädern sollte. Allein was gehen uns jetzt diese Leute an?

Mir machen Cassel und meine Detachementer mehr Sorgen, als alle Jesuiten in der ganzen Welt. Ich habe beständig das schwere Werk vor Augen, das ich ausführen soll. Mir bleibt nichts mehr übrig, als vieler guter Wille und unverbrüchliche Liebe zu dem Staate; das sind alle meine Waffen. Kurz, ich stürze mich blindlings ins Meer, das verschiedene Winde bestürmen, und weiß nicht, wo ich landen werde. Das sind meine wahren Umstände, und solche Aussichten habe ich in die Zukunft. Ich bemühe mich, ruhig zu scheinen; indeß urtheilen Sie selbst, ob ein mit feurigen Leidenschaften geborner Mensch durch die Philosophie jene vollkommene Unempfindlichkeit erlangen kann.<83> Leben Sie wohl, lieber Marquis, schreiben Sie mir oft. Empfehlen Sie mich der guten Badet, und sein Sie überzeugt, daß ich zeitlebens Achtung für Sie haben werde."

B.

1. März 1761

Die Alliirten, unter dem Grafen von der Lippe, belagern Cassel und eröffnen die Laufgräben.

21. März 1761

Der Erbprinz von Braunschweig wird von den Franzosen, unter Broglio, bei Grünberg und Atzenhain geschlagen und verliert 2000 Mann und 10 Kanonen; in Folge dieses Unfalls die Franzosen wieder Herren von Hessen werden.

22. März 1761

Handels- und Freundschaftstraktat zwischen Preußen und dem Sultan der Ottomanischen Pforte. (Herzberg Recueil. I. 486).

26. März 1761 bis 28. März 1761

Die Alliirten heben die Belagerung von Cassel auf.

April.

A.

April 1761

Der König in Meissen.

?? April 1761

Der König an d'Argens :

"Lieber wünschte ich mit Ihnen vom Frieden zu reden, als von unsern Zurüstungen zum Feldzuge, indeß, um Sie nicht zu täuschen, erzähle ich Ihnen die Umstände ganz nach der Wahrheit. Ich werde durch viele Kennzeichen und Anekdoten überzeugt, daß die Königin von Ungarn nicht Frieden schließen will. Man hat aufs Neue den Waffenstillstand gebrechen, ungeachtet man sich feierlich gegen uns verbindlich gemacht hatte, ihn zu halten. Etwas so starkes, wie dies, eine so offenbare Treulosigkeit beweist deutlich, daß die Königin von Ungarn ihr Glück in diesem Feldzuge zu versuchen entschlossen ist, und daß sie glaubt, es sei ihrem Vortheil angemessen, mir meine in Kriegsgefangenschaft gerathenen Truppen so lange als möglich vorzuenthalten. Mein Urtheil gründet sich nicht auf diesem Zug allein; es giebt noch meh<84>rere, die mir alle einstimmig ihre schwarzen Absichten verrathen. Lassen Sie also dem Volke die schmeichelhafte Hoffnung zu einem nahen Frieden, und, ohne daß Sie Sich mit ihm fortreißen lassen, benehmen Sie ihm seinen Wahn nicht.

Ich erwarte ungefähr eben die Vorfälle, die uns im vorigen Jahre begegneten, ohne zu wissen, ob wir eben so glücklich sein werden. Ein unglücklicher Augenblick kann das Gebäude umstürzen, das wir bisher durch ungeheure Arbeit, so gut wir konnten, gestützt haben. Es gehe nun, wie der Himmel will. Ich unternehme diesen Feldzug wie ein Mensch, der sich Kopf über in die Fluthen stürzt. Will man Alles voraus sehen — das ist der nächste Weg zur Hypochondrie; denkt man an Nichts, so setzt man sich durch seine Schuld in Gefahr, überrascht zu werden. Ich sage zu mir selbst: Alles Böse, das man fürchtet, und alles Gute, das man hofft, kommen nicht gerade so, wie man es sich dachte; von beiden muß man vieles abrechnen. Uebrigens bleibt mir bei der Menge meiner Feinde nichts übrig, als stets wachsam zu sein, und immer nur von einem Tag zum andern die Gelegenheit zu nutzen. Genug von Kriegsangelegenheiten.

Nun komme ich auf die Stelle in Ihrem Briefe, worin Sie von Voltaire's neuem Trauerspiel reden. Ich habe es noch einmal gelesen. Es sind rührende Situationen darin, die er sich zu Nutze gemacht hat, aber gewiß werde ich nie ein Anhänger seiner Verse mit abwechselnden Reimen werden. etc.

In der That, lieber Marquis, ich schäme mich dieses Briefes. Ich sollte an Schlachten und an meinen Feldzug denken, und analysire Ihnen neue Werke, die zum Vorschein kommen. Das erinnert mich an einen Einfall, den eine Hofdame bei Anna von Oestreich zu Ludwig XIII sagte, als er Perlen aufreihte: "Sire, Sie können Alles, nur nicht, was Sie sollten." Verzeihen Sie mir diesen kleinen Zug von Gelehrsamkeit, so wie meinen langen und langweiligen<85> Brief um der Freundschaft und Achtung willen, die ich stets für Sie haben werde. Leben Sie wohl."

?? April 1761

An Ebendenselben :

"Ich danke Ihnen, Marquis, für Ihren Brief. Heute habe ich Ihnen nichts Unangenehmes zu schreiben; vielmehr kann ich Ihnen etwas mittheilen, was Trost und Aussichten zu Hoffnungen giebt. Broglio ist über den Main zurückgegangen, und hat nur 2000 Mann in Cassel zurückgelassen. Diese Mäßigung giebt aufs Neue Frankreichs friedfertige Gesinnungen zu erkennen.

Die Oestreicher habein noch immer gegründete Besorgnisse wegen ihrer Besitzungen in Italien, die Empörung in Ungarn dauert fort; der Hof fängt an, friedlichere Gesinnungen anzunehmen, und allem Anschein nach neigt sich dieser grausame und verderbliche Krieg zu Ende. Das giebt mir wieder einige Hoffnung, wenigstens eine vorübergehende Fröhlichkeit, und damit ist immer etwas über den Feind gewonnen. Ich beschäftige mich hier damit, mein Gedächtniß voll zu pfropfen und dem Lastthiere, das die Ehre hat, meinen litterarischen Schatz zu tragen, seine Bürde zu erleichtern. Mit dem de Thou bin ich fast zu Ende. Dies Buch ist sehr gut geschrieben und verdient meine ganze Zufriedenheit.

Voltaire's Beurtheiler hat ihn, dünkt mich, ziemlich gut getroffen; doch ist er zu strenge. Wenn auch Voltaire's Geschichte nicht belehrend ist, so bleibt sie, was man auch sagen mag, doch wenigstens artig. Es ist ein Scherz, ein Miniaturgemälde von einem Correggio; und von uns würde gewiß keiner wünschen, daß dies Werk unterdrückt würde.

In Kurzem denke ich Ihnen noch einige gute Nachrichten von unsern Zuge nach dem Voigtlande geben zu können, von dem ich alle Augenblicke Bericht erwarte. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Schlafen Sie ruhig; binnen einigen Wochen wird Ihre Sicherheit durch Nichts gestört werden;<86> und — kommt Zeit, kommt Rath. Ich umarme Sie. Leben Sie wohl."

B.

3. April 1761

Der Preuß. Major von Hundt (von den Zietenschen Husaren) treibt die Reichstruppen bei Saalfeld zurück, welche dabei 8 Kanonen und 400 Mann verlieren.

5. April 1761

General von Linden vertreibt die Reichstruppen aus Planen und nimmt ihnen 4 Kanonen. Bei diesem Gefecht wird der Major von Hundt erschossen.

19. April 1761

Die Oestreicher kündigen den zu Ende des vorigen Feldzugs zwischen Laudon und von Golz geschlossenen Waffenstillstand, daß dem zufolge die Feindseligkeiten den 23sten wieder anfangen können.

23. April 1761

Laudon rückt in Schlesien ein und nimmt sein Lager bei Waldenburg.

Mai.

A.

Mai 1761

Der König in Meissen.

3. Mai 1761

Von Meissen nach Strehlen.

4. Mai 1761

In Wildenhayn.

5. Mai 1761

In Quolsdorf (Ober-Lausitz).

6. Mai 1761

In Marienstern.

7. Mai 1761

In Rodewitz.

8. Mai 1761

In Görlitz.

10. Mai 1761

In Thiemendorf (Schlesisch).

11. Mai 1761

In Harpersdorf.

12. Mai 1761

In Poischwitz.

13. Mai 1761

In Hausdorf, schreibt an d'Argens :

"Ich habe Ihnen viel Neues zu melden, und um Ihre Neugierde zu befriedigen, fange ich mit der Politik an. Die Franzosen und ihre Alliirten sind endlich mit einer Declaration in London herausgerückt, welche von der, die uns über<87> Schweden zugekommen, darin abweicht, daß die Franzosen den Engländern einen Waffenstillstand anbieten, und daß die Barbaren und Geizhälse sich begnügen, einen Congreß in Augsburg vorzuschlagen. Sie werden hieraus leicht abnehmen, daß der Friede zwischen den Engländern und Franzosen so gut wie gewiß ist, und daß wir die Letzten auf dem Mordtheater bleiben werden, uns mit jener Wolke von Feinden zu raufen und zu balgen. Ich werde den Congreß beschicken, weil unsere Feinde ihn vorschlagen; allein ich glaube so wenig daran, als an die Transsubstantiation.

Machen Sie Sich also gefaßt, alle Scenen des vorigen Jahres diesen Sommer und Herbst noch einmal wiederkommen zu sehen, und urtheilen Sie hieraus, was für ein Stück Arbeit ich noch zu verrichten habe. Wir haben einen kleinen Vortheil gegen die Kreistruppen gehabt, allein, es lohnt nicht, davon zu reden, so lange wir nicht einige dreißig tausend niedermachen, sind alle unsere Vortheile nur Lumperei. Nun zu den Litteraturneuigkeiten. Ich urtheile über Voltaire's neue Tragödie 87-+ völlig, wie Sie; sie gehört zuverlässig nicht zu seinen guten Stücken. Die Dedication 87-++ ist von einem, Schurken, der warm und kalt bläßt, und der für Geld lobt und schimpft. Man sieht leicht, daß er dies Weib lobt, damit sie das neue Trauerspiel in Schutz nehme. Vergleichen Sie einmal gewisse Verse in der Jungfrau von Orleans (La pucelle) mit dieser Dedication, und Sie werden gestehen, daß man ein Schurke sein musi, um sich durch solche Widersprüche zu entehren.

Eben habe ich de Thou's 87-+++ Wert geendigt, womit ich sehr<88> zufrieden bin, sowohl was den Inhalt, als was den Styl betrifft. Es ist ein Buch, das weder zu weitschweifig, noch zu gedrängt ist, und ebenso unterrichtend, als angenehm zu lesen. Mehr kann man von einem Werke nicht fodern. Doch, mein lieber Marquis, Sie wissen das besser als ich, und bedürfen nicht meines Urtheils zum Leitfaden; auch bin ich kein so gewichtiger Autor, wie die, auf welche die Kasuisten sich stützen. Mit allem meinem Lesen kann ich gleichwohl nicht die Unruhe meines Geistes stillen; die Krisis, in der ich bin, dauert zu lange, und alle Gefahren bleiben dieselben. Allein ich will durch die traurigen und unglücklichen Vorstellungen, die mir durch den Kopf gehen, keine schwarzen Vorstellungen in dem Ihrigen erregen. Jeder muß sein Loos erfüllen, und sich dem Schicksal unterwerfen, das die Begebenheiten an der Kette führt und die Menschen zwingt, sie unvermeidlich über sich ergehen zu lassen. Das schmeckt stark nach Kalvinismus. Giebt es eine Vörherbestimmung oder giebt es keine? Ich weiß es nicht. Ich glaube gar nicht, daß die Vorsehung sich mit unsern Armseligkeiten abgiebt, weiß aber ganz zuverlässig aus Erfahrung, daß die Menschen durch die Umstände zum Ergreifen ihrer Partei gezwungen werden, daß sie auf die Zukunft keinen Einfluß haben, daß ihre Entwürfe ein Spiel des Windes sind, und daß oft das Gegentheil von dem zutrifft, was sie sich gedacht und vorgesetzt hatten. Ich bekomme eben meine Hämorrhoiden wieder; es ist entsetzlich, was das verwünschte Uebel mich angreift und abmattet; bald werde ich dem von tausend Uebeln geplagten Hiob ähnlich sein. Allein ich unterhalte Sie zu lange von mir selbst. Ueber diesen Punct würde ich mich kürzer gefaßt haben, wenn ich nicht wüßte, welchen Antheil Sie an mir nehmen. Gott befohlen, mein lieber Marquis, lieben Sie mich ferner; denn ich bin eine gute Haut, und vergessen Sie mich nicht."

<89>

16. Mai 1761

Der König in Kunzendorf, wo er bis im Juli blieb 89-+.

?? Mai 1761

(Vielleicht den 18ten). An Ebendenselben :

"Es ist mir angenehm, lieber Marquis, daß Sie auf dem Lande sind. Wenn Sie Sich da einige Bewegung machen, so wird das Ihre Gesundheit befördern, und Sie werden ruhiger sein, als in Berlin. Daß Sie das Uebersetzen des Plutarch, um das ich Sie bat, nicht vergessen haben, dafür danke ich Ihnen; Sie leisten damit der gelehrten Welt und allen Verehrern des Alterthums einen wichtigen Dienst. Der Himmel gebe, daß der Frieden eher zu Stande kommt, als Sie mit Ihrer Arbeit fertig werden. Ich fürchte sehr, daß es anders gehen wird. So ungläubig Sie bei dem heiligen Oelfläschchen sind, eben so sehr bin ich es in Absicht der friedfertigen Gesinnungen gewisser Mächte. Ich sehe voraus, daß noch Ströme von Blut stießen werden, und daß Fortuna, der alle Mächte ihr Schicksal überlassen, unbeschränkt darüber gebieten wird. Singen Sie ihr ein Lied, lieber Marquis, lesen Sie ihr zu Ehren ein Stückchen aus Ihrem Brevier, und suchen Sie wo möglich es dahin zu bringen, daß sie uns günstig wird. Ich gelobe ihr ein goldenes Bild nach Art der kleinen Bildsäule, welche die Römischen Kaiser als einen Schatz in der Kapelle ihrer Hausgötter aufbewahrten. Leben Sie wohl. etc."

20. Mai 1761

An Ebendenselben :

"Hier bin ich nun in Schlesien, lieber Marquis, ohne damit viel ausgerichtet zu haben. Die Bärseelen rüsten sich zu einem neuen Feldzuge; die Franzosen thun ein Gleiches, und die Oestreicher stehen uns gegenüber. Sie sehen, daß unsere Lage dieselbe ist, wie voriges Jahr; und daß es nur<90> zu whar ist, was ich Ihnen in Leipzig sagte. Diese Lage, die dem lucido intervallo der Aertze gleicht, kann ungefähr bis zum Juli währen. Dann aber wird der Teufel in diesen Gegenden los sein, und Glück und Verhängnis oder Zufall, oder was Sie sonst wollen, wird entscheiden. Ich lese den Lucian, manchmal den Racine, zuweilen den Voltaire, um mich zu zerstreuen. Uebrigens bringe ich meine Zeit mutterseelen allein mit mir selbst zu, ohne weiter an die Zukunft zu denken, als es unumgänglich nöthig ist, und ohne den Dingen etwas voraussehen zu wollen über welche die Natur einen unseren Augen undurchdringlichen Schleier geworfen hat. Wollen Sie wissen, ob ich froh bin, so muß ich Ihnen rein herausagen : Nein! Wollen Sie wissen wie es um meine Gesundheit steht, so vernehmen Sie, daß selbige trotze einiger Unpäßlichkeiten, immer noch gut genug ist, um mich hoffen zu lassen, daß sie wieder die Beschwerde des nächsten Feldzugs vorhalten werde. Auf dem Marsch ist mir ganz was Eignes begegnet. Sie werden einen Pagen bei mir gesehen haben, dessen ich mich zu allerlei Aufträgen bedienen konnte, und der sie gut ausrichtete. Wie wir uns in den Marsch setzen, schicke ich ihn fort, um mir in Strehlen den Mittag zu bestellen, wohin meine Leute schon voraus waren. Unterwegs wird der arme Junge verrückt, kommt nach Torgau und giebt tausend Tollheiten an. Die Folge war, daß wir nichts zu essen fanden, und ich genöthigt wurde, den armen Teufel nach Hause zu schikken, ohne daß ich Hoffnung zeige, er werde jemals wieder zu Verstande kommen. Was wir arme Menchen für elende Geschöpfe sind! Da bilden wie uns etwas auf einen Instinkt ein, der freilich ein wenig besser als der Instinkt der Thiere ist, den aber ein Augenblick uns nehmen kann, und der, einmal verloren, unsern Zustand schlimmer als den Zustand der Thiere macht. Welche unerschöpfliche Quelle von Betrachtungen, die ebenso demütigend, als traurig sind!<91> Ich unterdrücke sie, weil Sie sie von selbst machen werden, und begnüge mich, Sie zu versichern, daß, so lange ich diesen Vernunftinstinkt unversehrt behalte, ich nicht aufhören werde, Sie zu lieben und hochzuachten. Leben Sie wohl. Meine Empfehlung an die Marquise."

?? Mai 1761

An Ebendenselben :

"Ich habe den Bayle nicht unter meinen Büchern gefunden; er muß in Berlin vergessen sein; haben Sie also die Güte, mein lieber Marquis, mir die Abhandlung von den Kometen zu borgen, oder meine Seele stirbt an der Auszehrung. Ihnen, als einem Philosophen, kommt es zu, mir diese Geistesnahrung zu reichen, die uns von Vorurteilen heilt, und eine zum Heil unserer Vernunft und des gesunden Verstandes unentbehrliche Speise wird."

24. Mai 1761

An Ebendenselben :

"Ich wünsche von Grund der Seele, mei lieber Marquis, daß Sie diesen Sommer auf dem Gute, wo sie hingezogen sind, ruhig zubringen wögen. Gleichwohl ahnt es mir, daß es noch manche unruhige und stürmische Augenblicke geben wird. Zwar fangen die Engländer und Franzosen an, im Ernst zu unterhandeln; allein Sie wissen wohl, daß dies ein langsames Mittel ist, das nicht so geschwinde, wie wir es wünschen, wirken wird. Unsere Ruhe in diesen Gegenden wird wahrscheinlich noch bis zu Ende des nächsten Monats währen, und es wird dann wohl so der letzte Feldzug sein. Ich bereite Sie darauf vor, damit Sie ungefähr auf dieselben Ereignisse sich gefaßt halten.

Von Voltaire habe ich nichts erfahren, ich weiß nicht, ob er zu Paris oder auf seiner Herrschaft ist. Hat er Erlaubniß bekommen, nach Frankreich zurückzukehren, so ist dies ohne Zweifel eine Folge der Dedication des Tancred an die Pompadour. Alles, was ihn angeht, kümmert mich nicht mehr, und ich glaube fest, auch wenn er mit dem Hofe wieder ausgesöhnt ist, wird er bei der nächsten Unbesonnenheit<92> genöthigt sein, von Neuem Reißaus zu nehmen. Dieser Mensch hat nichts Ueberlegtes in seiner Aufführung, und ich weiß bei ihm keinen fest bleibenden Plan, als den, Geld zusammen zu raffen, von dem allein läßt er nicht ab, weg über alle Bedenklichkeit und Scham, und geplagt von unersättlichem Durst nach Reichthum. Mag dieser Elende sich doch selbst schänden durch seine feile Schriftstellerei, durch seine treulosen Ränke, durch sein verkehrtes Herz, indeß Sie ruhig an ihrem Amiot arbeiten, und allen Liebhabern der Litteratur einen wesentlichen Dienst leisten, und während ich hier fortfahre, der Verschwörung des ganzen Europa zu widerstehen, und wahrend die Franzosen mit den Engländern ihren Frieden abmachen. Ich danke Ihnen für die Gunst der Glücksgöttin, die Sie mir versprechen; ich bedarf ihrer sehr, auch habe ich ihr eine schöne goldene Statue gelobt, wenn sie mich in diesem Kriege nicht verläßt. Alle Römischen Kaiser hatten in ihren Hauskapellen solche Statuen. Ich verdanke ihr viel, warum sollte ich ihr also nicht dieselbe Ehre erweisen? Leben Sie wohl, mein lieber Marquis; schreiben Sie mir, so lange der Postlauf nicht gehemmt ist, und halten Sie Sich von meiner Freundschaft versichert."

?? Mai 1761

An Ebendenselben :

"Die Zwietracht nahete Amaten sich und goß ihr Gift ins Herz; sie wachte auf, und wüthend haßte sie Anchises Sohn 92-+."

"Sie sehen wohl, daß es nicht hinreichend ist, sich zu schlagen, und daß es schwerer hält, böse Weiber zu bändigen, als tapfere Männer. Ich wünsche den Frieden eben so sehr, als meine Feinde Abneigung dagegen haben; und wenn ich das Aeußerste thue, so muß man es der Nothwendigkeit zuschreiben. Sie können Sich auch noch dieses Jahr mit Zei<93> tungsnachrichten beschäftigen; nicht mit dem, was auf den Apallachischen Gebirgen vorgeht, oder mit dem Streit der Morlachen; sondern mit dem, was die Freiheit und die Sklaverei von Europa entscheidet, das ein neues Triumvirat unterjochen will. Hätte ich die Wahl, so wäre ich lieber im Parterre, als Schauspieler auf dem Theater; aber da das Loos einmal geworfen ist, so muß ich mein Glück versuchen.

Beglückt wer einsam in dem Heiligthum des Weisen etc. Ich bin etc."

B.

27. Mai 1761

Die Russen in Pommern kündigen den Waffenstillstand auf.

Juni.

A.

Juni 1761

Der König in Kunzendorf. Hier beschäftigte sich der König, während die Kriegsoperationen fast still standen, mit Lesen der Schriften Gassendi's (Bernier. Abrégé de la philosophie de Gassendi. etc.).

?? Juni 1761

Der König an d'Argens :

"Eitelkeit der Eitelkeiten; Eitelkeit der Politik! Diese Worte des Weisen, die ich Unwürdiger Ihnen anführe, lieber Marquis, passen sehr gut zu den schönen politischen Räsonnements, die ich diesen Winter hindurch in Leipzig gemacht habe. So sehr ist das Wahrscheinliche oft am wenigsten wahr.

Seit meinem Hiersein haben die Oestreicher ihren Entwurf zum Feldzug zwei Mal geändert. Sie können versichert sein, daß ich die Arme nicht über einander lege und allen Anfällen meiner Feinde hartnäckig widerstrebe. Auf den Frieden machen Sie in diesem Jahre keine Rechnung; der bündigsten Vernunftschlüsse und so vieler verschiedenen Wahrscheinlichkeiten ungeachtet, wird doch nichts daraus. Verläßt mich das Glück nicht, so werde ich mich, so gut ich kann, aus der<94> Sache ziehen. Aber muß ich auch noch im künftigen Jahre auf dem Seile tanzen und den Salto mortale machen, wenn es Ihro Apostolischen, Allerchristlichsten und Allermoskowitischsten Majestäten zu sagen beliebt : Springe, Marquis 94-+

Von den Beschnittenen reden Sie sehr vernünftig. Ach, wie hartherzig sind die Menschen! Man sagt : Du hast Freunde. Ja, schöne Freunde, die mit über einander gelegten Armen zu einem sagen : "Ich wünsche Dir in der That alles Gute!" — Aber ich ertrinke! Wirf mir doch ein Seil zu. — "Nicht doch, Du wirst nicht ertrinken." — Doch, den Augenblick sinke ich unter! — "O, wir hoffen das Gegentheil, wenn es aber geschehen sollte, so sei versichert, wir werden Dir ein schönes Epitaphium setzen lassen." So, lieber Marquis, ist die Welt, so lauten die schönen Complimente, mit denen man mir überall entgegen kommt. Der gute Genius meines Staats und noch mehr, als er, das Glück, müssen meine Bundesgenossen sein. Dazu rechnen Sie auch noch unsere Arme und Beine, ferner Wachsamkeit, Thätigkeit, Muth und Anhalten. Mit dem allen können wir die in Unordnung gerathene Wage, deren Schwerpunkt Herr Pitt nicht finden konnte, wohl noch ins Gleichgewicht bringen. Ader doch wünsche ich mich täglich zehn Mal zum Teufel. Dann komme ich wieder zu meinem Gassendi, hernach zum dritten Buche des Lucrez, und daraus entsteht in meiner Seele ein seltsamer Kampf zwischen Ehrgeiz und Philosophie.

Ich bin mit der gegenwärtigen Lage und hunderttausend Anstalten, die ich treffen muß, so beschäftigt, daß ich kaum an Sanssouci denke. Wer weiß, ob ich es in meinem Leben wieder sehe! Aber Sie, mein lieber Marquis, Sie, sage ich, und die Philosophie sind mein Trost, meine Zuflucht und mein Stolz.

<95>

Um Ihnen indeß doch Nachrichten zu geben, die Sie interessiren können, will ich Ihnen sagen, daß hier bis zum 15. Julius Alles ruhig bleiben wird; und daß, wenn das Glück mir während der Zeit lacht, vielleicht ein Schlag fällt, den unsere Feinde vielleicht am wenigsten erwarten. Sie werden bald hören, was es ist. Alles ist genau berechnet; nun wollen wir sehen, ob es mit der Ausführung gut gehen wird.

Leben Sie wohl, lieber Marquis, ich umarme Sie. NS. Verzeihen Sie, lieber Marquis, das unleserliche Geschreibe und die Nachlässigkeit im Ausdruck; aber wenn einem der Teufel im Leibe ist, so schreibt man weder im Ton der Elegie, noch im Attischen Geschmack."

7. Juni 1761

An Ebendenselben:

"Noch ist meine Lage eben so, lieber Marquis, wie sie bei meiner Ankunft war. Diese tiefe Stille kann der Vorbote eines heftigen Sturmes werden; das Ende dieses Monats scheint ihn anzukündigen. Ich bin auf Alles vorbereitet, auf Glück wie auf Unglück. Singen Sie Fortunen, deren Schutz wir so sehr bedürfen, eine kleine Hymne. Die Königin von Ungarn besteht hartnäckig auf den Krieg. Fünf Jahre lang habe ich den Pfeilen des Wiener Hofes, der Barbarei seiner Truppen und seiner Bundesgenossen zum Stichblatt gedient. Es ist hart, stets zu leiden; und ich fühle, daß die Rache ein göttliches Vergnügen sein kann, wie die Italiener sagen. Es kommt nur darauf an, die Gelegenheit zu ergreifen. Meine Philosophie wird so wild bestürmt, daß sie sich in gewissen Augenblicken vergißt. Jeden Andern, der so beleidigt wäre, wie ich, und der Gewalt genug über sich hätte, seinen Feinden aufrichtig zu verzeihen, würde man canonisiren. Doch ich? ich überlasse meinen Platz in der Legende Jedem, der ihn will; ich bekenne Ihnen, daß meine schwache Tugend diesen Grad von Vollkommenheit nicht erreichen kann, und daß ich vergnügt sterben würde,<96> wenn ich mich zum Theil für die Uebel rächen könnte, die ich erduldet habe. Mag es gehen, wie mein guter Genius, das Ungefähr oder das Glück es will; in Erwartung dessen, was das Schicksal gebieten wird, bin ich ruhig und einsam; denke, weil ich muß, über die Zukunft nach, und lese und arbeite im Stillen.

Es giebt hier Propheten, von denen der eine den Frieden, der andere Schlachten weissagt, ein Dritter setzt den Frieden bis ins Jahr 1763 hinaus. Einer von ihnen muß wohl Recht haben. Nach der Erfüllung wird man Wunder schreien. Diese Propheten gleichen den Kalendern, in denen die Astronomen Regen, Sonnenschein, Wind, schön Wetter, Hitze und Kälte ankündigen, um den Aberglauben des gemeinen Mannes zu befriedigen.

Ob Ihre Franzosen Frieden machen, oder den Krieg fortsetzen werden, kann ich nicht bestimmen, ich gleiche einem Theologen; ich weiß nichts, außer daß ich herzlich wünschte, ich wäre mit Ihnen wieder in meiner kleinen Einsiedelei; fern von Verbrechen, von Kabalen, von heroischen Albernheiten der Thoren, und von dem Geräusche eines zu unruhigen Lebens, das man in meinem Stande und im Getümmel der großen Welt findet.

Leben Sie wohl, lieber Marquis; vergessen Sie diejenigen nicht, die für Sie fechten, und sein Sie von meiner vollkommenen Freundschaft überzeugt."

11. Juni 1761

An Ebendenselben :

"Ihre kleinen Reisen, mein lieber Marquis, werden Ihnen zum Theil die nothwendige und unentbehrliche Bewegung verschafft haben, ohne welche unsere organisirte Maschine keiner rechten Gesundheit genießen kann. Es scheint, wir sind bestimmt, unser ganzes Leben hindurch gerüttelt zu werden, und eben so scheinen wir mehr zum Handeln, als zum Denken gemacht zu sein. Trinken Sie Ihren Brunnen zu Sanssouci; Sie sind da vollkommen Herr und Meister. Ich<97> schmeichele mir, daß dieser Aufenthalt Sie zuweilen an mich erinnern wird. Sie fragen mich, wie ich mit jenem Volke ohne prépuce stehe, das einen halben Mond im Wappen führt? Wissen Sie also, es ist sehr wahr, daß wir einen Bund mit einander geschlossen haben. Ich war gezwungen, zur muselmännischen Redlichkeit und Menschenliebe meine Zufiucht zu nehmen, weil bei den Christen nichts mehr davon zu finden ist. Ueber den Umstand mit der Gesandtschaft aber hat die Zeitung gelogen; denn es ist nicht Gebrauch bei den Türken, dergleichen wegen bloßer Verträge zu schicken, es müßten denn Friedensverträge sein. Wie nützlich mir übrigens dies Bündniß werden mag; so müssen Sie Sich doch nicht schmeicheln, daß es mir den Frieden verschaffen wird. Ich glaube wohl, daß die Engländer den ihrigen mit den Franzosen abschließen werden; allein das wird die Königin von Ungarn nicht abhalten, ihren Gang fortzugehen, so lange die Barbaren die Kriegskosten mit ihr theilen. Diese Barbaren sind in vollem Anzuge gegen die Grenze, und ich erwarte, daß unsere Beschwerde, unsere Mühe und unsere Verlegenheiten mit Ablauf dieses Monats angehen werden. Der Juli, August, September und October werden vier schreckliche Monate sein, die mir Jahre dünken werden. Machen Sie Sich nur auf beinahe solche Scenen wie voriges Jahr gefaßt, und damit Alles gleich werde, so müssen wir auch noch dasselbe Glück haben. Ich will Sie lieber die Wahrheit wissen lassen, mein lieber Marquis, als Sie mit eiteln Hoffnungen Hinhalten. Ein vorausgesehenes Unglück drückt uns meines Erachtens weniger nieder, als ein leichter Unfall, an den man nicht gedacht hat. Ihre philosophische Seele ist von der Art, daß sie keiner Stärkung bedarf; Sie wissen, daß die Welt ein wandelbares Ding ist, daß Alles darin wie in einem Guckkasten zugeht, wo uns unaufhörlich neue Schauspieler und neue Gegenstände vor Augen kommen. Es erfolge also auch was da wolle, so muß man mit stoi<98>scher Gleichgültigkeit da zusehen, wo alles die Bestimmung hat, ein Ende zu nehmen. Das ist das Schicksal alles Guten und alles Bösen, was den Menschen widerfährt; das ist auch das unsrige. Jeder Tag lehrt uns sterben, sowohl durch die Theile, die wir unaufhörlich verlieren, als durch unsern Schlaf, der ein Bild, ein Vorspiel des Todes ist, zu dem wir von dem Tage unsrer Empfängniß an erkoren sind.

Wenn Sie dies alle Morgen erwägen, werden Sie das Rauschen des Ruhms, die Ungeheuern Entwürfe unserer Feinde mit Gleichgültigkeit anhören, und unsere Drangsale, ja selbst unsere glücklichen Erfolge werden Ihnen armselig Vorkommen, denn in Hinsicht auf das Universum und auf alle Zeiten nimmt sich der Krieg, den wir führen, nicht besser aus, als der Krieg der Ratzen und Mäuse. Bleiben Sie also bei Ihrer philosophischen Ruhe, mein lieber Marquis; machen Sie Sich Bewegung, weil sie Ihrer Gesundheit unentbehrlich ist, und beunruhigen Sich über Nichts, was weder Sie, noch ich, noch sonst Jemand in der Welt hindern oder ändern kann. Ich halte Ihnen hier eine schöne Predigt, aus der ich mir doch auch mein Theil nehme. Sind aber unsere Leidenschaften einmal in Bewegung, so giebt unsere Philosophie nach; sie predigt, in den ersten Augenblicken tauben Ohren., und erlangt nur mit der Zeit wieder den Sieg. Ich bitte um Verzeihung, daß ich Ihnen Dinge sage, die Sie besser als ich wissen. Statt einen Brief an Sie zu schreiben, habe ich mit Ihnen geplaudert. Ich habe Ihnen mein Herz ausgeschüttet, und Sie werden mich freilich darüber ausschelten, wenn Sie der Meinung sind, daß nur die von Philosophie schwatzen können, die den Doktorhut erhalten haben. Gott befohlen, wein lieber Marquis; leben Sie glücklich und ruhig."

B.

19. Juni 1761

Die Schweden räumen Demmin.

<99>

25. Juni 1761

Wird der Russische General von Tottleben zu Bernstein in Pommern arretirt und nach Petersburg geführt.

30. Juni 1761

Stirbt der General Carl Christoph von der Golz plötzlich zu Zerbo ohnweit Glogau, 54 J. alt.

Juli.

A.

Juli 1761

Der König in Kunzendorf.

2. Juli 1761

Der König an d'Argens :

"Ihren Gassendi, lieber Marquis, habe ich durchgelesen, und sage Ihnen nun, was für einen Eindruck er auf mich gemacht hat : Seinen physikalischen Theil finde ich sehr gut, in sofern er die Entstehung der Körper betrifft; ferner die Einheiten, aus denen die Materie zusammengesetzt ist, und in sofern er Epikur's System erklärt. Ich gebe zu, daß man dem Verfasser über die krummen, gespitzten, runden Atomen etc. eine Menge Schwierigkeiten machen kann; wenn es aber Urstosse giebt (woran sich gar nicht zweifeln läßt), so ist es nothwendig, daß ihre Gattungen und Arten sehr verschieden sind, damit aus ihrer verschiedenen Zusammensetzung und Einrichtung die vier Elemente und die unzähligen Produkte der Natur entstehen können, auch müssen diese Elemente der Materie undurchdringlich, hart und gegen alle Anfälle der Zerstörung gesichert sein, wie Epikur und Gassendi behaupten. Dies sind zuverlässig Wahrheiten, in die sie eingedrungen sind, ungeachtet dieselben unsrer Neugierde von einem fast undurchdringlichen Schleier verborgen werden.

In seiner physikalischen Abhandlung über die Menschen, die Pflanzen, Thiere und Steine, über die Fortpflanzung, die Auflösung der lebendigen Wesen finde ich sehr lehrreiche Sachen. Er und Epikur mußten den leeren Raum annehmen, um die Möglichkeit der Bewegung zu erklären. Er spricht auch von der anziehenden Kraft und vom Lichte, als wenn er die Wahrheiten errathen hätte, die Newton durch<100> seine erstaunenswürdige Rechnungen erwiesen hat. Mit seiner Astronomie bin ich in der That nicht so zufrieden, wie mit dem Uebrigen; ob er sich nicht deutlich erklärt, so scheint es doch, als wäre er für das Ptolemäische System, und nähme das Copernikanische nur mit der Bedingung an, daß es der Pabst erlaube. – Seine Moral ist ohne Widerrede der schwächste Theil seines Werkes; ich habe nichts Gutes darin gefunden, als was die Klugheit derer betrifft, welche Staaten regieren. Der Ueberrest des Werks sieht dem Schulrektor zu ähnlich, der Eintheilungen und Unterabtheilungen macht, Worte definirt und viel spricht, um wenig zu sagen. Der Abschnitt von der Freiheit ist der schwächste von Allen. Wie es scheint eilt er in diesem siebenten Bande, um fertig zu werden. Vielleicht hat auch Vernier, sein Uebersetzer und Epitomator, seine Schuldigkeit nicht gethan. Ihnen also, der Sie aus der Quelle schöpfen können, kommt es zu, mich zu belehren, ob jene Fehler, die ich an ihm tadle, dem Philosophen oder dem Reisenden 100-+ zur Last fallen.

Da hätte ich denn ein großes Werk durchgelesen, lieber Marquis. Ich eilte, damit fertig zu werden, weil ich fürchtete, Laudon, der gewiß kein Philosoph ist, möchte mein Studieren gröblich unterbrechen. Für jetzt habe ich mir Schriftten gewählt, die ich ohne Bedauern bei Seite legen kann.

Weil ich doch gerade vom Lesen rede – heißt es ja, Voltaire habe einen zweiten Theil zum Kandide gemacht 100-++ Sein Sie doch so gütig, dem kleinen Beausobre zu sagen, daß er mir ihn schicken soll.

Heute bekam ich Melonen aus Sanssouci. Als ich sie sah, rief ich aus : O allzu glückliche Melonen! Ihr genoßt der Gegenwart des Marquis, die mir versagt ist! Wie braucht er den Brunnen? Hat er Nutzen davon? Geht er<101> spazieren? Macht er sich Bewegung? Die Melone antwortete mir kein Wort. Um sie für ihr Stillschweigen zu bestrafen, verzehrte ich sie auf Ihre Gesundheit.

Wenn der Juli, August, September und Oktober vorbei sind, hoffe ich Ihnen zu schreiben : aber nicht über die spekulative Philosophie, sondern über die praktische.

Verwahren Sie Ihren Körper gut, damit er so dauerhaft werde, wie Gassendi's Atomen, und vor den Krankheiten, Schwachheiten und Erschütterungen, die unserer gebrechlichen Maschine drohen, gesichert sei. Philosophien Sie ruhig. etc."

7. Juli 1761

Der König von Kunzendorf nach Pülzen.

9. Juli 1761

Der König an d'Argens :

"Ihr Brief, lieber Marquis, würde mir Stoff zu einem dicken philosophischen Commentar geben. Man müßte also den Umfang der menschlichen Vernunft, die Wolken, die sie verdunkeln, und die Blendwerke, die sie zum Irrthum verleiten, untersuchen. Ich würde eine Menge Beispiele anzuführen haben, die uns die Geschichte von den falschen Schlüssen und von der schlechten Dialektik derer aufstellt, welche die Staaten regieren, und gäbe man dabei genau Acht, so würde man finden, daß die verschiedene Art, die Gegenstände zu betrachten, Vorurtheile, Leidenschaften, bisweilen auch übertriebene Spitzfindigkeit, den guten natürlichen Verstand, der allen Menschen zu Theil geworden ist, so sehr verderben, daß Einige Das mit Verachtung verwerfen, was Andere mit Begierde wünschen. Sie dürfen die Bemerkungen bloß weiter entwickeln, und sie auf Das, was Sie mir schreiben, anwenden, um alles zu errathen, was ich Ihnen in dieser Rücksicht sagen könnte.

Daß Sie Ihren Brunnen in Sanssouci nicht ruhig fortgebraucht haben, thut mir leid. Obgleich Ihre Unruhe beweist, wie vielen Antheil Sie an meiner Lage nehmen, so fürchte ich doch, sie sei Ihnen nachtheilig, ohne baß Sie nur die geringste Aenderung in den zusammengereihten Ereignis<102>sen dieses Feldzugs hervorbringt, von denen Ihnen Doktor Pangloß 102-+ sagen wird: sie waren in der besten Welt nothwendig. Wir sind dem Augenblicke nahe, in welchem sich der Knoten des Stücks entwickeln und Alles in Bewegung kommen wird. Erinnern Sie Sich an die Verse des philosophischen Dichters Lucrez :

Beglückt, wer in dem Heiligthum des Weisen Zu seinem Fuß den Sturm mit Ruh' im Blicke sieht!

Das Uebrige wissen Sie. Es kommt noch auf hundert und zehn Tage an, bis zu Ende Novembers; diese Zeit muß man mit Standhaftigkeit und heldenmüthigem Gleichmuth überstehen. Lesen Sie den Epictet und die Betrachtungen des Mark Antonin; dies sind stärkende Mittel für die erschlafften Fibern der Seele.

Ich habe alle Maßregeln genommen, die mir zu meiner Vertheidigung dienlich scheinen; Herr Kaunitz setzt sich in Bereitschaft, fürchterliche Angriffe auf mich zu thun. Ich sehe ohne Schrecken Alles, wozu man Anstalten trifft, und bin fest entschlossen, zu sterben oder mein Vaterland zu retten. Können wir nicht über die Ereignisse gebieten, so müssen wir wenigstens Herren über unsere Seele sein, und die Würde unsers Geschlechts nicht durch niedrige Anhänglichkeit an diese Welt entehren, die man einst doch verlassen muß. Sie finden mich ein wenig stoisch, Marquis; allein man muß alle Arten von Waffen in seinem Arsenal vorräthig haben, um sich ihrer, wie es die Gelegenheit fodert, zu bedienen. Wäre ich mit Ihnen in Sanssouci, so überließe ich mich Ihrem angenehmen Umgange; dann würde meine Philosophie sanfter, und meine Reflexionen minder schwarz sein. Im Sturme muß Alles arbeiten, der Steuermann und die Matrosen; wenn sie im Hafen sind, dann können sie lachen und ausruhen.<103> Ich habe Ihnen geschrieben, was ich von Ihrem Landsmann Gassendi denke. Ich finde in ihm vieles, was über sein Jahrhundert erhaben ist, und tadle nichts, als seine Absicht, Jesum Christum und Epikur zu vereinigen. Gassendi war ein Theologe; entweder machten die Vorurtheile seiner Erziehung oder die Furcht vor der Inquisition, daß er auf eine so seltsame Vereinigung dachte. Man sieht sogar, daß er nicht den Muth hat, den großen Galilei zu rechtfertigen. Bayle hat alle Beweise auseinander gesetzt, die Gassendi nur andeutete, und der erstere scheint mir durch seine Geschicklichkeit Gegenstände zu behandeln, und durch den richtigen Verstand, mit dem er die Folgen der Grundsätze weiter hinauszuleiten weiß, als jemals ein Philosoph vor und nach ihm, als Dialektiker den andern zu übertreffen. Gassendi's Werk über Descartes, dessen Sie erwähnen, kenne ich nicht; ich habe von diesem Philosophen nur das, was Bernier übersetzt hat. Es ist mir begreiflich, daß man schönen Spielraum vor sich sieht, wenn man die Wirbel, das Volle, die zackige Materie und die angeborenen Ideen widerlegen soll. Wären doch die Entwürfe meiner Feinde zum Feldzuge eben so lächerlich, als Descartes System! Könnte ich sie doch eben so leicht durch wichtige Argumente, nicht in barbara, sondern de facto, widerlegen!

Immer komme ich wieder auf meinen alten Ton, lieber Marquis, und ich gestehe Ihnen, daß trotz Gassendi's sämtlichen guten Räsonnements Laudon, Odonel und alle die Leute, die mich verfolgen, mir bisweilen Zerstreuungen verursacht haben, über die ich nicht Herr werden konnte.

Vergessen Sie mich nicht, mein lieber Marquis, schreiben Sie mir, wenn anders die Wege frei sind, und sein Sie ganz von meiner Freundschaft gegen Sie überzeugt. Leben Sie wohl."

21. Juli 1761

Der König von Pülzen nach Siegroth (bei Nimptsch).

22. Juli 1761

Ueber Nossen nach Stephansdorf (bei Münsterburg).

<104>

23. Juli 1761

In Giesmannsdorf.

25. Juli 1761

Im Lager bei Ottmochau. Der König an d'Argens :

"Für Ihre Erläuterungen über Gassendi's Meinungen danke ich Ihnen, lieber Marquis. Ich dachte es wohl, daß ein so denkender Kopf sich von gewissen Vorurtheilen nicht würde hinreißen lassen, und schrieb sie sogleich auf Bernier's Rechnung. Es ist sehr schlimm, daß wir keine treue und vollständige Uebersetzung von den Werken jenes Philosophen haben. Ich armer Ignorant verliere am meisten dabei. Sie und Ihres Gleichen lesen Lateinisch, Griechisch, Hebräisch etc., ich hingegen verstehe nur ein wenig Französisch, wo mir nun das nicht aushilft, da bleibe ich in der gröbsten Unwissenheit.

Indeß glaube ich Ihnen in der Philosophie mehr, als bei politischen Weissagungen. Freilich sollte wohl, dem Scheine nach, der Sieg des Prinzen Ferdinand den Frieden zwischen England und Frankreich bewirken; aber nichts ist ungewisser, und dergleichen Dinge glaube ich nicht eher, als bis sie wirklich geschehen sind.

Ohne Zweifel verlangen Sie Nachricht von Dem, was hier vorgeht; und ich begreife wohl, daß ein Berlinischer Bürger neugierig darauf sein muß, wie wir uns in Schlesien herumschlagen. Ich kann Sie mit wenigen Worten befriedigen; Laudon kam den 20sten aus den Gebirgen hervor und näherte sich Münsterberg; den 21sten marschirte ich nach Nimptsch und den 22sten vor seinen Augen nach Münsterberg. Hierher bin ich gegangen, um seine Absicht, sich mit den Russen zu vereinigen, zu hintertreiben. Diese stehen bei Namslau. Ich lasse sie durch verschiedene Corps beobachten, sind so hoffe ich ihnen zuvorzukommen, sie mögen sich nun da oder dorthin wenden. In wenig Tagen muß sich die ganze Sache entscheiden. Sie sollen von Allem Nachricht erhalten, und ich werde nicht ermangeln, Ihnen die Vorfälle mit der größten Aufrichtigkeit zu melden. Ich würde Ihnen<105> mehr davon sagen, aber der Kourier, der wichtige Depeschen besorgen soll, ist im Begriff abzugehen, und so bin ich genöthigt, Sie bloß meiner Freundschaft und Achtung zu versichern. Leben Sie wohl."

29. Juli 1761

Der König in Oppersdorf.

30. Juli 1761

In Neustadt.

31. Juli 1761

In Oppersdorf.

B.

1. Juli 1761

Treffen bei Schmiegel.

5. Juli 1761

Die Russen unter Romanzow lagern sich bei Cöslin.

8. Juli 1761

Gefecht bei Storchnest.

15. Juli 1761

Die Russische Armee rückt in verschiedenen Divisionen Schlesien ein (über Przlawetz und Heinrichsdorf bei Militsch) und nimmt den 17ten ein Lager bei Tscheschen.

15. Juli 1761

Treffen bei Vellinghausen. Der Herzog Ferdinand von Braunschweig schlägt die Franzosen unter Broglio zurück. Diese verlieren 5 — 6000 Mann und mehrere Fahnen und Kanonen. Die Alliirten verloren 1500 — 2000 Mann.

17. Juli 1761

Die Alliirten erfechten bei Neuhaus einige Vortheile.

20. Juli 1761

Der Erbprinz von Braunschweig sucht den Herzog von Coigny zu überfallen, muß sich aber nach einem lebhaften Gefecht zurückziehen, wobei sein Bruder, der Prinz Heinrich, tödtlich verwundet wird und den 9. August stirbt.

30. Juli 1761

Die Russische Flotte kommt auf der Rhede vor Rügenwalde an.

August.

A.

August 1761

Der König in Oppersdorf.

4. August 1761

Aus Oppersdorf nach Schönbrunn, dem Gute des Baron Warkotsch und dessen Wohnsitz.

5. August 1761

In Strehlen, logirt in der Vorstadt.

8. August 1761

Der König an d'Argens :

"Bis jetzt machen wir bloß Bewegungen, mein lieber Mar<106>quis. Wir haben viele kleine Vortheile erhalten, von denen ich Ihnen aber nichts sage, weil sie Ihre Aufmerksamkeit nicht verdienen. Die Russen plündern nach ihrer Gewohnheit am jenseitigen Ufer der Oder in Schlesien. Laudon schläft bei Martha, und wir thun eben auch nicht viel. Lassen Sie ja Ihrer Einbildungskraft nicht zu freien Lauf. Sie werden sagen : Ohne Zweifel ist man im Begriff, einen Waffenstillstand zu schließen etc. Nichts weniger als das. Ich versichere Sie, daß zwischen den kriegführenden Parteien etc. weniger als je die Rede davon ist etc. Der Sieg des Prinzen Ferdinand, desgl. die Eroberung von Pondischeri und den Antillen (durch die Engländer) hat den kriegerischen Geist des Versailler Hofes ganz und gar nicht nachgebender gemacht etc. Nicht die Feder, sondern der Degen wird den allgemeinen Frieden zu Stande bringen. Was Vernunft und Menschlichkeit hätten thun sollen, wird der Geldmangel thun. Der Kampf wird aus Mangel an Kämpfern aufhören, und fast glaube ich, daß außer dem bereits eröffneten Feldzuge noch einer nöthig ist. etc."

10. August 1761

In Polsnitz (2 1/2 Meile von Neumark).

12. August 1761

In Jerschendorf (1 3/4 Meile von Neumark).

14. August 1761

In Lonig bei Striegau.

16. August 1761

In Wahlstadt bei Liegnitz.

16. August 1761

In Nicolsstadt. Hier hatte der König die Russische Armee vor sich und die Oestreichische im Rücken.

18. August 1761

In Wahlstadt. Der König an den Marquis d'Argens :

"Ich schreibe Ihnen, mein lieber Marquis, mitten zwischen der Russischen und Oestreichischen Armee. Doch ist bis jetzt noch nichts zu fürchten. In einigen Tagen aber dürfte es zum Ausmachen kommen. Der kritische Augenblick ist da, wo wir das Glück am meisten nöthig haben werden; das sind Begebenheiten, an denen die Klugheit nicht so viel Theil hat, als zu wünschen wäre, und wo man den Klugen und den Waghals durchkommen sieht; doch basta.'<107> Sie sehen und gestehen es selbst, daß Ihre Politik schlecht eintrifft. Das wundert mich nicht, denn es ist Etwas dort oben, das aller Weisheit des Menschen spottet. Was wahrscheinlich aussieht, ist oft am wenigsten wahr. Hoffnung, Ehrsucht, Haß, Eigennutz sind Leidenschaften, die so verschiedene Wesen aus dem Menschen machen, daß, was dem Einen gut dünkt, dem Andern sehr schlimm vorkommt. Daher, Marquis, die Unmöglichkeit für Menschen, in die Zukunft zu dringen; davon sprechen, heißt rathen. Eben so gut würde ich die Räthsel lösen, welche die Sphinx den Thebanern aufgab. Freilich kann man in manchen Fällen die Folgen in ihren Gründen lesen, allein richtig denken und annehmen, daß Jeder, mit dem, wir zu thun haben, auch so denke, das trügt sehr.

Herr von Türenne sagte, daß er lieber einen General gegen sich habe, der die Sache verstände, als einen unwissenden, und zwar darum, weil er, ohne sich zu irren, voraus sehen könnte, was ein geschickter Feldherr thun würde; allein bei einen, andern, der ohne Grundsätze verführe, betrüge er sich immer.

Bei dem allen lassen Sie uns Geduld haben, wir werden Beide die Vernunft nicht an den Freveln der Dummheit rächen; geh' es wie es wolle, wir wollen lachen, wenn dumme Streiche begangen werden, statt in Aerger zu gerathen, und nicht vergessen, daß die Narren auf dieser Kugel zu unserm Zeitvertreibe da sind. Bedenken Sie, daß ich diesen Brief mitten durch feindliche Läger gehen lasse, und schließen Sie hieraus, wie schwer es ist, die Gemeinschaft unter uns zu erhalten. Die Russen haben sich in den Abscheulichkeiten, die ihre Kosacken verübt haben, selbst übertroffen; da sind Dinge vorgefallen, über die Busiris und Phalaris bei aller ihrer Unmenschlichkeit sich erbarmen müßten. Alle diese Schandthaten und Grausamkeiten muß ich gleichsam vor meinen Augen leiden; allein ich habe leiden gelernt, ohne ungeduldig zu<108> werden. Nichts bringt also meine Seele aus ihrer Fassung; ich werde meinen geraden Weg gehen und nur das thun, was ich für nützlich und anständig halte. Dahin bringt uns ein reiferes Alter, und es ist unmöglich, den brausenden Muth der Jugend auch so zu zähmen. Ich fürchte, Ihnen mit meinen traurigen und schwerfälligen Betrachtungen Langeweile zu machen. Ganz sicher würden Sie Sich ohne dies traurige Gewäsch behelfen können, allein ich werde es doch nicht ausstreichen, und da es geschrieben ist, bleibt es geschrieben.

Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Wieder schreiben werde ich Ihnen, doch weiß ich weder wann, noch von wo. Gerade unter solchen Umständen müssen Sie die unerschütterliche Seele eines Philosophen und die Unempfindlichkeit eines Stoikers zeigen. Die spekulative Philosophie taugt nur für unsere Neugierde; bloß die praktische nützt. Ich empfehle sie Ihnen und bitte Sie, inzwischen einen militärisch-philosophischen Bastard, der Sie sehr liebt, nicht zu vergessen."

19. August 1761

Der König in Obergäbersdorf bei Striegau.

20. August 1761

In Bunzelwitz (zwischen Striegau und Schweidnitz). Hier nahm der König das Lager und ließ es stark verschanzen. Es wurde bald von der Russischen Armee, unter Butturlin, und der Oestreichischen Armee, unter Laudon, fast ganz eingeschlossen, die erstere war gegen 60000 Mann und die letztere einige 70000 Mann stark, während der König nur höchstens 57000 Mann entgegen zu stellen hatte. (Tielke III. 46).

25. August 1761

Da an diesem Tage die Russische und Oestreichische Armee sich ganz nahe an das Lager herangezogen hatte, so erwartete der König einen Angriff, verließ also Bunzelwitz, ließ ein Zelt in dem sogenannten Tscheschner Holze bei Rodelandholz aufschlagen und campirte hier hinter dem rechten Flügel des

26. August 1761

zweiten Treffens. Die folgende Nacht zum 26sten, sowie

27. August 1761

auch die zum 27sten, dringt der König mit dem Markgrafen Karl und einigen anderen Generalen in der Schanze auf<109> dem Pfarrberge oder sogenannten Farbenhöhe zu, während die Armee schlagfertig unter dem Gewehr stand. (Tielke, Backenb). Es erfolgte jedoch kein Angriff.

August 1761

In diesem Monat schrieb der König die Ode an seine Schwester, die Herzogin von Braunschweig, über den Tod ihres Sohnes, des Prinzen Heinrich, welcher den 9. August an seinen Wunden starb. S. Juli B. (H. W. VI. 203).

B.

3. August 1761

Die Russen bedrohen Breslau, welches den 6ten von ihnen 6 Stunden bombardirt wird.

10. August 1761

Die Oestreicher besetzen Striegau.

11. August 1761

Die Russen, unter Czernitschef, gehen bei Kloster Leubus über die Oder und lagern sich auf den Höhen von Dame.

12. August 1761

Die Russische Hauptarmee geht ebendaselbst über die Oder und lagert sich zwischen Heidau und Parchwitz.

17. August 1761

Erscheinen 6 Kriegsschiffe vor Colberg.

18. August 1761 bis 19. August 1761

Die Russische Armee vereinigt sich in der Gegend von Liegnitz und Hochkirch mit der Oestreichischen.

24. August 1761

Erscheint auf der Rhede vor Colberg eine feindliche Flotte von 50 Segeln, darunter 18 Kriegsschiffe.

25. August 1761 bis 30. August 1761

Die Russen bombardiren Colberg.

26. August 1761 bis 30. August 1761

Die Russische und Oestreichische Armee rückten näher an das verschanzte Lager des Königs und umstellen es bei Niemsdorf, Striegau, Teichau, Zirlau, Kunzendorf und Bögendorf etc., während dieser Zeit die Preußischen Truppen stets schlagfertig und des Nachts unterm Gewehr stehen.

September.

A.

September 1761

Der König in Bunzelwitz.

26. September 1761 bis 30. September 1761

Da die Oberbefehlshaber der Russischen und Oestreichischen Armee (Butturlin und Laudon) sich über einen Angriff<110> des Königs in seinem verschanzten Lager bei Bunzelwitz nicht hatten vereinigen können, die Russen auch fürchteten, daß die erfoderlichen Subsistenzmittel endlich fehlen würden, und sich deshalb von den Oestreichern getrennt und ihren Rückmarsch aus ihrer bisherigen Stellung angetreten hatten, der König selbst bei der Abnahme seiner Magazine in Schweidnitz, von wo seine Armee bisher versorgt worden war, nicht mehr lange in dem Lager bleiben konnte, so verließ er dasselbe, um sich Breslau zu nähern und ging nach Pülzen.

28. September 1761

Ueber Nimptsch nach Siegroth.

29. September 1761

In Groß-Nossen.

Im Lager bei Bunzelwitz schrieb der König einige Tage vor dem Abmarsch das Gedicht : "Die militärische Zeitung" (über die Expedition des Generals Platen in Polen etc., h. W. VII. 114), und eine Epistel an den Marquis d'Argens über die Blockirung des Lagers von den Russen und Oestreichern (h. W. VIl. 35).

B.

4. September 1761

Die Russen unter Romanzow rücken vor Colberg ins Lager.

9. September 1761 bis 10. September 1761

Der Russische Ober-General Butturlin geht aus seinem Lager bei Teichau vor Bunzelwitz nach Jauer zurück und läßt nur 20000 Mann unter Czernitschef bei Laudon's Armee zurück.

9. September 1761

Die Russen eröffnen Laufgräben gegen das Preußische Lager vor Colberg.

11. September 1761 bis 22. September 1761

Die Russen überfallen den General Werner bei Treptow und nehmen ihn gefangen.

14. September 1761 bis 22. September 1761

Der Preußische General Platen geht nach Polen und zerstört die Magazine der Russen.

Colberg wird fortwährend von den Russen beschossen. Die Schweden rücken bis Prenzlow vor.

<111>

Oktober.

A.

1. Oktober 1761

Der König in Groß-Nossen. — Epistel an d'Argens. (Deutsche Suppl. I. 206).

5. Oktober 1761

Den 5ten ging der König von Nossen ab und kam Abends nach Schönbrunn, wo er bei dem Baron von Warkotsch abstieg, Nach Mitternacht verlangte der König von dem von Warkotsch einen sichern Menschen, der ihn in der Finsterniß nach Stechten führen könne. Der Baron gab ihm seinen Jäger, Namens Kappel. Dieser führte nun den König und sein kleines Gefolge : 1 Adjutanten, 1 Geh. Kämmerer (Leining), 1 Reitknecht und 2 Feldjäger nach Strehlen, wobei der König und sein Gefolge theils ritt, theils zu halben Meilen zu Fuße ging.

6. Oktober 1761

Zuerst in Strehlen, doch gleich nachher in Woiselwitz (ganz nahe bei Strehlen), logirt in des Bauinspektors Bruckkampf Hause 111-+.

B.

1. Oktober 1761

General Laudon nimmt die Festung Schweidnitz mit Sturm. Der Commamdant, General l von Zastrow, mit 3776 Mann werden Kriegsgefangene.

3. Oktober 1761

In der Garnison-Kirche zu Berlin werden die drei Gemälde von Rode : Kleist, Schwerin und Winterfeld aufgestellt.

10. Oktober 1761

Der Prinz Xaver erobert Wotfenbüttel.

12. Oktober 1761

Die Schwedem ziehen sich aus der Ukermark zurück.

13. Oktober 1761

Braunschweig wird durch den Prinzen Friedrich von Braunschweig und General Luckner entsetzt.

15. Oktober 1761

Die Schweden verlassen Anklam.

25. Oktober 1761

Gefecht mit den Russen bei Treptow, wobei der Preußische General von Knobloch überwältigt und gefangen genommen wird.<112> In diesem Monat langte im Lager bei Strehlen und Woiselwitz ein Gesandter des Chans der Europäischen Tataren Kerim Geray, Namens Mustapha Aga, an. Er trug dem Könige ein Bündniß und gegen Subsidiengelder ein Hülfscorps von 16000 Mann an 112-+.

November.

A.

November 1761

Der König in Woiselwitz bei Strehlen, wo er in dem Hause des Bauinspektors Bruckkampf wohnt.

8. November 1761

Hier schrieb der König die Epistel an d'Argens (H.W.VI. 282. Klagen über den neuen Unglücksfall, den Verlust der Festung Schweidnitz).

"Erröthen mußt Du hier, Vernunft voll Stolz!
Wie viel des nie erhörten Uebels brach
Herein auf uns! Vermocht' ein Aug' es wohl
Vorherzusehn? es hindern eine Kunst?
Ein dichter Schleier hüllt die Zukunft ein,
Wir heften neubegier'ge Blicke stets
Auf ihn; umsonst! durchdrungen wird er nie.
Die unverhoffte Stille wahrste
Nur einen Augenblick; bald brach ein Blitz
Mit Donnerhall hervor; der Austrier
Durchdenkt, von seinen Bergen tief verdeckt,
Den Plan, und kommt ins offne Feld herab.
<113>Selbst Arbeit, wie ein wahrer Sohn des Mars,
Wie Vauban einst sie schuf, der Wällen Schutz
Durch tiefe Gräben gab; mit der sich auch
Die Feste Schweidnitz furchtbar sicherte —
Bedeckte doch sie nicht vor wildem Sturm,
Sie fällt dem Arme der Verwegenheit
In einer Nacht, und fast vor unserm Blick.
Von diesem Tag an drängt Verwirrung uns
An jedem Ort; seit dieser Unglücksschlag
Uns traf, sind alle Schrecken neu erwacht. etc.
Was giebt mir Schutz? — und rächen soll ich mich?
Selbst Plane Cäsar's, Condé's und Eugen's
Sind ganz umsonst, da Rettung nun gebricht.
Der Himmel müßte, meinen Wünschen hold,
Nun seinen Wunderarm verherrlichen!
Die Mittel sind erschöpft; und Klugheit, Muth
Erliegen der Gewalt, der Uebermacht
Des Erdballs, der sich gegen uns verschwor.
Ach! wie so fest die stärkste Seele auch sei —
Ein Strom von Unglück reißt zuletzt sie fort,
Wenn keine Hoffnung bleibt, dann stirbt der Muth;
Die Fesseln trägt der Geist, ob sträubend auch.
Die Unglücksmacht des Schicksals, das mich drückt,
Vergiftet meinen Geist mit Menschenhaß,
Bei Feindschaft Graun sah ich zuerst das Licht.
Und mildert auch Vernunft die Bitterkeit,
Giebt Athem mir ein froher Zwischenraum —
Man kündigt schnell mir neues Unglück an. etc.
Ich opferte vielleicht der Ruhmbegier,
Entzückt vom Jahrbuch dieser Welt, zu viel;
Der großen Helden Nam' entflammte mich
Verführerisch zu ihrem hohen Flug;
Allein mich führte bald der Weisheit Hand
<114>Auf einen bessern Pfad, sie lehrte mich,
Wie man den Irrthum scheucht, die Wahrheit liebt.
Da sah, durch diesen Reiz entzückt, mein Geist,
Er hab', auf daß er Erdenruhm erreiche,
Umsonst nur eitlen Schatten nachgestrebt,
Und Alles schwind' und Alles sei nur Tand.
Zurückgekehrt von diesem Wahn, der mich
So lange blendete, sagt' ich mir selbst:
Ich sehe schon das Ende meines Laufs,
Bald schließt der kalte Tod mein Augenlied,
Dringt nur durch so viel Mühe, Sorg' und Gram,
Durch Tag' und Nächte voller Schmerz und Oual,
Der Mensch zu jener Ruhestätte hin,
Wo, der es gab, das Leben wieder nimmt,
Wo unsern Namen, unsern Aschenkrug
Die Hand der Zeit vernichten wird? — Ach bleib
Uns nichts im Todes-Augenblicke mehr —
Was streben, eilen wir vergebens denn?
So ende nun des Lebens schwere Last!
Bezähmt ein niedrer Sterblicher das Glück?"etc.

11. November 1761

Gedicht:

Die Bosheit der Menschen 114-+. (H. W. VlI. 116).
"Einst dacht' ich, jung, ein Fremdling in der Welt,
Ein Neuling, mit dem Laster unbekannt :
Was wäre wohl noch besser als der Mensch?
"Er ist so gut, hat wenig Fehler nur,
Ist nicht voll Haß, nicht grausam, undankbar,
Verrätherisch," und kurz, ich wähnt' ihn so,
Wie er sein soll; fest war ich überzeugt :
Von Ehr' und Tugend sei die Welt erfüllt.
<115>Der schöne Wahn der Unerfahrenheit
Entschwand zu schnell; im schrecklichen Gewühl,
In das ich dann geschleudert ward, gebot
Nun die Erfahrung bald. Da glänzte hell
Die leidenvolle Wahrheit meinem Blick.
Ich suchte Tugend, Laster fand' ich nur.
Wie oft sah' ich die Thaten hassenswerth,
Die Denkart schaudervoll! Betrüger, Gauner etc.
Getroffen von der Uebel Schaar gestand —
Ich denn zuletzt : Hat auch der Mensch Vernunft —
So wild, so grausam ist kein Thier, als er.
Nein! Nein! des Thieres Seel' ist nicht so schwarz,
Der Hunger giebt ihm Gier — Verstellung nicht;
Entbrennt sein Zorn, so ist er bald verraucht,
Der Mensch haßt, wenn er sich gerächt hat, noch.
Zwar dies Geschlecht, das gegen sich so wild,
So frevelnd, so voll Hang zu Bosheit ist,
Bringt mitten unter Lasterthat und Gräueln
Bisweilen Götterseelen auch hervor,
Die ganz gewiß der Himmel werden sah,
Die uns im Unglück trösten, das uns trifft,
Und Engel mitten unter Teufeln sind;
Doch immer gab nur kargend die Natur
Dies schöne, theure, seltene Geschenk. etc.
Wie? schuf der große, der erhabene,
Vollkommne Gott mit seiner Allmachtshand
Den Engel, der zu Ehrfurcht mich erweckt,
Und dieses Monstrum voll Unmenschlichkeit?
Ich weile starr an dieses Abgrunds Rand,
Wo forschend sich der größte Geist verliert,
Und wende schnell den unbescheidnen Blick
Von dem Mysterium mit Ehrfurcht ab.
<116>Ich selbst erfuhr so viel hier in der Welt
(Stets blieb mein Herz in diesen Lagen leer)
Und fand : hier sei in aller Uebel Schaar
Ein wahres Gut allein, dem Größe selbst,
Dem Ruhm, dem jegliches Vergnügen weicht,
Ein Gut allein, das fest die Tugend sich
Verknüpft : Der Freundschaft friedlicher Genuß
Ich hatt' es, ach! an einer Schwester Brust,
Die mir der Tod entriß! — O Freundschaft, Du,
Die uns der Himmel gab, das einzige,
Das größte Gut! ein leerer Name bist
Du nun; Du sankst mit ihr zur Gruft hinab."

15. November 1761

Das Gedicht : "der Stoiker" (h. W. VII. 127).

"Ihr unzufriednen Sterblichen, die Ihr,
Und sei es strafbar, stets vernünfteln wollt! —
Nie mit Euch selbst, nie mit der Götter Zorn
Versöhnt, schon bei dem kleinsten Mißgeschick
Bestürzt, gebeugt, stets ungewiß, in Angst,
Voll Meuterei — im goldenen Palast,
Und von dem Halmendach bedeckt, umarmt
Ihr das Phantom des flücht'gen Glückes stets;
Umsonst beschäftigt immer Euch sein Bild;
Vergebens zehrt Ihr Euch in Arbeit auf.
Verscheucht den Dunst und höret Unterricht.
Auf dieser Erde machte die Natur
Euch Träumen, Irrthum, Täuschung unterthan,
Auf Eurem Wahn beruhet Euer Glück. etc.
Sei ruhig, Freund, und höre die Vernunft,
Gehorch mit Demuth dem, was sie befiehlt.
Was ist das Widrige, das Dich empört?
Der leere Klang von Tadel oder Lob?
Sonst nichts, als leeres Zittern eines Schalls,
Und Worte, die in Luft verflogen sind.
<117>Was für Unsterblichkeit verleiht der Ruhm?
Verblenden willst Du selbst die Enkel noch?
Sie sollen staunend Deine Thaten seh'n,
Nur Deinem Namen ihre Denkkraft weih'n?
Tritt her — und bald entflieht Dein Irrthum dann.
Warst Du in jener Zeit, die vor Dir war,
Um das bekümmert, was man von Dir sprach?
Erschreckten Dich Menipp und Aretin?
Wenn Du Dir ihr Gespräch nicht denken kannst —
Nun, welche Wuth befiel denn Deinen Geist,
Und weshalb quälst Du ihn, ob, wenn Du starbst,
Die Welt Dich falsch, Dich billig richten wird?
Wenn uns des kalten Todes Flügel deckt,
Erlöscht er ganz die Gluth, die uns belebt;
Im Grabe schlafen wir auf ewig dann;
Das Weltall ist sogleich für uns nicht mehr.
In dieser Nacht, die nur den Pöbel schreckt,
Fühlt Niemand mehr den Wurm, der ihn zernagt.
O Ehre, Reichthum, Würde, Sucht nach Ruhm!
Des Glückes Schatten! — Nichtig ist die Welt;
Mit Wildheit reißt ein Strom sie fort; sie ist
Ein schneller Blitz, der keine Dauer hat.
So löset die Natur die Wesen auf,
Die sie aus Staub geformt und denen sie
Zu mannigfachem Zweck Organe gab;
Sie nutzet alte dann und schafft durch sie
Den ew'gen Reichthum ihrer Schöpfung neu;
Sie ruft dem Grab' und der Verwesung zu,
Und andre Körper werden dann erzeugt.
Nur flüchtig, kurz ist unser Lebenslauf;
Wir reisen eilig durch ein Land, wo nichts
Uns zugehört und Alles bleiben muß.
<118>Genuß darin ist uns erlaubt; allein
Alsdann ruft uns die Pflicht aus ihm zurück,
Die Erben heischen unsre Stelle schon;
Von unsern Vätern war sie einst besetzt,
Auch uns vertreibt davon die Hand der Zeit,
Ach, können wir bescheiden, mäßig, nicht
In dem Besitz der Güter sein, die uns
Der Augenblick des Lebens zugetheilt,
Und dann sie ohne Schmerz verloren seh'n?
Oft ist ein Traum nur Eure Sorg' und Qual,
Nur Vorurtheile, die des Volkes Wahn
Nicht sinken läßt, doch deren Wurzel selbst
Der Weis' aus seinem Herzen reißen muß.
Durch welch ein Zauberwerk könnt Ihr so fest
An diese Welt gekettet sein? Sie ist
In meinen Augen nur ein Haufen Staub,
Mit dem der Wechsel übermüthig spielt.
Die Erd' ist kaum ein Punkt im weiten All,
Das Leben, wenn Ihr es der Ewigkeit
Vergleicht, ein schnell entschwundner Augenblick,
Der gegenwärtige Moment entflieht;
So eben schwand er hin; Vergangenheit
Ist Nichts, die Zukunft soll erst lebend sein etc.
O Mensch voll Meuterei, der Du mit Stolz
Die Seen' erblickst! Wenn Du auf Klippen weilst,
Auf Trümmern hier, wohin Dein Blick nur fällt,
Die großen Spuren der Zerstörung siehst,
So beuge Dich und ehre Dein Geschick,
Dein Leben lehrte ja das Sterben Dich.
Wenn jenen Hauch, der in Dir lebt und
Veränd'rung trifft und er sich fallen sieht,
Wenn in dem Tod er selber auch erlischt —
<119>Was fürchtest Du nach diesem Schlage noch?
Dich sichert vor dem Schmerz der Tod. — Ward erst
Dein Leib zerstört, dann fühlt er länger nicht.
Doch wenn der Götter Huld nun diesen Geist
Den Tod besiegen läßt, und wenn er Dich
Im Himmel überlebt, so zage nicht
Und sei befreit von Furcht! Ja, bringe Dank
Der Gottheit dar! Erröthe, daß du klagst!
Das einzige, vollkommne Wesen, Gott,
Ist mild; Und seine nie ermess'ne Huld
Läßt, schonend, niemals seinen Zorn erglühn.
Der schwache Wurm, der nur im Staube kriecht,
Der Sterbliche weckt seine Blitze nicht.
Den bangen Menschen, den Gefahr erschreckt,
Sicht hier die Gottheit voller Mitleid an,
Und wird ihn nach dem Tod' erbarmend seh'n.
Vertraue diesem wohlthatreichen Gott!
Er hilft im Tode Dir gewiß; so wirf
Dich, süßer Hoffnung voll, in seinen' Arm."

26. November 1761

Befiehlt der König dem Lieutenant von der Golz, mit Mustapha Aga 119-+ zum Chan nach Baktschiferay zurückzureisen, und demselben die Freundschaft des Königs zu versichern etc. Beide gingen zuerst nach Breslau.

?? November 1761

Der König an Voltaire:

"Wird der Einsiedler von Delicr nicht über mich und über die großen Sendungen lachen, die ich ihm schicke? Hiermit bekommen Sie einen Aussatz 119-++, den ich für Ca tt gemacht<120> habe, und der nicht in dem Geschmack meiner Elegien ist, die Sie die Güte haben zu liebkosen.

Da der gute Mensch mich immer bei meinen Stoikern sah, behauptete er vor einigen Tagen gegen mich : diese lieben Herren hülfen im Unglück nichts; Gresset's, Boileau's, Pult's, Chaulieu's und Ihre Werke würden sich für meine traurige Lage besser schicken, als diese philosophischen Schwätzer, deren man recht gilt entbehren könne, besonders wenn man in sich selbst die Seelenstärke habe, die sie nicht geben und nicht geben können. Ich machte ihm meine gehorsamsten Gegenvorstellungen. Er gab aber nicht nach, und einige Tage nach dieser schönen Unterredung warf ich ihm denn diese Epistel hin. etc.

Werden Sie nicht sagen, mein lieber Einsiedler: ich sei ein alter Thor, daß ich mich in meinen Umständen mit solchen Kindereien beschäftige? Aber ich wiege auf diese Art meine Sorgen und meinen Kummer ein, und gewinne einige Augenblicke. Doch ach! diese vergehen so geschwind, und dann tritt der Teufel wieder in alle seine Rechte.'

Ich treffe Anstalten zu meiner Reise nach Breslau, und werde da Anordnungen zu den heroischen Metzeleien des folgenden Jahres machen. Beten Sie für einen Don Ouixotte, der unaufhörlich Krieg führen muß, und der, so lange seine erbitterten Feinde ihn verfolgen, keine Ruhe zu hoffen hat. Ich wünsche dem Verfasser der Alzire und der Merope die Ruhe, deren mich mein Unstern beraubt. Vale."

?? November 1761

Epistel an Catt 120-+:

"O Catt, die Jahre rinnen hin;
Und ach, wer hemmet ihren Lauf?
<121>Die Zeit, das Schicksal reißen uns
In ihrem Strom beständig fort.
Der Zeiten hat das Leben zwei :
In der beherrscht der Irrthum uns,
Und wir besitzen Glück in ihr;
Der Weisheit Eigenthum ist die;
Und trübe, düster, sorgenvoll!
Man hat so oftmals schon gesagt :
Ein jeder Mensch ist nur ein Thor;
Der mehr, der Andre weniger.
Dies mag, dünkt mich, wohl richtig sein;
Und ist es das; so treffe dann
Die schöne Thorheit unsre Wahl.
Sie ist für unsre Freud' und Lust
Ein Ouell, der nie versiegen wird.
Durchforsche, daß Du lange Zeit
Dies Gut genießest, ja Nichts tief!
Das Leben ist nur Gaukelei;
Ein treuer Schüler Epikur's,
Berühre Du die Fläche nur
Von Deiner Thorheit Gegenstand.
Der Blume gleich ist Deine Lust;
So brich mit leichter Hand sie ab.
Nur Phantasie bestimmt den Werth
Für ihrer Farben Wechselspiel,
Und ihren süßen Wohlgeruch.
Der fährdet unsrer Sinne Lust,
Der stets den Grund zu sehen strebt;
Wenn, ungeweiht, die Hand durchaus
Der Rose Bau zergliedern will,
So welket ihre Schönheit hin.
Die Erd' und Alles was sie hat
Zerrinnt, wenn wir ihr ganz uns nah’n.
<122>Wer sie erforscht und dann sie kennt,
Der blickt mit Ekel nur auf sie.
So gieb den Irrthum nicht zurück,
Da er die Lust des Lebens ist.
O Catt! nur ein Moment der Lust
Wiegt hundert Jahre Weisheit auf.

?? November 1761

Der König an Catt:

"Ich habe meinen Mark-Aurel und meinen Zeno für mich verfertigt; dies paßt für mein Alter, meine Situation und alle die Gegenstände, die mich umgeben. Ihnen, der Sie munter sind, und mit Recht die Ihnen behaglichen Täuschungen nicht fahren lassen wollen, Ihnen schicke ich einen Aufsatz à la Epicure. Er war mein Lehrer, als ich mich in Ihrem Alter befand, allein ich befürchte sehr, daß Sie, wenn Sie das meinige haben, zum Zeno und unsern Stoikern zurückkehren werden. Wenigstens geben uns diese ein Schilfrohr, um uns darauf zu stützen, wenn Widerwärtigkeit uns zu Boden schlägt, statt daß Epikur nur im Schooße des Glücks Aufnahme finden kann. So hat denn Alles seine Zeit. Sie sind jetzt in der, die Blumen und Früchte hervorbringt, und ich in der, worin die Blätter abfallen und die Bäume verdorren. Leben Sie wohl."

30. November 1761

An diesem Tage Vormittags erfuhr der König den verrätherischen Anschlag des Barons von Warkotsch, ihn in die Hände der Oestreicher zu liefern. Die Geschichte dieser Verrätherei und ihrer vor der Ausführung geschehenen Entdeckung ist in mehreren Schriften sehr abweichend und unrichtig erzählt worden, namentlich in Küsters Buch : die Lebensrettungen Friedrichs II etc., Berlin 1792. Eine Berichtigung der darin enthaltenen Irrthümer und Widersprüche und eine richtige Darstellung dieses Vorfalls findet man in der Schrift : Beleuchtung der bisherigen und besonders der Küster'schen Darstellung der Geschichte der Warkotsch'schen<123> Verrätherei gegen den König Friedrich II. Grotkau 1792.

Der Baron Heinrich Gottlob von Warkotsch, lutherischer Religion, hatte früher in Oestreichischem Militärdienste gestanden, und zwar als Hauptmann im Ungarischen Infanterie-Regiment von Botta zu Olmütz. Im Jahre 1756, kurz vor Ausbruch des Krieges, fielen ihm durch den Tod seines einzigen Bruders, des Preußischen Kammerherrn v. W., dessen Güter : Schönbrunn, Ober- und Niederrosen und Käscherei in Schlesien zu. Er nahm nun seinen Abschied, ging nach Schlesien und wohnte hier auf dem Schlosse zu Schonbrunn bei Strehlen.

Von stolzem herrischem Charakter und unzufrieden mit der Preußischen Regierung und dem Könige, weil er hier nicht so willkürlich mit seinen Unterthanen verfahren konnte, und in dieser Hinsicht die Rechte der Gutsbesitzer weit beschränkter waren, als er sie vielleicht im Oestreichischen gefunden haben mochte, faßte er den Entschluß, den König den Oestreichern zu überliefern, wo er dann nicht zweifelte, daß Schlesien wieder an Oestreich kommen, und die Verhältnisse der Gutsbesitzer sich nach seinem Wunsche ändern würden. Er war dem König, der erst Anfangs dieses Monats bei ihm auf seinem Schlosse in Schönbrunn logirt hatte, schon längst persönlich bekannt, auch hatte er mit verschiedenen Personen aus dem Gefolge des Königs Bekanntschaft gemacht, und befand sich daher sehr oft im Hauptquartier. Hier hatte er nun bemerkt, daß der König eine äußerst geringe Bedeckung von nur 13 Mann Garde als Wache bei sich hatte, und also leicht während der Nacht von den gar nicht weit entfernt stehenden Oestreichern sich ein Trupp unbemerkt heranschleichen und den König aufheben konnte. Dies meldete er dem bei Kloster Heinrichau stehenden Oestreichischen Obersten Wallis vom Regiment Laudon, den er schon aus früherer Zeit her kannte. Der Briefwechsel zwischen Beiden wurde durch<124> einen, in das Geheimniß gezogenen katholischen Curatus Schmidt, der in Siebenhuben wohnte, besorgt. Am 29. November kam dieser nach Schönbrunn, um einen Brief an den Baron abzugeben. Dieser war aber eben mit seinem Jäger Kappet nach dem Hauptquartier des Königs geritten, der etc. Schmidt blieb indeß lange bei der Gemalin des Warkotsch, um ihn zu erwarten, doch ohne etwas von dem bei sich habenden Brief zu äußern. Als es ihm zu lange dauerte, nahm er Abschied von der Baronin, und ging zu der Frau des Jägers Kappet, der ihm gewöhnlich die Briefe des Barons überbrachte, gab ihr den Brief und trug ihr auf, ihn durch ihren Mann, wenn er mit dem Baron zurück käme, sogleich an denselben abgeben zu lassen, und dabei zu sagen, daß er darauf den andern Morgen ganz früh Antwort haben müsse. Der Brief hatte gar keine Adresse, und da der Curatus Schmidt so lange bei der Baronin gewesen und doch ihr nicht den Brief zurückgelassen hatte; so vermuthete die Kappel, daß er vielleicht ein heimliches Liebesverständniß des Barons betreffen möge, und war sehr neugierig, den Inhalt zu wissen, weil sie aber nicht lesen konnte, und zwei von des Barons Leuten sich nicht dazu verstehen wollten, den Brief zu erbrechen und ihr vorzulesen; so mußte sie sich gedulden, bis ihr Mann zurück kam, dies geschah erst spät am Abend. Da dieser es aber nun noch weniger wagen konnte, den Brief zu erbrechen, so gab er ihn noch denselben Abend an den Baron ab. Indeß scheint seine Neugierde, die schon früher durch die öfters nach Siebenhuben an den Curatus Schmidt überbrachten Briefe erregt worden sein mochte, jetzt durch seine Frau und den Brief ohne Aufschrift noch gesteigert worden zu sein. Als daher nach Mitternacht, wo er schon im Bette lag, der Baron noch zu ihm kam und einen Brief an den Curatus Schmidt überbrachte, mit dem Befehl, ihn mit dem Frühesten nach Siebenhuben zu tragen, da wurde Beider Neugier von Neuem rege, und<125> nach einigem Ueberlegen versprach der Kappel seiner Frau, am Morgen den Brief zu erbrechen. Dies geschah denn auch, und es fand sich, daß er eine Einlage des Barons an den Oestr. Oberst Wallis enthielt, welche der Curatus Schmidt an denselben befördern sollte und in welcher der Baron den Obersten auffoderte, die verabredete Aufhebung des Königs ungesäumt zu bewerkstelligen, da der Reisewagen, wie er am vorigen Tage gesehen, bereits vor der Thür des Quartiers des Königs stehe, und dieser also vielleicht schon des andern Tages abgehen werde etc. Pflichtgefühl, vielleicht unterstützt durch die Aussicht einer ansehnlichen Belohnung, ließen ihn bald zu dem Entschluß kommen, den Original-Brief an Wallis dem Könige nach Woiselwitz zu überbringen, und eine Abschrift davon, die er sich durch den lutherischen Prediger Gerlach in Schönbrunn verfertigen ließ, durch seinen Jägerburschen an den Curatus Schmidt zu überschicken. Beide Briefe, der an den Curatus und die Copie an Wallis wurden nun mit des Barons Petschaft, das sich Kappel verschafft hatte, wohl versiegelt und abgeschickt, während Kappel selbst nach Woiselwitz ging, und durch den General Krusemark dem König die Verrätherei des Warkotsch entdeckte und das Original-Schreiben übergab, gleich nachher auch selbst zum König gerufen und von ihm über die einzelnen Umstände befragt wurde. Der König befahl nun sogleich, daß ein Rittmeister mit einem Detaschement Dragoner abgegeschickt werde, den Warkotsch und den Curatus Schmidt abzuholen und vorläufig nach der Festung Brieg zu bringen. Beide Verräther wurden auch — nichts ahnend — glücklich angetroffen, dennoch aber überlisteten sie die zu ihrer Gefangennehmung abgeschickten Officiere, und entgingen so einer harten Strafe. Warkotsch hatte im Oestreichischen Schutz und Aufenthalt gefunden, und ist zu Raab, und, wie gesagt wurde, in gutem Wohlstände gestorben. Der Jäger Kappel erhielt zur Belohnung eine einträgliche Hegemeisterstelle zu<126> Germendorf bei Oranienburg, und als später sein Dienstwohnhaus abbrannte, wies der König zum Wiederaufbau 3900 Thlr. an und verordnete, daß der verbleibende Ueberschuß dem Kappel ausgezahlt werden sollte. Kappel war in Mitrowitz in Böhmen am 15. Januar 1726 geboren. In den Brandenb. Miscellen 1805, S. 427 heißt es, er sei am 12. April 1805 82 Jahr alt gestorben 126-+.

November 1761

In diesem Monat soll der König von Neuem wieder an Voltaire geschrieben haben. (H. W. I. XXXlII).

B.

2. November 1761

Die Russische Hauptarmee in Pommern geht, nachdem sie das Belagerungscorps vor Colberg verstärkt hat, über Schiefelbein und Tempelburg nach Polen in die Winterquartiere.

14. November 1761 bis 15. November 1761

Die Preußen, unter dem Herzog von Würtemberg, verlassen das Retrenchement vor Colberg.

Dezember.

A.

Dezember 1761

Der König bei Strehlen in Woiselwitz. Außer dem allerdings sehr wichtigen Verlust der Festung<127> Schweidnitz hatte den König in diesem Feldzug kein bedeutend harter Schlag gekostet, wie dies in den vorigen Feldzügen mehrmals geschehen war, aber — die Kräfte schwanden immer mehr, es fehlte an Menschen, es fehlte an Geld, alle Hilfsquellen waren erschöpft. In diesem ganzen Feldzuge hatte der König nur vertheidigungsweise verfahren, und mit der größten Anstrengung aller geistigen und materiellen Kräfte sich kaum gegen seine vielen, ihm weit überlegenen Feinde aufrecht erhalten, viel weniger verhindern können, daß die Feinde in seinem Staate, wie in Sachsen, immer mehreren und freieren Spielraum gewannen. Mit voller Wahrheit sagt der König in seiner Epistel an d'Argens :

"Selbst Plane Cäsar's, Condé's und Eugen's
Sind ganz umsonst, da Rettung uns gebricht.
Der Himmel müßte, meinen Wünschen hold,
Nun seinen Wunderarm verherrlichen!
Die Mittel sind erschöpft, und Klugheit, Muth
Erliegen der Gewalt, der Uebermacht."etc.

21. Dezember 1761

In dieser wahrhaft hoffnungslosen Lage schrieb der Konig die "Rede des Kaisers Otho an seine Freunde" nach dem Verlust der Schlacht bei Batriacum. (H. W. VII. 138 etc. Darin läßt er ihn unter anderm sagen :

- etc. - "Zu lang Hab' ich gelebt, wenn einst die Welt
Es weiß, daß Edelmuth mich sterben hieß,
Daß Otho, da er Rom am Abgrund sah,
Es zu erretten seinen Tod beschloß. etc.
Klagt nicht um mich; kein Uebel ist der Tod,
Ein jeder Mensch bezahlt ihm seine Schuld.
Heil dem, der seiner letzten Stunde noch
Der Tugend Siegel aufzudrücken weiß!
Erlischt der Geist im Todesaugenblick,
Dann fühlt er Sorgen, Schmerz und Noth nicht mehr.
Und wenn der Schlag, der diesen schwachen Bau
<128>Zerstört, doch meinen Geist nicht treffen kann —
Ich finde Götter dort (der Frevler kennt
Sie nicht), die schwacher Tugend Lohn verleih'n."

2. Dezember 1761

Der König an d'Argens:

"Da haben Sie, mein lieber Marquis, die Abänderungen, die ich im Stoiker gemacht. Lassen Sie ihn corrigiren und vom kleinen Wilhelm für Sich abschreiben. Ich habe noch einige andere Stücke, nur mag ich sie der Post nicht anvertrauen, unter andern die Rede des Kaisers Otho etc., womit Sie, wie ich glaube, zufrieden sein werden.

Die schlechte Witterung nöthigt mich, nach Breslau in die Winterquartiere zu gehen, den 5ten dieses werde ich dort sein. Das ist Alles, was dies Jahr Gutes gewirkt, mehr sag' ich nicht davon. Leben Sie wohl, mein Lieber, vergessen Sie mich nicht und halten Sie Sich von meiner Freundschaft überzeugt."

8. Dezember 1761

In derselben Stimmung, in welcher der König am 1. Dezember die Rede des Kaisers Otho geschrieben hatte, schrieb er jetzt: "Kato von Utika an seinen Sohn und seine Freunde, ehe er sich das Leben nahm." (H. W. VII. 143).

Am Schlüsse derselben heißt es:

"Wer Vaterland und Freunde fallen sieht,
Und dann noch lebt, der ist ein feiger Sklav,
Dem Edleren gebeut die Pflicht : nun stirb!"

9. Dezember 1761

Der König in Breslau.

13. Dezember 1761

Der König an d'Argens :

"Hätte ich weiter nichts zu thun, als meine Epistel zu corrigiren; so würden die kleinen Abänderungen, die Sie verlangen, bald gemacht sein. Allein ich habe gegenwärtig eine Menge von Geschäften unter Händen, die samt und sonders eine große Aufmerksamkeit erfodern. Der bewußten Person, über die Sie an mich schreiben lassen, habe ich in Chiffern geantwortet, und beziehe mich deshalb auf Ihren Committenten, daß er Ihnen Auskunft darüber geben wird. Das fehlte<129> noch unsern, monströsen Jahrhundert, den Porporino als Vater zu sehen, um die physischen Widersprüche mit den politischen beisammen zu haben. Nach Allem, was ich erfahren habe, bin ich zu Allem gefaßt, und wundere mich über Nichts mehr.

Ich wohne hier, Marquis, unter dem Schutt und den Trümmern in meinem Hause, wo einige Zimmer zurecht gemacht sind, und in den andern liegt Alles bunt über Eck.

Die Bücher, die ich von Berlin bekommen habe, sind mein Trost und mein Vergnügen; ich lebe mit ihnen und auf sie schränke ich meine Gesellschaft und meinen Zeitvertreib ein. Ich habe "Die schönen Künste zurückgeführt auf einen Grundsatz" gelesen; das Buch ist voll guter Lehren für junge Leute, doch giebt es Punkte, worin ich mit Batieux nicht übereinstimme. Ich bin gewiß, daß, wenn Sie das Buch gelesen haben, Sie nicht allem beipflichten werden, was er über Harmonie und nachahmende Laute sagt. Das procumbit humi bos des Virgil ist demselben entfahren, ohne daß er daran gedacht, die Langsamkeit des Stiers oder eines andern niederfallenden Thieres durch Töne zu malen. Das traça à pas tardifs un penible sillon des Boileau hat den Vortheil ganz eigenthümlicher Ausdrücke. Und das ist es, worauf Virgil und jeder andere gute Schriftsteller bedacht ist, und nicht Laute nachzuahmen; sonst würde Rousseau mit seinem Brequequekax über den Racine gehen. Außerdem setzt der Professor, ins Griechische verliebt, den Homer in allen Stücken über den Virgil, mutzt dem Letzteren hartnäckig einige Fehler auf und bemäntelt und verschweigt des Ersten seine. In Sachen des Geschmacks traue ich eher dem Eindruck, den ein Werk auf mich macht, als allen Grübeleien eines Gelehrten. Es ist ganz sicher und fest, daß Virgil unterhält, Homer dagegen Langeweile macht. Es giebt schöne Schilderungen im Homer, er war der erste, und das ist sein Vortheil. Allein nur zweimal spricht er zum Herzen; ein<130> mal beim Abschied des Hektor und der Andromache, das andere Mal, als Priamus den Leichnam seines Sohnes vom Achill sich erbittet, wogegen der Lateinische Dichter von einem Ende zum andern voll rührender Züge und mannigfaltiger Anmuth ist. Beinahe eben so urtheilt er über Corneille und Racine. Große Empfindungen allein, auch noch so stark ausgedrückt, machen noch kein Trauerspiel, und mehr hat Corneille nichts; da im Gegentheil eine gute Anlage, eine glückliche Verbindung der Auftritte und eine durchgängige Eleganz Racine's Verdienste ausmachen.

Ich habe gestern die Alceste und den Amasis des la Orange gelesen; zwei abscheuliche Stücke, wo die Personen meist wie Rasende sprechen, und wo es eben so sehr an Wahrscheinlichkeit, als Haltung der Charaktere fehlt. Die Verse sind matt und schlecht, kurz diese Stücke haben den Ruf ihres Autors sehr bei mir heruntergesetzt. Die Franzosen haben im Grunde nur drei tragische Dichter, Racine, Crebillon und Voltaire; die andern sind nicht auszuhalten."

26. Dezember 1761

An diesem Tage schrieb der König die Fabel : "die Violine." Obschon darin kein Trübsinn, wie in den beiden vorstehenden Reden herrscht, so zeigt doch die Moral am Schluß:

Die Kunst, und ist sie noch so groß,
Kommt ohne Mittel doch zu kurz,
daß sie die Hülflosigkeit seiner Lage bezeichnet.

28. Dezember 1761

Der König an Mitchel 130-+. (Epistel XVI. H. W. VI. 293).

Ueber den Ursprung des Nebels.
So dringe denn bis auf des Zweifels Grund
Und sag', weshalb ein doch gerechter Gott
Die Unschuld wie den Frevler leiden läßt.
Mich trifft ein schreckenvolles Loos; allein
<131>Verdien' ich es? Und ist es möglich wohl,
Daß Gott dem Sohn des Staubes zürnen kann?
Und war' er ungerecht — o Himmel.' welch
Ein schrecklicher Gedanke! Blindheit ist
Nothwendig dann; und Irrthum nur mein Loos.
Von einem höchst vollkommnen Wesen kam
Das Uebel nicht; was ist sein Ursprung sonst?
Wo strömt es her? wer war es, der es schuf?
So laß uns sehn, ob aus dem Zweifel nicht
Ein minder klippenvoller Weg uns führt.
Denk Dir (doch unverletzt sei der Altar)
Die Gottheit ewig und das Weltall auch.
Der Mensch mit Denkkraft und das kriechende
Insekt sind beid' aus niederm Stoff gezeugt.
Die Unvollkommenheit verbirgt sich nicht,
Und fühlen muß ein jedes Wesen sie.
Wenn man sich Gott als Schöpfer dieses Werks
Nicht länger denkt, so muß das Uebel sein,
Mein Erbtheil wird es dann. — So klag' ich denn
Und murre nie, wenngleich mein Auge sieht,
Daß Tugend leidet, seufzt; daß Lasterthat,
Mit ungerechtem Siege, daß sie frech
In wildem Rausch die Schwachheit unterdrückt.
Dies hemmt' ein Schöpfer ganz gewiß; doch Gott
Kann bis zu uns sich nicht erniedrigen.
Auf allgemeine Vorschrift nur beschränkt
Er sein Gesetz. etc."

B.

3. Dezember 1761

Der Lieutenant von der Golz und Mustapha Aga verlassen Breslau, um sich zum Chan Kerim Geray zu begeben.

16. Dezember 1761

Die Festung Colberg muß sich nach viermonatlicher tapferer Verteidigung durch den Oberst von der Heyde den Russen, unter Romanzeow, ergeben, weil alle Lebensmittel aufgezehrt waren.

<132>

In diesem Monat kommt ein zweiter Gesandter des Chans der Tataren nach Breslau zum König und bestätigt die Anträge des ersten.

Zum ersten Male während dieses Krieges nahmen jetzt Russen und Oestreicher ihre Winterquartiere in den Preußischen Ländern. Die ersteren in Pommern, die letzteren in Schlesien.

Die Russen beherrschen den Strich Land längs dem rechten Ufer der Oder und der Warthe bis gegen Driesen, von da längs der Grenze der Neumark und Schlesien bis gegen Breslau, wodurch der König nicht allein Pommern, sondern auch den größten Theil der Neumark verlor.

In Schlesien war das ganze Gebirge und der größte Theil der Fürstentümer Münsterberg, Schweidnitz, Jauer, Liegnitz etc. in den Händen der Oestreicher, auch in Sachsen hatten die Feinde die Uebermacht und der größte Theil war in ihrem Besitz.

Die Armee des Königs war aufs Höchste nur noch 30000 Mann, die des Prinzen Heinrich 25000 Mann stark, und der Prinz von Würtemberg hatte ungefähr 5000 Mann.

Januar 1762.

A.

Januar 1762

Der König in Breslau.

?? Januar 1762

Der König erfährt den am 25. Dez. 1761/5. Jan. 1762 erfolgten Tod der Kaiserin Elisabeth von Rußland, und die Thronbesteigung Peter's III 1).

?? Januar 1762

Der König an d'Argens:

"Es ist wahr, lieber Marquis, daß alle günstigen und widrigen Ereignisse abwechselnd auf einander folgen. Uns ha<133>ben so viele unglückliche, grausame und schreckliche betroffen, daß nun wohl etwas kommen mußte, das uns einige Linderung verschaffte. Indeß müssen wir doch erst sehen, wie weit wir in unsern Hoffnungen gehen können. In diesem ganzen Kriege habe ich mit der Feder wie mit dem Degen so viel Unglück gehabt, daß ich nun bei allen Gelegenheiten äußerst mißtrauisch bin, und daß ich einzig und allein nur meinen Ohren und Augen glaube. Ich könnte ein weitläuftiges Kapitel von den mancherlei Arten schreiben, wie die Politiker sich in ihren Muthmaßungen irren, und es würde mir nicht an Beispielen von solchen fehlen, die sich von ihrer Einbildungskraft hinreißen ließen oder zu vorschnell urtheilten. Das macht mich zurückhaltend und vorsichtig.

O, was für eine herrliche Sache ist die Erfahrung! In meiner Jugend war ich unbesonnen, wie ein junges Pferd, das ohne Zügel auf einer Wiese umherspringt, aber nun, — nun bin ich bedachtsam geworden, wie der alte Nestor. Doch, ich bin auch grau, von Kummer aufgenagt, mit Schwachheit ten belastet; mit Einem Wort, ich tauge zu nichts in der Welt mehr. etc.

Sie haben mich stets ermahnt, ich möchte für mein Wohlbefinden sorgen; wie ist es möglich, mein Lieber, wenn man so herumgezerrt wird, wie ich? Vögel, die man dem Muthwillen der Kinder überläßt, Kreisel, die kleine Jungen peitschen, werden nicht ärger herumgetrieben und gemißhandelt, als ich bis jetzt von drei erbitterten Feinden. Leben Sie wohl, mein Lieber. Sobald ich eine beruhigende, tröstende und erquickende Nachricht habe, werde ich nicht ermangeln, Ihnen die Hauptsache davon mitzutheilen; eben so aber auch im Gegentheil. Möchte ich Ihnen doch bald gute Nachricht geben können! etc."

31. Januar 1762

Der König an den Minister Grafen von Finkenstein in Berlin :

"Sehen Sie da, den ersten Lichtstrahl, welcher, dem Him<134>mel sei Dank, endlich erscheint; man muß hoffen, daß die schönen Tage den Stürmen folgen werden. Gott gebe es!"

B.

5. Januar 1762

Die Kaiserin Elisabeth von Rußland stirbt in Petersburg am 25. Dez. 1761 a. St./5. jan. 1762 n. St. Der erste Kourier, welcher diese Nachricht nach Berlin brachte, traf daselbst den 19. Jan. ein, doch hatte sie der hier sich aufhaltende Dänische Gesandte schon drei Tage früher erhalten.

Februar.

A.

21. Februar 1762

Der König in Breslau ertheilt dem, Tags zuvor angekommenen General-Adjutanten des Russischen Kaisers, Andr. von Gudowitsch Audienz.

?? Februar 1762

Der König an d'Argens :

— etc. — "Wir haben hier jetzt einen Russen, eben den, der als Kourier durch Berlin gegangen ist. Ich bin sehr wohl mit ihm zufrieden, und wenn anders nicht alle Grundsätze des menschlichen Denkens Ungereimheiten sind, so muß der Friede mit Rußland und Schweden noch vor der Eröffnung des Feldzugs zu Stande kommen.

In Rücksicht anderer Hoffnungen kann ich erst zu Anfang des künftigen Monats gewisse Nachrichten erhalten. Wir hätten sie wohl verdient, denn wie kummervoll, wie schmerzhaft haben wir nicht seit sechs Jahren gelebt! Der Brand bedarf Salbe, glauben Sie mir, sie ist nöthig und heilsam.

Ich freue mich, daß Sie durch mich gesund geworden sind. Es ist wohl das Beste, was ich mein ganzes Leben hindurch im politischen Fache gethan habe. Ich wünsche, daß dieser Brief ein neues Stärkungsmittel für Sie sein und Sie vollends beruhigen mag.

Ich habe den Einfall gehabt, eine Fabel zu machen, und schicke sie Ihnen zu Ihrem Zeitvertreibe. Es wird bald eine<135> zweite folgen. Mein Geist ist nicht ruhig genug, um etwas Ernsthaftes zu schreiben, daher beschäftige ich mich mit Fabeln.

Ach, lieber Marquis! wann werde ich nicht mehr auf dieser verwünschten Galeere sein! Hier unter dem Monde kann mann wie ich gern zugebe, keine närrischere Rolle spielen, als wenn man politischer Steuermann oder ein General-Romanenheld ist. Epicur hat Recht; ein Weiser sollte sich nie in Staatsangelegenheiten mischen. Wir würden es vielleicht besser machen, wenn wir unsern Platz in der Welt selbst wählten; allein Alles hängt vom Geschick ab; dies wirft uns auf eine Stelle hin, und dann müssen wir darauf aushalten. Schreiben Sie mir, ob man in Berlin froh ist, und sein Sie überzeugt, daß ich Sie immer liebe. Leben Sie wohl."

In diesem Monat schrieb der König die Fabel : die zwei Hunde und der Mensch. (H. W. VII. 149).

B.

Februar 1762

Der nunmehrige Kaiser von Rußland Peter III hatte schon längst als Großfürst eine außerordentliche Zuneigung zum Könige gehabt und bei allen Gelegenheiten, wo es seine Stellung irgend gestattete, große Verehrung und Hochachtung für ihn zu erkennen gegeben. Sobald er den Thron bestiegen, säumte er nicht, davon die überzeugendsten Beweise zu geben. Er gab nicht nur sogleich dem in Russischer Gefangenschaft sich befindenden Preuß. Oberst und Chef eines Freiregiments Graf von Haerd und dem General Werner die Freiheit und behandelte sie mit großer Auszeichnung 135-+; sondern gab auch seinem Günstling, dem General-Adjutanten und Oberst Gudowitsch 135-++, welchen er unter dem Verwände nach Zerbst<136> schickte, dem Bruder seiner Gemalin, dem Fürsten von Anhalt-Zerbst, seine Thronbesteigung zu melden, den geheimen Auftrag, seinen Rückweg über Breslau zu nehmen, und daselbst dem Könige die stärksten Versicherungen der Achtung und Freundschaft des Kaisers zu überbringen. Diesem folgte bald der Befehl, daß alle im Russischen Reiche befindlichen Preuß. Kriegsgefangene nach Petersburg geschickt, daselbst mit allem Nöthigen versehen und zu ihren Fahnen zurückgesandt werden sollten. Mit diesen kamen auch die von Tottleben aus Berlin mit fortgeführten 95 Cadetten wieder zurück.

Der König sandte den Oberst und Kammerherrn Wilhelm Berend Baron von Golz nach Petersburg, dem Kaiser zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen etc. Ihm folgte bald der Flügel-Adjutant Graf Wilhelm Karl v. Schwerin, um über eine nähere Verbindung beider Höfe zu unterhandeln.

23. Februar 1762

Am 12/13. Febr. ließ der Kaiser den Gesandten der mit Rußland verbundenen Mächte einen Aufsatz übergeben, worin er erklärte, daß er bereit sei, die in diesem Kriege durch die Russischen Waffen gemachten Eroberungen aufzuopfern, in der Hoffnung, daß sämtliche alliirten Höfe ihrerseits die Rückkehr der Ruhe und des Friedens den Vortheilen vorziehen würden, die sie von dem Kriege erwarten könnten, und die nicht anders, als durch fortgesetzte Vergießung von Menschenblut zu erhalten wären.

März.

A.

März 1762

Der König in Breslau.

An diesem letztern Orte, wo er den 27. Januar ankam, hielt sich damals die Königin auf, welcher er den Tod der Kaiserin und den Regierungsantritt des Kaisers anzeigte. Dann ging er nach Zerbst und endlich nach Breslau zum König, der ihm den Lag nach seiner am 20sten erfolgten Ankunft Audienz ertheilte.

<137>

6. März 1761

Der König an d'Argens :

"Die Freude der Berliner, die Sie mir beschreiben, hat sich meiner Seele mitgetheilt; ich empfand einen Vorschmack von dem Gefühle, das ich haben werde, wenn der allgemeine Friede geschlossen ist. Die Nachrichten aus Petersburg sind so, wie wir sie nur wünschen können. Vielleicht ist dort sogar der Friede schon unterzeichnet. Von einem gewissen Ort habe ich noch nicht alle nöthigen Nachrichten; indeß weiß ich, daß die Truppen auf dem Marsch sind, und daß man in Wien sich sehr fürchtet. Ich kann aus allen Gründen hoffen, daß ich meinen Endzweck erreichen werde. Sobald ich mehr Gewißheit habe, will ich Ihnen das Vergnügen mittheilen, das diese glückliche Begebenheit mir verursachen wird. Kurz, lieber Marquis, die Gewitterwolken zertheilen sich, und wir können hoffen, wieder einen schönen heitern Tag zu sehen, den glänzende Sonnenstrahlen verschönern.

Ich schicke Ihnen ein Mährchen 137-+; als ich es aufsetzte, war ich ganz voll von Bossuet's Buche 137-++, und von den närrischen Erklärungen, die er über die mystischen Träumereien der Schule giebt. Aus Verdruß über diesen Unsinn machte ich eine Fabel, um mich an denen zu rächen, die ihr Leben damit hinbringen, solche Albernheiten auszukramen. Der Gegenstand der Allegorie ist die dunkle Grotte des Orients; und sie ist durch und durch so deutlich, daß sie keines Commentars bedarf.

Freuen Sie Sich, lieber Marquis, sein Sie ruhig und gesund. Mit der Hoffnung bekomme ich wieder Muth, und ich denke nun, Sie noch vor meinem Tode in Sanssouci wieder zu sehen, wo wir ruhig und ohne in periculo mor<138>tis zu sein, Philosophiren wollen. Leben Sie wohl, mein Lieber. Gott segne Sie."

?? März 1762

Der König an d'Argens :

"Ihr Brief, mein lieber Marquis, fand mich im Fieber, es ist ein Recidio von einem epidemischen Fieber, woran hier in der Stadt viele Leute krank sind, und das Catt Ihnen wird beschreiben können 138-+.

Ihre beiden Nachrichten aus Paris 138-++ haben sehr das Gepräge der Frivolität, der Gottheit jenes Landes. Indeß glaube ich nicht, daß Madame Raimon 138-+++ durch ihre Niederkunft in Versailles die Pompadour würde verdrängt haben; der König von Frankreich bleibt gem bei seinen alten Bekanntschaften, und hat sein Vertrauen auf dieses Weib gesetzt, die sein Königreich seit sieben Jahren zu seiner Zufriedenheit regiert, und wenn man diese Elende auch fortjagte, so denken Sie ja nicht, daß ich viel dabei gewönne. Es ist in diesem Lande eine Sächsische Partei entstanden, die mir eben so sehr entgegen sein würde. Wie klein zeigt sich der Hof, daß er den muthwilligen Burschen, die jenem Vers im Tancred applaudirten, den Prozeß macht! In Wahrheit, das ist sehr elend, eben so wie der Kontrast zwischen dem Staatsrathe und dem Parlamente, für und wider die Jesuiten.

Doch, mein lieber Marquis, mein Kopf ist so schwach, daß ich Ihnen nichts mehr sagen kann; nur das Einzige noch :<139> der Russische Kaiser ist ein göttlicher Mann, dem ich Altäre errichten muß. Leben Sie wohl, lieber Marquis, ich muß abbrechen."

7. März 1762

Die Mutter der Königin, Antoinette Amalie, Wittwe des Herzogs Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Lüneburg, stirbt.

20. März 1762

Der Prinz von Preußen kommt in Breslau beim König an, um nun den Feldzug mitzumachen.

25. März 1762

Der Minister von Finkenstein und der Geheime Rath von Herzberg treffen in Breslau beim Könige ein.

30. März 1762

Der Russische General Czernitschef kommt nach Breslau.

31. März 1762

Der General Czernitschef und mehrere angekommene Russische Generale 139-+ werden dem Könige vorgestellt und samtlich von ihm zur Tafel gezogen.

B.

März 1762

Der Französische Marschall und sein Bruder, der Graf Broglio, werden von der Armee abgerufen, und erhalten die Weisung, sich auf ihre Güter nach der Normandie zu begeben. An ihrer Stelle erhalten das Oberkommando der beiden Armeen der Prinz Soubise und der Marschall d'Etrées.

11. März 1762

Stirbt in Berlin der Minister Aug. Fried. von Boden.

16. März 1762

Den 5./16. März wird zu Stargard zwischen dem Russischen General-Lieutenant Fürsten Michael Wolkonsky, Oberbefehlshaber der in Pommern stehenden Russischen Truppen, und dem Herzog August Wilhelm von Braunschweig-Bevern, Preuß. General und Gouverneur von Stettin, ein Waffenstillstand auf unbestimmte Zeit geschlossen.

24. März 1762

Die Russischen Truppen unter Czernitschef etc., die in der<140> Grafschaft Glatz gestanden, trennen sich von der Oestreichischen Armee, und gehen über die Oder zurück.

April.

A.

April 1762

Der König in Breslau.

1. April 1762

Der König an d'Argens :

"Bis jetzt bin ich weder todt, noch begraben; mein Fieber hat mich verlassen, und ich befinde mich wie jeder andere Mensch. Ihre Einbildungskraft malt Ihnen die Zukunft mit einem schmeichelhaften Pinsel; allein die meinige, die minder lebhaft und lachend ist, zeigt mir nur Verwirrung, Mühe, Schwierigkeiten, Gefahren und Unglücksfälle, die uns drohen. Ich habe zwar Nachrichten von Soliman erhalten, allein die Angelegenheit ist noch nicht geendigt. Man unterhält mich mit schönen Hoffnungen und ich brauche Thaten. Indeß soll ich doch gegen den 10ten einen Kourier bekommen, der mir Mosen und die Propheten mitbringen wird.

In Rußland geht Alles nach Wunsch, von dort her kann ich nicht eher als den 16ten oder 18ten dieses Monats zuverlässige Nachrichten erhalten. Lassen Sie uns also warten, lieber Marquis, Geduld! denn das Alles ist für mich eine Schule der Geduld, in der meine Lebhaftigkeit erstorben ist. Ich tauge nur noch zum Vegetiren, das Oel meiner Lampe ist mit dem Docht verzehrt; höchstens würde ich noch ein Karthäuser werden können. Sehen Sie nun zu, was mit mir anzufangen ist, wenn der Friede ja zu Stande kommt; etwa Farben für die Marquise zu reiben oder Noten für Ihre Gambe zu copiren. Beruhigen Sie Sich, mein Lieber, sein Sie wegen meiner Gesundheit ohne Sorgen, und schreiben Sie mir alle Nachrichten, die Sie nur können, besonders litterarische. Leben Sie wohl, mein Lieber, ich umarme Sie."

8. April 1762

An Ebendenselben:

"Sie sind munter und fröhlich, mein lieber Marquis, und<141> ich will Sie durch meine schwermüthigen Träume nicht traurig machen. Uebrigens thut es nichts, ob man traurige oder frohe Gedanken hat. Alles geht seinen Gang; und das Ende mag gut oder böse sein, man muß es sich gefallen lassen und seinen Verdruß in sich schlingen, wenn einem das Schicksal zuwider ist.

Ich stecke jetzt in Unterhandlungen bis über die Ohren; in Petersburg geht Alles nach Wunsch, und ich getraue mir, Ihnen zu sagen, daß das Land, von dem Sie nichts hoffen 141-+, Alles, was ich von ihm erwarte, erfüllen wird; aber einen Monat später, als ich es wohl gewünscht hätte. Zu Ende des Mais wird das gute Europa einen schönen Lärm erleben, und auf die Art werden wir das Ende dieses verwünschten Krieges finden.

Jetzt lese ich Fleury's Geschichte noch einmal, die mir ganz wohl gefällt; sie wird bis zum Juli vorhalten; es ist eine derbe Schüssel, die auf einen halben Feldzug Nahrung giebt.

Weiter sage ich Ihnen jetzt nichts, mein lieber Marquis. Ich erwarte große Neuigkeiten, die ich Ihnen ganz wann schicken werde, sobald ich sie bekommen habe. Leben Sie wohl, mein Lieder, ich umarme Sie."

14. April 1762

Der König an Catt :

"Ich danke Ihnen für das Ueberschickte, so wie für die Bücher, die ich aufsammle, um, wenn ich leben bleibe, meiner Seele im künftigen Winter Nahrung zu geben. Ich bewundere Sie, mein Lieber, mit ihren guten Hoffnungen und Combinationen. So einen lebendigen Glauben, wie Sie, habe ich nicht. Von der Zukunft seh' ich so wenig als ein Puter etwas zuvor, und finde, daß ich von Auflaurern, Fallstricken<142> und Abgründen umringt bin, ohne bis auf den heutigen Tag zuverlässige Nachrichten zu haben, den 20sten werden sie sowohl von Rußland als von Constantinopel eintreffen. Sagen Sie dem guten Marquis, sobald ich angenehme Botschaft für ihn hätte, würde ich sie ihm auf das Schnellste mittheilen. Wissen Sie inzwischen insgesamt, daß der Friede mit den Schweden und den Russen zu gleicher Zeit wird geschlossen werden.

Jetzt lese ich im Fleury, da aber meine Plackereien wieder angehen, will es mit meiner Lektüre nicht so fort, wie in diesem Winter. Ich freue mich auf Ihre Rückkehr. etc.

Ouintus spricht mir von Deutschen Büchern, die ich weder kenne, noch kennen lernen mag. Ich habe ihm die Annalen aller berühmten Beutemacher von Karl V an, bis zu unsern Zeiten, ad usum legionum grassatorum versprochen. Leben Sie wohl, mein Lieber, und kommen Sie bald wieder."

?? April 1762

An den Marquis d'Argens :

"Ich wünschte Ihnen alle Tage angenehme Nachrichten geben zu können, lieber Marquis. Diesmal giebt es nichts, als daß Schweden unverzüglich Frieden machen wird; so wie ich auch vermuthe, den 20sten den Abschluß unsers Friedens mit Rußland zu bekommen. Um eben diese Zeit werde ich auch Nachrichten aus dem Orte haben, wo Sie mit dem Herrn von Andresse gewesen sind 142-+. Auch aus den Gegenden, die vor alten Zeiten Mithridat beherrschte 142-++, sind mir Dinge gemeldet worden, die mir viel Vergnügen machen, nur ist der Unterschied dabei, daß das Gute einen Monat später kommen wird.

Ungeachtet so vieler günstigen Aussichten habe ich von gewissen Seiten, woher ich es in der That nicht erwar<143>tete 143-+, so viel Verdruß, als Sie Sich nicht vorstellen können. Kurz, ich glaube von Ewigkeit her dazu bestimmt zu sein, daß ich in meinen alten Tagen meine Geduld auf alle mögliche Art geprüft sehen soll. Herr, dein Wille geschehe! Nun wohl, Marquis, ich will geduldig werden, und damit gut. Wenn wir die Rechnung machen, habe ich am Ende noch gewonnen.

Daun, und fast die ganze Oestreichische Armee, wird hier auf mich losgehen; gewiß giebt es hier viel zu thun, und ohne eine gute Diversion wird es Mühe kosten, den Krieg zu endigen. Leben Sie wohl, mein guter Marquis, lieben Sie mich immer ein wenig, und sein Sie von meiner Achtung überzeugt."

?? April 1762

von Catt kommt nach seiner Genesung von Berlin wieder nach Breslau zum König.

29. April 1762

Der König an d'Argens :

"Schon fing ich an, wie eine Blume zu welken, die man lange nicht begossen hat, als mir Catt Ihren Brief zustellte. Dieser göttliche Thau hat mich wieder erquickt und mir neues Leben gegeben. Es ist drollig, lieber Marquis, daß Sie mit einer Arbeit über das Neue Testament beschäftigt sind, und ich mit den Kirchenvätern. Welcher Dämon hat uns auf diesen Einfall gebracht? Sagen Sie mir, welche Sympathie<144> hat unsern Geist zu gleicher Zeit auf diese ähnlichen Gegenstände gelenkt? Wir beide wissen, glaub' ich, kein Wort davon. Ich gestehe Ihnen, daß ich über die äußerst große Verirrung des menschlichen Verstandes erstaune, so oft ich die Zänkereien über Glaubenslehren und Geheimnisse lese.

Doch ich sage Ihnen nichts, was Sie nicht schon wüßten, und sehe es Ihnen an, daß Sie gute Nachrichten verlangen. Ich bin so glücklich, Sie bedienen zu können, wie Sie es wünschen. Von Rußland erwarte ich den Kourier mit dem Friedenstractat, und von Schweden die Alliance. Die Unterhändler jagen alle Pferde todt, um einzutreffen und sogleich den Frieden zu unterzeichnen. Das ist noch nicht genug; Mithridat's Nachfolger geht jetzt zu Felde und schickt mir ein großes Hülfscorps. Jene Völker, welche die Sonne bei ihrem Aufgange bescheint, sind gleichfalls in Bewegung; die Verträge sind geschlossen, Alles ist zu Stande gebracht, so daß wir auf die gänzliche Erfüllung meiner Hoffnungen rechnen können. Diese Nachrichten haben etwas auf sich warten lassen; allein sie sind gut, daß man ihnen die Langsamkeit verzeihen kann. Jetzt hoffe ich also mit Grund, daß unsere Mühseligkeiten sich mit dem gegenwärtigen Jahre endigen werden.

Catt hat mir gesagt, daß der arme Graf Gotter so gut als in den letzten Zügen liegt. Ach! so werde ich denn in Berlin Nichts wiederfinden, als Mauern und Sie, mein lieber Marquis! keinen Bekannten, Niemand mehr, und ich werde die ganze unglückliche Generation überlebt haben! Ich muß abbrechen, weil ich ein Geschäft bekomme. Bei Muße werde ich Ihnen nächstens mehr sagen. Leben Sie wohl, mein lieber, guter, einziger Marquis. Ich umarme Sie von ganzem Herzen."

B.

1. April 1762

Der Russische General Graf Czernitschef verläßt Breslau<145> und begiebt sich zu seiner Armee, welche durch Polen zurückmarschirt 145-+.

2. April 1762

Stirbt in Cosel der General-Lieutenant und Commandant der Festung Christoph Friedrich von Lattorf.

5. April 1762

Der bisher in Russischer Gefangenschaft gewesene General-Lieutenant von Werner kommt aus Petersburg in Berlin an.

7. April 1762

Zwischen Preußen und Schweden wird durch den Herzog von Würtemberg Preußischer Seits, und den General-Lieutenant von Ehrenswerd von Seiten Schwedens ein Waffenstillstand zu Ribnitz und Rostock geschlossen.

9. Februar 1762

Der Kaiser von Rußland läßt durch seinen Gesandten, den Fürsten Gallizin, dem Wiener Hofe eine Schrift überreichen, worin er erklärt, daß er nun diesem langen und blutigen Kriege ein Ende machen etc., und mit dem Könige von Preußen Frieden schließen werde, und den Rath hinzufügt, daß der Wiener Hof diesem Beispiele folgen möge etc.

In der Mitte dieses Monats kommen die in Russischer Kriegsgefangenschaft gewesenen Cadetten wieder in Berlin an.

18. April 1762

Stirbt der Commandant von Stettin, General-Major von Podewils.

20. April 1762

Stirbt in Neisse der Commandant dieser Festung, Gen.-Lieut. Joachim Christian von Treskow.

<146>

Mai.

A.

Mai 1762

Der König in Breslau.

7. Mai 1762

8. Mai 1762

Der König, in Begleitung des Prinzen von Preußen, hält auf dem Schweidnitzer Anger Revue über die Raminsche und Möllendorfsche Brigaden.

8. Mai 1762

Der König an den Marquis d'Argens :

"Sie haben mir das beste Ragout von der Welt für meinen Tisch geschickt, lieber Marquis; ich zeigte Ihren Kupferstich auf die Jesuiten 146-+ dabei vor, jeder sagte seinen Einfall darüber, und wir lachten, was seit den Trübsalen, die wir erlitten haben, in meinem Hause etwas Seltenes ist. Die Franzosen sind drollige Thoren! ich liebe die Feinde, die Stoff zum Lachen geben, und hasse meine mürrischen, von Stolz und Unverschämtheit strotzenden Oestreicher, die zu nichts taugen, als Gähnen zu erregen und der Unglücklichen zu spotten.

Heute kann ich Ihnen nichts Neues melden, ich erwarte meine Kouriere alle Stunden. Vielleicht finden Sie, daß ich seit einigen Monaten beständig Kouriere erwarte. Das ist wahr, aber sie werden doch endlich kommen, und durch das lange Ausbleiben wird Niemand gelitten haben, als unsere Ungeduld. Uebrigens hat es nichts auf sich, vielmehr gewinnt man dabei, wenn man seine natürliche Unruhe einer kleinen Uebung in der Geduld unterwirft, die uns in der praktischen Moral und in dem Studium der Weisheit vorwärts bringt. Jetzt ziehe ich die Armee zusammen und lege die letzte Hand an die Zurüstungen zu diesem Feldzuge. Der Himmel gebe, daß er glücklich und der letzte sein mag, den ich zu thun habe!

<147>

Es ist mir sehr lieb, daß Sie nach Sanssouci gehen. Meine Einbildungskraft wird mir zeigen, wo Sie anzutreffen sind; ich werde Ihnen in dem Hause und in den Alleen des Gartens folgen; jetzt, werde ich sagen, spielt der Marquis auf der Violine, nun commentirt er das Griechische Neue Testament, jetzt eben wiederholt er mit seiner Babet die Lectionen der Zärtlichkeit, in dieser Allee macht er politische Entwürfe und beim Anblick meiner Zimmer erinnert er sich meiner. Hierauf werde ich mich in Gedanken ein wenig mit Ihnen unterreden, aber dann wird eine Nachricht von Daun in die Quere kommen und diesen angenehmen Traum verscheuchen; Alles wird vom Winde weggeweht sein. Meine Lage ist noch nicht so ganz sicher vor gewissen Unge wittern, welche von Zeit zu Zeit einige helle Strahlen, die mir leuchten, verdunkeln. Dadurch würde ich sehr beunruhigt werden, wenn ich nicht aus Erfahrung wüßte, daß nicht jedes Unglück, das man fürchtet, auch kommt. Ganz Europa wird in allgemeine Unruhe gerathen, und ich vermuthe, wenn allen der Kopf bis aufs Höchste verwirrt geworden ist, dann wer den sie auf einmal wieder vernünftig werden, wie Leute, die das hitzige Fieber haben, nach langem Phantasiren in einen tiefen Schlaf verfallen und bei dem Erwachen wieder zu Sin nen kommen. Wie lange muß man diesen glücklichen Augen blick erwarten! und wie schwer hält es, ehe das kreisende Europa von diesem so gewünschten Frieden entbunden wird! Nun, mag ich Frieden oder Krieg haben, glücklich oder un glücklich, abwesend oder gegenwärtig sein — Sie sollen mich immer so finden, wie sonst, das heißt voll Liebe und Achtung gegen Sie, wie ich es stets gewesen bin. Lehen Sie wohl, lieber Marquis. Gute Nacht; ich will zu Bette gehen."

?? Mai 1762

An Ebendenselben :

"Ich halte Wort, mein lieber Marquis, und theile Ihnen ganz warm die gute Nachricht mit, die ich so eben erhalten habe. Unser Freund, der Chan, ist an der Spitze von 1000000<148> Tataren auf dem Marsch nach Jassy; mir schickt er 26000 Mann zu Hülfe. Die Türken sind in vollem Marsch nach Adrianopel. Es ist mir gelungen, ihr und Rußlands Interesse mit einander zu vereinigen, und diese beiden Mächte gegen das Haus Oestreich in Waffen zu setzen. Das war nicht leicht, und man mußte ein so verschiedenes Interesse, so gut es ging, zu vereinigen suchen, um diese Mächte zu der Uebereinstimmung zu bringen, in der sie jetzt sind. Dies ist ein Paroli für das, was mir Kaunitz gethan hat; und wenn es die Vorsehung will, werde ich meinen Feinden alles Böse vergelten können, das sie mir gethan haben und thun wollten. Wundern Sie Sich also nicht mehr über meine Unthätigkeit, und sein Sie versichert, daß ich, sobald meine Maschine im Gange ist, in einem Monat mehr thun werde, als ich in den vorhergehenden Feldzügen während eines ganzen Jahres thun konnte.

Das ist eine große Begebenheit; sie wird der Nachwelt wenigstens ein halbes Jahrhundert Spuren von diesem hartnäckigen und grausamen Kriege hinterlassen. Freuen Sie Sich, mein Lieber, künftig können Sie nur gute Nachrichten von unsern Armeen bekommen; im Juli und August werden wir am meisten vorwärts gehen, jeder Schritt wird uns dem Frieden und dem Glücke unsrer armen Nation näher bringen. Ich fange an, mir zu schmeicheln, daß ich Balsam für unsere Wunden, oder, wenn Sie lieber wollen, Salbe für unsern Brand finden werde.

Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Nachrichten von solcher Wichtigkeit kann man nicht oft schreiben. Ich gebe sie Ihnen mit Vergnügen, weil ich überzeugt bin, daß Sie Antheil an Allem nehmen, was mich betrifft, so wie an dem Glücke des Landes, das ich regiere. Ich umarme Sie und schmeichle mir im Ernst, Sie in Sanssouci wieder zu sehen. Leben Sie wohl."

<149>

16. Mai 1762

Der König verläßt Breslau und nimmt sein Hauptquartier in dem Dorfe Bettlern, eine Meile von Breslau.

18. Mai 1762

Der König an d'Argens :

"Sie werden es sehr lächerlich finden, lieber Marquis, daß ich Ihnen seit so langer Zeit Nachrichten verspreche und sie Ihnen doch niemals gebe. Meine Schuld ist es gewiß nicht, vielmehr liegt es an den Ereignissen, die sich erwarten lassen, und an den Wegen, welche die Kouriere zu machen haben. Also kann ich Ihnen weder von Staats-, noch von Kriegsangelegenheiten etwas sagen, außer daß der Feldmarschall Daun mit seiner zahlreichen Armee ins Lager gerückt, und daß ich noch in den Kantonirungsquartieren, aber immer auf dem Sprunge stehe.

Man hat mir aus Sachsen einige gute Nachrichten geschrieben, das ist mir sehr angenehm, aber ich würde mich noch mehr darüber freuen, wenn die Vorfälle entscheidender gewesen wären. Wir brauchen großes Glück, um Vortheile über unsere Feinde zu gewinnen. Ich bitte den Himmel darum, da ich aber keinen St. Simon Stylites, keinen St. Antonius, keinen St. Johannes Chrysostomus, ja nicht einmal einen heil. Fiaker habe; so zweifle ich, daß der Himmel das Gebet eines armen, sehr wenig gläubigen und noch weniger erleuchteten Weltkindes erhören wird. Sobald ich Ihnen etwas Gutes zu melden habe, sollen Sie es sogleich erfahren.

Indessen, lieber Marquis, vertreibe ich mir die Zeit mit den Päbsten Nicolaus und Hadrian, mit dem Kaiser Ludwig und dem König Lothar, mit den gnädigen Frauen Teutberg und Wallrad. Ich bin jetzt bei der Entstehung des großen Schisma im Occident, und möchte glauben, von Konstantin an bis auf Luther sei die ganze Welt blödsinnig gewesen. Man stritt in einem unverständlichen Rothwelsch über ungereimte Visionen, und die Kirche befestigte ihre irdische Gewalt dadurch, daß Fürsten und Nationen leichtgläubig und albern waren. Betrachtet man den Zusammen<150>hang der Religionsgeschichte von dieser Seite, so zeigt sich den Augen des Philosophen ein großes Gemälde, und wird für den Denker und jeden Beobachter des menschlichen Gemüths lehrreich. Der Abbé Fleury hat dadurch, daß er die Geschichte verfertigte, der gesunden Vernunft in der That einen großen Dienst geleistet. Sie wollen, wie es mir scheint, ein fürchterliches Buch schreiben, mein lieber Marquis. Wenn Sie die Absicht haben, alle Widersprüche und Albernheiten der Theologen zu sammeln, so bekommen Sie eine ungeheure Arbeit. etc.

Leben Sie wohl, mein göttlicher Marquis. d'Alembert's neue Schriften konnten Sie immer behalten, sie sind wirklich mit unserer jetzigen Münze von gleichem Schlage. etc. Vale."

20. Mai 1762

Der Flügel-Adjutant Graf von Schwerin langt unter Vorreitung vieler blasenden Postillons als Kourier aus Petersburg in Breslau an und überbringt den am 24. April/5. Mai zu Petersburg zwischen Rußland und Preußen abgeschlossenen Friedenstractat, in Folge dessen der König wieder zum ruhigen Besitz Preußens und Pommerns gelangt.

20. Mai 1762

An den Marquis d'Argens : "Ich theile Ihnen, mein lieber Marquis, wie ich versprochen, die guten Nachrichten mit, die ich aus Rußland erhalten habe. Schwerin ist eben angekommen und bringt uns nicht bloß das ratificirte Friedensinstrument mit, sondern auch eine Alliance, kraft welcher unser unvergleichlicher Kaiser mir alle meine Besitzungen verbürgt, ja sogar die Eroberungen, die ich mit dem beträchtlichen Hülfsheer, welches den künftigen Monat zu mir stoßen soll, noch etwa machen konnte. Das ist in der That mehr, als wir hoffen durften. Es ist gewiß ein Schritt, der zu einem ehrenvollen Frieden führen wird, und ein Fußsteig, der einen Ihnen wohlbekannten Philosophen nach Sanssonci bringen kann, wo er noch<151> vor seinen, Tode Sie zu umarmen hofft. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis, ich umarme Sie."

Anmerk. Dieser Brief steht in der Königsberger Ausgabe irrig unter dem 20. Juni.

21. Mai 1762

Der König giebt zur Feier dieses Friedensschlusses ein großes Fest, wozu sämtliche anwesende Generale eingeladen werden. Der König giebt dem Minister Grafen Finkenstein den schwarzen Adlerorden.

?? Mai 1762

Der König an d'Argens :

"Es ist mir sehr angenehm, lieber Marquis, daß Sanssouci Ihnen während der schönen Frühlingstage zu einem angenehmen Aufenthalt dienen kann. Hinge es bloß von mir ab, so wäre schon Alles so eingerichtet, daß ich dort zu Ihnen kommen könnte. Aber zu den sechs vorher gehenden Feldzügen muß auch noch der siebente, der bald eröffnet wird, hinzu kommen; entweder weil die Zahl Sieben, die bei den Peripatetikern und den Mönchen für mystisch gilt, voll werden muß, oder weil es von Ewigkeit her im Buche des Schicksals geschrieben steht, daß wir erst nach sieben Feldzügen Frieden bekommen sollen; genug, wir können ihnen nicht entgehen. etc.

An die Mönche 151-+ in Schlesien habe ich schon gedacht. Sobald ich erfuhr, daß sie aus Frankreich vertrieben wären, machte ich mein Plänchen darnach und warte bloß, bis das Land von den Oestreichern gereinigt sein wird, um dann darin zu thun, was mir gefällt. Sie sehen also, lieber Marquis, daß man warten muß, bis das Korn reif ist, ehe man es mähet. Welch ein Unterschied zwischen dem Sanssouci, das man jetzt wiedersieht, und dem, das man vor dem Kriege bewohnte, zwischen unserm damaligen blühenden Zustande und unserm gegenwärtigen Elende, zwischen der guten Gesellschaft, die sich damals dort versammelte, und zwischen der jetzigen Einsamkeit oder der schlechten Ge<152>sellschaft, die uns übrig bleibt! Das Alles, lieber Marquis, bekümmert mich, und ich werde dadurch traurig und melancholisch.

In Ansehung d'Alembert's bin ich sehr Ihrer Meinung; es ist besser, gar nichts zu schreiben, als Widersprüche und Armseligkeiten zu sagen. Blaise-Pascal, Newton und dieser Mann, alle drei die größten Mathematiker in Europa, haben eine Menge Albernheiten gesagt; der Eine in seinen Sittensprüchen, der Andere in seinem Commentar über die Apokalypse, und der Letzte über die Poesie und die Geschichte. Die Mathematik konnte also den Verstand nicht so richtig denken lehren, als man von ihr behauptet. Das günstige Vorurtheil für die Geometrie hat jene Behauptung zu einem Axiom gemacht, aber nach den eben angeführten drei großen Mathematikern zu urtheilen, die alle so erbärmlich räsonnirt haben, ist sie nicht einmal ein Problem. Lassen Sie uns bei den schönen Künsten und Wissenschaften bleiben, lieber Marquis. Vollkommenheit ist nicht für uns bestimmt. Bei den Fehlern eines Dichters hat man einige Nachsicht, man setzt sie auf die Rechnung seiner Einbildungskraft, aber einem Mathematiker verzeiht man nichts, er muß richtig und wahr sein. Ich für mein Theil fühle, daß man es nicht immer sein kann, und hefte mich daher weit mehr als jemals an die Reize der Dichtkunst und an alle Theile der Wissenschaften, die den Verstand schmücken und aufklären können; sie werden die Kinderklapper meines Alters sein, und ich mich so lange daran vergnügen, bis meine Lampe erlischt. Diese Wissenschaften, l. M., machen den Geist sanft und mildern das Herbe der Rache, die Härte, der Strafe, kurz, alle Strenge, welche souveräne Gewalt mit sich führt, durch eine Mischung von Philosophie und Nachsicht, die sich auch nicht entbehren läßt, wenn man Menschen beherrscht, die nicht vollkommen sind, und — wenn man selbst es nicht ist.

Mit einem Wort, mein lieber Marquis, ich betrachte —<153> mag nun Alter, oder Ueberlegung, oder Vernunft daran Schuld sein — alle Ereignisse des menschlichen Lebens weit gleichgültiger, als ehemals. Wenn etwas für das Wohl des Staats gethan werden muß, so thue ich es zwar noch mit einiger Lebhaftigkeit; aber, unter uns gesagt, nicht mehr mit meinen heftigen Jugendfeuer, nicht mehr mit der Wärme, die mich ehemals belebte.

Es ist Zeit, daß der Krieg zu Ende geht, denn meine Predigten werden matt, und bald werden meine Zuhörer sich über mich aufhalten. Leben Sie wohl. etc."

28. Mai 1762

An Ebendenselben:

"Ich will Ihrer Freude nicht Zeit lassen, sich abzukühlen, mein lieber Marquis; sie soll durch eine andere Neuigkeit, den Frieden mit Schweden, wieder angefacht werden. Vielleicht wußten Sie sie schon; allein ich erfülle mein Versprechen, Ihnen von Allem, was Gutes vorfällt, Nachricht zu geben.

Heute oder morgen werden hoffentlich die Tataren mit einem Heere von 10000 Mann in Ungarn einen neuen Auftritt eröffnen. Endlich hat es mit unserer Noth ein Ende, und jene flatterhafte Göttin, die, wie es ihr einfällt, ihre Gunst schenkt und entzieht, scheint sich mit uns aussöhnen zu wollen. Alles dieses zeigt mir mit Ende dieses Jahres eine sichere Aussicht zum Frieden, und im Hintergrunde derselben Sanssouci nebst meinem lieben Marquis. Eine sanfte Stille findet sich in meiner Seele wieder ein, und das Gefühl der Hoffnung, von der ich seit sechs Jahren entwöhnt war, tröstet mich für Alles, was ich bisher ausgestanden habe. Denken Sie nur einen Augenblick an die Lage, worin ich mich in dem nächsten Monat befinden werde, und an die, worin ich vorigen Dezember gewesen bin. Der Staat lag in den letzten Zügen, wir warteten nur auf die letzte Oelung, um den letzten Seufzer von uns zu geben; und jetzt habe ich zwei Feinde vom Halse, und meine Armee wird zu ihrem rechten Flügel 20000 Rus<154>sen, und zu ihrem linken 200000 Türken bekommen, von welchen letztern 26000 Tataren mir ganz zu Gebote stehen. Das sind also zwei Kaiser, die mir als Kapläne helfen werden, eine Messe vor der Königin von Ungarn zu lesen, und sie zur Anstimmung eines de profundis zu bringen. Doch das ist Spaß; im Grunde meines Herzens spreche ich mit den Weisen : O Eitelkeit, Eitelkeit! und Alles ist eitel! Alle jene politischen, ehrsüchtigen und eigennützigen Possen müßten so hinfällige Wesen, wie wir sind, nicht in Bewegung setzen. Allein, Vorurtheile und Täuschungen regieren die Welt, und ob wir gleich wissen, daß es nach einer kurzen Pilgerschaft mit unserm Leben gethan ist, so können wir einen heimlichen Trieb, der uns für Ruhm und Ehre empfindlich macht, doch nicht ganz los werden. Ich beichte Ihnen aus dem Innersten meines Herzens, mein lieber Marquis. Ich könnte es Ihnen durch den Ausspruch eines Geometers beweisen, daß die letzte Neigung, die dem Weisen übrig bleibt, auf Ehre geht; allein ich mag nicht citiren, und bin überdies lange noch nicht weise genug, um diesen Ausspruch auf mich anzuwenden. Ich will Ihnen also nur aufrichtig gestehen, daß die Neuigkeiten, die mir zugekommen sind, und die glückliche Laufbahn, die ich zu betreten im Begriff stehe, mir Freude machen. Es wundert mich gar nicht, daß auch unsere guten Berliner sich herzlich gefreut haben; sie haben bei den Friedensschlüssen eben so gut ihren Vortheil, wie ich, der ich sie unterzeichnet, den meinen; sie werden von nun an weder die Tottleben's, Czernitschef's und Laszy's, noch die Kosacken zu fürchten haben. Das ist ein wichtiger Artikel zum ruhig leben. etc. Ich würde kein Ende finden, wenn ich Ihnen alle die Betrachtungen mittheilen wollte, die mir bei diesem Ausgange der Sache über die Ungewißheit künftiger Ereignisse, und über die so mühsam erbauten politischen Luftschlösser beifallen. Allein, ich habe Sie bloß durch einige gute Nachrichten erfreuen wollen, und mag Ihnen weiter keine<155> Langeweile mit meinem Geschwätze machen. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis, der Himmel segne und erhalte Sie, damit ich Sie gesund, heiter, aufgeräumt und zufrieden wiederfinde. Ich umarme Sie."

B.

5. Mai 1762

Abschluß des Friedens zwischen Rußland und Preußen. (Der Friedenstractat befindet sich in Herzberg's Recueil des Deductions etc. I. 288).

12. Mai 1762

Die Preußen unter dem Prinzen Heinrich überfallen die Oestreichschen Postirungen an der Mulde bei Döbeln etc., wobei sie 40 Officiere, darunter den General Zedtwitz, und 1500 Mann gefangen nehmen.

13. Mai 1762 bis 15. Mai 1762

Die Oestreicher werden auch aus ihren Postirungen bei Nossen etc. und aus ihrem Lager bei Freiberg vertrieben.

10. Mai 1762

Stirbt der General-Lieutenant Christoph Graf von Dohna.

22. Mai 1762

Wird der Friede zwischen Preußen und Schweden zu Hamburg geschlossen. (Herzberg Receuil I. 295).

23. Mai 1762

Der mit Rußland geschlossene Friede wird der Armee bekannt gemacht, und darauf ein Dankfest gehalten.

24. Mai 1762

Fand in Berlin die öffentliche Bekanntmachung und die Feier des mit Rußland geschlossenen Friedens statt.

28. Mai 1762

Stirbt der Minister G. A. Graf von Götter.

Juni.

A.

Juni 1762

Der König in Bettlern.

8. Juni 1762

Der König an d'Argens:

"In Ihrem Briefe, lieber Marquis, scherzen Sie über meine Kouriere. Leider geht nicht Alles so geschwind, als ich es wohl wünschte. Mit den Russen haben wir Frieden; das ist in der That sehr vortheilhaft für mich, aber auf der andern Seite hat es meine Unterhandlungen in Constantinopel gestört. Es ist nicht leicht, so viele Köpfe unter einen Hut<156> zu bringen, und besonders so viel verschiedenes Interesse mit einander zu vereinigen. Man unterhandelt; darüber vergeht die Zeit, und wir kommen nicht aus der Verwirrung heraus. Indeß marschiren doch die Tataren. Es sind immer hunderttausend Mann, und man muß hoffen, daß die andern folgen werden, wenn man jene ins Spiel bringt etc. Bei der Spekulation macht man schnelle Fortschritte, l. M., aber bei dem Ausführen geht es langsam, weil man auf seinem Wege tausend Hindernisse antrifft. Ich überlasse mich dem Schicksal, das die Welt nach seinem Willen lenkt. Die Politiker und die Krieger sind nur Marionetten der Vorsehung; als nochwendige Werkzeuge einer unsichtbaren Hand handeln wir, ohne zu wissen, was wir thun, und oft ist der Erfolg unserer Bemühungen gerade das Gegentheil von dem, was wir hofften. Ich lasse daher Alles gehen, wie Gott will, arbeite im Dunkeln, und benutze günstige Umstände, wenn sie da sind. Czernitschef ist auf dem Marsch, um zu mir zu stoßen. Unser Feldzug wird erst gegen das Ende des Monats anfangen, aber dann wird es in dem armen Schlesien einen argen Lärm geben. Kurz, lieber Marquis, ich habe ein hartes und schweres Stück Arbeit vor mir, und noch kann man nicht zuverlässig sagen, was für eine Wendung das Alles nehmen wird. Beten Sie für uns, und vergessen Sie einen armen Teufel nicht, der sich in seinem Harnisch entsetzlich zerquält, wie ein Verdammter lebt, und dessen ungeachtet Sie aufrichtig schätzt und liebt. Leben Sie wohl."

8. Juni 1762

Der König an die Gräfin Camas : "Ich bin innigst überzeugt, mein liebes Mütterchen, von Ihrer aufrichtigen Theilnahme an den guten Ereignissen, die uns zustoßen. Schade nur, daß wir so tief herunter gewesen sind, daß wir gegenwärtig jederlei Art von glücklichen Zufällen bedürfen, um wieder auf die Beine zu kommen, und zwei große Friedensschlüsse, die für jeden Andern die Ruhe herbeiführen würden, eröffnen mir in diesem Augenblick höch<157>stens nur die Aussicht, daß ich den Krieg weniger unglücklich beendigen werde.

Von ganzem Herzen wünsche ich, daß der Himmel Sie bis zu dem Augenblick erhalten möge, wo ich Sie sehen, Sie hören und Sie werde umarmen können. Allem Anschein nach werden Sie in Kurzem wieder die ruhigen und friedlichen Bewohner Berlins werden können 157-+. Wir Andern hingegen werden wohl bis zum letzten Athemzuge uns herum balgen müssen. Indessen muß das Alles doch einmal ein Ende neh men. Die einzige angenehme Aussicht für mich bei dem bevorstehenden Frieden ist die, daß ich Ihnen mündlich die hohe Achtung versichern kann, mit welcher ich bin, mein liebes Mütterchen, Ihr treuer Freund.
Friedrich."

14. Juni 1762

Der König reitet recognosciren, bleibt des Nachts bei den Vorposten im Dorfe Poschwitz, und kehrt am andern Morgen nach Bettlern zurück.

19. Juni 1762

Der König giebt dem Kaiser von Rußland das Preußische Infanterie-Regiment von Syburg (damals Nr. 13). Es hatte sich dasselbe in der Schlacht bei Kunersdorf durch seine Tapferkeit ausgezeichnet. Jetzt erhielten die Officiere desselben silberne Achselbänder. Der Kaiser gab dagegen dem Könige das Schuwalowsche Dragoner-Regiment, welches in der Schlacht bei Zorndorf ebenfalls mit großer Tapferkeit gefochten hatte. Mit Tottleben war es in Berlin gewesen und hatte daselbst die Schloßwache besetzt.

19. Juni 1762

Der König an d'Argens:

"Wenn ich mich über das, was im Orient vorgegangen ist, umständlich gegen Sie erklären wollte, lieber Marquis, so fänden Sie vielleicht, daß ich Ursache zu glauben hatte, es werde in den dortigen Gegenden etwas Gutes geschehen.<158> Gewiß ist noch nicht Alles verloren, und ich habe noch einen günstigen Schimmer. Der Tatar muß in vollem Marsche sein, und ich schmeichle mir wenigstens, daß er mir ungefähr 20000 Mann Hülfstruppen geben wird. In Constantinopel erregen die Janitscharen einen Aufruhr, der dem Großvezier gilt. Als mein Brief abging, lag schon der achte Theil der Stadt in Asche, und die Feuersbrunst dauerte noch fort.

Sie haben wohl Recht, wenn Sie sagen, daß unsere Speculationen über die Zukunft, und alle politischen Muthmaßungen nur nichtig find» Wer kann besser davon reden, als ich? Seit sechs Jahren sehe ich mich ja durch alle politischen Ungewitter von Europa bestürmt; stets dem Schiffbruche nahe, bis jetzt gleichsam durch ein Wunderwerk erhalten, und doch immer neuen Gefahren ausgesetzt.

Alles, was in Rußland vorgeht, konnte der Graf Kannitz nicht vorhersehen; Alles, was in England vorgegangen ist, und wovon Sie das Gehässige noch nicht einmal wissen, konnte ich bei meinen Planen nicht in Anschlag bringen. Hieraus folgt, daß man als Regent eines Staats in unruhigen Zeiten sich häufig betrogen sieht. Besonders aus diesem Grunde wird mir diese undankbare und fruchtlose Arbeit zuwider, und er macht meine Liebe zu den Wissenschaften, die uns im Stillen und im Schooße des Friedens beschäftigen können mehr als jemals lebendig. Der Gelehrte hat etwas Gewisses vor sich, der Politiker aber fast gar kein sicheres Datum.

Den 30sten stoßen die Russen zu uns. Bei ihrer Ankunft wird unsere Unthätigkeit aufhören, dann werde ich, trotz Allem, was daraus entstehen kann, von Neuem große Abenteuer wagen. Das wäre denn der siebente Akt unsers Trauerspiels! Das Stück währt zu lange! Der Russische Kaiser hat die Katastrophe darin eingeleitet; ich muß an der Auflösung des Knotens arbeiten, um es so gut als möglich zu endigen. Jetzt beschäftigen mich eine Menge vorläufiger Ein<159>richtungen. Man muß Alles anordnen und, so viel es angeht, Alles vorhersehen. Rechnen Sie hierzu noch die lebhaften Unterhandlungen, die jetzt gepflogen werden, dann werden Sie die Sorgen, die Unruhe, die Arbeit, die es mir kostet; und die Last, die meine armen Schultern zu tragen haben, leicht beurtheilen können. Kurz, mein lieber Marquis, wir sind nahe an den Ereignissen, welche diesen Feldzug und diesen ganzen Krieg entscheiden werden. Man muß sie mit Geduld abwarten, weil das Wenigste von dem, was geschehen muß, von uns abhängt. Leben Sie in Frieden, schreiden Sie mir oft, und sein Sie meiner Freundschaft gewiß."

26. Juni 1762

Der König recognoscirt mit den so eben bei seiner Armee angekommenen Kosacken das Oestr. Corps unter Brentano.

27. Juni 1762

Der König an die Gräfin Camas :

"Es freut mich, mein liebes Mütterchen, daß Sie so viel Herz haben, und ich bitte Sie recht sehr, den Muth ja nicht sinken zu lassen. Alles nimmt ja ein Ende, folglich muß man hoffen, daß dieser verdammte Krieg nicht das einzige ewige Ding in dieser Welt sein werde. Seitdem der Tod die Nordische Dame heimgeführt, hat unsere Lage sich vortheilhaft geändert, und wird weit erträglicher, als sie es zuvor war. Man muß hoffen, daß noch einige gute Ereignisse eintreten werden, welche man wird benutzen können, um zu einem guten Frieden zu gelangen.

Sie sprechen mir von Berlin, ich wünschte recht sehr, Sie dort insgesamt vereinigt zu wissen. Allein ich möchte gern, daß, wenn Sie dahin zurückkehren, Sie dort nicht wie der Vogel auf dem Dache sich befänden, und daß Sie mit Ruhe und Anstand sitzen bleiben könnten. Daher erwarte ich den Augenblick, wo ich diese Sicherheit, auf gute Grundlagen gestützt, glauben werde, um Sie zur Rückkehr aufzufodern.

Wenn alles dies auf eine gute und schickliche Weise sich aus einander wirrt, o, wie will ich den Himmel segnen, Sie, mein liebes Mütterchen, wieder zu sehen und zu umarmen!<160> Ja, zu umarmen, sage ich; denn Sie haben in der ganzen Welt keinen Anbeter mehr, als mich, Sie können mir keine Eifersucht einflößen, und ich bin völlig befugt, von Ihnen einen Kuß zu verlangen, zur Belohnung meiner Beständigkeit und der zärtlichen Anhänglichkeit, welche ich für Sie habe. Sie können Sich immer schlagfertig halten, mag Finette dazu sagen, was sie will. Leicht möglich, daß sie vor Aerger die Auszehrung bekommt, denn seit ihrem verstorbenen Galan hat sie keinen Courmacher mehr.

Leben Sie wohl, mein liebes Mütterchen. Verzeihen Sie mir die Armseligkeiten, welche ich Ihnen schreibe, aber das kommt daher, daß ich allein bin, daß ich zuweilen meine peinliche Lage vergesse, daß ich Sie liebe, und so gern die Gelegenheit benutze, mit Ihnen zu plaudern."

28. Juni 1762

Der König verlegt sein Hauptquartier nach Klein-Tinz.

30. Juni 1762

Der König begiebt sich nach Lissa, um das für das Russische Hülfscorps daselbst abgesteckte Lager in Augenschein zu nehmen und dem Einrücken dieser Truppen, welche Vormittags anlangten, beizuwohnen. Nachdem der König das Corps vor sich vorbei defiliren lassen, war in Lissa große Tafel, wozu der General Czernitschef und die übrigen Generale und Stabsofficiere eingeladen wurden. Der König trug an diesem Tage den Russischen Andreas-Orden. Gegen Abend kehrte der König nach Klein-Tinz zurück.

B.

3. Juni 1762

In Berlin wird der mit Schweden geschlossene Friede publicirt.

17. Juni 1762

Wird bei der Armee befohlen, daß die ganze Cavallerie, wie auch die Freibataillons und Jäger, auch die Generale und deren Adjutanten, einen weißen Federbusch auf den Hut stekken sollen, damit die nun zur Preußischen Armee stoßenden Russen sie dadurch von den Oestreichern unterscheiden können. Die Federbüsche der Officiere waren halb schwarz, halb weiß.

21. Juni 1762

Das Czernitschefsche Corps bricht aus Polen auf, um<161> wieder nach Schlesien zu marschieren und zur Armee des Königs zu stoßen.

22. Juni 762

Starb in Breslau der Markgraf von Brandenburg-Schwedt, Friedrich Karl Albrecht, Heermeister des Johanniter-Ordens und Preuß. General der Infanterie, 58 Jahr alt.

24. Juni 1762

Schlacht bei Wilhelmsthal. Der Herzog von Braunschweig schlägt die Franzosen unter Soubise und d'Etrée. Die Franzosen verloren 2529 Gefangene, 12 Kanonen, 1 Standarte und 7 Fahnen, an Todten ungefähr 2500 Mann. Die Alliirten hatten 104 Tobte, 273 Verwundete, und 306 Mann wurden vermißt. Der Preußische Oberst von Lossow und der Russische Oberst Demischow mit seinen Kosacken attakiren die Oestreichischen Vorposten bei Wernersdorf etc. und treiben sie zurück.

Juli.

A.

1. Juli 1762

Der König bricht mit seiner Armee von Klein-Tinz auf, desgleichen das Russische Corps von Lissa, nach Kapsdorf. Das Hauptquartier des Königs war in Gniechwitz und das des Generals von Czernitschef in Schauerwitz.

2. Juli 1762

Der König in Neudorf.

3. Juli 1762

In Bunzelwitz, wo das Lager aufgeschlagen wird.

4. Juli 1762

Der König an d'Argens :

"Lieber Marquis, ich habe das schöne, mit zierlichen Einfassungen geschmückte Papier nicht, das die Briefe Ihrer Landsleute so reizend macht, sonst würde ich es zu meiner Antwort an Sie gebrauchen. Sie werden es also sich gütigst gefallen lassen, daß ich Ihnen auf diesem Papiere schlechtweg schreibe, was vorgeht. Wir stehen wieder in dem Lager, in welchem wir im vorigen Jahre so lange standen, und wollen gegenwärtig in die Gebirge eindringen, um dem Feldmarschall Daun in den Rücken zu kommen und ihn zu nöthigen, daß er nach Böhmen zurückgeht. Wie weit uns das gelingen<162> wird, weiß ich nicht; indeß läßt sich nichts anderes thun. Es ist ein großes Unternehmen, einen geschickten General aus allen seinen Stellungen, die er im voraus genommen hat, zu vertreiben. Ohne Zweifel wird Fortuna viel dabei thun, aber wer kann sich auf diese Flatterhafte verlassen?

Sie verlangen Nachrichten vom Tatarchan? Wie man mir schreibt, wird er mir sogleich Truppen schicken. Der Brief ist vom 11. Juni. Diese Diversion wird später geschehen, als ich hoffte, aber immer Wirkung thun. So herrlich unser Friede und unsere Alliance mit Rußland auf der einen Seite find, so haben sie doch auf der andern die guten Gesinnungen der Morgenländer etwas geändert. Man muß nun sehen, ob unsre Feinde dies nicht benutzen werden.

Die ganze Politik, lieber Marquis, beruht auf einer beweglichen Stütze, und man kann auf nichts mit Gewißheit rechnen. Aus diesem Grunde wird sie mir äußerst widrig. Die Trübsale der verflossenen Jahre, die Verwüstung der meisten Provinzen, nebst allen Arten von Unglücksfällen, die mir begegnet sind, haben mich bei allen menschlichen Angelegenheiten philosophischer oder gleichgültiger gemacht, als es Sokrates sein könnte; bald werde ich es zu einer vollkommenen Seelenruhe bringen. Es ist Zeit, lieber Marquis, daß dieser Krieg aufhört; ich tauge nichts mehr, mein Feuer erlischt, meine Kräfte schwinden, ich vegetire nur noch. Bei solchen Umständen, kann man wohl einen guten Einsiedler abgeben, aber für die Welt ist man nichts mehr nütze.

Prinz Ferdinand, hat einen beträchtlichen Vortheil über die Franzosen erhalten. Das ist mir lieb; doch hätte ich es gern gesehen, wenn der Sieg entscheidender gewesen wäre 4000 Mann von 80000 bleiben 76000; mehr als zu viel für den Prinzen Ferdinand, der ihnen höchstens nur 50000 Mann entgegenstellen kann. Allein er gewinnt dadurch Zeit, und dieser beträchtliche Verlust macht einen Soubise, einen<163> der mittelmäßigsten Generale, den die Franzosen jemals gehabt haben, muthlos. Mein armer Markgraf Karl ist todt! Ich bin sehr betrübt darüber, er war der ehrlichste Mann von der Welt. Wir Alle müssen dort unten wieder zu ihm; etwas früher, etwas später, das läuft auf Eins hinaus. Leben Sie wohl. etc."

4. Juli 1762

Der König war krank, weshalb der beschlossene Angriff auf Daun bis den 6ten verschoben wurde.

5. Juli 1762

Der König in Teichenau.

6. Juli 1762

In Neu-Reichenau. Der König leitet das Gefecht des Generals Wied, bei welchem auch der Prinz von Preußen war, gegen Brentano, und nimmt sein Quartier in den Kronhübel-Häusern. (Die Spenersche Zeitung Nr. 83 nennt Baumgarten, wahrscheinlich gehören die Kronhübel-Häuser dazu).

7. Juli 1762

In Seitendorf.

15. Juli 1762

Der König an Catt:

"Sie reden so von meinen Versen, als wenn sie etwas taugten, aber ich versichere Sie, daß ich selbst wohl einsehe, wie matt und fehlerhaft sie sind. Wenn es mir nicht an Zeit fehlte, so machte ich sie etwas weniger schlecht. Doch diese, die ich bei Sorgen, Unruhe und Noth, den gewöhnlichen Gefährten der Kriegsexpeditionen, geschrieben habe, taugten nur für den Augenblick, und um der Person zu schmeicheln, für die sie bestimmt sind. Die Frauenzimmer nehmen es nicht so genau; alle Verse, in denen man ihnen Süßigkeiten sagt, scheinen ihnen gut. Die gegenwärtigen werden, glaube ich, ihre Bestimmung erfüllen, da sie nur gefallen sollen und keine strenge Prüfung von einem d'Olivet und Freron auszuhalten haben.

Wir machen hier nichts als Armseligkeiten. Ich schäme mich meines Feldzugs. Es nimmt noch nicht die Wendung, die ich wünschte, und ich fürchte sehr, daß das, was ich Ihnen diesen Winter sagte, buchstäblich in Erfüllung gebt. Den 20sten werden wir sehen, wie es ausfallen<164> wird 164-+. Ich kann mich nur mit Mühe beruhigen. Bisweilen behalten Mark-Aurel und die Stoiker die Oberhand, aber oft bekommt auch die Natur das Uebergewicht und macht, daß die Philosophie verstummt.

Der Himmel stehe uns bei und gebe uns irgend einen großen Vortheil, der es endlich zu dem so sehr gewünschten und nöthigen Frieden bringt. Noch wäre ein Schimmer von Hoffnung von Seiten der Leute im Orient übrig, wenn man sich auf ihr Wort verlassen könnte; aber Fabriz, den ich gelesen habe, macht, daß ich zittere, und ich fürchte, wir werden keinen Nutzen von ihnen ziehen. Leben Sie wohl, mein Lieber, werden Sie wieder gesund und kommen Sie, wenn wir die Belagerung von Schweidnitz unternehmen können. Vale, Vale."

An diesem Tage 164-++ erhielt der König die erschütternde, und in den ersten Augenblicken ihn ganz zu Boden schlagende Nachricht von den in Petersburg stattgehabten Vorfällen, in deren Folge der Kaiser Peter III am 28. Juni/6.Juli dem Throne hatte entsagen müssen.

- - Aus den vorstehenden Briefen des Königs an seinen einzigen wahren und teilnehmenden Freund, den Marquis d'Argens, dem er sein ganzes Herz aufschloß, haben wir gesehen, welchen großen Hoffnungen er sich jetzt, nach so vielen und anhaltenden Unglücksfällen, hingegeben hatte. - - So nahe daran, endlich alle seine bisherigen Leiden und Sorgen bald beendigt zu sehen und in seinem geliebten, friedlichen Sanssouci die lang und heiß ersehnte Ruhe, und das stille Glück im Schooße der Freundschaft und der Musen genießen zu können, wird er auf einmal durch jene Vorfälle plötzlich in seine vorige be<165>drängte und hülfslose Lage zurückgeworfen, ja, wie es in der ersten Bestürzung scheinen konnte, in eine noch weit gefährlichere versetzt. — Wie konnte es da anders sein, als daß unter solchen Umständen eine solche Nachricht auf ihn fast vernichtend wirken mußte. Blaß und beinahe empfindungslos lag daher der sonst nicht leicht außer Fassung kommende Friedrich auf einem Kanapee, als der Major von Schwerin, den er hatte rufen lassen, ins Zimmer trat. Fast eine Viertelstunde lag der ganz in sich gekehrte König, ohne ein Wort zu sprechen. Schwerin fing an zu besorgen, der Monarch, den er wenig Stunden zuvor 165-+ so heiter gesehen hatte, sei entweder gefährlich krank geworden, oder habe eine höchst unglückliche Nachricht von der Armee des Prinzen Heinrich erhalten. Staunend betrachtete er denselben, endlich faßte er Muth und sagte: "Um Gottes willen, Ihre Majestät, was ist Ihnen?" Mit kaum hörbarer Stimme erzählte ihm der König, was in Petersburg vorgefallen sei, wie Rußland von der Alliance abgehe, wie Czernitschef Befehl habe, zurück zu marschiren etc., und schloß mit den Worten: "Wie muthlos wird diese unerwartete Begebenheit meine Armee machen? Wie werde ich einem vielleicht traurigen Schicksale ausweichen? Nein, dieser Schlag trifft mich zu hart 165-++."

<166>

Nachdem der König sich wieder gesammelt und ermannt hatte, gab er dem Major Schwerin eine Instruction, und befahl ihm, nach dem Russischen Hauptquartier zu reiten, und alles anzuwenden, den General Czernitschef zu bewegen, daß er denselben Abend noch mit ihm zurück zum Könige komme.

Schwerin traf im Russischen Lager alles in Bewegung an, die Armee war ausgerückt, der neuen Herrscherin den Eid der Treue zu schwören. Nach Beendigung dieser Ceremonie gelang es Schwerin, wiewohl nicht ohne Mühe, die Bedenklichkeiten Czernitschef's zu besiegen, und ihn dem König zuzuführen.

Es war die Absicht des Königs gewesen, um sich der Festung Schweidnitz wieder bemächtigen zu können, die Oestreichische Armee unter Daun, welche ihn daran verhinderte, in diesen Tagen anzugreifen, aus ihrer Stellung zu vertreibben, und ihr die Communication mit dieser Festung abzuschneiden. Hierbei hatte er auf die Mitwirkung der Russischen Truppen gerechnet, wo dann das Gelingen der Unternehmung gar nicht zweifelhaft gewesen wäre. Da diese Mitwirkung jetzt nicht stattfinden konnte, so wünschte er bloß, daß der General Czernitschef seinen Rückmarsch um einige Tage aufschieben, und, während des Angriffs des Königs auf die Oestreicher, in seiner Stellung bleiben möchte, damit diese, welche von dem Vorgefallenen noch nichts wußten, von dieser Seite in Schach gehalten würden. Den General Czernitschef hierzu zu bewegen, war der Zweck, weshalb er ihn zu sich rufen lassen. Der Beredsamkeit des Königs gelang es auch, den General dahin zu bringen, auf die Gefahr seinen Kopf zu verlieren, in des Königs Verlangen zu willigen, und seinen Rückmarsch um drei Tage zu verschieben.

<167>

17. Juli 1762

An demselben Tage, da dies alles geschah, schrieb der König aus seinem Lager bei Seitendorf an von Catt :

"Ach! mein Lieber, so eben bekomme ich eine Nachricht, die mich zu Boden schlägt und die Sie in Breslau, leider nur zu bald, erfahren werden. Ich bin so bestürzt und bekümmert, daß ich nicht weiß wohin ich mich wenden soll. Für mich giebt es nur Schimmerblicke von Hoffnung, aber wesentliches Unglück drückt mich zu Boden. Die schönen Prophezeihungen sind nun alle zu Schanden geworden 167-+, und Gott weiß, was für ein Schicksal mich noch erwartet. Leben Sie wohl, mein Lieber. Mein Herz ist so voll Kummer, daß ich Ihnen unmöglich mehr sagen kann."

Unter das Couvert dieses Briefes hatte der König noch einen Zettel gelegt, welcher die Worte enthielt: "Mein lieber Peter III vom Thron gestürzt, todt! Ist irgend ein Schicksal dem meinigen gleich 167-++!"

19. Juli 1762

Der König verlegt sein Hauptquartier nach Bögendorf.

20. Juli 1762

Der König manövrirt, um die Oestreicher von Schweidnitz abzudrängen und sich dieser Festung mehr zu nähern, wobei Schloß und Dorf Burkersdorf genommen werden.

21. Juli 1762

Der König begiebt sich schon vor Anbruch des Tages zu ber Möllendorfschen Brigade und trifft Anstalten, die vom<168> Feinde besetzten und stark verschanzten Höhen bei Burkersdorf und Leutmannsdorf anzugreifen. Nach tapferer Gegenwehr werden sie durch die Generale von Möllendorf und von Wied erstürmt, wodurch sich Daun genöthigt sieht, in der folgenden Nacht seine vortheilhafte Stellung zu verlassen und sich nach Giersdorf, wo er sein Hauptquartier nahm, zurückzuziehen.

21. Juli 1762

Der König an d'Argens :

"Unsere Umstände, lieber Marquis, fingen an, eine ziemlich gute Wendung zu nehmen, und nun werde ich plötzlich durch einen von den politischen Vorfällen gestört, die man weder voraussehen, noch verhindern kann. Das Uebrige werden Sie erfahren. — Der Friede mit Rußland hat Bestand, aber die Alliance geht in den Wind. Die Truppen marschieren alle nach Rußland zurück, und nun bin ich wieder auf mich allein eingeschränkt. Indeß haben wir noch zwei Oestreichische Detachements geklopft, man muß nun sehen ob uns das zu etwas Bedeutendem führen wird. Ich zweifle daran, und so wäre ich denn wieder in einer gezwungenen, beschwerlichen und kritischen Lage. Ich bin der Kreisel des Glücks; es spottet meiner.

Wir haben heut tausend Gefangene gemacht und 14 Kanonen erobert, aber dadurch wird nichts entschieden, und Alles, was nichts entscheidet, vermehrt meine Verlegenheit. Daß in Berlin und anderswo Vieles verkehrt geht, glaube ich gern; aber was kann ich dazu sagen? Das Schicksal, das Alles lenkt, ist stärker, als ich, ich muß ihm nachgeben. Ich habe Kummer im Herzen, meine Verlegenheit ist unbeschreiblich. Allein was soll ich thun? Geduld haben.

Schreibe ich Ihnen heut einen albernen Brief, so halten Sie Sich an die Politik, ich bin ihrer so müde, daß ich glaube, ich entsagte der ganzen Welt, wenn ich einmal diesen leidigen Krieg endigen könnte. Leben Sie wohl. etc."

22. Juli 1762

Fast zu gleicher Zeit brach der General Czernitschef mit<169> seinem Corps auf und ging in zwei Colonnen über Freiburg und Zirlau nach den Höhen von Jerichau, den folgenden Tag aber weiter nach Polen zurück. (Tempelhof VI. 111).

26. Juli 1762

Der König verlegt sein Hauptquartier von Bögendorf nach Dittmannsdorf.

?? Juli 1762

Der König an d'Argens :

"Ihre Besorgnisse, mein lieber Marquis, sind ungegründet. Wir haben von den Russen nichts zu fürchten; alle Truppen gehen nach Moskau zurück. Ich habe diese Revolution befürchtet 169-+ und dem Kaiser sogar gerathen, seine Maßregeln zu nehmen, allein seine Sorglosigkeit war zu groß. Er ward verdrießlich, wenn man ihm etwas von Vorsicht sagte. Ich habe den Brief noch, in welchem er mir über den Rath antwortet, den ich ihm gegeben hatte. Sein Unglück kommt daher, daß er der Geistlichkeit gewisse Güter nehmen wollte. Die Priester leiteten die Revolution ein, die gleich nachher ausgeführt ward. Dieser Fürst hatte alle Eigenschaften des Herzens, die man nur wünschen kann, allein nicht eben so viel Klugheit, und von der hat man sehr viel nöthig, um jene Nation zu regieren. Heute wird mir gemeldet, daß er an der Kolik gestorben ist.

Wegen Berlin, mein lieber Marquis, können Sie gänzlich ruhig sein, nicht aber unsertwegen; denn wir haben eine eben so schwere, als gefährliche Arbeit vor uns. Aber bei dem Allen muß man sich durcharbeiten. Erbitten Sie mir den Beistand Fortunens, Alles geschieht durch ihre Hülfe, Nichts ohne sie.

In Dem, was Sie von der Eitelkeit menschlicher Dinge sagen und von der Bosheit der Menschen, bin ich ganz Ihrer Meinung. Das ist ja immer meine Rede gewesen, daher<170> mein Ekel vor der Welt und mein Verlangen, diesen Unglücklichen Krieg zu endigen, um irgendwo mein Leben in Frieden beschließen zu können. Sie sehen, wie unbeständig die Entwürfe der Menschen sind.

Die Revolution in Rußland fiel Ihnen stärker auf, als andere Ereignisse, von denen ich Zeuge war, aber glauben Sie mir, ich habe während dieser sieben Feldzüge weiter nichts gesehen, als zerstörte Hoffnungen, unerwartete Unglücksfälle, kurz, Alles, was aus dem wunderlichen Spiel und dem Eigensinne des Zufalls kommen kann. In einem Alter von fünfzig Jahren und bei solchen Erfahrungen, lieber Marquis, hat man Recht, wenn man nicht mehr der Ball des Glücks sein will, und wenn man dem Ehrgeize, allen Thorheiten, die einen Jüngling ohne Erfahrung nur zu sehr täuschen, und den Vorurtheilen entsagt, welche von der großen Welt genährt und immer fortgepflanzt werden. Leben Sie wohl. etc."

B.

5. Juli 1762

Der Aufstand der Oestreichischen Kriegsgefangenen in Küstrin wird besonders durch das kluge Benehmen eines Preußischen Lieutenants, Namens Thiele, vereitelt. (J. C. Seyffert's Annalen der Stadt und Festung Küstrin. 1801. S. 115 bis 117).

5. Juli 1762

Wird in Königsberg in Preußen der zwischen Rußland u. Preußen geschlossene Friede mit vieler Feierlichkeit bekannt gemacht.

6. Juli 1762

Gefecht bei Reichenau. General Wied gegen Brentano. (S. oben).

8. Juli 1762

Auf Befehl des Kaisers macht der in Königsberg commandirende Russische General-Lieutenant Forodor von Woyekow mittelst Proklamation öffentlich bekannt : daß Se. Maj. der König in Preußen seit dem letztverwichenen 22. Juni/6. Juli in völligen Besitz dieses Königreiches Preußen zurückgetreten sind, und nun alle Einfassen desselben von ihrem Huldigungseide und andern<171> Pflichten, womit sie Ihro Kaiserl. Majestät verbunden gewesen, hierdurch völlig losgezählt werden.

9. Juli 1762

General Wied etc. bricht auf Befehl des Königs in Böhmen ein, um Daun zu veranlassen, Schlesien zu verlassen.

9. Juli 1762

In Petersburg erfolgt am 28. Juni/9. Juli eine Revolution, in deren Folge der Russische Kaiser abdankt, und seine Gemalin Katharina (II) die Regierung übernimmt.

15. Juli 1762

Der Russische (oben erwähnte) General-Lieutenant von Woyekow macht in Königsberg am 5./16. Juli auf (angeblichen) Befehl der Kaiserin Katharina II mittelst Proklamation bekannt, daß, nachdem selbige den Thron bestiegen, alle Einsassen dieses Königreichs Preußen, bei Vermeidung der höchsten Ahndung, sich wieder in die Treue und denjenigen Gehorsam zu begeben haben, welchen sie vor der letzten vorgefallenen Veränderung dem Russisch-Kaiserlichen Reiche zu leisten schuldig gewesen, und jetzt Ihrer Kaiserl. Maj. Katharina II in allen Stükken zu leisten verbunden sind. etc.

Hierauf bemächtigten sich die Russischen Commissarien wieder der Einkünfte des Landes und trafen verschiedene Verfügungen, das Land wie vorher, als dem Russischen Scepter unterworfen, zu behandeln.

17. Juli 1762

Der Kaiser Peter III stirbt 6./17. Juli).

21. Juli 1762

Gefecht bei Leutmannsdorf etc. (S. oben).

22. Juli 1762

Dem Preußischen Gesandten in Petersburg Freiherrn von der Golz wird am 11./22. Juli folgende Erklärung übergeben :

"Daß Ihro Kaiserl. Majestät fest und unveränderlich entschlossen wären, mit allen Höfen und also auch mit des Königs in Preußen Majestät in Frieden und gutem Vernehmen zu leben, wie solches schon der General Czernitschef, da er Befehl erhalten, mit seinen unterhabenden Volkern nach Rußland zurück zu kommen, in Höchst Dero Namen erklärt habe. Da man aber zu Petersburg die unvermuthete Nachricht erhalten,<172> daß die Generalität, weil sie von dem wahren Zustande der Sachen nicht genugsam unterrichtet gewesen, in Preußen einige Verfügungen gemacht, nach welchen es das Ansehn habe, als ob die friedfertigen Gesinnungen Ihro Kaiserl. Maj. einigen Abfall gelitten hätten, so habe das Russisch-Kaiserl. Ministerium dem König!. Preußischen Minister erklären sollen: daß Ihro Maj. die Kaiserin den Frieden kräftig beobachten wolle und werde, und deshalb an die Generalität die Befehle ergehen lassen würde, Alles wieder auf den vorigen Fuß zu setzen." (Siehe unter dem Monat August B).

22. Juli 1762

Das Russische Armeecorps trennt sich von der Preuß. Armee und tritt den Rückmarsch durch Polen nach Rußland an.

24. Juli 1762

Gefecht bei Lutterberg. Der Herzog von Braunschweig überfällt das Corps des Prinzen Xaver, schlägt es und nimmt ihm 13 Kanonen, 5 Fahnen, 3 Standarten und 1200 Gef. ab.

August.

A.

3. August 1762

Der König in Dittmannsdorf schreibt das scherzhafte Gedicht an d'Alembert, als er über das eitle Vergnügen der Dichtkunst unwillig war. (H. W. VII. 154).

In Dittmannsdorf schrieb der König (im August) auch noch folgende Gedichte: Verse im Namen eines Schweizers (Catt) an ein gewisses Fräulein Ulrike (Catts nachherige Gattin), in das er verliebt war; Ein anderer Brief für den verliebten Schweizer; Der Schweizer an das Schreibpult der Fräulein Ulrike. (H. W. VI. S. 159. 162. 165).

10. August 1762

Der König verlegt sein Hauptquartier von Dittmannsdorf nach Peterswalde.

?? August 1762

Der König an d'Argens:

"Ihr Brief (vom 9ten), mein lieber Marquis, fand mich in Kindesnöthen; ich soll von Schweidnitz entbunden werden. Auf allen Seiten muß ich es vor Daun decken, der ein Dutzend seiner Untergeordneten umher schleichen läßt, um meine Unter<173>nehmung zu vereiteln. Dies nöthigt mich, unaufhörlich aufmerksam auf die Bewegungen des Feindes und auf die Nachrichten zu sein, die ich mir zu verschaffen suche. Sie können hieraus schließen, daß mein armer Kopf jetzt eben nicht dichterisch ist. Der Vers, den Sie tadeln 173-+, soll gewiß verbessert werden, es ist eine Kleinigkeit, aber ich bitte um Aufschub bis zu Ende der Belagerung, die übrigens bis jetzt recht gut von Statten geht.

Ich betheure Ihnen, daß ich nicht eitel bin, und ich schreibe von dem Glück in meinen Unternehmungen soviel auf die Rechnung des Zufalls und der Truppen, daß ich nicht schlechterdings darauf bestehe, Postillone abschicken zu wollen, indeß, wenn Sie dergleichen zu Ihrem Vergnügen verlangen, so werden sie ge wiß bei Ihnen ankommen. Die Zeitungsschreiber haben Ihnen ihrer löblichen Gewohnheit nach wieder etwas vorgelogen 173-++. Jene Nachricht ist auf Veranlassung des Warschauer Hofes in die öffentlichen Blätter gesetzt worden, um die Nation wegen des Marsches des Tatarchans, der an ihrer Grenze streift, zu beruhigen.

Diesmal werde ich Ihnen vom Pontus und dem orientalischen Reiche Nichts sagen. Ich bin es so müde, das Zukünfttige zu verkündigen, daß ich Ihnen Nichts, als Thatsachen schreiben will; haben Sie also noch ein wenig Geduld. Jetzt schränke ich meine ganze Auftmerksamkeit auf die Operation ein, die ich unternommen habe.

Glauben Sie mir, ein junger Mensch hätte dabei genug zu thun; was für ein Leben nun für einen armen alten Mann, der abgenutzt und verfallen ist, wie ich, dessen Gedächtniß ab<174>nimmt, und der seine Sinne und seine Geisteskräfte dahinschwinden steht!

Alles in unserm Leben hat seine Zeit. In meinem Alter, lieber Marquis, sind Bücher, Umgang, ein guter Lehnstuhl und eine warme Stube Alles, was mir übrig bleibt; und wenige Augenblicke nachher kommt dann das Grab. Leben Sie wohl. etc."

13. August 1762

An Ebendenselben :

"Des Guten und der Uebel bunt Gemisch,
Womit der Himmel unsrer Jahre Lauf
Bestreut, zerrüttet stets durch Ebb' und Fluth
Der Menschheit leicht zertrümmertes Geschick,
Die Zukunft ist verhüllt, den Göttern nur
Bekannt. Wenn sie der Mensch durchdringen will,
So täuscht er sich; sein Streben ist umsonst,
Sein Rechnen falsch, verschwendet seine Kraft;
Eh' er es glaubt, zerschmettert ihn ein Schlag.
Marquis, ach! Alles auf der Erdenwelt
Ist stets nur Unbestand und Nichtigkeit,
Wenn uns ein Unglück plötzlich traf — sogleich
Wird durch uns selbst die Last noch drückender;
Verzweifeln läßt es uns, ist äußerst groß,
Erträglich kaum. Allein wir denken bald
Ganz anders, bieten ihm am Ende Trotz.
Was nähren wir der Sorgen Schaar in uns
So stark? — wir wohnen in des Wechsels Reich,
Umringt von Uebel, das uns Leiden schafft,
In jeder harten Prüfung unsers Muths
Laß so uns denken, wie der Weis' es thut!
Des Unglücks Last bedrückt uns heute schwer;
Doch morgen schon, Marquis begünstigt uns
Das flatterhafte Glück, wir lachen dann.
So laß uns denn nicht länger mürrisch sein,
Nicht klagen über Mißgeschick, das ja
<175>Nicht ewig währt. Der Weise fürchtet nicht
Zu viel, doch hofft er noch viel weniger.

Das ist Alles, was ich sagen kann. — etc. Wir haben so lange Widerwärtigkeiten erlisten, daß das Publikum bei Unglück, das die Furcht vorhersah, nun mehr leichtgläubig geworden ist; doch es ereignet sich weder alles Böse, das man fürchtet, noch alles Gute, das man hofft. etc. Um Sie wieder zu stärken, sage ich Ihnen, daß meine Unternehmung auf Schweidnitz bisher ganz vortrefflich von Statten geht, wir brauchen noch eilf glückliche Tage, so wird die Prüfung überstanden sein. etc. Leben Sie wohl, lieber Marquis, ich bin abgemattet; mein Alter macht mir die Arbeit beschwerlicher, als vor Zeiten. Noch einmal — schreiben Sie mir und zweifeln Sie nicht an meiner Freundschaft."

14. August 1762

War der König bei dem Corps des Herzogs von Bevern, das sich ihm genähert hatte.

16. August 1762

Der König unterstützt von Peterswalde aus den Herzog von Bevern bei seinem Gefecht bei Reichenbach mit dem Oestrei— chischen General Beck, durch Absendung von Kavallerie und Infanterie.

17. August 1762

Der König an d'Argens: "Ich schicke heut einen Kourier mit Postillonen ab, da Sie doch einmal Ihre Lust an Postillonen haben. Schweidnitz ist noch nicht über, allein 30000 Mann, die es entsetzen wollten, sind geschlagen. Die öffentlichen Blätter werden Ihnen die nähern Umstände sagen. Daun griff gestern, Nachmittags um 5 Uhr, den Prinzen von Beyern an, und um 7 Uhr war jener schon geschlagen, etc."

19. August 1762

Der König an Ebendenselben (aus Jägerndorf) Verse, worin er ihm über die Postillon etc. sagt :

"Es war nun freilich wohl nicht werth,
Daß man mit einem solchen Pomp
Dem Volk es angekündigt hat. etc.
- - Die Politik
<176>Mit stolzer Seele sagt indeß :
Man muß mit eitler Hoffnung wohl
Das blinde Volk ersättigen,
Da es nur für den Irrthum lebt.
So leitet ** es in *
Von Rußland bis nach Kanada;
Wer es betrügt, der lenkt es auch.
Doch dieses Evangelium
War nicht für mich. So täusche denn
Ein feiner, niedrer Bösewicht
Die Offenheit und das Vertrau'n
Des Volks, das Tand und Leichtsinn liebt,
Durch falschen Wahn; ich will es nicht. etc.

Meine Verse sagen Ihnen, was ich von den Postillonen denke, die Sie in Berlin haben ankommen sehen. Es ist recht, daß man sich ein wenig freuet, wenn man einem großen Unglück entgangen ist; indeß, lieber Marquis, ist es von diesem Punkte bis zu völligem Glücke noch weit, und — um ganz offenherzig gegen Sie zu sein — ich glaube, wir werden noch eine Krisis haben, ehe wir Schweidnitz wieder erobern. Aus dem Allen wird das herauskommen, was dem Ungefähr, dem Schicksal oder der Vorsehung beliebt; denn gewiß haben alle drei oder eins von ihnen mehr Antheil an den Begebenheiten in der Welt, als die Klugheit der Menschen. Ich überlasse es Ihnen, einige kleine philosophische Betrachtungen über diesen unerforschlichen Gegenstand anzustellen. Wenn Sie irgend eine glückliche Entdeckung machen, so wird es mir sehr angenehm sein, sie von Ihnen mitgetheilt zu bekommen. Bis dahin, lieber Marquis, bitte ich Sie aber, mich nicht zu vergessen."

23. August 1762

Der König an Ebendenselben (aus Peterswalde):

"Wir sind glücklicher gewesen, mein lieber Marquis, als wir hoffen durften. Es war der Marschall von Daun an der Spitze von 55 Bataillonen und 113 Eskadronen, den wir geschlagen haben. Er hat sich den Morgen darauf nach War<177>tha, und den folgenden Tag nach Scharfeneck bei Braunau zurückgezogen. Der Commandant von Schweidnitz hat capituliren wollen, was ihm aber abgeschlagen worden, er müßte sich denn kriegsgefangen übergeben. Eine Besatzung von 10000 Mann ist keine Kleinigkeit; nehmen wir sie nicht in der Stadt, so wird es noch weit weniger nach ihrer Rückkunft zur Armee, und in einem Lager auf den unzugänglichen Bergen geschehen. Haben Sie nur noch acht Tage Geduld, und wir werden auch diese Arbeit hinter uns, Schweidnitz genommen, die Besatzung zu Gefangenen gemacht und die Postillone ins Zeug gesetzt haben. Sie sprechen von Frieden zwischen Frankreich und England; ich glaube nicht, daß man so weit damit ist, wie die Zeitungsschreiber es haben wollen, so wie ich der Meinung bin, daß alles, was unter diesen beiden Mächten vorgehen wird, Ihnen und unsern guten Berlinern ziemlich gleichgültig sein kann. Der allgemeine Friede, dessen Sie erwähnen, der ist sehr zu wünschen; es muß aber ein guter, vorteilhafter und solider Friede sein. Ich weiß nicht, was ich Ihnen darüber sagen soll; gewiß hat ihn ganz Europa nöthig, nur stößt man überall, wenn man mit Teufelszeug von Weibern zu thun hat, weit mehr auf Eigensinn, Grillen, Widerspenstigkeit, als auf Vernunftgründe. Unterdessen kritzle ich fort, und fange an zu glauben, daß ich doch wohl noch vor dem Frieden unter der Erde sein könnte.

Ein armer Weber aus der Nachbarschaft, der so toll ist, sich für inspirirt zu halten, prophezeiht uns noch sechs Jahre Krieg.

Ihr Alter nimmt ja ganz sonderbar zu, lieber Marquis; verwichenes Jahr zu Leipzig, besinne ich mich, waren Sie 55 Jahr, wie wären Sie denn heut schon zu 60 gekommen? Ich verspreche Ihnen Postillone von aller Art bei der Einnahme von Schweidnitz, doch schmeicheln Sie Sich darum nicht, daß auch der Friede darauf folgen wird; dazu hat es noch keinen Anschein. Lassen wir das Ding walten, das die<178> Welt regiert, verrichten indes unser Tagewerk, und warten ab, es kann doch weder mehr noch weniger kommen, als kommen muß. Große Gefahr laufen wir hier nicht mehr, und unsere Belagerung wird man uns Wohl ruhig zu Ende bringen lassen. Gott gebe es! und wenn ich den Frieden erleben sollte, so geb' er auch dies, daß ich den Trost habe, Sie wieder zu sehen. Leben Sie wohl, lieber Marquis."

B.

1. August 1762

Die Generale von Kleist und von Seidlitz brechen in Böhmen ein.

2. August 1762

Der Angriff des Preußischen Generals von Seidlitz auf den Fürsten Löwenstein bei Töplitz mißlingt. Ersterer verliert 600 Mann und 2 Kanonen.

4. August 1762

Die Preußen schließen die Festung Schweidnitz ein.

6. August 1762

Das in Pommern stehende Russische Armeecorps tritt den Rückmarsch an. Der Russische Gouverneur in Königsberg in Preußen, von Woyekow, macht bekannt (26. Juli/6. August) daß, nach der ihm durch den commandirenden General-Feldmarschall Grafen von Soltikof gewordenen fernern Anzeige, Ihro Maj. die Kaiserin Katharina II in der Absicht, den mit Sr. Maj. Dem Könige in Preußen schon zuvor geschlossenen Frieden unverbrüchlich zu halten, anzubefehlen geruhet, die den Einwohnern dieses Landes, mittelst abgedachten Manifestes vom 5./16. Juli abermals auferlegte Verpflichtung völlig zu heben, und dieses Königreich zur freien Disposition Sr. Maj. dem König in Preußen zu übergeben. etc.

7. August 1762

8. August 1762

In der Nacht vom 7ten bis 8ten eröffnen die Preußen die Laufgräben vor Scheidnitz. General Tauenzien commandirt die Belagerung.

8. August 1762

Die Russischen Truppen verlassen das Lager bei Colberg und treten den Rückmarsch nach Polen an.

<179>

10. August 1762

Die Preußen unter dem Oberst von Langenau rücken in Colberg ein, welches die Russen an demselben Tage geräumt hatten.

16. August 1762

Treffen bei Reichenbach. Der Herzog von Bevern schlägt die Angriffe der Oestreicher, welche unter General Beck zum Entsatz der Festung Schweidnitz vordringen, zurück.

22. August 1762

Der General-Feldmarschall Friede. Leop. Graf von Geßler stirbt zu Brieg, 70 Jahr alt. (S. 1. Abth. S. 116).

25. August 1762

Gefecht bei Grüningen. Der Erbprinz von Braunschweig greift die Franzosen unter Conde ohne Erfolg an und geht zurück.

27. August 1762

Stirbt der Minister Gottfried Heinrich Reichsgraf von Schmettau.

30. August 1762

Treffen bei Johannesberg. Der Erbprinz von Braunschweig gegen Conds und die zu seiner Verstärkung angekommenen Marschälle d'Etrées und Soubise. Ersterer muß der Uebermacht weichen und wieder in sein voriges Lager hinter die Wetter bei Wolfersheim zurückgehen. Der Verlust der Alliieren an Todten, Verwundeten und Gefangenen betrug ungefähr 15W Mann, auch verloren sie IN Kanonen. Unter den Verwundeten war der Erbprinz selbst.

September.

A.

September 1762

Der König in Peterswalde bis den 23sten. Während dieser Zeit schrieb er hier auch das kleine Gedickt: "Im Namen eines Schweizers." (H. W. VII. 167).

6. September 1762

Der König an d'Argens :

"Sie sind ohne Widerrede der artigste von allen Marquis, da Sie mir so schöne, so hübsch vergoldete Bücher schicken 179-+.<180> Es fehlt nichts daran, mein Lieber, als der Inhalt, der geringfügig und des Einbindens nicht werth ist. Indeß danke ich Ihnen doch für Ihr gütiges Andenken an mich. Ich wünsche dem Buchhändler Glück, daß er Gelegenheit findet, seine Auflage in Rußland abzusetzen; wahrscheinlich werde ich nur in diesem Lande für einen guten Französischen Dichter gelten können. Vielleicht glaubten Sie, mir meine Belohnung für die Belagerung von Schweidnitz zu schicken, aber da haben Sie Sich geirrt, mein Lieber. Ich bin im Erobern der Festungen eben so ungeschickt, als im Versemachen. Ein gewisser Griboval, der kein Dummkopf ist, und zehntausend Oestreicher haben uns bis jetzt aufgehalten, etc. — etc. Ich bestelle die Postillone, die ich mir schmeichele, Ihnen bald schicken zu können, um Ihnen den glücklichen Vorfall zu verkündigen, den ich von heute an fast für zuverlässig halte. Dann werden neue Verlegenheiten kämmen; aber daran wollen wir jetzt nicht denken, und, ohne uns sehr über das Zukünftige zu beunruhigen, die Schwierigkeiten heben, je nachdem sie uns aufstoßen. Das ist Philosophisch, mein lieber Marquis. Sie sehen, was für Fortschritte ich mache; allein gewiß würde jeder Andere eben so gut, wie ich, ein zweiter Mark Aurel geworden sein, wenn er sieben Feldzüge hindurch dem Zufalle zum Balle und den überwiegenden Mächten zum Spott gedient hätte. So ist man Philosoph, weil man muß; allein es ist immer gut, daß man es ist; die Art, wie man es wird, thut nichts zur Sache. Leben Sie wohl, mein lieber, gottlicher Marquis. Sein Sie ruhig und erwarten Sie gelassen, was jenes, ich weiß selbst nicht Was, das über die Entwürfe der Menschen spottet und Alles auf eine unerwartete Art anordnet, über uns bestimmt hat. Mein Compliment an die gute Babet."

23. September 1762

Der König nimmt sein Hauptquartier in Bögendorf, um der Belagerung von Schweidnitz näher zu sein, und, da die Erooberung der Festung sich so lange verzögert, die Operation<181> selbst zu leiten. Bei ihm befand sich auch der Prinz von Preußen. Er besichtigte gleich nach seiner Ankunft die Laufgräben und die Parallelen vor Schweidnitz.

24. September 1762

Der König recognoscirt die Festung, wobei dem ihn begleitenden Pagen Joh. Ernst von Pirch 2) das Pferd unter dem Leibe todt geschossen wurde. Er fiel mit den Rippen auf das Gefäß seines Degens, so daß es sich ganz krumm bog; Mit den Geberden des größten Schmerzes wollte er zurückeilen; der König mochte vielleicht glauben, dies geschehe aus Furcht, daher er ihn, befahl, erst den Sattel abzuschnallen und mitzunehmen, was der Page auch that.

26. September 1762

Der König an d'Argens:

"In der That muß ich mich bei Ihnen sehr entschuldigen, lieber Marquis, daß ich Ihnen das Ende unserer Belagerung so zuversichtlich auf den 12ten dieses Monats ankündigte. Wir sind noch dabei; die Minen haben uns sehr aufgehalten. Jetzt haben wir den bedeckten Weg, und da nun das größte Hinderniß gehoben ist, so wird, wie ich mir schmeichle, das Uebrige geschwinder gehen. Wir müssen sechs Wochen anwenden, um eine Festung wieder zu erobern, die wir in zwei Stunden verloren haben! Dies macht unsrer Geschicklichkeit oder unserm Muthe eben keine Ehre. Ich bin selbst hierher gegangen, um so viel als möglich unsre Arbeiten vorwärts zu bringen, und das Werk zu beschleunigen. Künftig will ich nicht mehr Prophet sein oder Ihnen den Tag der Uebergabe bestimmen; allein ich glaube, daß es sich wohl noch einige Tage damit hinziehen kann. Griboval's Genie vertheidigt den Ort mehr, als die Tapferkeit der Oestreicher. Täglich macht er uns neue Chicanen von allen Arten. Kurz, mein Lieber, ich muß hier den Ingenieur und Minirer spielen. Am Ende müssen wir unsern Zweck wohl erreichen. Jetzt machen wir eine Mine, um die Enveloppe zu sprengen. Ich erwarte ihre Wirkung. Nachher wollen wir auf das Fort, das wir angreifen, Sturm laufen, und wahrscheinlich wird<182> dies den Commandanten nöthigen, zu capituliren. Sind wir damit in Ordnung, so giebt es noch viel zu thun, ehe wir zum Frieden kommen. Doch jetzt nichts mehr davon, wir wollen die Schwierigkeiten nach und nach heben, überlegen, was heut zu thun ist, und morgen daran denken, was für Maßregeln die verschiedenen Conjunkturen von uns fodern. Nun wissen Sie, lieber Marquis, wie es jetzt mit uns steht. Ertragen Sie unsere Ungeschicklichkeit und Ignoranz mit Geduld. Ihre Ernte wird desto besser und reicher sein, und was sich lange erwarten läßt, ist angenehmer, als was man sogleich bekommt.

Das wäre alles Neue, was ich Ihnen sagen kann; denn meine Freundschaft gegen Sie ist schon sehr alt und auch sehr dauerhaft. Leben Sie wohl."

27. September 1762

Der König an Ebendenselben :

"Gern möchte ich Ihnen sagen, mein lieber Marquis : Schweidnitz ist erobert; allein noch haben wir es nicht. Vier Wochen sind wir durch Minen chicanirt und aufgehalten worden. Jetzt stehen wir bei den Pallisaden. Gestern ließ der Feind eine Mine springen, die einen von unsern Posten zerstörte; heute ist der ganze Tag dazu angewandt worden, ihn wieder herzustellen. Kurz, man muß Geduld haben, denn Griboval vertheidigt sich wie ein Mann von Ehre. Bringen Sie in Anschlag, mein Lieber, daß die Besatzung beim Anfang der Belagerung aus 11000 Mann bestand. Zastrow hatte nur 3000. Ganz ist er deswegen nicht ohne Schuld; indeß bleibt es doch ausgemacht, daß Drei fast nur der vierte Tbeil von eilf ist, und daß sich diese Leute besser vertheidigen können, als er.

Bei der Revolution in Rußland haben Sie die Kolik bekommen; der Grund liegt darin, daß Alles, was mich betrifft, lebhafte Eindrücke auf Sie macht. Indeß, wenn es angeht, so geben Sie mir durch Wohlbefinden Beweise von Ihrer Freundschaft, Trinken Sie den Brunnen in Sanssouci, so<183> wie Sie es Ihrer Gesundheit zuträglich glauben, und ich wünsche herzlich, daß er diese wiederherstellen mag. Ich für mein Theil bin an Unglück und Widerwärtigkeiten so sehr gewöhnt, und werde gegen alle Vorfälle in dieser Welt so gleichgültig, daß ich das jetzt fast gar nicht fühle, was sonst die tiefsten Eindrücke auf mich gemacht hätte. Wirklich bin ich, wie ich Sie versichern kann, lieber Marquis, in der Ausübung der Philosophie etwas weiter gekommen. Ich werde alt, nähere mich dem Ziele meiner Tage, und meine Seele reißt sich unvermerkt von diesem vergänglichen Erdenrunde los, das ich bald verlassen werde.

Meine Lage im verflossenen Winter, die Revolution in Rußland, die Treulosigkeit der Engländer — — was für Veranlassungen, vernünftig zu werden, wenn man darüber nachdenkt? und wer wollte sich wohl seine ganze Lebenszeit hindurch in dieser schlimmsten der möglichen Welten encanalljiren? Ich erwähne nur einige Ursachen meines Ekels vor ihr, aber während des Krieges sind mir so viele aufgestoßen, daß die Reizbarkeit meiner Seele erschöpft ist, und sich nun eine Hülle von Indifferenz und Unempfindlichkeit um sie gebildet hat, durch die ich beinahe ganz untauglich werde. Wir haben hier weder einen Neptun, noch einen Apoll zum Gegner, sondern einen Griboval mit 8000 Mann und Minirer, die uns sehr in der Geduld üben. Es giebt in Schweidnitz keine schöne Helena, aber uns fehlt auch ein Achill, aus dem ich mir mehr machen würde, als aus dem heiligen Nepomuk, dem heiligen Dionys und dem heiligen Nicolaus. etc.

Ich schreibe Ihnen gerade so, wie ich denke. Sie werden ein wenig Langeweile dabei haben, indeß glauben Sie, daß es Linderung ist, sein Herz auszuschütten, nehmen Sie ein wenig Rücksicht auf die Lage, in der ich mich befinde. Leben Sie wohl. etc."

In Bögendorf beschäftigte sich der König auch mit Fleu<184>ry'S Kirchengeschichte, aus welcher er Auszüge machte und eine Probe davon in Versen (den 30. September) an Catt sandte.

B.

7. September 1762

Der Feldmarschall Serbelloni nimmt seinen Abschied, und der General Haddick tritt an seine Stelle.

13. September 1762

Der Prinz Ferdinand, Bruder des Königs, wird zum Heermeister des Johanniter-Maltheserordens erwählt.

21. September 1762

Die Alliirten unter General Zastrow schlagen die Angriffe des Prinzen Xaver von Sachsen und des Generals Castris bei der Brückenschanze an der Ohm zurück und behaupten ihre Stellung. Dagegen nehmen die Feinde das Schloß Amöneburg.

22. September 1762

Cassel wird von den Alliirten noch enger eingeschlossen.

27. September 1762

General Kleist, der sich mit seinem Corps aus Böhmen wieder nach Sachsen zurückgezogen und bei Porschenstein eine Stellung genommen hatte, muß sich vor den Prinzen Löwenstein und Campitelli, deren Macht er nicht gewachsen ist, noch weiter nach Dorf Chemnitz etc. und dann nach Mulda, nach Freiberg zu, zurückziehen.

29. September 1762

Der Feind dringt immer weiter nach Freiberg und nach Frauenstein zu, wo der Prinz Heinrich sein Lager hatte, vor, und drängt die kleinen Preußischen Corps zurück.

Oktober.

A.

9. Oktober 1762

Der Konig geht — nachdem sich Schweidnitz an diesem Tage ergeben hatte — von Bögendorf nach Peterswalde.

14. Oktober 1762

Der König an d'Argens :

"Die so ausgeschriene Belagerung von Schweidnitz, worauf Aller Augen gerichtet waren, ist nun, wie Sie schon wissen, mein lieber Marquis, auch zu Ende. Tiefer Ausgang kommt uns sehr gelegen, weil er für diesen Feldzug in Schlesien<185> entscheidend ist. Und so sind wir genau wieder da, wo wir Anfangs 1761 waren. Gleichwohl denken Sie nicht, daß wir nun den Frieden in der Hand haben. Seinen, Abschluß steht noch so vieles im Wege, daß ich Sie hintergehen würde, wenn ich Ihnen damit schmeicheln wollte. Eben so ist der Friede zwischen Frankreich und England viel weiter noch hinaus, als es der saubere Herr Bute sich eingebildet, der die Schwierigkeiten dabei nur einsah, je nachdem er in der Unterhandlung fortschritt. Das Parlament ist im Begriff, sich zu versammeln, wo denn sehr zu vermuthen ist, daß sich dieser eingebildete und ungeschickte Minister nicht behaupten wird. Kurz, das politische System von Europa ist so verworren, wie jemals. Während dieses ganzen Krieges hat sich das Glück von einem zum andern gewandt, der Ausschlag schien bald hier-, bald dorthin zu sein, wodurch beide Schalen so gleich geworden, daß kein Theil den andern durch seine Überlegenheit zum Frieden zwingen kann, daher ich diesen nicht eher zu sehen glaube, als bis die Erschöpfung so weit gediehen, daß es Physisch unmöglich sein wird, den Krieg fortzusetzen.

Seit der Einnahme von Schweidnitz lebe ich ziemlich still, wir sind in keiner großen Unruhe mehr, und meine Lage ist, im Vergleich mit der vorjährigen, sehr angenehm. Sie haben wohl Ursach, über die Unwissenheit vieler unsrer Officiere und den wenigen Fleiß zu klagen, den sie auf die zu ihrem Metier nothwendigsten Studien verwenden. Ich erinnere mich noch recht gut der Zeit meines Vaters, wo das Studiren unterdrückt, und eine Art von Schimpf darauf gesetzt ward, was junge Leute davon abhielt und sie dahin brachte, die Erweiterung ihrer Kenntnisse und die Erlangung neuer Einsichten als etwas Sträfliches anzusehen. Ich fühle alle üblen Folgen davon, nur ist es nicht in meiner Gewalt, diesem Dinge auf einmal eine andere Richtung zu geben; der Geist der Nation muß einen neuen Eindruck bekommen. Sie wis<186>sen, daß ich mein Möglichstes gethan, die jungen Leute zum Studiren und zu einem soliden Fleiße zu ermuntern. Liederlichkeit, Geschmack an Kleinigkeiten und Trägheit sind die Hindernisse gewesen, die ich nicht aus dem Wege räumen können. Jetzt, da ich alt und hinfällig bin, was können Sie am Abend meines Lebens von mir erwarten? Was mir in jüngern Jahren nicht gelingen wollen, wird es mir jetzt um so weniger, da ich die Welt als einen Ort ansehe, den ich nächstens verlassen muß, und mich selbst als einen, der im letzten Akte des Stücks spielt, in dem ihm das Verhängniß auf dieser lächerlichen Bühne eine Rolle zugetheilt hat. Vielleicht habe ich noch Gelegenheit, Sie diesen Winter irgendwo zu sehen, ob ich gleich nicht weiß wo, noch wann. Lassen Sie mich doch wissen, ob Sie mir zu Liebe eine kleine Reise unternehmen können, die weder lang, noch gefährlich sein soll. Leben Sie wohl. etc."

19. Oktober 1762

Der König an die Gräfin Camas :

"Gern nähme ich tagtäglich eine Festung weg, mein liebes Mütterchen, damit ich recht oft von Ihren lieben Briefen zu lesen bekäme. Aber Schwachköpfe von Commandanten bringen mich zuweilen darum auf eine schimpfliche Weise; und wenn ich einmal Kaiser habe, die mir wohl wollen, so schafft man sie gleich auf die Seite. Denken Sie Sich also die saubere Lage, in der ich mich befinde.

Wenn unser Kaiser noch lebte, würden wir diesen Winter Frieden haben, und Sie könnten mit Sack und Pack nach Ihrem sandigen Berliner Paradiese zurückkehren. Allein das Publikum, welches sich immer gern schmeichelt, hat ohne Grund geglaubt, daß der Friede der Einnahme von Schweidnitz folgen würde. Auch Sie haben vielleicht das Nämliche geglaubt, allein ich versichere Sie, so viel ich davon begreifen kann, daß unsere Feinde bis jetzt noch nicht die geringste Lust haben, sich mit mir zu vertragen. Urtheilen Sie demnach, ob es wohl gerathen sein würde, nach Berlin zurückzukehren, auf die Gefahr, bei dem ersten Schreckschusse sich nach.Spandau zu flüchten.

<187>

Sie erzählen mir von Ihrer lieben Finette, die nun auch dahin gegangen ist. Ach, mein Liebmütterchen, seit zehn Jahren beklage ich nicht mehr die Todten, aber wohl die Lebenden. Das Leben, welches wir führen, ist ein Hundeleben, und nicht eines einzigen Seufzers werth. Ich wünsche Ihnen viel Geduld, mein Gutmütterchen, und alle Wohlfahrt, welche so widerwärtige Zeitläufe nur immer zulassen mögen. Besonders wünsche ich, daß Sie Ihre gute Laune erhalten, den größten und reellsten Schatz, womit das Glück uns beschenken kann. Was mich betrifft, so wird meine alte Liebe und die Hochachtung, welche ich Ihnen gewidmet habe, sich niemals verläugnen. Ich weiß gewiß, daß Sie davon überzeugt sind. Leben Sie wohl, mein liebes Mütterchen."

22. Oktober 1762

Der König an d'Argens:

"In meines Lebens Blüthezeit gab mir
Ovid Beschäftigung; ich folgte wohl
Rinalden in Armidens Palast auch, .
Als dann zuerst mein Kinn beschattet ward,
Hatt' ich Geschmack an Sophokles, Horaz
Und Cicero. Noch reifer, forscht' ich nach
In Cäsar's Heldenpfad, in Leibnitz und
Gassendi, doch zumal in Epikur.
Jetzt, Freund, da schon der Zeit Verderberhand
Die Kraft mir raubt, das Haar mir bleicht und sagt :
Du wirst nun bald bei Deinen Ahnen sein,
Jetzt wählt' ich lasterhafte Priester mir 187-+
Zu meinem Spiel, ich habe Zeitvertreib
Bei jenen Buben in dem Bischofshut,
Die Ehrsucht bis zum Wahnsinn füllt, und bei
Der Tonsurirten Schwelgerei und Stolz.
Die spornt mich auf, da mich das Alter beugt. etc.

<188>

- etc. - Ich läugne nicht, daß es mir bei den jetzigen Umständen lieber wäre, einen guten und vortheilhaften Frieden zu machen, als ein episches Gedicht, und wenn das nicht angeht, lieber die Oestreicher tüchtig zu schlagen, als eine Ode wie Rousseau zu schreiben etc. Indeß wir müssen Geduld haben, die Mittelursachen wirken lassen; da wir bis zur ersten nicht zurückgehen können, und uns unter das Joch der Zufälle beugen, die wahrlich nicht im geringsten von unsrer Klugheit abhängen. Leben Sie wohl. etc."

30. Oktober 1762

Der König überträgt dem Herzog von Bevern den Oberbefehl über die Armee in Schlesien und geht nach Rohnstock.

31. Oktober 1762

Nach Jauer.

?? Oktober 1762

Gedicht : "Ueber die Eroberung von Schweidnitz" an d'Argens. (H. W. VII. 41).

B.

9. Oktober 1762

Die Oestreicher übergeben die Festung Schweidnitz. Sie wurde vertheidigt von dem Generalfeldzeugmeister Grafen von Guasco und dem Generalfeldmarschall und Chef der Ingenieurs von Griboval. Die Belagerung commandirte der Preuß. General von Tauenzien, und der Major le Fevre leitete als Ingenieur die Belagerungsarbeiten. Die Besatzung wurde kriegsgefangen, sie bestand außer dem Commandanten Grafen Guasco, 2 Generalen, 2 Obersten und 14 andern Stabsofficiercn, aus 218 Officieren und 8784 Mann.

14. Oktober 1762 bis 15. Oktober 1762

Gefecht bei Freiberg. Der Prinz von Stollberg verdrängt den Preuß. General von Syburg aus seiner Stellung, wobei dieser 30 Officiere und 15—1600 Mann einbüßt.

Prinz Heinrich zieht sich über Lösnitz und Klein-Waltersdorf, bei Freiberg vorbei, zurück, und nimmt sein Lager hinter Reichenbach und Klein-Voigtsberg im Amte Nossen.

16. Oktober 1762

Die Alliirten eröffnen die Laufgräben vor Cassel.

21. Oktober 1762 bis 22. Oktober 1762

Der Prinz Heinrich zieht sich noch weiter zurück und nimmt sein Lager bei Ober-Marbach und Etzdorf, wo er sich dem<189> Hülsenschen Corps nähert und die Verstärkung unter dem General Neuwied an sich zieht, während die Reichsarmee unter dem Prinzen von Stollberg das Lager bei Freiberg bezieht und es verschanzt.

28. Oktober 1762

Der Prinz Heinrich rückt wieder vor, um den Prinzen von Stollberg anzugreifen.

19. Oktober 1762

Schlacht bei Freiberg. Der Prinz Heinrich schlägt die Reichstruppen und Oestreicher unter dem Prinzen von Stollberg. Diese verloren 79 Officiere, 159 Unterofficiere und 4174 Gemeine an Gefangenen, 28 Kanonen und 9 Fahnen. Die Zahl ihrer Todten ist nicht bekannt. Der Preußische Verlust betrug ungefähr 1500 Mann. Die feindliche Armee war 49 Bataillone Infanterie und 68 Schwadronen Kavallerie stark; die Preußische nur 29 Bataillone Infanterie und 60 Schwadronen Kavallerie.

Nach dem Treffen (dem letzten in diesem siebenjährigen Kriege) nahm der Prinz Heinrich sein Lager wieder auf den Höhen von Freiberg, wo es schon vorher gestanden hatte.

November.

A.

1. November 1762

Der König in Löwenberg. Hier erhielt der König die Nachricht von dem Siege des Prinzen Heinrich bei Freiberg.

5. November 1762

In Lauban, von wo der König nach Meissen abreist.

6. November 1762

Ankunft des Königs in Meissen 189-+.

<190>

7. November 1762

Der König in Torgau schreibt an d'Argens :

"Ich sehe wohl, mein lieber Marquis, daß Sie einen recht herzlichen Nntheil daran nehmen, wenn es uns gut geht. Was unsere militärischen Verrichtungen von diesem Jahre betrifft, so muß ich gestehen, wir haben uns nicht über Unglück zu beklagen. Ich wünsche, dasselbe in politischer Hinsicht sagen zu können. Die beiden Krücken, die mich in meinem Gang untestützen sollten, sind immerfort ungleich, daß ich bald nach dieser, bald nach jener Seite sinke. Wissen Sie ein Mittel, dem Uebel abzuhelfen, so erzeigen Sie mir durch Mittheilung desselben einen Gefallen. Morgen gehe ich nach Meissen. Ist es möglich, Dresden zu nehmen, ohne dabei viel aufs Spiel zu setzen, so nehmen wir es, geht dies aber nicht, so ziehen wir uns allmälig in die Winterquartiere und treffen Anstalten, näher nach Leipzig zu kommen, wo ich Sie, wie Sie mir versprochen, wieder zu sehen hoffe. Cassel ist über; das wäre herrlich, wenn ein gewisser Bube, der viel eher gerädert zu werden verdient, als Cartouche, nicht einen gewissen Posten auf einer gewissen Insel bekleidete. Unter gegenwärtigen Umständen aber ist Cassel bloß eine eroberte Stadt mehr, und weiter nichts.

Mein ganzes Verlangen, alle meine Wünsche gehen auf einen guten Frieden. Was dahin führt, mein lieber Marquis, erheitert mich; alle Nebenzweige kümmern mich nicht. Leben Sie wohl, mein Lieber, bleiben Sie gesund und sein Sie so lustig, als man es in unserm Alter sein darf, damit ich noch einige ruhige und harmlose Augenblicke mit Ihnen zubringen kann. Ich glaube, wir werden uns den 1. Dezember in Leipzig wieder sehen können; doch werde ich noch vorher schreiben, auch einen Jäger schicken, der Sie begleiten soll. Leben Sie wohl."

8. November 1762

Der König in Meissen.

9. November 1762

Von Meissen über Nossen in Freiberg, von wo der Prinz Heinrich mit dem General-Lieutenant von Seidlitz, dem<191> Grafen von Anhalt und dem Major von Kalkreuth dem König bis Ober-Gruna entgegen gegangen war.

10. November 1762

Der König besieht das Schlachtfeld bei Freiberg und kehrt nach Meisten zurück.

23. November 1762

Der König in Meisten, schreibt an d'Argens :

"Ich habe, Mein lieber Marquis, die Geschichte der heiligen Betrüger geendigt, und nach herabgsschlucktem Gifte des Fanatismus sogleich meine Zuflucht zum Gegengifte der Philosophie und der gesunden Kritik genommen, die ich in Ihrem Timäus 191-+ gefunden. Um Ihnen zu beweisten, daß ich nur das dazu nöthige Zeug angeschafft, so müssem Sie wissen, daß ich das Wort "Bara" verstehe und ganz artig auslege; es heißt nicht schaffen, sondern ein prächtiges Werk hervorbringen. Die Kraft, welche Pythagoras den Zahlen beilegt, hat mich gewundert, und an den Dialog über die Buchstaben im Lucian erinnert. Das Demüthigende bei der Sache ist, zu sehen, wie Ihr Griechischer Philosoph, der meines Erachtens ein Erzgrieche ist, im ganzen Ernst von den Wundern der Zahlen spricht, und daß der Witzkopf über die Sylben Spaß treibt. Mit großer Erbauung habe ich den Aufsatz über den heiligen Esel gelesen, der Jesum nach Jerusalem trug, so wie das, was Sie von der Unzuverlässigkeit der alten Schriften anführen, über den Esdra, über die Bücher Mosis, und über die Nothwendigkeit einer Zuflucht zu einem Glaubensrichter, um nicht irre zu gehen. Ich ward sehr überrascht, als ich mich im Timäus von Locris mit meinen Brüdern zusammenfand, und statte Ihnen im Namen der ganzen Sippschaft meinen aufrichtigsten Dank dafür ab. Man sieht wohl, daß Ihre zu große Vorliebe für mich Sie verführt hat, mehr Gutes von uns zu sagen, als ich sammt<192> meinen Brüdern verdiene. Auch bewundere ich die Geschicklichkeit, mit der Sie den Pater Chefmaquer, den bündigen Verfechter des Socianismus, einführen; ferner Ihren Ausfall auf Voltaire, indem Sie ihn immer mit seinen eigenen Waffen schlagen; mit Einem Worte die ganze Kunst, die Sie anwenden, um Ihre Citationen so geschickt anzubringen, als ob Sie selbst mit diesen häckeligen Materien nichts zu thun hätten, so daß Sie gleichsam nur der Referent in diesem Prozesse sind, und Sich immer hinter dem Vorhange halten, Wie geriethen Sie aber auf den Einfall, diesen Timäus von Locris zu wählen, der doch in der That ein obscurer und platter Patron ist? Ich vergleiche Sie mit einer Biene, die selbst aus Dornen und Disteln einen kostbaren Honig zu ziehen versteht. Im Ernst, Ihr Werk ist gut, mit aller möglichen Kunst und Klugheit ausgeführt und voll der trefflichsten Gelehrsamkeit. Auch die Vertheidigung des Kaisers Julian und die Art, wie Sie die heiligen Väter der Lügen und des frommen Betruges überführen, hat sehr meinen Beifall. Ich würde Ihnen das ganze Werk abschreiben müssen, wenn ich Ihnen von Allem, worin ich Ihnen beipflichte, Rechenschaft geben wollte. Bloß bei Einem Artikel sind Sie, meiner Meinung nach, nicht behutsam genug gewesen, bei dem von der Verkäuflichkeit der Gerichts, stellen in Frankreich. Sie sind da auf eine delicate Materie gekommen, indem Sie das Kapitel von Maitressen und König, lichen Beichtvätern berühren.

Die Vertheidigung des Königs von Portugal aber ist ganz vortrefflich, und ich denke über dieses philosophische Jahrhundert wie Sie, daß es wahrhaftig eben so nichtswürdig und barbarisch ist, als es die vorigen waren. Erbitterung, Rachgier, Ehrsucht und Fanatismus werden zu aller Zeit Quellen von Verbrechen und Missethaten sein. Die, welche sich diesen traurigen Leidenschaften überlassen, kehren in der Welt das Unterste zu oberst, während daß einige arme Phi<193>losophen was weise und gut ist in der Stille anzubauen suchen. So ist es immer gewesen, und, ohne ein Prophet zu sein, glaube ich, daß es nach uns nicht viel anders sein wird. Ich will Sie nicht länger damit aufhalten, da der Augenblick herannaht, wo ich das Vergnügen haben werde, Sie wiederzusehen.

Wir haben mit dem Feinde den Winter über eine Convention geschlossen, die uns einige ruhige Monate verschaffen wird. Den 5. Dezember treffen Sie mich in Leipzig. Ihre Abreise und Ihre Einrichtung unterwegs können Sie nach Ihrer Bequemlichkeit treffen. Mir ist es ein wahres Fest, und ich freue mich eben so sehr darauf, Sie wieder zu sehen, als Medor auf seine Angelika. Bringen Sie die gute Babet nur mit, und machen Sie es Sich so bequem, wie möglich, damit ich Ihre Unterhaltung recht nach Herzenslust genießen kann. Leben Sie wohl etc."

Um diese Zeit und wahrscheinlich erst nach dem Tage, an welchem der König den vorstehenden Brief geschrieben, kam der Sächsische Geheime Rath von Fritsch nach Meissen zum König und brachte Friedensvorschläge. (H. W. IV. 340 — 345).

B.

1. November 1762

Cassel ergiebt sich dem Prinzen Friedrich August von Braunschweig. Die Besatzung erhielt freien Abzug.

3. November 1762

Zwischen England und Frankreich werden die Friedenspräliminarien zu Fontainebleau geschlossen.

7. November 1762

Der Oberst-Wachtmeister von Prittwitz vom Zietenschen Husaren-Regiment erobert den feindlichen Posten bei Landsberg und macht 600 Gefangene. Dies war die letzte blutige Begebenheit dieses Krieges in Sachsen.

15. November 1762

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig schließt mit den Französischen Marschällen, dem Herzog d'Etrées und Prinzen Soubise, einen Waffenstillstand.

<194>

24. November 1762

Zwischen der Oestreichischen und Preußischen Armee in Sachsen wird zu Wilsdruf ein Waffenstillstand bis zum 1. März 1763 geschlossen. Desgleichen ward auch in Schlesien ans Befehl des Herzogs von Bevern und des Generals Laudon zu Neubielau durch dm Oberst d'Altan und den Major von Knobelsdorf ein Waffenstillstand auf 3 Monat geschlossen.

29. November 1762

Der Preuß. General-Major von Kleist rückt in Nürnberg ein. Er hatte schon vorher mehrere Städte in Franken in Contribution gesetzt, als : Bamberg, Windsheim, Rothenburg. In diesem Monat hatte der Preuß. Reichstagsgesandte, Freiherr von Plotho, zu Regensburg allen Reichstagsgesandten daselbst eine Erklärung abgegeben, daß die ins Deutsche Reich ausgesendeten Preußischen Völker gegen alle Stände, deren Länder sie berührten, so lange feindlich verfahren würden, bis sie ihre Truppen von dem Oestreichischen Heere zurückziehen und Sr. Maj. dem Könige wegen der bisher gegen Dieselben begangenen Feindseligkeiten völlige Genugthuung geben würden. etc. Worauf ein großer Theil der Reichsstände sich geneigt bezeigte, bei fortwährendem Kriege, nach Zurückberufung ihrer Völker, eine völlige Partheilosigkeit zu beobachten. etc.

Dezember.

A.

1. Dezember 1762

Der König bereist von Meissen aus die so eben von den Truppen bezogenen Winterquartiere und geht, in Begleitung des Generals von Seydlitz und des Grafen Anhalt, über die Katzenhäuser, Nossen und Chemnitz nach Zwickau, von da über Krimmitschau, Renneburg und Gera nach Jena.

3. Dezember 1762

Von Jena nach Weimar und von da über Stetten nach Groß-Rettbach, wo er Mittags ankommt und in des Schulmeisters Haus abtritt. Nachmittags um 2 Uhr trifft der König auf Schloß Friedenstein (Gotha) ein und speist mit dem General<195> von Seydlitz und Grafen Anhalt bei dem Herzog von Gotha (Friedrich III).

3. Dezember 1762

Marquis d'Argens reist von Berlin ab, um sich zum König nach Leipzig zu begeben.

3. Dezember 1762

Von Gotha reiste der König, nachdem er (wie unsre Handschrift : Kriegsgeschichte von Thüringen sagt) vorher "etwas auf der Flöte geblasen," früh um 7 Uhr über Warza und Langensalze nach Leipzig.

5. Dezember 1762

Der König in Leipzig, wo bald nach ihm auch der Marquis d'Argens anlangt.

9. Dezember 1762

Der König an d'Alembert in Pisa :

"Mit Vergnügen habe ich Ihren letzten Brief erhalten, allein das, was Sie mir über Ihre Gesundheit schreiben, thut mir leid.

Ich hoffe, die milde Luft, welche Sie einathmen, wird Sie gänzlich wieder herstellen. Das Klima, in welchem wir uns befinden, gleicht durchaus nicht dem Ihrigen. Allein wir sind nicht so zart. Die unaufhörlichen Anstrengungen Härten ab. Wenn ich indessen die Wahl hätte, so versichere ich, daß ich es vorziehen würde, der Zuschauer der Scenen zu sein, bei denen ich sehr gegen meinen Willen der Schauspieler bin. Ungestört in dem schönen Lande, welches Sie bewohnen, in dem Schooße des Friedens, welcher immer mein Wunsch war, freuen Sie Sich der Erholung, allein versammeln Sie ja nicht etwa unter jenen thriumphalischen Bäumen ein Concilium, um uns zu excommuniciren, beten Sie vielmehr dafür, daß man sich mit meinen Wünschen vereinige und dem Unglück ein Ende mache, welches die Menschheit seit so langer Zeit schon bedrängt.

Hiermit bitte ich Gott etc."

14. Dezember 1762

Der Prinz Heinrich, Bruder des Königs, trifft in Leipzig ein und nimmt seine Wohnung im Homannschen Hause in der Catharinenstraße.

15. Dezember 1762

Der Prinz Heinrich, Neffe des Königs, kommt in Leipzig an.

<196>

15. Dezember 1762

Der Minister von Finkenstein kommt nach Leipzig zum König.

15. Dezember 1762

Der Lieutenant von der Golz, welchen der König zum Tatar-Chan nach Baktschiseray gesandt hatte, kommt von da in Leipzig beim König an 196-+.

26. Dezember 1762

Der Geh. Cabinetsrath (Legationsrath) von Herzberg reist von Berlin ab, um sich nach Leipzig zum Könige zu begeben.

Um diese Zeit langte auch der Sächsische Geheime Rath von Fritsch in Leipzig an und begab sich zum König.

Auch war der regierende Fürst von Anhalt-Dessau 8 Tage beim König in Leipzig.

B.

5. Dezember 1762

Der Preußische Gesandte beim Reichstag zu Regensburg erhält vom Könige Vollmacht, mit den Fürsten und Ständen des Deutschen Reichs, die bisher an dem Kriege Oestreichs gegen Preußen Theil genommen haben, und nun die Neutralität zu ergreifen geneigt sind, die desfallsigen Conventionen abzuschließen.

14. Dezember 1762 bis 27. Dezember 1762

Mehrere Reichskreise, Fürsten und Stände wenden sich an den Kaiser mit Vorstellungen und dem Ersuchen, den bisherigen Kriegsdrangsalen durch einen baldigen Frieden ein Ziel zu setzen. etc.

24. Dezember 1762

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig, Preuß. Generalfeldmarschall, welcher mit Bewilligung des Königs gegen Ende des Jahres 1756 das Obercommando über die gegen die Franzosen operirende alliirte Armee, an der Stelle des Herzogs von Cumberland, übernommen hatte, legt nun, nach den zwischen England und Frankreich geschlossenen Friedenspräliminarien, das Commaudo nieder und begiebt sich nach Braunschweig.

<197>

30. Dezember 1762

Erste Zusammenkunft der zu den Friedensunterhandlungen Bevollmächtigten 197-+ zu Hubertsburg. Es waren von Seiten Oestreichs : der Hofrath Heinrich Gabriel von Collenbach, von Preußen der Geh. Legationsrath Ewald Friedrich von Herzberg und von Sachsen der Geh. Rath Thomas Baron von Fritsch. (Sächs. Tagebuch).

Anmerkungen zum Jahre 1762.

Die Kaiserin von Rußland Elisabeth Petrowna, welche den 6. Dezember 1741 den Russischen Thron bestiegen, war eine Tochter Peter's des Großen und seiner zweiten Gemalin Catharina. Sie blieb unvermählt, dagegen hatte sich ihre Schwester mit dem Herzog Karl Friedrich von Holstein-Gottorp 1725 vermählt, aus welcher Ehe Karl Peter Ulrich den 11. Februar 1728 zu Kiel geboren ward. Am 18. November 1742 erklärte ihn die Kaiserin Elisabeth, nachdem er die Griechische Religion angenommen hatte, zum Russischen Großfürsten und zu ihrem Thronfolger. Er nahm dabei den Namen Peter Fedrowitsch an und vermählte sich den 1. September 1745 mit der Prinzessin Sophie Auguste Friederike, des Fürsten Christian August zu Anhalt-Zerbst Tochter. Sie war den 2. Mai 1728 zu Stettin geboren, wo damals ihr Vater als Preußischer Generalfeldmarschall und Commandant dieser Festung lebte. Bei ihrer Vermählung mit dem Großfürsten nahm sie die Namen Catharina Alexejewna an. Die außerordentliche Zuneigung und große Verehrung, welche der Großfürst für Friedrich d. G. hegte, und die er als Kaiser auf so ausgezeichnete und für den Preußischen Staat so beglückende Weise bethätigte, so wie sein beklagenswerthes Schicksal<198> und sein Tod sind allgemein bekannt. Friedrich der Große, als er die Trauerpost erhielt, sagte: "Was seind in Petersburg für Sachen geschehen! Ich schweige still, aber ich traure still vor aller Welt vor den ehrlichen und lieben Kaiser," und noch mehrere Jahre nachher sagte er einst mit Thränen in den Augen: "Ich werde Peter den Dritten ewig beweinen, er war mein einziger Freund, mein Retter, ohne ihn hätte ich unterliegen müssen."

Johann Ernst von Pirch war ein eben so talentvoller, als jovialer junger Mann. In den Anekdoten und Charakterzügen aus dem. Leben Friedrich's II, 13. Samml., S. 62 stehen einige von seinen lustigen Streichen, und man sagt, daß er die Veranlassung zu dem Lustspiele: "Pagenstreiche" gewesen sein soll. Da seine großen Fähigkeiten vom Könige nicht unbemerkt blieben, so übersah er ihm manchen muthwilligen Streich, wünschte aber um so mehr, daß er mehr Ernst und Fleiß anwenden möchte, seine natürlichen guten Anlagen weiter auszubilden etc. und überhaupt gesetzter zu werden. Er machte ihn endlich zum Officier, stellte ihn bei dem Regiment des Generals von Saldern, eines der auch in wissenschaftlicher Hinsicht gebildetsten und in jeder Beziehung achtungswürdigsten Officiere der Preußischen Armee 198-+, an, und empfahl ihn dessen besonderer Beaufsichtigung und Leitung. Eine solche Beschränkung konnte der lebhafte Geist des jungen Pirch nicht ertragen, er würde gern seinen Abschied verlangt haben, aber er wußte, daß der König diesen niemals ohne ganz besonders wichtige Gründe ertheilte. Um nun doch seinen Zweck zu erreichen und sich so von den Fesseln, welche ihm die strenge Aufsicht des Generals anlegte, zu befreien, stellte er sich krank und trieb seine Verstellung so lange und so weit, daß er nicht nur den General und die ihn umgebenden Personen, sondern selbst den Arzt täuschte. Dadurch wurde der General bewogen, selbst den König zu ersuchen, dem Lieutenant von Pirch wegen anhaltender Brustkrankheit, öftern Blutauswerfens etc. den Abschied zu ertheilen. Der König antwortete,<199> daß er an die Krankheit des P. nicht glaube, er kenne ihn allzu gut, und Saldern solle sich nicht von ihm täuschen lassen etc., doch auf die wiederholten Versicherlmgen des Generals gab er ihm den Abschied. Nun war Pirch sogleich gesund und ging in Französische Kriegsdienste 199-+, wo er das Preußische Exercitium einzuführen suchte. Es erschien auch wirklich ein neues, darnach eingerichtetes Exercier-Reglement, mit dessen Einführung bei den in Französischen Diensten stehenden Deutschen Regimentern der Anfang gemacht ward. Von Pirch stieg bald bis zum Obersten des Regiments Hessen-Darmstadt.
     

Als der König den General von Saldern bei der nächsten Revue sah, sagte er lächelnd zu ihm: "Sieht Er nun wohl, daß ich den Pirch besser gekannt habe, als Er?"

Voltaire in einem Brief vom 7. Dezember 1774 an den König erwähnt des Pirch mit folgenden Worten: "Vous savez que ce peuple de Velches a maintenant pour son Végèce un de vos Officiers subalternes, dont on dit que Vous fesiez peu de cas, et qui change toute la Tactique en france, de sorte que l'on ne sait plus où l'on en est." Darauf antwortet der König unter dem 27. Dezember : "Vous me parlez d'un jeune homme qui a été page chez moi, et qui a quitte le service pour aller en france, où pour trouver protection, il a époucé, je crois, une parente de la Du Barry. Si Louis XV n'étoit pas mort, il auroit jouer un rôle subalterneterne 199-++ dans ce royaume; mais actuellement il a beaucoup perdu; il est tort eventé, et je doute qu'il se soutienne à longue. Avec une bonne dose d'effranterie, il s'est annoncé comme homme<200> à talens; on a l'en a cru d'abord sur sa parole. Il lui faut une quinzaine de printems pour qu'il parvienne à maturite, il se peut alors qu'il devienne quelque chose."

Nach Thibault a. a. O. hatte sich Pirch in Straßburg verheirathet und einen Sohn erzeugt, welchen nachher der König Friedrich Wilhelm II in seine Dienste gezogen und bei der Garde angestellt haben soll 200-+, wo er noch im Jahre 1804 als Lieutenant gestanden.´

Der Oberst von Pirch machte in dem im Jahre 1779 zwischen England und Spanien ausgebrochenen Kriege, zu welchem auch Frankreich den Spaniern Hülfstruppen zur Belagerung Gibraltars sandte, die Expedition an der Spitze seines Regiments mit. Er starb im Französischen Lager bei Santa Maria in Spanien am 20. Februar 1783. Da er als Protestant nicht in geweihter Erde begraben werden konnte, so ward er mitten im Lager hinter seinem Zelte beerdigt. Sein Regiment, das ihm mit großer Liebe und Achtung zugethan - wie er denn auch überhaupt allgemein geliebt und geehrt - ließ an seinem Grabe ein Denkmal mit folgender Inschrift errichten :

"Sous cette tombe git Jean Ernest Baron de Pirch Colonel Commendant du Regiment Royal de Hesse-Darmstadt, Chevalier de l'ordre du mérite et du saint Sebasten, Chanoine de Magdebourg, mort le vingt Fevrier 1783 dans la trente neuvieme année de son age. Né en prusse, il apprit l'art de guerre sous Frédéric, passé en France il eut par ses talents et par ses vertus l'exemple de l'armée. Ce simple monument fut élevé à la postérité en marque de reconnoissance et de regrets, par son Regiment."

<201>

Januar 1763.

A.

Januar 1763

Der König in Leipzig.

22. Januar 1763

Der König an die Gräfin Camas :

"Ein und fünfzig Jahr, mein liebes Mütterchen, sind keine Kleinigkeit. Es ist ja fast der ganze Umfang des Spinnrockens des Fräuleins Clotho, die unsere Schicksale spinnt. Ich danke Ihnen für den Antheil, den Sie daran nehmen, daß ich bis dahin gelangt bin. Sie interessiren Sich für einen alten Freund, für einen Diener, dessen Gefühle weder das Alter, noch die Entfernung jemals umzuwandeln vermag, und der in diesem Augenblick mit einer Art von Zuversicht hofft, Sie noch einmal wieder zu sehen und Sie zu umarmen, wohl verstanden, wenn Sie die Gewogenheit haben, mir so was zu erlauben.

Ja, mein liebes Mütterchen, ich glaube, Sie werden in Berlin sein, bevor noch Flora die Erde mit ihren Gaben wird geschmückt haben, damit ich mich poetisch ausdrücke, und wenn ich mich ja recht innig freue, Jemand in dieser Hauptstadt wieder zu sehen, so sind Sie es, wahr und wahrhaftig; allein plaudern Sie das nicht aus. Dies ist keine poetische Redensart, sondern muß ganz buchstäblich genommen werden. Der Himmel wache über Ihre Tage und überhäufe Sie mit so viel Segnungen, als Ihre Tugenden deren verdienen. Wenn ich Sie nur gesund, heiter und zufrieden sehe, und daß Sie mir Ihre Freundschaft bewahren! Ich verdiene sie bloß, mein liebes Mütterchen, in Hinsicht meiner unwandelbaren Anhänglichkeit an Sie, und diese will ich bewahren bis zu dem Augenblick, wo die feindselige Parze meinen Lebensfaden zerschneiden wird."

18. Januar 1763

Werden 26 Kanonen und mehrere Munitionswagen, welche der Gen.-Maj. von Kleist im Reiche erobert hatte, nach Berlin und ins Zeughaus gebracht.

<202>

19. Januar 1763

Der Kaiser Franz läßt dem Reichstag zu Regensburg die Erklärung abgeben, daß er alle Mitstände im Deutschen Reiche von der Verbindlichkeit der Hülfsleistung loszähle, und Oestreich den Krieg allein führen wolle.

25. Januar 1763

Circular wegen verbotenen Drucks und Verlags derer Bücher, welche in die Publica einschlagen. Es wird darin, wie schon früher unter dem 7. Juni 1746 geschehen, wiederholt befohlen, daß dergleichen Schriften, bei 100 Species-Ducaten Strafe, nicht ohne des Königs oder des Departements der auswärtigen Angelegenheiten Erlaubniß in den Königlichen Landen weder gedruckt, noch verkauft werden sollen. Unter den Büchern, welche besonders während des letzten Krieges durch die schnöde Gewinnsucht der Buchhändler, diesem Befehl zuwider, gedruckt und verkauft worden sind, werden besonders namhaft gemacht: "Ein erdichtetes Supplement aux oeuvres et poësies diverses du Philosophe de Sanssouci, ingleichen: Geheimnisse zur Erläuterung der Geschichte unsrer Zeit 202-+."

Februar.

A.

Februar 1763

Der König in Leipzig.

11. Februar 1763

Der König reitet aus, um die Umgebungen der Stadt in Augenschein zu nehmen.

<203>

12. Februar 1763

Der König an den Minister von Dankelmann. "Mein lieber Geheimer Etats-Minister v. Dankelmann. Nachdem ich Euch vorhin bereits Meine Intention wegen einiger guter Schulhalter aus dem Sächsischen, welche Ich hier engagiren lassen und in Meinen dortigen Provinzen zur Verbesserung der dasigen Landschulen etabliren will, bekannt gemacht habe, so diene Euch darauf zu Eurer weitern Direktion, daß Euch von dergleichen Schulhaltern ein gewisser Hofrath Pape zu Halle viere, und ein gewisser Kammerrath Garben alhier vier dergleichen zusenden und adressiren werden.

Diese Leute haben sich dergestalt engagiren lassen, daß sie alles dasjenige, so sie hier an Gehalt und Emolumenten jährlich gehabt, bei ihrem dortigen Etablissement wieder bekommen, und nichts deshalb verlieren sollen, dahero denn, weil die dortigen Landschulmeister gemeiniglich schlecht im Gehalt und dergleichen stehen, Ich entschlossen bin, ihnen dasjenige, so bei ihrem dortigen Etablissement an ihren hiesigen Gehalten und Emolumenten fehlen wird, Selbst baar zuzuschießen, sobald Ihr Mir nur angezeigt haben werdet, wieviel solcher Zuschub deshalb in allem jährlich beträgt.

Weil auch Mein Wille ist, daß vier von diesen Sächsischen Schulhaltern in Meinen Aemtern der Churmark, die andern viere aber in Meinen Hinter-Pommerschen Aemtern gut etablirt und angesetzt, und dabei gegen allen Neid und Verfolgung protegirt, vielmehr denen andern dortigen Schulmeistern wegen besserer Erziehung der Jugend zum Exempel dienen, und denenselben Anweisung geben sollen, auf daß dadurch dort eine bessere Erziehung und Information der Jugend weiter ausgebreitet werde, so sollet Ihr Euch wegen deren Etablissements mit dem dortigen Kammer-Direktor Groschopp, und wegen der Ansetzung derjenigen, so in die Pommerschen Aemter kommen, mit dem Geheimen Finanz-Rath von Brenkenhof weiter besprechen und concertiren, auf daß alles<204> Meiner Intention gemäß wegen derselben reguliret werde. Ich bin Euer wohl affectionirter König

Leipzig, den 12. Febr. 1763. Friedrich."

16. Februar 1763

Der König in Dahlen, unweit Hubertsburg, wo die Friedensunterhandlungen Statt fanden. Auf seiner Reise von Leipzig dahin besuchte er auch seinen Friedensbevollmächtigten Herzberg in Hubertsburg und sagte zu ihm: "Vous avez fait la paix, comme j'ai fait la guerre, un contre plusiers."

17. Februar 1763

Der König empfängt in Dahlen die Glückwünsche der Hubertsburger Friedensgesandten.

18. Februar 1763

Der Marquis d'Argens kehrt von Leipzig nach Berlin zurück.

?? Februar 1763

Der König geht nach einigen Tagen nach Meissen und kehrt nach Dahlen zurück. (S. den folgenden Brief).

25. Februar 1763

Der König an den Marquis d'Argens:

"Ihr Brief, mein lieber Marquis, benimmt mir vollends alle Besorgnisse, die ich wegen Ihrer Gesundheit hatte. Den Tag vor meiner Abreise waren Sie krank, man versichert mich aber, daß Sie Sich den Tag nachher auf den Weg gemacht hätten. Das große Heilmittel, die Luft, und die Erschütterung des Wagens haben Sie gesund gemacht. Dadurch wird Boerhave's Behauptung, daß eine gänzliche Ruhe der Gesundheit nicht zuträglich sei, hinlänglich erwiesen. Wozu die Natur uns in die Welt gesetzt hat, weiß ich nicht. Nach unserer Gesundheit zu urtheilen, sollte es fast scheinen, wir wären eher zu Postillonen, als zu Philosophen bestimmt.

Seit unserer Trennung bin ich in Meissen gewesen. Nach Briefen aus Wien haben die Präliminarien dort eine allgemeine Freude erregt, und die Kaiserin hat den Ueberbringer beinahe umarmt. Die Ratifikationen werden morgen oder spätestens übermorgen ankommen. Wenn mich mein bischen Rechnung nicht trügt, glaube ich Sachsen nicht vor dem 12. März zu verlassen. Ich brauche vierzehn Tage, um meine Schlesischen Geschäfte zu endigen, und nach einem ungefähren Ueber<205>schlage werde ich vor dem 29sten künftigen Monats nicht in Berlin sein können.

Das Gute bei dem Allen ist nicht meine Gegenwart, lieber Marquis, sondern der Friede. Ueber den können die guten Bürger und das Publikum sich mit Recht freuen. Aber ich armer alter Mann kehre nach einer Stadt zurück, wo ich nur noch die Mauern kenne, wo ich keinen von meinen Bekannten antreffe, wo mich ungeheure Arbeit erwartet, und wo ich in Kurzem meine alten Knochen in einer Freistätte lassen werde, die weder Krieg, noch Unglücksfälle, noch boshafte Menschen beunruhigen können.

Ich bin hier auf einem Landhause, wo ich mein Leben in der Einsamkeit zubringe. Nur der liebe Marquis fehlt mir, allein ich hoffe, ihn in Berlin wieder zu sehen. Fahren Sie zuweilen aus, mein Lieber, bringen Sie Ihrer Gesundheit dies Opfer. Ihre Pferde erwarten Sie in Potsdam, sie sind bereits da, und ich Unwürdiger bitte Sie, mich nicht zu vergessen. Leben Sie wohl. Mein Compliment an Babet."

B.

3. Februar 1763

Circular, daß die Prediger bei willkürlicher Strafe sich enthalten sollen, Predigten in Versen zu halten 205-+.

5. Februar 1763

Die Friedens-Präliminarien werden zu Hubertsburg unterzeichnet.

<206>

8. Februar 1763

Wird die Zahlenlotterie eingeführt.

10. Februar 1763

Definitiv-Frieden zwischen England, Frankreich und Spanien, geschlossen zu Paris.

15. Februar 1763

Friedensschluß, zu Hubertsburg geschlossen zwischen Preußen, Oestreich und Sachsen, auch werden darin mit eingeschlossen : Rußland, Frankreich, England, Schweden, und alle Fürsten und Stände des Römischen Reichs. Preußen behält alle seine Länder, die es vor dem Kriege besaß. (Herzberg's Recueil etc. I. 299).

17. Februar 1763

Kehrt die Königin, und den 19ten die Prinzessin von Preußen von Magdeburg nach Berlin zurück. Beide wurden von der Bürgerschaft feierlich empfangen.

25. Februar 1763

Rückte das aus dem Felde zurückkehrende Regiment von Forcade wieder in Berlin ein.

26. Februar 1763

Stirbt der Markgraf Friedrich von Baireuth, Schwager des Königs.

März.

A.

März 1763

Der König in Dahlen.

1. März 1763

Der König an d'Argens :

"Endlich ist im ganzen Ernst Friede, lieber Marquis. Diesmal werden Sie mit Recht Postillone und den ganzen Zug bekommen, der sie begleitet. Da wäre denn Gott sei Dank das Ende meiner militärischen Thaten!

Sie fragen, was ich hier thue? Täglich hält Cicero Reden vor mir; die gegen Verres habe ich schon lange geendigt, und jetzt bin ich bei seiner Rede über den Murena. Außerdem habe ich den Batteux ganz ausgelesen. Sie sehen also, daß ich nicht träge bin. Sie selbst, mein Lieber — Sie müssen nicht ungeduldig werden, der Strom ist schon schiffbar, und Sie werden Zeit genug haben, Ihre Sachen nach Potsdam zu schaffen, ehe ich dort ankomme. Bis zum 13ten werde ich hier oder in Torgau bleiben. Meine Reise<207> nach Schlesien wird 15 oder 17 Tage erfodern; und so kann ich erst den 31sten dieses Monats oder den 2. April in Berlin sein. Den ersten des künftigen Monats will ich nicht zu Ihnen kommen; die Spaßvogel könnten sich über mich lustig machen, und mich in den April schicken.

Der Friede macht also den Berlinern Freude? — Hier bei den Sachsen ist es ganz anders. Kaum verlassen wir die Städte, kaum räumen wir das Land, so erscheint sogleich die Sächsische Execution. Bezahlt, bezahlt, heißt es, der König von Polen braucht Geld. Das Volk fühlt das Unmenschliche in diesem Verfahren, es ist im Elende, und man beschleunigt sein Verderben, anstatt ihm Erleichterung zu verschaffen. Hier, mein Lieber, haben Sie ein Gemälde von Sachsen, das nach der Natur gezeichnet ist. Alle diese Executionen sehe ich für mein Theil als ein gleichgültiger Zuschauer an, aber als Weltbürger kann ich sie nicht billigen.

Ich arbeite hier im Stillen an der innern Einrichtung der Provinzen. Die Hauptverfügungen wegen der Armee sind bereits getroffen. Die Franzosen haben den Frieden 5 Tage früher unterzeichnet, als wir. etc. — etc.

Ich strebe nach Beruhigung meines Geistes und nach einer kleinen Entledigung von Geschäften, um mir frohe Tage zu machen, indeß meine Leidenschaften still sind, über mich selbst nachzudenken, in dem Innern meiner Seele verschlossen zu sein, und mich von allem Prunk zu entfernen, der mir, aufrichtig gesprochen, von Tag zu Tage unerträglicher wird. etc. — Gute Nacht, lieber Marquis, es ist spät. Morgen muß ich noch viele Geschäfte besorgen. etc."

3. März 1763

Der König an den General von Seydlitz :

"Mein lieber General-Lieutenant von Seydlitz. Nach völlig berichtigtem Frieden mit dem Wienerischen Hofe, und da nunmehr dazu geschritten wird, durch deshalb von beiden Theilen zu benennende Commissarien zu Dresden ein Concert über die Art und Orte der Auslieferung beiderseitiger Kriegsgefan<208>genen zu nehmen, hat der Oestreichische dazu benannte Commissaire der General-Lieutenant von Haddik bei Mir Ansuchung gethan, daß ihm seine Bagage, davon er den Werth auf 14000 Fl. rechnet, so ihm 1739 zu Tövlitz durch den jetzigen General-Major von Kleist enleviret worden, wieder restituiret werden möchte. Es will dabei verlauten, daß das erwähnte, dafür gelösete Geld annoch existiren solle. Da Mir davon nichts bekannt ist; so habt Ihr Mir dasjenige, so Euch davon bewust, und wo die Sachen geblieben zu berichten, auch zu melden, ob, und was Euch von dem deshalb vorhandenen Gelde und wo sich solches befindet bekannt sei, auf daß Ich Mich darüber weiter erklären könne. Ich bin etc."

6. März 1763

Der König an die Gräfin Camas :

"Ich werde Sie also wiedersehen, mein liebes Mütterchen, und ich hoffe, es soll zu Ende dieses Monats oder zu Anfange Aprils sein, und schmeichle mir, Sie eben so wohl und munter wieder zu finden, als ich Sie verlassen habe. Mich werden Sie freilich gealtert und fast schwachköpfig finden, grauschimmlig wie meine Maulesel, tagtäglich einen Zahn einbüßend, und von der Gicht zum halben Krüppel gemacht. Allein Ihre Nachsicht wird die Gebrechlichkeiten des Alters ertragen, und wir wollen über die gute alte Zeit plaudern.

Da ist also nun unser guter Markgraf von Baireuth ebenfalls todt, das schmerzt mich ungemein. Wir verlieren Freunde, und die Feinde scheinen sich eines ewigen Lebens erfreuen zu wollen. Ach, mein Gutmütterchen, wie ist mir bange vor Berlin und vor der Leere, welche ich antreffen werde! Allein ich will bloß an Sie denken, und über alles Uebrige mich zu täuschen suchen. Sein Sie davon überzeugt, wie innigst ich mich freue, Sie mündlich von der wahren Hochachtung und Freundschaft zu versichern, welche ich bis ins Grab Ihnen bewahren werde."

10. März 1763

Der König an d'Argens :

"Während, Sie Helden sehen, mein lieber Marquis, und<209> eine Menge von Volk um sich herum jauchzen hören, führe ich hier ein philosophisches Leben, das mir sehr wohl bekommt. Ich habe nun die Plage, meine Truppen abzuführen, womit es schwerer hält, als mit der Abführung Ihrer Reichthümer. Allein da gegenwärtig Alles im Zuge ist, so bin ich doch etwas ruhiger als zu Leipzig.

Ich bitte Sie, kommen Sie mir doch nicht zu Pferde entgegen; es kann Ihnen im Gedränge ein Unglück zustoßen, was mir unendlich nahe gehen würde. Ich bin doch überzeugt, daß Ihnen meine Rückkunft Vergnügen machen wird, wozu das Uebrige? wovon Sie nur Ungelegenheiten oder sonst was Uebles haben könnten. Ueberdies kann ich nicht eher als zwischen 7 und 8 Uhr Abends eintreffen, was wollen Sie so lange in freier Luft machen? Sie würden Sich nur Schnupfen, Husten und mehr dergleichen holen. Nein, mein lieber Marquis, erwarten Sie mich in meinem Zimmer, da werde ich Sie sehen und sprechen können, was für uns beide ein vernünftigeres und schicklicheres Vergnügen sein wird, als jene halsbrechende Reiterei, die mich Ihretwegen nur ängstigen würde.

Es ist freilich wider meinen Willen, daß ich so viel Truppen verabschiede, allein die Lage, in die ich durch den Frieden gerathe, erlaubt mir nicht, über 138000 Mann zu halten, und ich würde bloß an denen, die im Felde gewesen, 188000 haben. Das gesamte Militär, die Besatzungen mitgerechnet, belief sich dies Jahr auf 219000 Mann. Sie kommen aber doch alle ins Land, und nur einige Ueberläufer gehen verloren. Ich verabschiede die Eingebornen und behalte alle Ausländer. Man spricht auch zu Wien von Reformen; etwas davon weiß man schon, das Uebrige wird sich in Kurzem zeigen. Doch glaube ich nicht, daß man auch der Cousine 209-+<210> so geschwind den Abschied geben wird. Sollten im Staatssystem Umkehrungen vorgehen, so wird es doch nicht eher als nach einem Jahre geschehen. Ich für mein Theil werde mich nicht übereilen, denn wenn es irgend möglich ist, wünschte ich meine alten Knochen friedlich ins Grab zu legen, und meiner Seele die Ruhe wieder zu geben, die ich in diesem Kriege bei so vielen heftigen innern Bewegungen fast beständig entbehren müssen.

Catt ist mit einem Fieber hierher gekommen, ich habe ihn in der Kur und schmeichle mir, ihn gesund wieder nach Berlin zurückzusenden. Den 16ten werde ich die Kurprinzessin in Moritzburg besuchen, den 18ten in Schweidnitz sein und weiterhin meinen Weg so nehmen, daß ich den 2. April Abends zwischen 7 und 8 das Vergnügen haben kann, Sie auf dem Berliner Schlosse wieder zu sehen. Da haben Sie, mein lieber Marquis, die Reiseroute Ihres gehorsamen Dieners. Ich habe heute Ader gelassen, weil ich sehr mit meinen Krämpfen geplagt war. Doch was thut das! Bleiben Sie nur gesund und vergessen nicht einen Philosophen, der verdammt ist, ein so herumstreifendes Leben wie der ewige Jude zu führen. Leben Sie wohl."

16. März 1763

Der König in Moritzburg, wo er dem Kurprinzen Christian und dessen Gemalin einen Besuch abstattet.

Von Moritzburg geht der König über Bautzen nach Schlesien.

18. März 1763 bis 20. März 1763

Der König in Schweidnitz.

20. März 1763

Der König an das Geistliche Departement in Schlesien. "Da S. K. Maj. in Preußen etc. nach dem glücklich hergestellten Frieden die Aufrechthaltung der Schulen im Lande und die gute Ordnung bei solchen, Sich mit zum Hauptaugenmerk in Gnaden zu nehmen geruht, als hat das Departement der Evangelischen Sachen in Schlesien zu Erhaltung dieses Zwecks die Verordnung zu machen, daß Superintendenten in den ihnen untergebenen Distrikten dieserhalb die erfoderliche<211> Untersuchung anstellen, und von sechs zu sechs Monaten, oberwähnten Departement zu Erhaltung der guten Anstalten bei den Schulen, oder zu benöthigter Remedur ihre Berichte erstatten müssen. Auch hat das Departement dafür zu sorgen, daß die in Betracht der Katholischen Schulen dem Weih-Bischöfe zu Breßlau gestellte Ordre gehörig exekutirt werde. Schweidnitz, den 20. März 1763. Friedrich."

24. März 1763

Der König kommt in Breslau an und wird daselbst feierlich empfangen.

Von Breslau geht der König über Grüneberg nach Frankfurt a. d. O.

30. März 1763

Ankunft in Frankfurt. Der König besieht das Schlachtfeld bei Kunersdorf und setzt dann seine Reise nach Berlin fort. In Taßdorf empfing ihn der Geheime Nath von Nüßler als Landrath des Niederbarnimschcn Kreises, mit welchem er eine lange Unterredung über die Kriegsschäden hat, welche der Kreis erlitten, und wie den heruntergekommenen Einfassen desselben geholfen werden könne. Büsching's Beiträge zu den Lebensgeschichten denkwürdiger Personen I. 401).

30. März 1763

Der König kommt Abends zwischen 8 und 9 Uhr in Berlin an 211-+.

Sobald er auf dem Schlosse angelangt war, begab er sich zur<212> Königin, seiner Gemalin, wo er auf das Zärtlichste empfangen ward, und bei welcher er das Soupée einnahm.

31. März 1763

Der König macht seiner Familie verschiedene Geschenke. Die Königin erhielt 15000 Thaler, die Prinzessin Amalie 4000 Thlr. und eine kostbare Tabatiere etc.

An demselben Tage Vormittags empfing der König die Abgeordneten der Kaufmannschaft, der Französischen Kolonie, der Schlitzengilde, um von ihnen die Glückwünschungsgedichte, welche des Abends vorher, weil es schon zu spät gewesen, nicht hatten überreicht werden können, anzunehmen. Gleiche Ehre genossen die Abgeordneten des Schlachtergewerks. Auch ertheilte der König den Prinzen vom Geblüt, den in- und ausländischen Ministern und dem hiesigen hohen Adel Audienz, um von ihnen die Glückwünschungs-Complimente anzunehmen. Gegen Mittag war bei dem Könige große Cour, und Nachmittags stattete der König den Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses einen Besuch ab.

B.

1. März 1763

Die Friedens-Tractate werden ratisicirt ausgewechselt.

1. März 1763

Kabinetsordre des Königs an das Berlinische Staatsministerium und alle Collegien, daß und wie der mit Oestreich und Sachsen geschlossene Friede mit den üblichen Solennitäten und durch einen auf herkömmliche Art gekleideten Herold, nach dem beigefügten Proclamations-Formular, auf den vornehmsten Plätzen der Residenz ausgerufen werden soll.

3. März 1763

Die Preußen räumen Leipzig.

5. März 1763

Feierliche Proklamation des Friedens in Berlin.

11. März 1763 bis 12. März 1763

Die Franzosen übergeben Wesel, Geldern, Cleve etc. den Preußen.

18. März 1763

Die Oestreicher räumen Glatz.

20. März 1763

Kabinetsordres des Königs an das geistliche Departement in Schlesien und an den Weih-Bischof zu Breslau, betreffend die Verbesserung der evangelischen und katholischen Schulen.

<213>

27. März 1763

Das Zietensche Husaren-Regiment, geführt von seinem Chef, rückt in Berlin ein.

29. März 1763

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig und der Markgraf von Schwedt treffen in Berlin ein.

31. März 1763

Der General-Lieutenant von Bülow, desgleichen der General-Major von Wunsch, aus Oestreichischer Kriegsgefangenschaft, treffen aus Inspruk in Berlin ein.

April.

A.

1. April 1763

Der König in Berlin. Auf seinen Befehl erscheinen die sämtlichen Landräthe der Kurmark vor ihm und müssen ihm Bericht erstatten über die Beschädigungen etc., welche die Insassen durch den Krieg erlitten haben, und was zu deren Unterstützung etc. erfoderlich ist. (Büsching's Beiträge etc. siehe oben).

2. April 1763

Der König an Darget :

"Ich danke Ihnen für Ihre Theilnahme an dem endlich einmal geschlossenen Frieden. In Ihren Wünschen bei dieser Gelegenheit finde ich die Sprache des Herzens, und Sie können überzeugt sein, daß ich davon gerührt bin."

4. April 1763

Der König nimmt die große Illumination in Augenschein.

5. April 1763

Der König ernennt den Geh.Legations-Rath von Herzberg zum Wirklichen Geh. Staats-, Kriegs- und Cabinetsminister.

12. April 1763

Der König besucht das Cadettenhaus.

14. April 1763

Der König an Algarotti in Pisa :

"Ich danke Ihnen für den Antheil, welchen Sie an dem von uns so eben geschlossenen Frieden nehmen etc. — Die Begebenheiten dieses Krieges verdienen kaum auf die Nachwelt zu kommen. Ich halte mich für keinen so guten General, daß man meine Geschichte schreibe, noch für einen so guten Geschichtschreiber, um Werke herauszugeben. Nur zu sehr habe ich es bedauert, einige Sachen, die ich nur für mich gearbeitet, durch die Schlechtigkeit und Treulosigkeit eines<214> Elenden, der sie noch dazu verstümmelt hat, öffentlich erscheinen zu sehen. Doch, Sie sind davon schon hinreichend unterrichtet."

16. April 1763

Besieht der König verschiedene Gegenden der Stadt und das neu erbaute (Prinz Heinrichsche) Palais auf der Neustadt (das jetzige Universitäts-Gebäude).

20. April 1763

Desgleichen.

21. April 1763

Geht der König nach Potsdam.

B.

4. April 1763

Der General-Lieutenant von Fink kommt aus Oestreichischer Kriegsgefangenschaft von Inspruk in Berlin an.

21. April 1763

Edict, wonach von Trinitatis (1763) an alle Zahlungen in neuem Brandenburgischem Gelde geschehen sollen 214-+.

<215>

21. April 1763

Edict, daß den Ponnnerschen und Neumärkischen Vasallen, den Insassen etc. eine fünfjährige Nachsicht verstattet werden soll.

25. April 1763

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig nach Potsdam zum König.

28. April 1763

Um diese Zeit traf auch der am 7. April aus Oestreichischer Kriegsgefangenschaft entlassene General Fouque beim König in Potsdam ein, desgleichen der General v. Wylich. Feierliche Beisetzung des verstorbenen Markgrafen Karl in dem Dom zu Berlin.

Mai.

A.

Mai 1763

Der König in Potsdam.

12. Mai 1763

In Sanssouci, bezeichnet die Stelle und laßt den Raum zum Bau des Neuen Palais abstecken.

12. Mai 1763

Die Prinzessin Amalie in Potsdam, von wo sie nach Aachen ins Bad reist.

12. Mai 1763

Kabinetsordre des Königs an das geistliche Departement, die jährliche Anfertigung und Einsendung der Listen von den Gebornen und Gestorbenen betreffend.

18. Mai 1763

Der König kommt in Begleitung des Prinzen von Preußen über Charlottenburg in Berlin an.

19. Mai 1763

Kabinetsordre des Königs an den General von Zieten, daß die General-Lieutenants von Wedel, von Czetteritz, von Wylich und von Forcade dem Kriegsrechte, welches über die Generale von Fink, von Gersdorf und von Rebentisch gehalten werden soll, beiwohnen sollen.

19. Mai 1763

Große Cour beim König.

20. Mai 1763

Abreise des Königs nach Pommern mit dem Prinzen von Preußen. Ankunft in Schwedt.

<216>

21. Mai 1763

Der König in Stargard und Greiffenberg.

22. Mai 1763

In Treptow an der Rega.

22. Mai 1763

In Colberg. Da es das erste Mal war, daß der König diese Stadt besuchte, so wurde er von der Bürgerschaft feierlich empfangen. Er nahm sein Quartier im Borkschen Hause. Bald nach seiner Ankunft besah er die Verschanzungen und den 23sten noch besonders die grüne Schanze. An demselben Tage dictirte der König selbst dem Geh. Finanzrath von Brenkenhof in die Schreibtafel 26 Punkte, die Verbesserung der bäuerlichen Verhältnisse betreffend, in welchen es unter andern wörtlich heißt: "Es sollen absolut und ohne das geringste Raisonniren alle Leibeigenschaften, sowohl in den Königlichen, Adligen, als Stadteigenthumsdörfern, von Stund an gänzlich abgeschafft werden, und alle diejenigen, so sich dagegen opponiren würden, so viel möglich mit Güte, in deren Entstehung aber mit force dahin gebracht werden, daß diese von Sr. Königl. Maj. so festgesetzte Idee zum Nutzen der ganzen Provinz ins Werk gerichtet werde."

24. Mai 1763

Rückreise des Königs über Greiffenberg, Stargard und Schwedt.

26. Mai 1763

Ankunft des Königs in Berlin.

27. Mai 1763

Der König begiebt sich zu Pferde in Begleitung des Obersten von Anhalt nach Potsdam.

27. Mai 1763

Lord Marschall zum König nach Potsdam.

28. Mai 1763

Die Generale von Bork, von Czetteritz und von Wunsch zum Könige nach Potsdam.

30. Mai 1763

Scharfe Cabinetsordre des Königs an den General von Mosel wegen des Prügelns der Bürger durch Officiere.

B.

17. Mai 1763

Ward in Zieten's Hause das Kriegsrecht über den General Fink gehalten.

18. Mai 1763

Edict, Wie vom 1. Juni an alle Zahlungen in Cassen und gemeinen Handel geschehen sollen. (Eine weitere Ausführung etc. des Edicts vom 21. April. Siehe oben S. 214).

<217>

Der Abt Bastiani, welcher sich einige Zeit in Berlin und Potsdam aufgehalten hatte, reist um diese Zeit nach Breslau zurück (vor dem 17ten).

Die Domcapitularen zu Magdeburg erhalten einen besondem Orden.

In diesem Monat ward der Bau des Dienen Palais in Sanssouci angefangen.

Juni.

A.

Juni 1763

Der König in Potsdam.

2. Juni 1763

Arbeise des Königs nach Westphalen mit dem Prinzen von Preußen. Ankunft in Magdeburg.

3. Juni 1763

In Halberstadt, Hornburg.

4. Juni 1763

In Amt Saldern, Minden.

5. Juni 1763

Der König besieht das Schlachtfeld bei Minden, dann über Herfort und Bielefeld nach Lipstadt, wo er feierlich empfangen wird, von da nach Ham, hier nimmt er sein Quartier im Hause des Kriegsraths Nattermüller.

6. Juni 1763

Von Ham nach Wesel. Ankunft und feierlicher Empfang daselbst. Nach der Mittagstafel ließ der König den Kammerdirector Meyen rufen, der ihm die Etats vorlegen mußte, mit denen er nicht zufrieden war, und ihm befahl, sie umzuarbeiten. Nach ihm hatte der König eine lange Unterredung mit dem damaligen Kriegsrath Roden über die Ermittelung der Kriegsschäden in den verschiedenen Städten Westphalens und über die Unterstützung der Hülfsbedürftigen etc., worüber Roden einen ausführlichen Bericht anfertigen solle.

10. Juni 1763

Von Wesel nach Crefeld, wo er feierlich empfangen wird, und seine Wohnung bei dem Commerzienrath von der Leyen nimmt. Gleich nach der Ankunft setzte sich der König zu Pferde und besah mit seinem Gefolge das Schlachtfeld bei Crefeld. Nachher nahm er die Gärten des Commerzienraths, seine Seidenfabrik und sein Waarenlager in Augenschein, und<218> kaufte verschiedene Seidenwaaren. Mittags speiste der König bei dem Commerzienrath.

11. Juni 1763

Ueber Kempen, Geldern 218-+, Xanten geht der König nach Cleve, wo er am 11ten, Abends 1/2 8 Uhr, eintrifft und feierlich empfangen wird. Bei ihm befanden sich der Prinz von Preußen, der Herzog Ferdinand von Braunschweig, der General-Lieutenant von Wylich, der General-Major von Bork und der Oberst-L. und General-Adjutant Heinrich Wilhelm von Anhalt. Der König fuhr durch die Stadt zum Haag'schen Thor hinaus nach dem Landsitz des Obersten Barons von Span '), Bellevue genannt, wo er sein Quartier nahm, während der Herzog Ferdinand auf dem sogenannten Prinzenhof in der Stadt und der Prinz von Preußen vor dem Haag'schen Thore bei dem Postcommissarius Schöppelnberg wohnten, die übrigen Officiere bezogen verschiedene Wohnungen in der Stadt.

12. Juni 1763

Ist der König mit Regierungssachen beschäftigt.

13. Juni 1763

Fand sich der Kriegsrath Roden bei dem Könige ein und überreichte den verlangten Bericht, worauf der König resolvirte 25000 Thlr. zur Unterstützung herzugeben. Nachher ritt der König aus, die Stadt und Umgegend zu besehen. Abends war die Stadt erleuchtet.

14. Juni 1763

Machte der König einen Spaziergang zu Fuß nach "Berg und Thal," eine halbe Stunde von der Stadt, wo er die Grabstätte des Fürsten Moritz von Nassau, die dieser sich daselbst in seinem Garten anlegen lassen, in Augenschein nahm. (S. Büsching's Geographie unter dem Art. Cleve).

15. Juni 1763

Abreise von Cleve, mit feierlichem Geleite, nach Xanten, wo er die Capitelskirche besieht, und dann nach Lipstadt geht.

An beiden Orten ward der König feierlich empfangen.

15. Juni 1763 bis 17. Juni 1763

In Minden.

<219>

17. Juni 1763

Von Minden über Hannover, wo der König während des Umspannens vor dem Egidienthore beim Rühlingschen Garten ausstieg, und sich mit den hier anwesenden beiden Prinzen von Mecklenburg-Strelitz, dem Kammerpräsidenten Münch, Hausen, dem General Spürten etc. kurze Zeit unterredete, nach Braunschweig und Salzdahlen, wo er Nachmittags um 5 Uhr ankommt.

20. Juni 1763

Abreise aus Salzdahlen, Über Voigtsthal, Magdeburg nach Brandenburg, wo der König bei dem General Fouqué absteigt.

21. Juni 1763

Kommt der König in Potsdam (Sanssouci) an, und Tags nachher trifft auch d'Alembert dasellst ein.

B.

11. Juni 1763

Ward das Fundament zum Neuen Palais in Sanssouci gelegt.

26. Juni 1763

Der General von Seydlitz geht durch Berlin zum König nach Potsdam.

Um dieselbe Zeit traf auch der General von Krokow aus Schlesien beim König in Potsdam ein.

Juli.

A.

Juli 1763

Der König in Potsdam.

2. Juli 1763

Der König an die Gräfin Camas 219-+ :

"Mein liebes Mütterchen, Ihr Brief, so wie Ihr Andenken haben mir eine wahre Freude gemacht, weil sie mir be<220>weisen, daß es mit Ihrem Befinden besser geht. Man versichert mir, es sei dabei keine Gefahr mehr, und daß Sie bald wieder hergestellt sein werden. Meine Schwester wird in einer Stunde hier eintreffen, ich gestehe Ihnen, daß ich mich recht sehr darauf freue. Versuchen Sie doch, mein gut Mütterchen, etwas frische Luft zu schöpfen. Es ist das erste und beste aller Arzeneimittel und wird Balsam für Ihr Blut sein, und Sie gänzlich wieder auf die Beine bringen. Niemand kann Ihnen das aufrichtiger wünschen, als ich. Sie kennen mein altes Herz, immer unwandelbar und von der Art, daß es Sie, so lange es schlägt, lieben wird. Leben Sie wohl, mein Herzensmütterchen. Sorgen Sie ja recht für Ihre baldige Wiederherstellung und vergessen Sie mich nicht. Ich werde, mein liebes Mütterchen, Ihr Schreiben meiner Schwester mittheilen, die sich Ihres Andenkens recht sehr freuen wird. Es thut mir zwar außerordentlich leid, daß ich mich hier Ihrer nicht erfreuen kann; allein ich finde, daß Sie vollkommen Recht haben, Sich zu schonen, und im Grunde würde ich hier Ihren lieblichen Umgang sehr wenig genießen können, denn wir befinden uns wie auf einer allgemeinen Versammlung des heiligen Römischen Reichs, umringt von dreißig Prinzen und Prinzessinnen, und dann verhindern mich auch meine Gebrechlichkeiten, an allen Gastereien Theil zu nehmen. Bei den großen Feierlichkeiten bin ich zugegen, und in den Zwischenräumen suche ich mich etwas zu erholen. Der alte Baron 220-+ spricht meinen gelähmten Beinen Hohn; er hat so eben mit dem Prinzen Friedrich zu Fuße ein Wettrennen gehalten. Ich, der ich auf einem Beine umherhinke, ungefähr wie eine Schildkröte, ich schaue dem Wettrennen zu, wie ein Gichtbrüchiger einem Ballette des Denis.

Schlafen Sie wohl, mein liebes Mütterchen. Ich hoffe Sie wieder zu sehen, sobald ich wieder zu Beinen gelangt<221> sein und mich im Stande sehen werde, die Schloßtreppen zu erklimmen, die zu Ihrem Paradiese führen. Ich verbleibe auf ewig der älteste Ihrer Anbeter."

13. Juli 1763

Der König von Potsdam nach Charlottenburg bis den 19ten.

17. Juli 1763

D'Alembert beim König in Charlottenburg. Er ging an demselben Tage nach Schönhausen, wo er der Königin vorgestellt wurde.

18. Juli 1763

Der General von Ramin nach Charlottenburg zum König.

18. Juli 1763

Der König mit dem Prinzen von Preußen nach Potsdam.

19. Juli 1763

D'Alembert und die Generale von Lentulus und von Seydlitz nach Potsdam zum König. Um diese Zeit war es, wo Seydlitz den Feldprediger seines Regiments, Balte, der in der Schlacht bei Roßbach tapfer mitgefochten, dem Könige empfahl, der auch sogleich die eben erledigte Feldprobststelle für ihn bestimmte. (Samml. der Anekdoten XVII. 20). Auch von der Dichterin Karsch sprach Seydlitz zum König.

?? Juli 1763

Um diese Zeit kam die Schwester des Königs, die Markgräfin von Schwedt, mit ihren beiden Töchtern nach Potsdam zum König.

21. Juli 1763

Der König an den General von Fouqué in Brandenburg :

"Hierbei sende ich Ihnen das so lang erwartete Service, das endlich fertig geworden. Ich wünsche, daß Sie Sich desselben noch viele Jahre bei gutem Wohlsein bedienen mögen. Melden Sie mir doch, ich bitte Sie, wie es um Ihre Gesundheit steht. Ich habe große Lust, Ihnen Kothenius 221-+ zu schicken, damit Sie wahre Arzeneien und nicht Quacksalbereien brauchen, die Ihnen nichts helfen können. Hierüber erwarte ich Ihre Antwort, und versichere Sie meiner aufrichtigen und vollkommenen Freundschaft."

30. Juli 1763

An Ebendenselben :

"- etc. Sie erstaunen, daß ich Sie liebe? Dann hätten Sie Ursach, wenn ich einen Krieger, der sich Ruhm erwor<222>ben, einen rechtschaffenen Mann und noch überdies meinen alten Freund nicht liebte. — etc. Sie können zu Brandenburg bleiben, so lange Sie wollen, aber besuchen müssen Sie mich zuweilen; es ist ja nicht weit. Wenn ich weiß, daß Sie zu mir kommen wollen, werde ich Ihnen meine Pferde auf den halben Weg entgegen schicken, etc. Ich habe meine Schwester von Schwebt mit ihrer ganzen Familie hier."

August

A.

1. August 1763

Der König in Potsdam. Er bezieht an diesem Tage Sanssouci.

2. August 1763

In Sanssouci Schauspiel.

5. August 1763

Illumination etc.

6. August 1763

Die Markgräfin von Schwedt mit ihren Töchtern verläßt Potsdam und geht über Berlin und Schönhausen nach Schwedt zurück.

23. August 1763

Der König mit dem Prinzen von Preußen und den Generalen von Lentulus und von Seydlitz nach Berlin. Große Cour, Gesandten-Audienz. Der König speist in seinen Zimmern, nachher besieht er den Bau der Artillerie-Kaserne an der Weidendammer Brücke (jetzt Kaserne des zweiten Regments Garde). Tags vorher war die Königin nach Berlin gekommen, wie es in der Regel jedesmal geschah, wenn der Konig hier erwartet wurde.

24. August 1763

Der König über Charlottenburg nach Potsdam.

B.

4. August 1763

Erscheint das Edict über die Erbfolge in den Lehngütern.

12. August 1763

General-Landschul-Reglement.

31. August 1763

Ward die Zahlenlotterie in der Wilhelmsstraße zu Berlin, wo sich das Lotterieamt befand, zum ersten Male gezogen.

<223>

September.

A.

September 1763

Der König in Potsdam.

10. September 1763

Der König von Potsdam nach Charlottenburg bis den 11ten. Bei ihm befanden sich die Generale von Lentulus und von Seydlitz.

11. September 1763

In Berlin, besucht die Porzellanmanufactur und nach Charlottenburg zurück.

?? September 1763

Nach Potsdam.

28. September 1763

Von Potsdam nach Berlin mit dem Oberst, Lieutenant von Anhalt; giebt Audienz.

29. September 1763

Nach Charlottenburg.

30. September 1763

Nach Potsdam.

Oktober.

A.

Oktober 1763

Der König in Potsdam.

1. Oktober 1763

Die Prinzen Friedrich August und Wilhelm Adolph von Braunschweig-Wolfenbüttel, Söhne des Herzogs Karl und der Schwester des Königs, Philippine, und Brüder des damaligen Erbprinzen von Braunschweig, Karl Wilhelm Ferdinand, welcher 1806 an den in der Schlacht bei Jena erhaltenen Wunden starb, kommen auf besondere Einladung des Königs nach Potsdam. Sie erhalten beide den schwarzen Adlerorden, und treten in Preuß. Kriegsdienste. Friedrich August erhielt das vormals Markgraf Karlsche Infanterie-Regiment. Er starb als Herzog von Braunschweig-Oels am 4. November 1789 in Berlin. Er hat die Geschichte seiner militärischen Laufbahn geschrieben. Wilhelm Adolph bekam als Oberst das ehemalige Regiment Franz von Braunschweig. 1770 ging er als Freiwilliger zur Russsischen Armee, die Romanzow gegen die Türken anführte, In der Schlacht, welche Anfangs August 1770 am Flusse<224> Kagul vorfiel, that er sich sehr hervor. Er starb bald nachher an einer Entzündung den 24. August desselben Jahres.

4. Oktober 1763

Der König an Fouqué :

"Hierbei sende ich Ihnen ein großes Glas, das ich noch in Berlin unter dem Nachlaß meines Vaters gefunden habe. Ich wünsche, daß es Ihnen einen Augenblick Vergnügen machte. Ich höre von Ihnen weiter Nichts, als durch die Fremden, die durch Brandenburg gehen. Haben Sie mich vergessen, oder wollen Sie mir das Vergnügen machen, mich zu besuchen, wenn Ihnen dies nicht zu lästig fällt?"

7. Oktober 1763

Der König nach Charlottenburg, wo er dem Russischen Großkanzler, Grafen Woronzow, Audienz ertheilt und dann nach Berlin geht.

8. Oktober 1763

Ueber Charlottenburg nach Potsdam.

In diesem Monat ward die Dichterin Karsch, die sich eben in Potsdam befand, zum König berufen, und hatte mit ihm die bekannte Unterredung. (Samml. der Anekdoten, Heft VIII. 101).

B.

5. Oktober 1763

Stirbt der König von Polen, Kurfürst von Sachsen, Friedrich August.

November.

A.

1. November 1763

Der König in Potsdam.

8. November 1763

In Berlin, ertheilt dem Sächsischen Gesandten, Baron von Golz, eine Privataudienz. Bei der an diesem Tage stattgefundenen großen Cour wurde dem König der Fürst Sulkofsky vorgestellt. Von einer Feier des denselben Tag einfallenden Geburtsfestes wird in den öffentlichen Blättern nichts erwähnt. "Nach der großen Cour speiste der König mit den Prinzen vom Haufe in seinen Appartements."

9. November 1763

Ward auf dem Schloßtheater im Beisein des ganzen Königl. Hauses aufgeführt : le Chevalier à la mode.

<225>

10. November 1763

Nach Potsdam. In Berlin mit dem Prinzen von Preußen.

20. November 1763

Ertheilt dem Türkischen Gesandten Achmet Effendi feierliche Audienz, zu welcher dieser mit großem Pomp aus seiner Wohnung in Königl. Equipage etc. abgeholt wird; dabei überreicht er die vom Sultan für den König mitgebrachten Geschenke. (Siehe Spenersche Zeitung von 1763, Nr. 143).

21. November 1763

Nach Potsdam zurück.

In diesem Monat geschah es, nach des Herrn von Catt Angabe, (siehe unsere Beiträge etc. I. 488), daß das Manuscript der Geschichte des siebenjährigen Krieges, an welcher der König drei Monate unausgesetzt gearbeitet, und sie eben beendigt hatte, durch die Schuld eines Lakaien bis auf ein Heft verbrannte. (Vie de Frederic II, Roi de Prusse, par de la Veaux. Strasb. 1789. T. VI. 357).

B.

9. November 1763

Einzug des Türkischen Gesandten Achmet Effendi mit seinem sehr zahlreichen Gefolge, wobei auch Janitscharen mit ihrer Musik, in Berlin, geführt und begleitet von Preußischen hohen Staatsbeamten vom Militär und Civil und einem Detachement Kavallerie etc. Er war bereits am 2ten in Weissensee, einem Rittergute des Geh. Raths von Nüßler bei Berlin, angekommen und verweilte daselbst so lange, bis die Vorbereitungen zu seinem solennen Einzüge getroffen waren. Der Zug ging zum Neuen Königsthor (damals Bernauer Landwehr genannt) in die Stadt, dann durch die Königsstraße, beim Schlosse vorbei, die Linden hinunter bis zu dem damals Bernezoberschen, jetzt Prinz Albrechtschen Palais in der Wilhelmsstraße, wo ihm seine Wohnung eingerichtet war.

Der Titel, welcher ihm in seinem Creditio beigelegt worden war, lautete wie folgt: "Resmi Chagi Achmet, Rath von unserm Kaiserlichen Divan, Obereinnehmer der Ein<226>künfte von Asien, und noch mehr erhaben durch die Bedienung von Terki oder Nichangi (d. i. der den Kaiserlichen Namenszug auf die Schreiben druckt)." Er hielt sich bis den 2. Mai des folgenden Jahres in Berlin auf und nahm während dieser Zeit alle Merkwürdigkeiten in Augenschein. Er besuchte den botanischen Garten (damals Kräutergarten der Realschule genannt), die Realschule zwei Mal, wo er das erste Mal dem Unterricht in verschiedenen Klassen beiwohnte, und das zweite Mal einem Examen, auch ließ er sich daselbst die Bibliothek, die Luftpumpe, Elektrisirmaschine und die optischen Instrumente zeigen. In der Jerusalemer Kirche hörte er eine Musik und die Predigt, in der Garnisonkirche ließ er sich von dem Organisten Schmalz das Innere der Orgel zeigen. Er besah auch die verschiedenen Zimmer im Schloß und in Monbijoux, dann die Stückgießerei, das Invalidenhaus, den Gesundbrunnen, die Porzellanmanufaktur, die Kattunfabrik des Kaufmanns Oehmigke, wo er verschiedene Stücke kaufte, die Londner Saffianfabrik, die Zuckersiederei und auch die Conditorci des Hofconditors Meyer und das neue Arbeitshaus und die darin befindliche Kirche. Den 28. November war er über Charlottenburg, wo er auf Königl. Befehl mit Kaffee bewirthet ward, nach Potsdam gegangen und hatte daselbst bis den 3. Dezember ebenfalls alles Sehenswürdige in Augenschein genommen. In Berlin machte er auch verschiedenen hohen und niedern Staatsdienern Besuche, als : dem Commandanten von Berlin General von Lottum, Minister von Finkenstein, Groß-Kanzler Jariges etc., dem Oberkonsistorialrath Hecker, dem er ein Geschenk Mit Türkischen seidenen Tüchern machte.

Kurz vor seiner Abreise ließ er sich noch (am 26. April 1764) von der berühmten Künstlerin Rosine de Gast, gebornen Liszewska, abmalen.

<227>

Dezember.

A.

Dezember 1763

Der König in Potsdam.

2. Dezember 1763

Der König an Fouqus :

"Werthester Freund.! Ich überschicke Ihnen hierbei Türkischen Kaffee, den mir ein Mamamouchi gegeben hat. Sie würden mich völlig vergessen, wenn ich Sie nicht an mich zu erinnern suchte. Bald werde ich dazu von Neuem Gelegenheit haben, die ich mit Begierde ergreifen werde."

12. Dezember 1763

Der Minister von Schlabrendorf aus Schlesien in Potsdam beim König.

16. Dezember 1763

Der König in Berlin.

16. Dezember 1763

Der König an Fouque :

"Werthester Freund. Bei Buchholz, meinem Hofstaats-Rentmeister, liegt eine Anweisung auf 5000 Thlr. für Sie, die Sie Sich können geben lassen, wenn es Ihnen gefällig ist. etc."

17. Dezember 1763

An diesem Tage beendete der König in Berlin die Geschichte des siebenjährigen Krieges. Er beschließt sie mit den Worten : "Die Zeit — wird auch den Preußischen Staaten ihren ersten Glanz wiedergeben. Aber dann werden Ehrsüchtige neue Kriege erregen und neues Unglück verursachen, denn es ist dem Geiste des Menschen eigen, daß Beispiele Niemand bessern : die Thorheiten der Väter sind für ihre Kinder verloren; jede Generation muß ihre eigenen begehen. etc.

Gebe der Himmel (wenn anders die Vorsehung sich mit ihren Blicken zu menschlichen Armseligkeiten herunter läßt), daß das unveränderliche und blühende Glück dieses Staats die Fürsten, die ihn künftig beherrschen werden, vor dem Unglück und den Trübsalen bewahre, die Preußen in diesen Zeiten der Zerrüttung und der Unruhen erlitten hat, damit sie nie gezwungen sind, zu den gewaltsamen und traurigen Hülfsmitteln ihre Zuflucht zu nehmen, deren man sich zu bedienen<228> genothigt war, um den Staat gegen den eroberungssüchtigen Haß der Europäischen Fürsten zu erhalten, welche das Haus Brandenburg vernichten und Alles, was Preußisch hieß, auf ewig vertilgen wollten.

Berlin, den 17. Dezember 1763." (S. am Schluß des 4. Theils der hinterl. Werke 228-+.

19. Dezember 1763

Auf dem Schloßtheater ward in Gegenwart des Königs, der Königin, des ganzen Hofes und des Türkischen Gesandten von der Kochschen Gesellschaft die komische Oper : I portentosi Effetti della Madre Natura aufgeführt. Der König beschenkt jeden der beiden Prinzen von Braunschweig, Friedrich August und Adolph Wilhelm, mit einem Brillantring von hohem Werth.

B.

17. Dezember 1763

Stirbt der Kurfürst Friedrich Christian von Sachsen.

18. Dezember 1763

Anfang des Carnevals. Die Ordnung war folgende : Sonntag Cour bei der Königin, Montag Oper auf dem Schloßtheater, Dienstag Französische Comödie ebendaselbst, Mittwoch Apartement bei der Prinzessin von Preußen, Donnerstag Redoute im Opernhause, Freitag Oper auf dem Schloßtheater, Sonnabend Ruhe.

Sonntag und Mittwoch Vormittags fand die gewöhnliche große Cour bei dem Könige Statt. Die diesjährigen Opern waren : 1) I portentosi Effetti della Madre 2)La Maéstra di Scuola; 3) La Cascina. 4) Li Motti per amore. Sie wurden von der Kochschen Gesellschaft auf dem Schloßtheater aufgeführt. Von den "Französischen Hofcomödianten" wurden auf dem Schloßthea<229>ter gegeben: La femme juge et partie; les Joueurs; Embarras des richesses; la gouvernante; l'homme du jour.

Ein "Pantomimenspieler, Namens Bergier, erhielt wegen seiner Geschicklichkeit vom Könige die Erlaubnis Pantomimen aufzuführen."

21. Dezember 1763

Einrichtung der Land-Feuersocietäten.

24. Dezember 1763

Geht der Lieutenant von der Garde, Graf von Schlieren, als Kourier nach Magdeburg und überbringt dem dort auf der Festung sitzenden etc. von der Trenk die Nachricht von seiner Freilassung 229-+.

In diesem Jahre kaufte der König die Porzellanmanufaktur von Gotskowsky für 225000 Thlr. Sie war von Letzterm im Jahre 1759 angelegt worden.

Anmerkungen zum Jahre 1763.

Alexander Sweder Freiherr von Spän, ein Sohnn des Pr. General-Majors von der Kavallerie Alexander Bernhard von Spän, stand 1730 als Lieutenant bei der großen Garde in Potsdam. Als in diesem Jahre wegen vorgehabter Flucht des Kronprinzen Friedrich über diesen und seine Freunde Kriegsrecht gehalten wurde, ward auch Spän zur Untersuchung gezogen, weil er, der ebenfalls, wie der unglückliche Lieutenant von Katt, zu den Jugendfreunden des Kronprinzen gehörte, diesen öfters verkleidet heimlich in Potsdam eingelassen hatte, wenn er den Kronprinzen besuchen wollte. Das ernannte Kriegsgericht verurtheilte ihn deswegen zur Cassation und zu einem Jahr Festungsstrafe, welche Sentenz vom König confirnirt wurde. Nach überstandenem Festungsarrest ging Spän in Holländische Kriegsdienste, wo er bis zum General-Major stieg. Er starb 1768.
     

So groß die Kriegskunst, der Muth und die Ausdauer gewesen, womit der König diesen langen Krieg geführt hatte, so schrieb er doch<230> den glücklichen Ausgang desselben hauptsächlich anderen Ursachen zu. Er sagt darüber in seinen hinterlassenen Werken Th. 4, S. 360 :

"Wenn wir aber hinterher die Ursachen prüfen, welche den Begebenheiten eine so unerwartete Wendung gaben, so finden wir, daß folgende Umstände das Verderben Preußens hinderten: 1) der Mangel an Einigkeit und Uebereinstimmung zwischen den Mächten des großen Bundes; ihr verschiedenes Interesse, welches sie hinderte, sich über gewisse Unternehmungen zu vereinigen; die wenige Eintracht zwischen den Russischen und Oestreichischen Generalen, wodurch sie behutsam wurden, wenn die Gelegenheit lebhaftes Verfahren erfoderte, um Preußen (wie sie es wirklich hätten thun können) zu Grunde zu richten. 2) Die überfeine sublimirte Staatskunst des Wiener Hofes, deren Grundsätze ihn veranlaßten, seinen Bundesgenossen die schwersten und gefahrvollsten Unternehmungen aufzubürden, um am Ende des Krieges seine Armee in besserer Verfassung und vollzähliger zu haben, als anbere Mächte die ihrigen. Hieraus erfolgte verschiedene Male, daß die Oestreichischen Generale aus übertriebener Vorsicht es verabsäumten, den Preußen den Gnadenstoß zu geben, wenn deren Lage völlig hoffnungslos war. 3) Der Tod der Russischen Kaiserin, mit welcher die mit Oestreich geschlossene Alliance zugleich begraben ward; der Abgang der Russen; Peters III Bündniß mit dem König von Preußen, und endlich die Hülfe, welche dieser Kaiser nach Schlesien schickte."

Mit gleicher Anstrengung, wie der König den Krieg geführt hatte, war er nach hergestelltem Frieden bemüht, die Wunden zu heilen, die derselbe dem Lande geschlagen hatte. Preußen rechnete, daß der Krieg ihm 180000 Mann gekostet habe, und daß durch die Verheerung, welche die Feinde angerichtet, noch 33000 Menschen umgekommen waren. Eine Menge Städte und Dörfer hatten durch Brand, Plünderung und Contributionen außerordentlich gelitten, der Viehstand war zum größten Theile vernichtet, dem Landmann fehlte es an Saatkorn, an Zugvieh, um die lange wüst gelegenen Felder wieder zu bestellen. Um so vielen Bedürfnissen zu Hülfe zu kommen, ließ der König sogleich nach dem Frieden 25000 Wispel Korn, 17000 Wispel Hafer und 35000 Pferde von der Artillerie und den Regimentern nach einer<231> richtigen Reparation in die Provinzen vertheilen, und sowohl Edelleute, als Bauern bekamen Lebensmittel. Außerdem gab der König an Schlesien 3 Millionen Thaler; 1400000 Thlr. an Pommern und die Neumark; 700000 Thlr. der Kurmark; 100000 Thlr. dem Herzogthum Cleve; 800000 Thlr. dem Königreich Preußen 231-+. Andern Landestheilen wurden die Steuern auf die Hälfte erlassen etc., und so verwendete der König alljährlich Millionen, um den verarmten und heruntergekommenen Provinzen wieder aufzuhelfen und ihren vorigen Wohlstand wieder herzustellen 231-++, bis es seiner unermüdlichen Sorgfalt und Tätigkeit gelungen war, die Spuren dieses verheerenden Krieges gänzlich zu vertilgen.

Januar 1764.

A.

Januar 1764

Der König in Berlin.

18. Januar 1764

Feier des Krönungsfestes. Beim König grosse Cour en Galla.

24. Dezember 1764

Feier des Geburtsfestes des Königs. Große Cour en Galla. Das Glockenspiel der Parochialkirche spielte die Melodie Te Deum laudamus und mehrere Lob- und Danklieder. Die Freimaurer-Logen, die Akademie der Wissenschaften, die Gymnasien etc. feierten das Fest durch Reden. Auf dem Schloßtheater ward von den Französischen "Hofcomödianten" das Lustspiel l'Arlequin sauvage aufgeführt. Abends bei der Königin große Cour, Ball und Souper.

<232>

31. Januar 1764

Der König geht über Charlottenburg nach Potsdam. Ihn begleiten der Prinz von Preußen und die beiden Prinzen von Braunschweig, Neffen des Königs.

B.

8. Januar 1764

Gesetz wegen Erblichmachung der Bauerhöfe in Schlesien.

Februar.

A.

Februar 1764

Der König in Potsdam.

8. Februar 1764

Der Fürst von Schöneich-Carolath zum König nach Potsdam. Die Minister von Finkenstein und von Herzberg werden zum König nach Potsdam berufen.

B.

7. Februar 1764

Befehl, daß alle katholischen Geistlichen und Schullehrer bei ihrer Anstellung dem Könige den Eid der Treue leisten sollen.

März.

A.

März 1764

Der König in Potsdam.

3. März 1764

An diesem Tage schrieb der König die Vorrede zu seiner Geschichte des siebenjährigen Krieges.

20. März 1764

Kommt er in Berlin an, mit ihm der Prinz von Preußen und die beiden Prinzen von Braunschweig. Der König besieht die Porzellanmanufaktur, auf dem Schlosse nimmt er die Cour der fremden Minister und des hohen Adels an, und speist in seinen Apartements.

21. März 1764

Nach Schlesien mit dem Prinzen von Preußen und beiden Prinzen von Braunschweig. Ankunft in Crossen. Nach andern Nachrichten ist er an diesem Tage bis Grüneberg gegangen.

22. März 1764

In Glogau.

23. März 1764

In Schweidnitz.

<233>

25. März 1764

In Frankenstein, auch in Langenbilau, wo der König den Grafen Hans Ferdinand von Sandrasky, Besitzer vieler Güter in Schlesien und vormaligen Hofmarschall des Prinzen August Wilhelm, Bruder des Königs, besuchte.

26. März 1764

In Glatz.

27. März 1764

In Neisse.

29. März 1764

Geht der König über Brieg und Ohlau nach Breslau, wo er an demselben Tage eintrifft.

30. März 1764 bis 31. März 1764

Wohnt der König den Waffenübungen des Tauenzienschen, und den 31sten des Gablenzischen Regiments bei.

?? März 1764

Der König an d'Argens :

"Ich habe, mein unvergleichlicher Marquis, Ihren Julian 233-+ erhalten, allein noch keine Zeit gehabt, ihn zu lesen, daher Sie mir erlauben werden, mein Urtheil darüber zurückzuhalten. Ich bezeige Ihnen tausendfältiges Mitleid über Ihre Genesung, obgleich ich für meine Person mich sehr darüber freue. Freilich muß es sehr ärgerlich sein, wenn man nicht mehr täglich 24 Arzeneien nehmen und sich mit jeder Minute an den Puls fassen kann, wenn man weder Blutsturz noch Schwindsucht, weder Lungenentzündung noch Wassersucht, weder Hämorrhoiden noch Chiragra noch Fieber, Engbrüstigkeit, Heiserkeit, Scorbut, noch kurz, jene unendliche Menge von allerliebsten Krankheiten hat, die der Einbildung so viel Nahrung geben, und so reichlich die Gluth des Ofens unterhalten, bei dem Sie, als ein politisch Verdammter, sich zum voraus an den heißen Aufenthalt gewöhnen, wohin Sie nach dem fürchterlichen Urtheil der Kirche gehören, und wo<234> Ihre Seele zwischen Bayle und Gassendi auf dem Roste schmoren wird. etc."

B.

27. März 1764

Der Erzherzog Joseph von Oestreich wird in Frankfurt a. M. zum Römischen König erwählt.

29. März 1764

Rescript an den Magistrat von Berlin wegen eingeschränkter Anwendung der Rechtsregel: Kauf bricht Miethe.

29. März 1764

Neues Münzedict, durch welches der Münzfuß vom Jahre 1750, d. i. die Mark sein zu 14 Thlr. oder 21 Fl., mit geringer Veränderung wieder eingeführt wird. Alle Zahlungen sollen vom 1. Juni an in nach diesem Münzfüße ausgeprägtem Gelde geschehen. Es wurde zugleich der in dem Edict vom 21. April 1763 festgesetzte Werth der schlechten, Münzen gegen den alten (nun wieder hergestellten) Münzfuß von 175t) in gegenwärtlgem Edict wieder anders, und zwar geringer, angenommen und festgestellt, so daß nun

 Preuß. Courant von 1750 und 1764 vom 1. Juni 1764 anin schlechten Münzen von 1758, 1759 u. 1763 gelten sollten :
 100 Thlr 166 2/3 Thlr. in1/3, 1/6, 1/12.
 100 alte 1/24 225
 100 alte Friedrichsd'or145
 100 Sächsische 1/3, welche nach dem Münzedict vom 21. Apr. 1763 auf 63 Thlr. herabgesetzt waren, sollten in neuem Courant von 1764 nur 37 1/2 Thl. gelten, und
 100 Sächsische 1/24, die vorher auf 47 1/3 gesetzt worden, galten jetzt nur 26 2/3 Thlr. neues Preuß. Courant von 1764.

Alles dieses nach den Tabellen A. und B im Edict. Die Tabelle E setzt für einige Münzen von gewissen Jahren einen etwas höhern Cours fest.

<235>

April.

A.

1. April 1764

Der König in Breslau, wohnt den Waffenübungen des von Zastrowschen Kürassierregiments bei. Am Abend in seinem Palais groß Souper und Ball.

3. April 1764

Nachdem der König noch die Waffenübungen des von Schlabrendorfschen Kürassierregiments mit angesehen, verläßt er Breslau und geht nach Glogau, wo er denselben Tag anlangt.

4. April 1764

Von Glogau, wo er den Schloßgarten in Augenschein genommen, setzt er seine Reise nach Berlin fort.

5. April 1764

Ankunft in Berlin.

6. April 1764

Der König speist bei der Königin und geht nachher nach Potsdam.

10. April 1764

Der König an Fouqué; "Eben komme ich aus Schlesien und aus Glatz zurück, wo ich Alles in weit besserem Zustande angetroffen habe, als ich erwartete. Hier fand ich Porzellan vor, und ich schicke es Ihnen, um Sie an mich zu erinnern, bis ich Ihnen Producte aus meiner Berliner Fabrik senden kann. etc. — Ich habe noch einige Flaschen Achtundvierziger in meinem Keller. Verlangen Sie ihn, so melden Sie es mir, er steht ganz zu Ihren Diensten. Auch ist noch alter Ungar da. Sagen Sie nur ein Wort, so haben Sie ihn."

16. April 1764

Der König aus Potsdam in Berlin, wo er dem aus Wien angekommenen Grafen Anton Gotthard von Schafgotsch, welcher von Seiten seines Hofes die Wahl des Erzherzogs Joseph zum Kaiser meldet, Audienz etheilt und ihn nachher mit einem Brillantring beschenkt. Denselben Tag kehrt der König über Charlottenburg nach Potsdam zurück.

18. April 1764

Der König an Fouqué :

"Hier sende ich Ihnen, Ihrem Verlangen gemäß, den Essigwein vom Rheine her. Ich wünsche, daß er Ihnen Kräfte<236> geben und Ihre Gesundheit wieder herstellen möge. etc. Wenn ich auf die Revue nach Magdeburg reise, bin ich gesonnen, Sie zu besuchen, nach meiner Zurückkunft werde ich wieder, nach Sanssouci gehen, und dort ruhig wohnen. Wollen Sie mich alsdann besuchen, so wird es mir viel Vergnügen machen. Wir werden ganz unter uns sein, und nichts soll Sie geniren, dafür steh' ich. etc."

20. April 1764

Der König geht nach Berlin, wo er dem Türkischen Gesandten die Abschieds-Audienz ertheilt und dann nach Potsdam zurückkehrt.

21. April 1764

Der König an Fouqué :

"Mein Bester, Sie haben meiner Porzellanfabrik Hohn gesprochen, ich muß sie daher rechtfertigen. Hierbei erhalten Sie ein so schönes Dejeuné, wie man noch niemals in Meissen gemacht hat, zugleich bekommen Sie auch eine Tasse mit Figuren, welche Sie überzeugen wird, daß unsere Arbeiten den Sächsischen wenigstens gleich sind. etc."

27. April 1764

Der König an Fouqué :

- etc. - "Sie bilden Sich ein, mein Lieber, daß ich noch so lebhaft bin, wie ehemals, allein da irren Sie Sich. Mein Feuer hat sich sehr abgekühlt, und ich bessere bloß in den Exercitien, was fehlerhaft ist. — etc. Was den gemeinen Soldaten anlangt, so wird der im künftigen Jahre völlig wieder in Ordnung sein, so gut wie vor dem Kriege, allein der Hauptgegenstand meiner Aufmerksamkeit sind die Officiere. Damit sie hernach wachsam im Dienst seien und ihre Urtheilungskraft bilden; so lasse ich sie in der Kriegsbaukunst unterweisen und dabei zugleich anhalten, über alles das nachzudenken, was ihnen zu thun obliegt. Durchgängig, sehen Sie wohl ein, kann diese Methode nicht reussiren, doch werden sich gewiß unter der großen Menge einige Subjecte und Officiere bilden, die nicht bloß durch das Patent Generale sind, sondern wirklich die dazu erfoderlichen Eigenschaften haben, etc."

<237>

B.

3. April 1764

Krönung des Erzherzogs Joseph als Römischer Kaiser.

8. April 1764

Edict von den Wohlthaten und Vorteilen, deren fremde bemittelte Personen und Familien, Manufakturisten und Handwerker, welche sich in Preußischen Landen niederlassen, sich zu erfreuen haben.

11. April 1764

Allianztractat zwischen der Kaiserin von Rußland und dem Könige von Preußen.

21. April 1764

Octroi zur neuen Asiatischen Handelscompagnie in Emden.

Mai.

A.

2. Mai 1764

Der König von Potsdam nach Charlottenburg.

3. Mai 1764

In Berlin. Er besieht im Thiergarten auf dem Erercierplatz die Infanterie-Regimenter Fortade, Bülow, Ramin und Linden, welche er manövriren läßt, dann vor dem Oranienburger Thore das Zietensche Husaren-Regt. und das Regt. Gensd'armes. Alsdann besucht er die Porzellanmanufaktur.

4. Mai 1764

Der König besieht die übrigen Regimenter Prinz Friedrich, Zeunert und Lottum, die er manövriren läßt, und dann nach Potsdam, über Spandau, wo er bei dem Prinzen Heinrich speist, zurückkehrt.

5. Mai 1764

Auf dem Schloßtheater in Potsdam wird ein Intermezzo : die Philosophen aufgeführt, welchem der König mit den Prinzen von Braunschweig etc. beiwohnt.

20. Mai 1764

Der König aus Potsdam in Berlin.

21. Mai 1764

Der König hält zum ersten Male seit dem Jahr 1756 wieder Generalrevüe über die Berliner und verschiedene andere, aus ihren Standquartieren hier eingerückten, Regimenter.

22. Mai 1764

Der König läßt diese sämtlichen Regimenter manövriren und kehrt dann nach Potsdam zurück.

25. Mai 1764

Der Erbprinz von Braunschweig kommt in Potsdam beim König an.

<238>

B.

2. Mai 1764

Der Türkische Gesandte Achmet Effendi verläßt Berlin. Der Major von Pirch von der Garde und ein Detachement Zietenscher Husaren begleiten ihn bis Frankfurt a. O.

Juni.

A.

1. Juni 1764

Der König in Potsdam, an Algarotti in Pisa :

"Aus dem Brief, welchen Sie mir schreiben, habe ich auf den Zustand Ihrer Gesundheit geschlossen. Die zitternde Hand hat mich überrascht. Könnten Sie Sich doch bald wieder erholen! Mit welcher Freude würde ich diese gute Nachricht hören. Obgleich die Aerzte hier zu Lande sich nicht mehr auf die Verlängerung des Lebens verstehen, als die Ihrigen; so hat doch, einer unserer Aeskulape so eben einen Schwindsüchtigen geheilt, dessen Lungen noch weit heftiger angegriffen waren, als die von Maupertuis, als Sie ihn hier sahen. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir Ihren statum morbi zuschickten, um zu sehen, ob das Gutachten dieses Arztes Ihnen nicht einige Erleichterung verschaffen könnte. Ich würde den Moment für einen der glücklichsten meines Lebens halten, in welchem ich Ihnen die Wiederherstellung Ihrer Gesundheit verschaffen könnte. Von ganzem Herzen wüsche ich, daß Sie bald stark genug sein möchten, um in dies Land zurückkehren zu können. Ich würde Ihnen dann eine Sammlung von Gemälden Ihrer Landsleute zeigen. In Beziehung auf die italienische und französische Schule sage ich, was Boileau von den Dichtern sagte: "Jung liebte ich Ovid, alt achte ich Virgil."

Ich bin Ihnen sehr für den Antheil verbunden, welchen Sie an dem nehmen, was mich betrifft, und für das Bild von Pesne, welches Sie mir anbieten. Ich erwarte den Preis zu erfahren, um Ihnen angeben zu können, wohin Sie es senden sollen.<239> Im übrigen sein Sie versichert, daß die angenehmste Nachricht für mich sein würde, von Ihnen selbst zu hören, daß Sie ganz wieder hergestellt sind 239-+."

1. Juni 1764

Der König an Fouqué :

"Wenn ich Ihnen, mein lieber Freund, jetzt nicht eigenhändig schreibe, so kommt dies daher, daß ich die Gicht in der linken Hand habe. Sie werden vielleicht sagen, daß ich deswegen doch die Feder recht gut mit der rechten Hand würde führen können, aber das Papier verrückt sich immer, und ich will Ihre Augen nicht mit Krähenpfoten ermüden. Dieser Zufall, welcher mir sehr ungelegen kommt, hat mich verhindert, die Regimenter in Pommern und der Neumark zu sehen, und genöthigt, die Revue der Magdeburgischen Regimenter um 2 Tage aufzuschieben.

Bei meiner Durchreise durch Brandenburg werde ich wie ein alter Freund ohne alle Umstände zu Ihnen kommen. Den 4ten Mittags werde ich da sein. Ich habe nur einen einzigen Freund, der Ihrer Freundschaft und Achtung würdig ist, bei mir, und also werben wir, wenn Sie es gut finden, nur unserer drei sein. Um mich satt zu machen, braucht es nicht viel; ich verlange nur eine gute Suppe, eine Schüssel Spinat, ein freundlich Gesicht von dem Wirth und diesen bei guter Gesundheit. Der letzte Artikel ist der, den ich Ihnen am meisten empfehle. etc."

4. Juni 1764

Der König nach Magdeburg zur Revue, über Brandenburg, wo er bei dem General Fouqué einkehrt.

In seinem Gefolge befanden sich der Prinz von Preußen, die beiden Prinzen und der Erbprinz von Braunschweig, welcher Wahrscheinlich der in vorstehendem Brief erwähnte einzige Freund gewesen, mit dem der König zu Fouqué kommen wollte.

<240>

5. Juni 1764

Ankunft des Königs im Lager bei Pitzpuhl, bis den 7ten daselbst.

7. Juni 1764

Der König in Magdeburg.

8. Juni 1764

An diesem Tage besieht der König die Festungswerke Magdeb. Nimmt der König die Zeughäuser etc. in Augenschein und verläßt Nachmittags um 4 Uhr Magdeburg, um nach Potsdam zurückzukehren.

10. Juni 1764

Ankunft in Potsdam.

12. Juni 1764

Der König an den Chevalier Lorenzo Guazzesi in Pisa :

"Mit vielem Bedauern habe ich aus Ihrem Briefe den Tod des Grafen Algarotti erfahren. Obschon die zitternde Hand seines letzten Briefes mich beunruhigte, hoffte ich dennoch, daß er sich erholen, und ich das Vergnügen haben würde, ihn wieder bei mir zu sehen. Da ich ein Andenken der Achtung, welche ich für Ihren Freund hatte, zurück zu lassen wünsche, bitte ich Sie, auf seinem Grabe einen Marmor mit dieser Inschrift zu errichten :

Hic jacet
Ovidii Aemulus
et
Neutoni Discipulus 240-+.

Sie werden mir die Rechnung von dem, was Sie dafür ausgeben werden, zuschicken, und mir anzeigen, wohin ich den Betrag zur Erhebung für Sie zu senden habe."

<241>

In diesem Monat waren die Generale von Seydlitz und von Krockow beim König in Potsdam.

B.

Juni 1764

Die vom Könige "privilegirte Gesellschaft der Pantomime unter Direction des Herrn Bergier," bei welcher sich auch ein Riese, Namens Bernhard Gilly, befand, gab in Potsdam Vorstellungen, denen die Prinzen von Preußen und von Braunschweig beiwohnten.

Der bei der General-Adjutantur gestandene Geheim-Sekretär (nachheriger Geh. Kabinetsrath) Galster wird vom König zum Kriegsrath ernannt.

Juli.

A.

Juni 1764

Der König in Potsdam.

9. Juli 1764

Ankunft des Braunschweigschen Hofes in Potsdam.

10. Juli 1764

Ankunft des Landgrafen von Hessen in Potsdam.

12. Juli 1764

Der König und sämtliche hohe Herrschaften gehen nach Sanssouci und

15. Juli 1764

nach Charlottenburg, wo auch die Königin und die sämtlichen Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses aus Berlin ankommen.

18. Juli 1764

Findet in Charlottenburg die Verlobung des Prinzen von Preußen, Friedrich Wilhelm, mit der Prinzessin Elisabeth Christine Ulrike, Tochter des Herzogs Karl von Braunschweig, Statt 241-+. (Sie ist erst vor Kurzem, den 18. Februar 1840, in Stettin gestorben).

20. Juli 1764

Die Königin und die verwittwete Prinzessin von Preußen und die fremden Herrschaften nach Berlin. Letztere gehen, nachdem sie sich bei der Königin beurlaubt haben, nach Charlottenburg zurück.

<242>

23. Juli 1764

Der König mit den fremden Herrschaften von Charlottenburg nach Potsdam.

24. Juli 1764

Abreise der fremden Herrschaften.

Während der Anwesenheit dieser Herrschaften fanden in Potsdam und Charlottenburg mehrere Feste Statt, auch wurden die Opern des letzten Carnevals gegeben etc.

August.

A.

August 1764

Der König in Potsdam.

18. August 1764

Nach Berlin, wo er die Porzellanmanufaktur, den Bau der Caferne an der Weidendammer Brücke und des Heinrichschen Palais in Augenschein nimmt.

19. August 1764

Besucht der König das Eadcttenhaus und prüft selbst die Cadetten.

20. August 1764

Abreise des Königs nach Schlesien mit dem Prinzen Heinrich von Preußen und dem Prinzen Friedrich von Braunschweig und mehreren Generalen etc. Den 24sten folgte der Prinz von Preußen mit dem Obersten von Anhalt nach.

Auf dieser Schlesischen Reise besichtigte der König vorzüglich die Festungen Schweidnitz, Glatz, Brieg, Cosel etc.

Der König erlaubt den Rittern des Johanniterordens ein weißes leinenes Kreuz, gleich den Maltheserrittern, auf der linfen Brust zu tragen.

September.

A.

1. September 1764

Der König in Groß-Neuendorf.

3. September 1764

Der König im Lager bei Hundsfeld, wo er die Truppen einrücken sieht und über sie bis den 7ten Revue hält. Am 3ten war der König auch in Sibillenort bei dem Herzog von Oels.

7. September 1764

bis 13ten in Breslau.

10. September 1764

Fand in dem Palais des Königs die Verlobung der Prinzessin Friederike Sophie von Würtemberg-Oels, in Gegen<243>wart ihrer Eltern, des Herzogs Karl Christian Erdmann und dessen Gemalin, mit dem Prinzen Friedrich August von Braunschweig Statt. Der König gab an diesem Tage große Tafel, Abends Souper und Ball.

13. September 1764

Abreise des Königs von Breslau mit Gefolge, Ankunft in Glogau.

14. September 1764

Von Glogau nach Frankfurt a. d. O.

15. September 1764

In Berlin.

16. September 1764

In Potsdam.

21. September 1764

Der am 19ten aus London in Berlin angekommene Englische Gesandte Mitchel in Potsdam beim König.

23. September 1764

Die Prinzessin Amalie kommt aus dem Bade zu Aachen nach Potsdam zurück und geht dann nach Berlin.

Im Anfang dieses Monats macht der Marquis d'Argens nach vom König erhaltenem Urlaub eine Reise nach Frankreich. Er hatte auf gleiche Weise schon 1747, 1750 und 1758 sein Vaterland wieder besucht.

B.

7. September 1764

Der Fürst Stanislaus Poniatofsky wird zum König von Polen erwählt.

7. September 1764

Stirbt der berühmte Kammerrath Krtzschmer.

In diesem Monat mußten auf Befehl des Königs alle Regimenter, welche er im Juni bei Magdeburg gemustert hatte, daselbst noch einmal zusammenkommen und unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig manövriren.

Oktober.

A.

Oktober 1764

Der König in Potsdam.

7. Oktober 1764

Der Prinz von Sachsen-Gotha und der Prinz Friedrich von Hessen-Philippsthal, der Fürst Repnin und der Fürst Czartorisky aus Polen beim König in Potsdam, dem Letzteren ertheilt der König in Sanssouci Audienz.

<244>

9. Oktober 1764

bis 12ten große Manövres der Truppen bei Potsdam.

19. Oktober 1764

Der König an Fouqué :

"Die in Brandenburg verfertigte Perigorder Pastete 244-+ Hab' ich erhalten und aufgehoben, um zu wissen, ob Sie nicht Ihren Antheil davon genießen wollen. Ich bin ganz allein; wenn Ihnen die Reise nicht lästig fällt, oder wenn nicht an, dere Ursachen Sie abhalten, so wird es von Ihnen abhängen, Ihrem Freunde einen kleinen Besuch zu machen. etc. — Wir haben unsre Manövres gemacht, sie sind halb gut, halb schlecht ausgefallen. Die Stabsofftciere sind noch nicht umgeschmolzen, und es gehören noch einige Jahre dazu, um die Maschine wieder in den vorigen Gang zu bringen. Inzwischen werde ich alt und sollte mehr darauf bedacht sein, meinen Wagen für die große Reise in Stand zu setzen, als mit Truppen zu manövriren, die ich allem Anschein nach nicht mehr gegen den Feind anführen werde. etc."

25. Oktober 1764

Der König an d'Argens :

"Ich erhalte Ihren Brief aus Straßburg und wünsche Ihnen Glück, das Land der Sybariten wieder erreicht zu haben. Ich hoffe, daß Sie unterwegs der Gicht, den Hämorrhoiden, den schlimmen Hälfen und allen täglichen Krankheiten, die Sie auf die Reise mitgenommen, den Scheidebrief gegeben haben. Gegen Ende November rechne ich auf Ihre Ankunft in Aix, denn ich zweifele, daß der Rhodische Koloß leichter transportirt werden kann, als Sie, mein lieber Marquis;<245> so viel Mühe macht es, einen großen Mann fortzubringen! - etc. Erfreuen Sie Sich inzwischen des schönen Himmels in Aix, trinken Sie Beverdiner Muscat, schmausen Sie Ihre Oliven und Ihre trefflichen Trauben, vergleichen Sie Sich geschwind mit Ihren Brüdern und enden Sie mir doch ja Ihre Prozesse so schleunig als möglich. Die größten Mächte kommen nach den blutigsten Kriegen doch auch nur dahin. Fangen Sie gleich da an, wo jene aufhören, und machen der Philosophie die Ehre, aller Welt darzuthun, daß die Klugheit der Weisen höher ist, als die Klugheit der Könige. Leben Sie wohl, mein Lieber. Mag Ihnen mein Brief so närrisch vorkommen, wie er will, es ist mir heut unmöglich gewesen, Ihnen einen andern zu schreiben."

26. Oktober 1764

Der König an Fouqué :

"Bleiben Sie immer hinter Ihrem Ofen, da Ihnen die Warme so heilsam ist. — etc. Ich sehe ein, daß der Verlust, den Sie so kürzlich erlitten haben 245-+, Ihnen nahe gehen muß etc. Aber man muß, wie jene Lacedämonierin ausrufen, als sie erfuhr, ihr Sohn sei in dem Treffen bei Marathon geblieben: ich wußte, als ich ihn gebar, daß er nicht unsterblich wäre.

Ein wenig früher oder später — und die Reihe trifft auch uns. Dies war das Schicksal der vergangenen Geschlechter und ist das unsrige. etc.

Ich danke Ihnen für die Magdeburger Trüffeln. Noel macht davon eine Pastete, und da Sie die Ihrige nicht habcn kosten können, so will ich Ihnen meine schicken."

30. Oktober 1764

Der König von Potsdam nach Berlin mit seinen gewöhnlichen Begleitern, dem Prinzen Heinrich, dem Prinzen von Preußen und den beiden Prinzen von Braunschweig. Er besucht die Porzellanmanufaktur und ertheilt dem Fürsten Czartorisky die Abschiedsaudienz.

31. Oktober 1764

Nach Potsdam mit seinem Gefolge zurück.<246> In diesem Monat war auch der regierende Fürst von Anhalt-Dessau zum König nach Potsdam gekommen und hatte sich daselbst bis zum 23sten aufgehalten.

B.

19. Oktober 1764

Errichtung der Bank in Berlin. Anfang der Unterzeichnung zu den Aktien.

November.

A.

November 1764

Der König in Potsdam.

7. November 1764

General von Seydlitz beim König in Potsdam. Der Russische Großkanzler, Graf Woronzow, beim König in Potsdam.

B.

30. November 1764

Einrichtung der Pramienvertheilung zur Aufmunterung des Nahrungsstandes und zur Verbesserung der Fabriken und Manufakturen.

Dezember.

A.

Dezember 1764

Der König m Potsdam.

8. Dezember 1764

Der Minister o. Schlabrendorf aus Schlesien beim König.

15. Dezember 1764

Nach Berlin mit seinem gewöhnlichen Gefolge. Der König besucht die Porzellanmanufaktur. Mittags große Cour.

20. Dezember 1764

Feierliche Belehnung des Herzogs Carl Christian Erdmann von Würtemberg-Oels mit dem Fürstentum Oels, in der Person seines Bevollmächtigten, des Grafen v. Logau.

Der König schenkt dem Russischen Envoyé extraordinaire, Fürsten Dolgorucky, sein Portrait in Brillanten.

Unter dem 9. Dezember eröffnete Voltaire mit einem noch ungedruckten Briefe wieder die Correspondance mit dem König, worin er ihm über eine Krankheit kondolirte. (H. W. I. XXXI).

<247>

B.

19. Dezember 1764

Anfang des Carnevals. Sonntag : Cour bei der Königin; Montag: Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch: Französische Comödie; Donnerstag : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Freitag : Oper; Sonnabend : Ruhe.

Sonntag und Mittwoch Vormittag große Cour b. König.

Die beiden Opern waren : Merope, Musik von Graun, und Leucippus, Musik von Hasse.

Die Französischen Comödien waren: le medcin par occasion; l'homme de bonne fortune; la surprise de l'amour; Melanide.

Während dieses Carnevals befanden sich auch der Preuß. Reichstagsgesandte Baron von Plotho aus Regensburg, der General von Krockow aus Schlesien, Fürst von Schöneich Carolath, General von Düringshofen, Geheime Rath von Brenkenhof, die jedoch zum Theil erst im Januar des folgenden Jahres ankamen, und mehrere Fremde in Berlin.

Januar 1765.

A.

Januar 1765

Der König in Berlin.

1. Januar 1765

Schreibt an Voltaire :

"Ich glaubte, Sie waren so beschäftigt, die * * * unter die Füße zu treten, daß Sie an gar nichts Anderes dächten. Die Schläge, die Sie ihr beigebracht haben, hätten sie schon lange vernichtet, wenn diese Hyder nicht unaufhörlich wieder aus dem Schlamme des Aberglaubens entstände. Ich für mein Theil bin über die Charlatanerieen, durch welche die Menschen verführt werden, schon lange aus meinem Irrthum gekommen, und setze den Theologen, den Astrologen, den Adepten und den Arzt in Eine Klasse. Ich bin unpäßlich<248> und krank, heile mich aber selbst durch Diät und Geduld. etc. - Sie können also Europa über den wichtigen, in meinen Augen aber sehr unbedeutenden Verlust trösten, den es an meinem Individuum zu leiden glaubte, denn obgleich meine Gesundheit nicht fest und blühend ist; so lebe ich doch, und ich bin nicht der Meinung, unsere Existenz sei so viel werth, daß man sich Mühe geben müsse, sie zu verlängern, wenn man es auch könnte. etc."

6. Januar 1765

Kabinetsordre des Königs an das Polizei-Directorium und den Magistrat in Berlin: "wegen des in der Residenz eingerissenen Wuchers mit Häusern und der aufs Höchste getriebenen Steigerung der Miethen etc., auch der nun gänzlich aufzuhebenden Rechtsregel: Kauf bricht Miethe mit allen bisherigen Einschränkungen."

8. Januar 1765

Der König ertheilt dem Russischen Großkanzler, Grafen Woronzow, die Abschiedsaudienz.

17. Januar 1765

Beim König große Tafel.

18. Januar 1765

Feier des Krönungsfestes, große Tafel und Cour en Galla beim König.

22. Januar 1765

Der König schreibt an d'Argens einen scherzhaften Brief :

- etc. "Sie wollen nun einmal durchaus die Ehre Ihrer Krankheit behaupten. Ich für mein Theil habe nichts dawider, ich weiß, daß Jeder sein Steckenpferd hat, und daß unter andern das Kränkeln eins sein kann. etc."

23. Januar 1765

Beim König die gewöhnliche (Mittwochs-) Cour, nach deren Beendigung er bei der Königin speist.

24. Januar 1765

Geburtsfest des Königs; nach der Gratulationscour speist der König mit der Königin und dem ganzen Hof bei dem Prinzen Heinrich.

30. Januar 1765

Der König nach Potsdam.

B.

31. Januar 1765

Octroi für die in Berlin errichtete Assekuranzkammer.

<249>

Februar.

A.

Februar 1765

Der König in Potsdam.

10. Februar 1765

Der König an Fouqué :

"Mein theurer Freund. Hier schicke ich Ihnen das Fragment einer echten Pastete aus Perigord und Trüffeln von eben daher. Ich wünsche, daß sie Ihnen schmecken, und daß ich durch diese Veranlassung Nachrichten von Ihrem Gesundheitzustand erhalten möge, etc."

13. Februar 1765

Der Erbprinz Peter von Curland kommt auf besondere Einladung des Königs nach Potsdam, wo große Mittagstafel und am Abend die Oper il mercato di manmartile gegeben wird. Beides findet auch den folgenden Tag Statt.

15. Februar 1765

Rückreise des Erbprinzen von Curland nach Berlin.

15. Februar 1765

Epistel des Königs an seine Schwester, die Herzogin von Braunschweig : Es giebt für jedes Alter Freuden.

"Hier, meine Schwester, auf der Erde stirbt,
Was nur geboren ward. Ein ewiges
Gesetz verbannet nach der Reih' aus ihr
Die Generationen alle — etc.
Wie schwand das Feuer meiner Jugend hin,?
Und wie der wilden Sinne Zauberrausch?
Der Wünsche reicher unerschöpfter Quell?
Der Fittig, der von dieser Freude mich
Zu einer andern wieder trug? — Ich bin,
Doch so nicht mehr, wie ich vor Zeiten war.
O Wahrheit voller Schmerz! Problem, das tief
Mich nieder beugt! Du hüllest das Gesetz
Des Schicksals auf; Du zeigst: nothwendig sei
Das Uebel mir, und machst es schwerer noch.
Ich bin erblindet von dem Menschenhaß,
Und müde, meines Lebens Ueberrest
Vereinzelt zu verlieren; bin bereit,
Verzicht auf Hoffnung eines Glücks zu thun.
<250>Doch schon herrscht Eigenlieb' in meiner Brust,
Und Trost giebt mir die kluge Schmeichlerin.
Sie sagt : Wozu dies Murren ohne Kraft?
Der wilde Ausbruch des empörten Sinn's?
Mehr Güter bleiben Dir, als Du verlierest,
Der Frühling Deiner Tage weicht dem Herbst;
Wenn Flora von Dir flieht, so giebt sie Dir
Pomonens Schutz; Du gabst Versprechen einst,
Und nun erfüllst Du sie; die Pflicht gebeut,
Daß Du, beraubt der Blumen, Früchte trägst.
In Deiner Reife schmückt Dich die Vernunft.
Nur kaum ist Dein Geschmack und Dein Verstand
Erblüht. etc.
So laß uns denn — wir können anders nicht —
Vor dem uns beugen, was das Schicksal will,
ES soll die letzte Abendstunde noch
Von einem düstern Tag verschönert sein! etc.
Bewohn' ich länger nicht den Hof voll Sturm,
Wo Amor'n so viel Täuschung rings umgiebt —
Ersetzt die Leere doch, die der Verlust
Des Glücks im Herzen ließ, nun ein Gefühl,
Das schöner, edler, dauerhafter ist.
O Freundschaft, Du, des Himmels erste Huld!
In Deinem Tempel nur wohnt Seligkeit,
Zum erstenmal empfand ich Glück, als Du
Ein keusches Feuer mild mir angestammt.
Nie kleine Pflicht, die uns die Tugend giebt —
Sie störet Deine sanfte Freude nie.
Durch Deinen Beistand trag' ich leichter nun,
Du Himmlische! des Lebens Ueberrest;
Denn Deine Hand verlieh mir dieses Herz.
Du, meine Schwester, hast dies edele
Gefühl; Dein Herz — es ist so theuer mir —
Befriediget mich schon, und gern entsag'
<251>Ich jedem anderen, das flatterhaft,
In Trug geübt und unbescheiden, sich
Mit Tugend schmückt, daß es wich täuschen will. etc."

20. Februar 1765

Epistel des Königs an die beiden Prinzen von Braunschweig Friedrich und Wilhelm, seine Neffen. (H. W. VI. 307)

29. Februar 1765

Geburtsfest der verwittweten Prinzessin von Preußen. Der König und der ganze Hof speisen bei der Königin. Die Prinzessin erhält vom König eine reich mit Brillanten besetzte Tabatiere zum Geschenk.

30. Februar 1765

Der König mit Gefolge nach Potsdam.

In den ersten Tagen dieses Monats traf der Abt Bastiani aus Breslau beim König in Potsdam ein. Auch war der Erbprinz von Curland wieder einige Tage, bis den 24sten, in Potsdam.

B.

8. Februar 1765

Edict wegen des Kindermordes etc.

März.

A.

März 1765

Der König in Potsdam.

1. März 1765

Der König stiftet die, die Ecole militaire, damals auch Academie des Nobles genannt.

8. März 1765

Der König nach Berlin.

9. März 1765

Der König giebt dem Polnischen Gesandten, Grafen Branicki, Audienz, nachher besieht er (wie gewöhnlich, wenn er in Berlin war) die Wachtparade und die Bauten. Heut besah er auch in der breiten Straße die gemachten Einrichtungen der neuen Ecole militaire 251-+ und begab sich alsdann nach der Porzellanmanufaktur.

10. März 1765

Der König nach Potsdam.

<252>

11. März 1765

Der König an Fouqué :

"Liebster Freund. Ich komme von Berlin zurück, wo ich in meiner Porzellanfabrik gewesen bin. Daselbst habe ich zwei Vasen und einen Suppennapf gefunden. Mir schien es, als wenn sie Ihnen nicht unlieb sein würden, und ich schicke sie mit diesem Briefe. Die großen Kaminaufsätze sind noch nicht fertig; in sechs bis sieben Wochen wird man alles haben können, was man verlangt. Ick werde Sie alsdann nicht vergessen, sobald ich etwas antreffe, das Ihre Einsiedelei auszuschmücken werth ist. etc."

12. März 1765

Der regierende Fürst Leopold von Dessau zum König nach Potsdam (Sanssouci).

18. März 1765

Der König schreibt einen sehr scherzhaften Brief an d'Argens, der zu dieser Zeit auf Urlaub in Frankreich war.

19. März 1765

Der vom Könige auf d'Alembert's Empfehlung zum Lehrer der Französischen Sprache an der neu errichteten Ecole militairs aus Frankreich nach Berlin berufene Professor Thiebault 1) zum ersten Mal beim König. Er war am 16ten in Berlin angekommen.

24. März 1765

Der König an d'Alembert :

"Ich bin Ihnen drei Briefe schuldig, mein lieber d'Alembert. Arbeiten meines Amtes, Hämorrhoiden und gichtische Schärfe haben mich gehindert, Ihnen früher zu antworten. Zuvörderst danke ich Ihnen für Ihr Werk über die höhern Wissenschaften, das ich ganz vortrefflich finde. etc. Für den überschickten Grammatiker 252-+ bin ich Ihnen sehr verbunden. Mich dünkt, so viel ich bemerkt habe, ist er ein geschickter Mensch und versteht mehr, als wozu er Gelegenheit finden wird, seine Fähigkeiten bei dem ihm ertheilten Amte zu zeigen. Zugleich schicke ich Ihnen die Einrichtung meiner Akademie. Der Plan derselben ist neu, und ich bitte Sie, mir Ihre Meinung darüber aufrichtig zu sagen.

<253>

Wir erwarten hier Herrn Helvetius 2). Nach seinem Buche zu urtheilen, wird der erste Tag unsrer Bekanntschaft der schönste sein. Allein man sagt, daß er unendlich mehr werth ist, als sein Buch, welches mit allem seinem Witze mich weder überredet, noch überzeugt hat. etc. Ich lebe hier jetzt in der größten Ruhe. Mein Zeitvertreib ist, Verse auszubessern, die ich in den Zeiten der Unruhe verfertigt habe, und die ich Gedichte aus dem Pontus nenne. Freilich, Sylben abzählen und am Ende einen Reim daran hängen, ist eine sehr unbedeutende Beschäftigung in Vergleich mit den Arbeiten gewisser großer Geister, die den weiten Umfang des Raumes messen. Mag es doch! Ich werde ihnen, wie Fontenelle, sagen: Daß jedes Alter sein Steckenpferdchen haben muß. Ich bin alt, ich fühle mich schwach, und die Verse machen mir Vergnügen. Meine Philosophie sagt mir, daß es in der Welt so viel Unangenehmes und so wenig Freuden giebt, daß man diese festhalten muß, wo man sie findet. Der große Punkt ist: glücklich zu sein, wäre es auch durch Puppenspiel. etc.

Sollten Sie wohl glauben, daß ich von Voltaire einen Brief erhalten habe? Ich habe ihm sehr höflich geantwortet, zugleich aber so Manches von * * * eingemischt253-+, daß dies ihn hindern wird, Mißbrauch von meinem Briefe zu machen. etc.

Wir haben einen Prinzen aus Curland hier gehabt, der zwanzig Jahr in Sibirien zugebracht hat 253-++. Alles, was er<254> davon erzählt, hat bei Niemand Lust erregt, dahin zu gehen. etc."

Um diese Zeit kam Helvetius nach Potsdam. Er war am 15. März von Paris abgereist, um sich zum König zu begeben. (Grimm et Diderot Correspondance literaire. Pars I. T. IV. p. 378).

In diesem Monat schrieb der König die Instruction für die Directoren der Academie des Nobles (Fr. II Oeuvres publiées du vivant de l'Auteur, Berl. 1789, T. III. 453 — 470 und Deutsche Ausgabe bei Decker, 1790, Th! . III. 385 — 396), und die Epistel: "Ueber zu Viel und zu Wenig" an die Frau von Morien. (H. W. VI. 310).

B.

23. März 1765

Stirbt in Berlin der General-Lieutenant Friedrich Wilhelm Querin von Forcade, 69 Jahr alt.

April.

A.

April 1765

Der König in Potsdam.

17. April 1765

Der König ertheilt den Besitzern der von ihm in Potsdam neu erbauten Häuser eigenhändig vollzogene Schenkungsbriefe.

18. April 1765

Der König ertheilt dem Polnischen Gesandten, Grafen Branicki, die Abfchiedsaudienz.

25. April 1765

Der König an Fouque :

"Liebster Freund. Seit fünf Wochen habe ich podagrische und Hämorrhoidalschmerzen heftiger als jemals gehabt. Jetzt, da diese Unpäßlichkeit vorüber ist, und ich mich wieder zu erholen anfange, lasse ich es mein Erstes sein, Ihnen Nachricht von mir zu geben. Ich wünsche von Ihnen gute zu hören, und daß Ihre Gesundheit im Wachsthum begriffen ist. etc. — Ich hoffe, daß es Ihnen nicht zuwider sein wird; wenn ich auf meiner Reise nach Magdeburg Sie besuche."

In diesem Monat war Helvetius beim König, und ward von ihm mit großer Achtung behandelt.

<255>

Mai.

A.

Mai 1765

Der König in Potsdam.

1. Mai 1765

Der General-Feldmarschall Prinz Ferdinand von Braunschweig aus Magdeburg in Potsdam beim König, wo über die Garnison Revue gehalten wird.

10. Mai 1765

Der König nach Charlottenburg, von wo er sich nach dem Exercierplatz im Thiergarten bei Berlin begiebt und daselbst über einige Regimenter Svezialrevue hält, nachher aber nach Charlottenburg zurückkehrt.

11. Mai 1765

Geschah dasselbe.

12. Mai 1765

Der König von Charlottenburg nach Potsdam.

18. Mai 1765

Verläßt Helvetius Potsdam und geht nach Berlin und Anfangs Juni nach Frankreich zurück.

20. Mai 1765

Nach Berlin, wo bis den 23sten Generalrevue gehalten wird.

Hier besucht der König auch a» letzten Tage die Porzellan, fabrik, verschiedene Gegenden i« der Stadt und das Invalidenhaus.

23. Mai 1765

Nach Charlottenburg.

24. Mai 1765

Mit dem Prinzen von Preußen und beiden Prinzen von Braunschweig geht der König über Cüstrin nach Stargard zur Revue.

30. Mai 1765

Von Stargard über Schwedt in Potsdam angekommen.

31. Mai 1765

An diesem Tage war es 25 Jahr, daß Friedrich d. G. regierte. Es ward dies aber überall ncht beachtet.

B.

4. Mai 1765

Einrichtung der Tabakspacht. (S. Beiträge I. 253).

6. Mai 1765

Stirbt Claude de St. Simon, Königlicher Major von der Kavallerie und letzter Grand Mousquetair Friedrich's I, 98 Jahr alt.

16. Mai 1765

Neues Stempeledict.

17. Mai 1765

Octroi zu einer Levantischen Handelscompagnie. (S. Beiträge II. 325).

<256>

17. Mai 1765

Verordnung, die Stadt- und Landschulen zu untersuchen und zu verbessern.

Juni.

A.

2. Juni 1765

Der König mit dem Prinzen von Preußen etc. nach Magdeburg zur Revue.

4. Juni 1765

Ankunft im Lager bei Körbelitz.

5. Juni 1765

Kriegsübungen bis den 7ten.

6. Juni 1765

Der König an Fouque :

"Liebster Freund. Den 9ten zu Mittage werde ich bei Ihnen eintreffen und zwar ganz allein. Mithin sind weder Umstände, noch Aufwand nöthig. Eine Suppe im buchstäblichen Sinn ist hinreichend. Ich wünsche, Sie gesund, munter und bei guter Laune zu treffen. Bei der hiesigen Revue ist es ein wenig bunt gegangen. Der Berliner und Stettiner kommt sie nicht gleich, doch das muß sich noch finden. etc."

7. Juni 1765

Der König in Magdeburg.

9. Juni 1765

Kommt der König von Magdeburg über Brandenburg, wo er den General Fouque besucht hatte, nach Potsdam zurück.

10. Juni 1765

Die sämtlichen Minister des General-Direktoriums zum König nach Potsdam, zur sogenannten Ministerrevue oder Conferenz, wo der König ihnen ankündigt, daß eine Vermehrung der Staatseinkünfte unerläßlich sei etc., und da die Minister hierzu keine Mittel und Wege anzugeben gewußt, die Sache auch für unausführbar erklärten, so faßte der König den Entschluß, die Regie einzuführen.

26. Juni 1765

Der König an Fouqué :

"Liebster Freund, hierbei sende ich Ihnen einige Früchte aus Sanssouci. Ich habe noch etwas für Sie, das möchte ich Ihnen gern selbst geben. Den 10ten künftigen Monats trifft der Braunschweigsche Hof hier ein. Nun wissen Sie die Zeit, über die ich disponiren kann, jetzt kommt es auf Sie an, mein Lieber, mir die Ihrige zu bestimmen."

<257>

B.

17. Juni 1765

Edict und Reglement wegen anderweitiger Einrichtung einer Giro-, Disconto- und Leihbank in Berlin.

Um diese Zeit wurde eine neue Münze, Bankthaler genannt, geschlagen (Abbildung und Beschreibung in Gerhards Handbuch der Dnttschen Münz-, Maaß- und Gewichtskunde, Berlin 1788, S. 61).

Juli.

A.

Juli 1765

Der König in Potsdam.

?? Juli 1765

Der Graf von Sandrasky aus Oberschlesien zum König nach Potsdam, der ihn mit einer Kiste auserlesenen Porzellans beschenkt.

10. Juli 1765

Der König, der Prinz von Preußen, dessen Bruder Prinz Heinrich, und die beiden Prinzen von Braunschweig begeben sich nach Baumgartenbrück, wo sie die Braut des Prinzen v. Preußen und die Braunschweigschen Herrschaften empfangen. Nachdem sie unter einem Prachtzelt einige Erfrischungen genossen, geht der Zug nach Potsdam, wo die Prinzessin in dem Königl, Staatswagen ihren Einzug hält und von der Bürgerschaft etc. festlich empfangen wird.

12. Juli 1765

In Sanssouci große Mittagstafel.

13. Juli 1765

Der König mit den Braunschweigschen Herrschaften etc. nach Charlottenburg. Von Berlin geht auch die Königin und der übrige Hof etc. dahin.

14. Juli 1765

In Charlottenburg Vermählungsfeier des Prinzen von Preußen mit der Prinzessin Elisabeth von Braunschweig.

15. Juli 1765

In Charlottenburg Verlobungsfest des regierenden Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau mit der Prinzessin Louise Henriette Wilhelmine, Tochter des Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt. Abends großes Feuerwerk.

16. Juli 1765

Der König und sämtliche Herrschaften nach Berlin in die Re<258>doute. Vorher wurde die Oper Achilles gegeben. Nach der Redoute kehrte der König mit sämtlichen Herrschaften nach Charlottenburg zurück.

17. Juli 1765

In Charlottenburg Französische Komödie : le Caffé ou l'Ecossaise, in der Orangerie.

18. Juli 1765

Oper comique : Le Philosophe de Campagne.

19. Juli 1765

Illumination.

20. Juli 1765

Der König und sämtliche Herrschaften wieder nach Berlin zur Oper und Redoute, wie den 16ten, und nach Charlottenburg zurück.

21. Juli 1765

Oper comique.

22. Juli 1765

Der König mit dem Prinzen von Preußen und dessen Gemalin, dem Prinzen Heinrich, Neffen des Königs, und den Braunschweigschen Herrschaften nach Potsdam. Die Königin nach Schönhausen und der übrige Hof nach Berlin.

29. Juli 1765

Der König mit dem Prinzen Heinrich seinem Neffen, und den beiden Prinzen von Braunschweig über Köpnick nach Schlesien. Der Prinz von Preußen folgte erst am 26. August und kam in Neisse zum König.

B.

10. Juli 1765

Octroi zu einer Ostindischen Handelsgesellschaft. (S. Beiträge etc. II. 328).

17. Juli 1765

Edict wegen anderweitiger Generalverpachtung der Fabrikation und des Verkaufs des Rauch- und Schnupftabaks. (S. Beitrage etc. l. 260).

28. Juli 1765

Nachtrag zum neuen Stempeledict. Der Englische Gesandte, Mitchel, welcher jetzt in Londen auf Urlaub war, wird vom König von England gänzlich vom Preußischen Hofe abberufen. Friedrich überschickt ihm eine kostbare Tabatiere.

August.

A.

1. August 1765

Der König in Schweidnitz.

<259>

4. August 1765

Ankunft in Landeck, wo er festlich empfangen wird.

5. August 1765

Der König braucht in Landeck die Bäder bis den 24sten. Die Wanne, welcher der König sich bedient, soll noch zum Andenken aufbewahrt werden. (S. Weber's Schrift : Von Deutschland, oder Briefe eines in Deutschland reisenden Deutschen. Stuttgart 188, III. 528).

25. August 1765

Abreise des Königs von Landeck und Ankunft in Glatz.

28. August 1765

In Neisse, wo der König die Regimenter mustert. Hier traf auch der Prinz von Preußen bei ihm ein.

Auf dieser Reise besuchte der König den Grafen Hoditz in Roswalde, der zum Andenken dieses Besuches in seinem Garten dem König ein Standbild errichten ließ.

Im Sommer dieses Jahres hatte der König den Auszug aus Bayle's Dictionnaire verfaßt.

B.

10. August 1765

Abreise des Herzogs von York.

14. August 1765

Neues Formular zu dem nunmehr zu haltenden Kirchengebet für den König und das Königliche Haus.

18. Mai 1765

Stirbt der Kaiser Franz I zu Inspruk.

19. Mai 1765

Geschärftes Edict wegen bedingter Losgebung der Unterthanen aus der Leibeigenschaft etc.

In diesem Jahre ward der Anfang mit dem Bau der Festung Silberberg, unter Direktion des Oberst-Lieutenant von Regeler, gemacht. Sie wurde im Jahr 1777 fertig und hatte 4146000 Thaler gekostet.

September.

A.

3. September 1765

Der König in Breslau.

9. September 1765

Von Breslau nach Lissa.

10. September 1765 bis 12. September 1765

Kriegsübungen daselbst.

12. September 1765

Nach Glogau bis den 13ten.

14. September 1765

In Frankfurt und Berlin.

<260>

15. September 1765

In Potsdam.

16. September 1765

Der König an Fouqué :

"Werther Freund. Eben komme ich aus Schlesien zurück. Die Landecker Bäder haben meine Beine wieder in guten Stand gesetzt; mir ist jetzt beinahe so, als wenn ich nie das Podagra gehabt hätte. etc. — Ich wünsche, daß mein Gärtner Sie in meiner Abwesenheit mag gut bedient haben. Jetzt muß ich wieder Ihr Haushofmeister sein, und Früchte und was Ihnen sonst behaglich ist, in Ihre Wirthschaft liefern. Dafür aber bedinge ich mir aus, daß Sie mir Nachricht von Ihrer Gesundheit geben, damit ich wegen meines alten Freundes ruhig sein kann, den ich bis ins Grab lieben werde."

18. September 1765

An Ebendenselben :

"Werther Freund. Zum guten Glück habe ich noch ein Fläschchen Mekkaschen Balsam übrig, das mir Achmet Effendi gegeben. Ich schicke Ihnen dasselbe mit dem größten Vergnügen, und zugleich tausendfache Wünsche, daß Ihnen dieser Balsam die besten Dienste thun möge. etc."

25. September 1765 bis 30. September 1765

Manövre bei Potsdam.

B.

19. September 1765

Edict und Reglement für die Königl. Giro- und Leihbank, in Königsberg in Preußen.

Oktober.

A.

Oktober 1765

Der König in Potsdam.

7. Oktober 1765

Die Prinzessin Amalie kommt aus Quedlinburg über Potsdam nach Berlin zurück.

14. Oktober 1765

Der König nach Berlin. Hier besucht er gleich bei der Einfahrt in die Stadt die Porzellanmanufattur. Mittags große Cour, wobei der neue Römisch-Kaiserliche Gesandte von Nugent dem König sein Creditio überreicht. Nachmittags begiebt sich der König zu dem General von Zieten, wo er, die Königin und mehrere Prinzen und Prinzessinnen — Alle<261> in Person — die Pathenstellen bei dem am 6. Oktober gebornen Sohn des Generals Zieten vertreten. Der Täufling erhielt die Namen : Friedrich Christian Ludwig Emil. Der König schenkte ihm das Patent als Cornet im Husarenregiment des Generals von Zieten 261-+.

15. Oktober 1765

Der König nach Potsdam.

?? Oktober 1765

Der König an Voltaire :

- etc. - "Wenn Sie begierig sind, zu wissen, welche Zerstörung der Fanatismus und die Raserei angerichtet hat, so wissen Sie, daß ich in Schlesien 8000 Häuser, und in Pommern und der Neumark 6500 habe wieder aufbauen lassen. etc."

Der König schenkt dem Holländischen Gesandten von Verelst eine kostbare Tabatiere.

B.

26. Oktober 1765

Stirbt in Breslau der General-Major von Schlabrendorf.

November.

A.

November 1765

Der König in Potsdam.

12. November 1765

Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Curland nach Potsdam, bis den 14ten.

13. November 1765

Stirbt die Schwester des Königs, Sophie Dorothee Marie, Markgräfin von Schwedt.

18. November 1765

Der General von Lentulus in Potsdam.

25. November 1765

Der König an Voltaire (Sanssouci den 25sten) :

"Der Auszug aus Bayle's Dictionnair, dessen Sie er wähnen, ist von mir. Ich hatte mich zu einer Zeit daran gemacht, wo ich mit Geschäften überhäuft war, und das merkt man dieser Ausgabe öfters au. Jetzt wird eine neue veran<262>staltet, wo die Artikel : Ovid und Lucrez, an die Stelle der Curtisanen treten, und worin auch der Artikel des guten David wieder hergestellt werden soll. etc."

Nachdem der König d'Argens' Werk über den Kaiser Julian erwähnt und davon gesagt hat, daß es korrekter sei, als seine anderen Schriften, fährt er weiter fort und sagt :

"Doch hat mir der Angriff gar nicht gefallen, den er ganz ohne Veranlassung auf Maupertuis thut. Man muß die Asche der Verstorbenen ruhen lassen. Was hat man für Ehre davon, gegen einen Mann zu kämpfen, den der Tod entwaffnet hat? M a u p e r t u i s' Werk ist freilich schlecht, es ist eine gravitätisch geschriebene Posse. Er hätte sie in einem munterern Tone vortragen müssen, damit Jeder gleich einsähe, woran er wäre. Sie nahmen die Sache von der tragischen Seite, griffen eine Schäkerei ernstlich an und zerschmetterten mit Ihrer fürchterlichen Herkuleskeule eine Mücke.

Ich, der ich den Hausfrieden aufrecht erhalten wollte, that Alles, was ich konnte, um Sie an einem Ausbruch zu hindern. So viel ich Ihnen auch über diesen Punkt sagte, störten Sie doch die Ruhe; verfertigten fast unter meinen Augen ein Pasquill und bedienten sich, um dasselbe drucken zu lassen, einer Erlaubniß, die ich Ihnen für ein anderes Werk zugestanden hatte. Kurz, Sie haben Sich sehr gegen mich vergangen. Ich erduldete, was sich nur erdulden ließ. Von alle dem, worüber ich mich sonst noch in Rücksicht auf Ihr Verhalten mit Fug zu beschweren habe, will ich nichts gedenken, weil ich fühle, daß ich verzeihen kann. — etc. Aber wie kommen Sie auf den Einfall, Verse von mir zu verlangen? Hat Plutus je den Vulkan angesprochen, ihm Gold zu geben? Oder Thetis je den Rubicon ersucht, ihr seine Paar Tröpfchen Wasser zukommen zu lassen? Weil zu der Zeit, da die Könige und die Kaiser darauf erpicht waren, mich auszuplündern, ein Elender, der sich mit ihnen verband, mir<263> mein Buch stahl, und dasselbe nun einmal gedruckt ist, so schicke ich Ihnen ein Exemplar davon mit großen Lettern. Wenn Ihre Nichte sich à la grec oder à l'eclipse koeffirt, so kann sie sich desselben als Papilloten bedienen. Ich habe miittelmäsilge Poesieen verfertigt, aber bei Versen macht man unter mittelmäßigen und schlechten keinen Unterschied. muß schreiben wie Sie oder — schweigen. etc."

Dezember.

A.

Dezember 1765

Der König in Potsdam.

21. Dezember 1765

Nach Berlin. Mittags große Cour.

24. Dezember 1765

Der König, die Königin und der Prinz und die Prinzessin von Preußen speisen bei der Prinzessin Amalie.

31. Dezember 1765

Der König an Fouqué :

"Werthester Freund. Viel Glück zum neuen Jahr! Ich schicke Ihen ein Geschenk, wie ein Greis es dem andern wohl machen kann — einen bequemen Stuhl, den Sie nach Ihrem Gefallen hoch und niedrig stellen können, echten Mekkaschen Balsam, um Ihre Kräfte wieder zu stärken, und um Sich zu amüsiren, einige Kleinigkeiten aus meiner Porzellanfabrik. Wenn ich Sie in diesem Sommer in Potsdam sehen werde, sollen Sie irgend eine solidere Galanterie erhalten. Indessen thue ich Wünsche für Ihre Gesundheit, mein bester Freund. etc."

Das Gedicht : "Gegen die Herren Schmarotzer" (h. W. VII. 169) schrieb der König in diesem Jahre.

B.

15. Dezember 1765

Maklerordnung für sämtliche Handelsstädte der Preuß. Lande. Der Carneval nahm diesmal erst den l7. Januar des folgenden Jahres seinen Anfang, wegen der Hoftrauer, die noch wegen des Todes der Martgräfin von Schwedt Statt hatte. Sonntags und Mittwochs Vormittag war die gewöhnliche große Cour.

<264>

Anmerkungen zum Jahre 1765.

1) Dieudonné Thiébault hat unter dem Titel: Mes Souvenirs de vingt ans de séjour à Berlin, ou Frédéric le Grand, sa famille, sa cour, son gouvernement, son Academie, ses écoles, et ses amis Litterateurs, et Philosophes, ein Werk von fünf Bänden herausgegeben, welches aber, trotz des viel versprechenden Titels, von sehr geringem Werth ist, denn es enthält so viele Unrichtigkeiten, Falschheiten und offenbare Erdichtungen, daß der Geschichtsfreund, dem es um Wahrheit und Gründlichkeit zu thun ist, darin zwar vielerlei Neues, aber äußerst wenig Wahres finden wird. Man lese darüber Biester's neue Berliner Monatsschrift, Jahrg. 1804, II. S. 304 etc. Die von T h i é b a u l t erzählten vielen Geschichtchen, Klatschereien etc. konnten seinen Landsleuten, den Franzosen, die auch Alles, ohne es zu prüfen und prüfen zu können, für baare Münze annahmen, allerdings interessant und amüsant sein, daher auch das Buch in Frankreich mehrere Auflagen erlebt hat, allein bei jedem Anderen, der nur einigermaßen mit der Geschichte Friedrich's d. Gr. bekannt ist, kann eine solche Schrift nur Unwillen erregen.
     

Zu der unverkennbaren Leichtgläubigkeit und Leichtsinnigkeit, mit welcher Thiébault alle Stadtgespräche und Gerüchte, wie sie in Gesellschaften, Kaffeehäusern etc. coursiren, als ausgemachte Wahrheiten wiedergiebt, kommt noch hinzu, daß er seine "Souvenirs" erst zwanzig Jahre, nachdem er Berlin verlassen hatte, dem Publikum zum Besten gab, wodurch denn seine Erinnerungen nicht gewonnen haben, und durch manchen neuen willkürlichen Zusatz eigener Erfindung ergänzt worden sein mögen.

Thiébault ging 1783 mit Urlaub nach Frankreich, um daselbst einige Familienangelegenheiten zu besorgen. Er suchte nachher noch eine Verlängerung seines Urlaubs nach, statt der er aber seine gänzliche Entlassung erhielt. Er war geboren den 26. Dezember 1753 und starb Anfangs Dezember 1807, Eine Zeitlang war er Vorsteher des Lycée zu Versailles gewesen.

<265>

Der allgemeinen Sage nach hat Helvetius dem Könige sehr ausführliche Mittheilungen über die im Preußischen Staat zu errichtende Regie gemacht. Die erste Idee dazu soll von dem General von Krockow hergekommen sein. Dieser, welcher früher einige zwanzig Jahre in Französischen Kriegsdiensten gestanden, hatte den König öfters von der Verwaltung des Finanzwesens in Frankreich und den Einrichtungen der dortigen Regie und Ferme unterhalten und ihn veranlaßt, über diesen Gegenstand mit Helvetius in Corresvondenz zutreten, was der König auch that, ihn auch einige Zeit nachher zu sich nach Potsdam einlud.
     

Claude Adrian Helvetius war im Januar 1715 zu Paris geboren. Er erhielt eine sorgfältige Erziehung, wodurch seine ausgezeichneten natürlichen Anlagen sehr glücklich ausgebildet wurden. Er wurde, wie sein Biograph sagt, ein Schüler Locke's, aber ein Schüler, wie es Aristoteles von Plato gewesen, indem er neue Entdeckungen denen seines Meisters hinzufügte. Dabei widmete er sich dem Studium der Rechte. Weil aber die Vermögensumstände seiner Eltern nur sehr mittelmäßig waren, überdies der Vater bei dem Cardinal de Fleury, damaligem Premierminister Ludwigs XV, nicht in Gunst stand, so glaubte er, daß der Sohn auf diesem Wege kein sonderliches Glück machen würde, und dies eher bei dem Finanzwesen geschehen könne, weshalb er ihn zu einem nahen Verwandten, welcher Director der Ferme zu Caen war, schickte, um sich bei diesem die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen. Bald nachher erhielt auch der junge Helvetius, als er erst 23 Jahr alt war, durch Vermittelung der Königin, welche seinen Eltern sehr gewogen war, die sehr einträgliche Stelle eines Generalpächters. Diese Stelle behielt er 12 Jahr, während welcher Zeit er sich bei ausgezeichneter Milde und Rechtlichkeit ein ansehnliches Vermögen erworben hatte, nun aber den Entschluß faßte, sie niederzulegen, da sie nie seinem Charakter und seinen Neigungen zugesagt, und er sie nur auf Verlangen seines Vaters angenommen hatte, Im Jahr 1751 führte er den Entschluß aus, kaufte sich aus Gefälligkeit für seinen Vater die Charge eines Haushofmeisters der Königin und verheirathete sich mit dem geistreichen Fräulein de Ligni<266>ville. Sein Vermögen verwendete er zum Ankauf eines Landguts, das er dann mit seiner jungen Gattin bezog, und sich hier nun ganz den Wissenschaften widmete. Im Jahr 1758 gab er sein Buch De l'Esprit heraus, auf welches sich das oben angeführte Urtheil Friedrich's bezieht. Während seines Aufenthalts in Potsdam beim König soll er demselben nicht nur weitere Aufschlüsse über die Französische Regie und Ferme, sondern auch über deren Einführung in den Preußischen Staat verschiedene Rathschläge gegeben, auch bei seiner Rückkehr nach Frankreich, dem vom Könige erhaltenen Auftrage gemäß, die zur Einrichtung und Leitung der Regie in Preußen erfoderlichen Hauptpersonen engagirt haben 266-+. Helvetius starb zu Paris den 26. Dezember 1771, wegen seines Charakters sowohl, als wegen seiner Gelehrsamkeit geliebt und hochgeachtet von Allen, die ihn gekannt hatten.

Januar 1766.

A.

Januar 1766

Der König in Berlin.

8. Januar 1766

Der König an Voltaire :

- etc. - "Hätten Sie mir vor zehn Jahren gesagt, was Sie am Schluß Ihres Briefes äußern, so wären Sie noch<267> hier. Unstreitig hat jeder Mensch seine Schwachheiten, und Vollkommenheit gehört nicht zu unserm Erbtheil. Auch ich mache hiervon die Erfahrung und bin fest von der Unbilligkeit überzeugt, von Andern etwas zu fodern, was man selbst nicht erreichen kann. Hätten Sie mit diesem Bekenntnis; angefangen, so wäre alles Uebrige unnöthig gewesen, und ich hätte Sie, Ihrer Fehler ungeachtet, geliebt, da Ihre Talente groß genug sind, um einige Schwachheiten zu verdecken. Nur Talente unterscheiden den großen Mann vom Alltagsschlage der Menschen. Man kann sich hüten, Verbrechen zu begehen, aber nicht ein Temperament umschaffen, das gewisse Fehler hervorbringt. etc."

9. Januar 1766

Der König an Fouqué:

"Werthester Freund. Ich freue mich außerordentlich, daß die übersandten Kleinigkeiten Ihnen angenehm gewesen sind. Es war das letzte Fläschchen mit Mekkaschem Balsam, das ich noch übrig hatte, sogleich habe ich nach Konstantinopel schreiben lassen, um solchen in Vorrath zu haben, wenn Sie darnach Verlangen äußerten.

Unser Carneval gleicht den Werkeltagen in Brandenburg; wir haben weder Schauspiel, noch andere Lustbarkeiten, weil eine Familientrauer eingefallen ist, die mir sehr nahe geht. Unsrer Jugend zu Gefallen, die für die Betrübniß Anderer nur wenig empfänglich ist, habe ich inzwischen in Betreff der letzten vierzehn Tage nachgelassen."

15. Januar 1766

An diesem Tage hatte der aus Frankreich angekommene Finanzier de la Haye de Launay seine erste Audienz beim Könige.

24. Januar 1766

Feier des Geburtstags des Königs, welcher mit der Königin und sämtlichen anwesenden Prinzen und Prinzessinnen bei dem Prinzen Heinrich speist. Vorher war beim Könige große Cour. Abends Oper und Ball.

<268>

B.

In den ersten Tagen dieses Monats langen die Französischen Fermiers, welche im Preußischen die Regie einrichten sollen, in Berlin an.

17. Januar 1766

Gesetz wegen Ermäßigung des Zwangdienens der Bauerkinder

17. Januar 1766

Anfang des Carnevals. Sonntags : große Cour beim Könige, Montag : Oper, Dienstag : Redoute, Mittwoch : Französische Comödie, Donnerstag : Cour bei der Königin, Freitag : Oper, Sonnabend : Ruhe.

Die Opern waren : 1) Achilles in Scirus, 2) Lucius Papirius. Die Französischen Schauspiele: l'EcoIe de maris; le medecin malgré lui; le Philosophe marié; I'Impromtu de la campagne.

Während des Carnevals befanden sich unter Andern in Berlin : der Erbprinz Karl Wilhelm von Nassau-Usingen, der regierende Fürst von Anhalt-Cöthen, Fürst Hatzfeld. Octroi für die auf Aktien errichtete (Nutz-) Holzhandlungs-Compagnie.

In diesem Monat ward das neuerbaute Palais des Prinzen Heinrich von ihm und seiner Gemalin bezogen.

Februar.

A.

2. Februar 1766

Der König von Berlin nach Potsdam.

9. Februar 1766

Der König an Fonqué :

"Hierbei übersende ich Ihnen einen kleinen Vorrath von Italienischen Trüffeln, die ich über Wien erhalten habe. Ich wünsche, daß sie Ihnen lieb sein, schmecken und Ihren Appetit wieder reizen mögen. Ich erwarte hier in meiner Höhle ruhig die Rückkehr des Frühlings; die gegenwärtige Jahreszeit ist nicht für unser Alter. Wir Greise leben erst im Frühling auf, und vegetiren im Sommer, aber der Winter taugt nur für jene brausende ungestüme Jugend, die sich durch Schlittenfahrten und Schneeballwerfen abkühlt. etc."

<269>

25. Februar 1766

Der König an Voltaire :

- etc. - "Die Fortschritte der menschlichen Vernunft sind viel langsamer, als man glaubt. Die wahre Ursache davon ist, daß fast die ganze Welt sich mit schwankenden Begriffen begnügt, und nur wenige die Zeit haben, sie zu untersuchen und bis auf den Grund der Dinge zu gehen. Einige sind von Kindes Beinen an in die Fesseln des Aberglaubens eine gezwängt, die sie nicht zerbrechen wollen oder können. Andere beschäftigen sich mit nichtswürdigen Kleinigkeiten, haben kein Wort von Geometrie im Kopf, und genießen des Lebens, ohne daß ein Augenblick des Nachdenkens ihre Vergnügungen unterbricht. Nehmen Sie nun noch die Schüchterlinge und die furchtsamen Frauenzimmer hinzu, so haben Sie das Ganze, woraus die Gesellschaft besteht. Es ist also viel, wenn man unter tausend Menschen Einen Denkenden findet, etc."

26. Februar 1766

Der König an Fouqué :

"Liebster Freund. Ihr Brief hat mich recht traurig gemacht. Sie sprechen von Ihrer Abreise, und ich habe Lust, wofern es von mir abhängt, Sie so lange als nur möglich zu behalten. Menschen findet man überall, aber nur selten einen so rechtschaffenen Mann und einen so treuen Freund als Sie. Pflegen Sie Sich, so sehr Sie nur immer können, damit ich Sie nicht sobald verliere, und bedenken Sie, wie nahe es mir gehen wird, mich auf immer von Ihnen getrennt zu sehen. Ihr schweres Gehör will nichts sagen; man hat kleine Trichter, die diesen Zufall einigermaßen abhelfen. Die verstorbene Frau von Roculle bediente sich eines solchen Röhrchens, und ich will Ihnen ein ähnliches machen lassen. ect."

26. Februar 1766

Der König an Ebendenselben :

"Liebster Freund. Ich nehme wohl ab, daß Sie Stärkung bedürfen. Vor ein Paar Tagen wollte man den Ungarwein meines Großvaters kosten, und fand ihn gut. Sofort hob ich die Flasche — es ist die letzte — auf, und schicke sie Ih<270>nen. Möchte sie Ihnen doch recht gute Dienste leisten. Verlangen Sie andere alte Weine — ich habe deren von allen Sorten — so sagen Sie mir es nur, und ich werde mir ein wahres Vergnügen daraus machen, Ihnen davon zukommen zu lassen. etc."

B.

5. Februar 1766

Stirbt der Oestreichische General-Feldmarschall Reichsgraf Leopold Joseph Maria von Daun.

18. Februar 1766

Assekuranz- und Havarie-Ordnung.

März.

A.

März 1766

Der König in Potsdam.

15. März 1766

Unter diesem Datum schrieb der König das scherzhafte "Mandat Sr. Hochwürden Gnaden des Bischofs von Aix, enthaltend ein Verdammungsurtheil gegen die ruchlosen Werke des sogenannten Marquis d'Argens, und dessen Verbannung aus dem Königreiche erkennend." D'Argens war nämlich damals mit Erlaubniß des Königs nach der Provence gereist. Der Minister von Schlabrendorf aus Schlesien beim König in Potsdam bis den 28sten.

April.

A.

April 1766

Der König in Potsdam.

15. April 1766

Kabinetsordre des Königs an das General-Ober-Finanz-Directorium: "Wir sind in Rücksicht, daß die Sachen, anlangend die Akzise, bis dato so schlecht und unordentlich gewesen zu Coupirung der dabei vorfallenden Defraudationen Allerhöchst bewogen worden Fermiers aus Frankreich kommen zu lassen; so die Administration derselben übernehmen, und soll die Administration gedachter Fermiers vom 1. Juni etc. angehen, und die dieserhalb zu bestallenden neuen Bedienten im nächst<271>kommenden Monat Mai sogleich in Aktivität gesetzt werden; auch sollt Ihr vom 1. Juni etc. an nichts weiter mit den Accises und Douanes zu thun haben, dergestalt, daß die Summen, so dies Jahr von den Akzisen zur General-Kriegskasse stießen, durch benannte Administration an die General-Kriegskasse gezahlt und die Summen von den Zöllen an die Kassen wohin sie gehören und sonst bezahlt worden sind, gleichergestalt in den gewöhnlichen Terminen berichtigt und abgeführt, und daß diejenigen Summen von Zöllen, welche wir à parte erhoben und eingezogen haben, auch hinfüro direct berechnet und eingesand werden sollen. Daher wir Euch hier, durch solches zur Nachricht und ganz ohnfehlbaren genauesten Achtung bekannt machen."

16. April 1766

Der König an Fouqué:

"Ich überschicke Ihnen hierbei das Neueste vom Jahre, einige Hülsenfrüchte, und wünsche, daß es Ihnen Vergnügen machen, daß Sie es bei gutem Wohlsein genießen und Sich dabei Ihres alten Freundes erinnern mögen. etc."

In diesem Monat kam der Marquis d'Argens von seiner Reise nach Frankreich wieder zurück.

B.

14. April 1766

Vorläufiges Declarations-Patent (und Reglement) wegen einer für sämtliche K. Pr. Provinzen, wo bisher die Akzise eingeführt gewesen, den 1. Juni 1766 allergnädigst gutgefundenen neuen Einrichtung der Akzise, und Zollsachen.

Mai.

A.

Mai 1766

Der König in Potsdam. Bei ihm war der General-Feld-Marschall Herzog Ferdinand von Braunschweig, Gouverneur von Magdeburg, mit welchem er am

5. Mai 1766

5 von Potsdam ganz früh und direct nach der Gegend von Tempelhof bei Berlin abgeht, und daselbst Über einige Regimenter Specialrevue hält, und alsdann nach dem Schlosse in der<272> Stadt sich begiebt. Bei der hier Statt findenden großen Cour werden ihm der Französische General Marquis von Conflans und der Venetianische Marchese Murazzo vorgestellt. Nachmittag, besucht der König in Begleitung der Generale von Krockow und von Ramin den kranken Gouverneur von Berlin, General von Hülsen, besieht alsdann den Bau der Kaserne und anderer Häuser, und kehrt nach dem Schlosse zurück.

16. Mai 1766

Der König halt im Thiergarten über die übrigen Regimenter Specialrevue, nach deren Beendigung er mit dem Herzog Ferdinand von Braunschweig über Charlottenburg nach Potsdam zurückkehrt.

11. Mai 1766

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig geht über Berlin nach Magdeburg zurück.

17. Mai 1766

Der König hält bei Potsdam Revue, welcher auch der Französische General Marquis von Conflans beiwohnt.

19. Mai 1766

Der König über Spandau, wo er bei dem Prinzen Heinrich speist, nach Charlottenburg.

20. Mai 1766

In Berlin; hält im Thiergarten über das aus Mecklenburg angekommene Bataillon Zietenscher Husaren und einige andere Truppen Spezialrevue, und nachher vor dem Bernauer Thore über verschiedene fremde Regimenter. Bei der alsdann auf dem Schlosse Statt findenden Cour werden dem Könige der Fürst Czartorisky, General von Podolien, und der Russische Minister von Saldern vorgestellt.

21. Mai 1766

Generalrevue vor dem Halleschen Thore.

22. Mai 1766

Großes Manövre. Der König geht Nachmittag nach Charlottenburg.

24. Mai 1766

Der König Abends nach Cüstrin mit dem gewöhnlichen Gefolge; hält daselbst Revue bis den 26sten.

26. Mai 1766

Nach Stargard; daselbst Revue bis den 23sten.

30. Mai 1766

In Potsdam.

31. Mai 1766

Der König an Fonqué :

"Werthester Freund. Auf übermorgen, den 2. Juni, bitte<273> ich mich ganz ohne alle Umstände, wie die Freundschaft es heischt, bei Ihnen zu Gaste. Ich freue mich zum Voraus, mein lieber Fouqué, auf das Vergnügen, Sie zu umarmen. Um elf Uhr bin ich bei Ihnen. etc."

B.

13. Mai 1766

Erneuertes Stempel- und Karten-Edict.

20. Mai 1766

Stirbt die Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel, Christine Charlotte Louise, Canonissin von Quedlinburg.

Juni.

A.

2. Juni 1766

Der König von Potsdam nach Brandenburg, wo er bei dem General Fouqué speist, alsdann nach Körbelitz bei Magdeburg geht, und daselbst bis den 6ten Revue hält.

6. Juni 1766

Der König in Magdeburg.

7. Juni 1766

Nach Salzthal.

10. Juni 1766

In Potsdam.

11. Juni 1766

Die Minister von Massow, von Blumenthal und von der Hagen zum König nach Potsdam zur sogenannten Ministerrevue, bis den 12ten.

17. Juni 1766

Der König nach Charlottenburg, wo er den aus London zurückgekommenen Englischen Gesandten Andreas Mitchel empfängt und dem Schwedischen Gesandten die Abschiedsaudienz ertheilt.

18. Juni 1766

Nach Potsdam.

28. Juni 1766

Prinz Heinrich aus Rheinsberg nach Potsdam, dann nach Berlin.

29. Juni 1766

Der König nach Charlottenburg.

30. Juni 1766

Nach Berlin; besucht die Porzellanfabrik und kehrt Über Charlottenburg nach Potsdam zurück.

B.

4. Juni 1766

Stirbt in Breslau der Ober-Consistorialrath Johann Friedrich Burg, 77 Jahr alt.

<274>

12. Juni 1766

Stirbt in Berlin der General-Lieutenant Gustav Bogislav von Münchow, 80 Jahr alt.

Juli.

A.

Juli 1766

Der König in Potsdam.

6. Juli 1766

Der König an Fouqué :

"Werthester Freund. Ich überschicke Ihnen einige Früchte aus meinem Garten. Bisher hatte ich zu thun, gegenwärtig bin ich allein, gleichwohl will ich mir Ihren Besuch nicht eher ausbitten, als bis das Regenwetter vorüber ist; die Kälte, die wir jetzt haben, möchte Ihrer Gesundheit nicht zuträglich sein. Sie werden mir ganz offenherzig sagen, ob Ihnen die kleine Reise behaglich ist, damit ich Ihnen meine Pferde entgegenschicken kann. etc."

(Da Fouqué die Einladung, Hüftschmerzen wegen, ablehnte, so schickte er ihm seinen Leibarzt Kothenius).

16. Juli 1766

Der Prinz von Preußen, dessen Gemalin, Prinz Heinrich und die Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine, Schwester des Prinzen von Preußen, und mehrere Prinzen und Prinzessinnen zum König nach Sanssouci, wo verschiedene Feste gegeben werden.

17. Juli 1766

Das Trauerspiel Titus und Berenice.

19. Juli 1766

Das Schauspiel: le Chevalier à la mode.

21. Juli 1766

Le malade imaginair.

23. Juli 1766

L'homme à la bonne fortune.

?? Juli 1766

Der König an Voltaire :

"Sie haben von mir eine bessere Meinung als ich selbst. Sie halten mich nämlich für den Verfasser des Auszugs aus der Kirchengeschichte und der Vorrede zu diesem Werke. Das klingt eben nicht wahrscheinlich. Wie will Jemand, der unablässig mit Kriegen und andern Angelegenheiten zu thun hat, noch so viel Muße finden, die Kirchengeschichte zu studiren? Ich habe, so lange ich lebe, mehr Manifeste als Bullen ge<275>lesen. Zwar zog ich vor diesem gegen Kreuzfahrer, gegen Personal mit geweihtem Hauptschmuck zu Felde, welche der heilige Vater in ihrem ersichtlichen Eifer, mich zu Grunde zu richten, bestärkte; aber meine Feder ist lange nicht so dreist, als mein Degen, und respektirt, was durch lange Observanz ehrwürdig geworden ist 275-+. etc."

26. Juli 1766

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Sie erwähnen eines chronologischen Abrisses der Kirchengeschichte, der mir unbekannt ist. Ich lese selten Vorreden; indessen habe ich gehört, daß der Verfasser der gegenwärtigen so dreist als unbescheiden ist, und die Grobheit begangen hat, durch ein Species facti zu beweisen, daß der große Hans nichts weiter als Hans-Wurst ist. etc."

29. Juli 1766

Der König nach Charlottenburg, wo er dem Schwedischen außerordentlichen Gesandten, Freiherrn von Manteuffel, Audienz giebt.

30. Juli 1766

Der König nach dem Berliner Thiergarten, wo er die dort aufmarschirten Wachtparaden besieht, dann nach Charlottenburg, und Abends von da nach Potsdam zurückkehrt.

Dem Stifte zu St. Sebastian in Magdeburg verleiht der König ein Ordenskreuz.

B.

2. Juli 1766

Stirbt in Schönhausen die Gräfin Camas, 76 Jahr alt. Ihre Leiche ward in Berlin in der Parochialkirche beigesetzt.

11. Juli 1766

Edict wegen Aufhebung der Tabakspacht, Errichtung einer Königlichen General-Tabaks-Administration, und Garantie der tungs-Compagnie gezahlt hatten. (S. Beiträge etc. I. 285 etc.).

<276>

Die Prinzessin Amalie, Schwester des Königs, verläßt ihre Wohnung auf dem Königl. Schlosse, und bezieht ihr neu erbautes Palais unter den Linden (jetzt Nr. 7).

August.

A.

August 1766

Der König in Potsdam, wo täglich noch verschiedene Festlichkeiten zu Ehren der Prinzessin Sophie Friederike Wilhelmine Statt finden, und die erst mit der Feier ihres Geburtsfestes, den 7. August, endigen.

7. August 1766

Der König, an Voltaire :

- etc. - "Der zu Abbeville vorgefallene Auftritt ist tragisch 276-+. Aber haben die Bestraften nicht gefehlt? Muß man Vorurteilen, welche die Länge der Zeit in der Meinung des Volks geheiligt hat, geradezu vor den Kopf stoßen? Und wenn man auf das Recht frei zu denken für sich selbst Anspruch macht, muß man des eingeführten Glaubens spotten? Wer nicht Andere zu beunruhigen sucht, wird selten verfolgt werden. Erinnern Sie Sich dessen, was Fontenelle sagt : Wenn ich die Hand voll Wahrheiten hätte, so würde ich mich lange bedenken, ehe ich sie aufmachte. Der große Haufe verdient nicht, aufgeklärt zu werden. Ihr Parlament hat sich gegen den Unglücklichen grausam bewiesen etc., aber schieben Sie die Schuld davon auf die Landesgesetze. Jeder Richter ist darauf vereidet, nach denselben zu urtheilen, er kann seine Sentenz nur nach deren Vorschrift abfassen. etc.

Fragen Sie mich, ob ich wohl ein so hartes Urtheil gefällt hätte, so antworte ich: Nein! Ich würde vielmehr nach meinen natürlichen Einsichten die Strafe mit dem Verbrechen in<277> Verhältnis gesetzt haben. Du hast eine Bildsäule zerbrechen? Ich verurtheile Dich, sie wiederherzustellen. Du hast vor dem Pfarrer des Kirchspiels, der das trug, was Du wohl weißt, den Hut nicht abgenommen? Ich verurtheile Dich deshalb, vierzehn Tage ohne Hut die Kirche zu besuchen. etc."

Der König an Ebendenselben : - etc. - "Ich biete den Philosophen eine sichere Zuflucht an, wenn sie nur weise und so friedfertig sind, als es der schöne Name, mit dem sie prunken, voraussetzt; denn alle Wahrheiten, die sie verkündigen, zusammen genommen, wiegen die Ruhe der Seele nicht auf, das einzige Gut, dessen die Menschen auf dem von ihnen bewohnten Sandkörnchen genießen können. Ich, der ich meine Vernunft ohne Enthusiasmus gebrauche, ich wünsche, daß die Menschen vernünftig und vor allen Dingen ruhig waren. etc. — Sokrates betete die Deos majores et minores gentium nicht an, aber er war bei den öffentlichen Opfern gegenwärtig. Gassendi besuchte die Messe und Newton die Vesper.

Die Toleranz muß einem Jeden in der Gesellschaft die Freiheit zusichern, zu glauben, was er will; aber sie muß nicht so weit gehen, die Unbesonnenheit und Ausgelassenheit junger Schwindelköpfe zu billigen, welche dasjenige verwegen verspotten, was das Volk verehrt. Das sind meine Gesinnungen, und sie sind denjenigen angemessen, wodurch Freiheit und öffentliche Sicherheit, der erste Gegenstand aller Gesetzgebung, befestigt wird. etc."

13. August 1766

Der König über Köpnik nach Schlesien zur Revue mit dem Prinzen von Preußen, dessen Bruder dem Prinzen Heinrich, den beiden Prinzen von Braunschweig und einigen anderen Generalen etc. Ankunft in Crossen.

14. August 1766

In Glogau.

?? August 1766

In Neisse.

30. August 1766

In Breslau, Nachmittags um 2 Uhr angekommen.<278> Der König schenkt dem Großkanzler von Jariges eine Tabatiere mit Brillanten.

B.

10. August 1766

Neues Reglement für das Postwesen.

September.

A.

1. September 1766

Der König in Breslau, giebt in seinem Palais einen Ball.

4. September 1766

Geht ins Lager bei Romberg, wo Revue und Kriegsübungen bis den 7ten Statt finden, welchen die Französischen Generale Marq. von Castries und Graf von Schönberg beiwohnen. In Folge dieser Revue, mit welcher der König sehr zufrieden war, wurden der General von Seydlitz mit einer kostbaren, reich mit Brillanten besetzten Uhr und der General von Tauenzien mit einem Brillantring beschenkt. Die Obersten von Koschenbar, von Rothkirch und von Mitzlaf erhielten Amtshauptmannschaften.

7. September 1766

Der König nach Glogau und Sprottau. Hier unterhält er sich mit dem dirigirenden Burgemeister über den Zustand der Stadt, ihrer Fabriken etc.

8. September 1766

Ueber Baruth und Trebbin nach Potsdam.

13. September 1766

Der König an V o l t a i r e (aus Sanssouci) :

etc. - "Ich erinnere mich, in dem verbrannten Buche 278-+, dessen Sie erwähnen, gelesen zu haben, daß es in Bern gedruckt war; sonach übten die Herren dort eine rechtmäßige Jurisdiktion über dieses Buch aus. etc. — Aberglaube ist eine Schwäche des menschlichen Verstandes, ist mit diesem Wesen innig verwebt, existirte immer und wird immer existiren. etc."

16. September 1766

Der regierende Markgraf von Anspach in Potsdam, bis d. 28sten.

18. September 1766

Der König hält bis den 20sten Manövre bei Potsdam. Alle Generale und Stabsofficiere werden an dem dritten Manövretage zur Tafel des Königs in Sanssouci eingeladen.

<279>

21. September 1766

Ball in Sanssouci.

23. September 1766

Lustjagen bei Potsdam. Abends wird auf den, Schloßtheater die Oper il Comte caramella aufgeführt.

24. September 1766

In Sanssouci Oper il Comte caramella.

25. September 1766

Ebendaselbst le misantrope.

26. September 1766

Der König an Fouqué :

"Da ich in Schlesien erfahren habe, daß Sie gern Ungarwein haben wollen, so schicke ich Ihnen hierbei welchen, auch von meinen Trauben, die Sie nur im Fall, wenn Sie Ihnen nicht schädlich sind, genießen müssen. Auch habe ich wegen Balsam aus Mekka nach Constantinopel geschrieben, weil ich vermuthe, daß Ihr kleiner Vorrath schon verbraucht ist. etc."

Oktober.

A.

2. Oktober 1766

Der König in Charlottenburg.

3. Oktober 1766

Im Thiergarten bei Berlin besieht er die Berliner Wachtparaden, in der Stadt besucht er die Prinzessin Amalie, alsdann besieht er die Porzellanfabrik, besucht das Cadettenhaus und die Academie militaire, geht nach Charlottenburg zurück, kommt aber Abends zur Oper Cajus Fabricius wieder nach Berlin, nach deren Beendigung er nach Charlottenburg geht.

4. Oktober 1766

Nach Potsdam.

11. Oktober 1766

Der König überschickt an Fouqué mit einem freundlichen Schreiben den eben angekommenen Mekkaschen Balsam.

13. Oktober 1766

Die Fürstin Poniatowsky, Schwester des Königs von Polen, in Potsdam, speist beim König.

14. Oktober 1766

Der Prinz Heinrich, Bruder des Königs, in Potsdam.

24. Oktober 1766

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich wünsche Ihnen Glück zu der guten Meinung, die Sie von der Menschheit hegen. Ich, der ich diese ungefiederten zweibeinigen Geschöpfe vermöge der Pfiichten meines Standes genau kenne, sage Ihnen zum Voraus, daß<280> weder Sie, noch alle Philosophen der Welt, das menschliche Geschlecht von dem Aberglauben heilen werden, dem es anhängt. Dies ist ein Ingredienz, das die Natur der Komposition beigemischt hat, woraus unsere Race besteht. — etc. Es ist meines Erachtens nicht genug, daß man den Menschen ihre Irrthümer benimmt; man müßte ihnen auch Stärke des Geistes einstoßen können, sonst werden Empfindlichkeit und Schrecknisse des Todes über die stärksten und kunstgerechtesten Vernunftschlüsse siegen. etc."

B.

29. Oktober 1766

Revidirtes und erweitertes Edict und Reglement der Königl. Giro- und Leihbanken in Berlin und Breslau.

November.

A.

1. November 1766

Der König in Potsdam.

8. November 1766

In Potsdam wird das Geburtsfest der Prinzessin von Preußen gefeiert. An demselben Tage war auch das Geburtsfest der Königin, welches in Berlin bei der verwittweten Prinzessin von Preußen mit Concert, Souper und Ball gefeiert ward.

9. November 1766

Die regierende Herzogin von Würtemberg, der Prinz Friedrich Eugen von Würtemberg und dessen Gemalin in Potsdam, bis den 13. Dezember; dann in Berlin.

Der König schenkt der Akademie der Wissenschaften ein Telescop von Dolland.

B.

November 1766

In diesem Monat entstanden Unruhen in Neuchatel, wo man gegen die fernere Verpachtung der Einkünfte, wie sie schon seit 1749 eingeführt war, protestirte etc.

Dezember.

A.

Dezember 1766

Der König in Potsdam.

8. Dezember 1766

Der Kammerherr von Edelsheim zum König nach Potsdam.

<281>

17. Dezember 1766

Der König mit Gefolge nach Berlin, wo er den kranken Genneral von Hülsen besucht.

19. Dezember 1766

Der König sendet dem General Fouqué mit einem freundlichen Briefe ein Tafelservice von Porzellan.

?? Dezember 1766

Der König an Voltaire :

"Meinen besten Dank für die eben von Ihnen erhaltene schöne Tragödie, und die interessanten Werke, welche bald nachkommen werden.

Ich habe befohlen, daß man Fleury's Auszug in Berlin aufsuchen und Ihnen schicken soll, wenn sich irgendwo noch ein Exemplar befindet. Man sagt, ein gewisser Doctor Ernesti habe dies Werk widerlegt. Das Drolligste dabei ist, daß er, ein Lutheraner, sich genöthigt gesehen hat, die Sache des Pabstes zu vertheidigen. etc.

Zugleich sende ich Ihnen ein, in Ansehung seines Gegenstandes, merkwürdiges Gedicht — die Betrachtungen des Kaisers Mark-Aurel in Verse gebracht. Noch immer lieb ich die Dichtkunst. Zwar habe ich hierzu nur schwache Talente, da ich aber bloß zu meinem Zeitvertreibe Papier besudle, so liegt dem Publikum wenig daran, ob ich Whist spiele oder gegen die Schwierigkeiten in der Versifikation ankämpfe. Dies ist weit leichter und minder gefährlich, als wenn man die Hyder des Aberglaubens angreift.

Sie halten dafür, ich sei der Meinung, der Zaum der Religion wäre nöthig, um das Volk in Ordnung zu halten; ich versichere Ihnen, des Glaubens bin ich nicht, vielmehr nöthigt mich die Erfahrung, Bayle'n beizupflichten. Ohne Gesetze kann kein Staat bestehen, wohl aber ohne positive Religion, wofern nur eine Obergewalt in demselben vorhanden ist, die durch Leibesstrafen dem großen Haufen Gehorsam gegen die Gesetze abnöthigt. Die Erfahrung bestätigt dies. Auf den Marianischen Inseln hat man Wilde gefunden, die nicht die geringste metaphysische Idee im Kopfe hatten. Noch mehr wird dies durch das Chinesische Reich dargethan, worin<282> alle Großen keine andere Religion als den Deismus haben. Das Volk in dieser weitläuftigen Monarchie ist indessen, wie Sie wissen, dem Aberglauben der Bonzen unterworfen.

Eben daher behaupte ich, anderwärts würde es nicht besser gehen, und ein von allem Aberglauben gereinigter Staat erhielte sich nicht lange in seiner Reinheit, sondern neue Ungereimtheiten würden bald in die Stelle der alten treten, und das nach Verlauf von kurzer Zeit. Die kleine Dosis gesunder Vernunft, die sich auf der Oberfläche dieser Erdkugel vertheilt findet, ist meines Erachtens hinreichend, eine allgemein verbreitete Gesellschaft, wie ungefähr die der Jesuiten, zu errichten, aber nicht einen Staat.

Ich halte die Arbeiten unsrer neuen Philosophen für sehr nützlich, denn man muß die Menschen dahin bringen, daß sie sich des Fanatismus und der Intoleranz schämen. Man dient der Menschheit, wenn man jene grausamen und schrecklichen Thorheiten bekämpft, welche unsere Vorfahren in reißende Thiere verwandelten. Durch Zerstörung des Fanatismus vertrocknet man die schädlichste Quelle der Zwistigkeiten und Feindschaften, welche dem Gedächtnisse von Europa noch gegen, wärtig sind, und deren blutige Spuren man bei allen Völkern wahrnimmt. etc.

Sie fragen mich, was ich von Rousseau aus Geneve halte? Ich denke, er ist unglücklich und zu beklagen, doch gefallen mir weder seine Paradoxen, noch sein cynischer Ton. Die Leute in Neuchatel sind übel mit ihm umgegangen. Man muß die Unglücklichen in Ehren halten, nur schlechte Seelen können sie unterdrücken."

In diesem Jahre ist das Gedicht: "An den Abbe Bastiani" geschrieben. (H. W. VIl. 173).

Der König macht der Königin, den Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses und der regierenden Herzogin von Würtemberg prächtige Geschenke an Porzellan, reichen Stoffen und andern Kostbarkeiten.

<283>

B.

2. Dezember 1766

Edict, betreffend das Schuldenmachen der Officiere. Anfang des Carnevals. Sonntag: Cour bei der Königin; Montag : Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch: Französisches Schauspiel; Donnerstag : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Freitag : Oper; Sonnabend : Ruhe.

Die Opern waren : Cajus Fabricius und Ie festi galanti. Die Französischen Schauspiele: le misantrope, Bajacet, Democrit à la Cour, les Bourgoises à la mode, le Joueur, l'Ecossoise.

Januar 1767.

A.

Januar 1767

Der König in Berlin.

8. Januar 1767

Der König besieht die Porzellanmanufaktur und das Zeughaus.

24. Januar 1767

Feier des Geburtsfestes des Königs, große Cour; der König, die Königin und der ganze Hof speisen bei dem Prinzen Heinrich.

Februar.

A.

1. Februar 1767

Der König in Berlin; besucht den kranken General von Hülsen.

2. Februar 1767

Nach Potsdam.

10. Februar 1767

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich danke Ihnen für die Ausbesserung meiner Verse, wovon ich guten Gebrauch machen will. Die Poesie gereicht mir zur Erholung. Ich weiß, daß mein Talent dazu eins der geringsten ist; aber es ist ein Gewohnheitsvergnügen, dem ich ungern entsagen würde, und das keinem Menschen schadet, besonders da mein Machwerk dem Publikmn nie Langeweile verursachen wird, weil es dasselbe nicht zu<284> sehen bekömmt. Ich schicke Ihnen noch zwei Erzählungen. Auch diese Dichtungsart habe ich versucht, um die Monotonie wichtiger Materien mit leichten und scherzhaften Gegenständen abwechseln zu lassen. Auszüge aus dem Fleury, so viel sich deren in den Buchläden mir immer fanden, denk' ich, sollen Sie bekommen. etc."

18. Februar 1767

Der König schickt mit einem freundlichen Briefe dem General Fouqué wieder eine Pastete aus Perigord.

20. Februar 1767

Der König an Voltaire :

"Es ist mir lieb, daß Sie das Buch (Auszug aus Fleury), das man hier nur mit vieler Mühe finden kann, erhalten haben. Der Verfasser, der arme Fleury, hat das Herzeleid gehabt, es dem Index des Römischen Hofes einverleibt zu sehen. Man muß gestehen, daß die Kirchengeschichte mehr ein Gegenstand des Anstoßes als der Erbauung ist. Der Verfasser der Vorrede hat Recht, wenn er behauptet, daß Menschenwerk in dem ganzen Betragen der Priester sichtbar ist.

Sie entstellen diese an sich selbst heilige Religion von Kirchenversammlung zu Kirchenversammlung, überladen sie mit Glaubensartikeln, schaffen sie ganz zu äußerlichen Ceremonien um, und untergraben endlich die Sittlichkeit ihrer Mitbrüder mit ihren Ablässen und Dispensationen, die nur erfunden zu sein scheinen, um den Menschen die Last der Tugend zu erleichtern, als wenn die Tugend nicht für jede Gesellschaft von unbedingter Nothwendigkeit wäre, oder als wenn irgend eine Religion geduldet werden könnte, sobald sie den guten Sitten zuwider läuft. etc. Sie haben, obgleich im hohen Alter, doch noch den Wissenschaften die glücklichsten Augenblicke Ihres Lebens zu danken. Wenn alle andere Vergnügungen entfliehen, so bleibt dieses doch zurück, und ist die treue Gefährtin in jedem Alter und in jeder Glückslage. etc."

28. Februar 1767

Der König an Ebendenselben. Nachdem der König über die harten Urteilssprüche des Französischen Parlaments gegen Callas, La Barre etc., über die Ducs und Pairs und<285> über die Hofschranzen gesprochen, fährt er fort und sagt :

"Während des Kriegs war eine Art von Pest in Breslau. Man begrub täglich zwanzig Menschen. Eine Gräfin sagte : Gottlob! der hohe Adel bleibt verschont, was stirbt ist nur Pöbel. Da haben Sie den Abriß von der Denkungsart der in Ehrenämtern stehenden Personen, welche sich aus kostbarern Stoffen zusammengesetzt glauben, als der Pöbel, den sie unterdrücken."

März.

A.

März 1767

Der König in Potsdam.

Der König läßt eine erdichtete Nachricht von einem bei Potsdam Statt gehabten fürchterlichen Ungewitter in die Berliner Zeitungen einrücken 285-+.

24. März 1767

Der König an Voltaire :

- etc. - "Waffen werden den Aberglauben nicht zerstören etc. — es käme darauf an, daß man die Asyle des Fanatismus, die Klöster, abschaffte, oder wenigstens ihre Zahl nach und nach verminderte. etc. — Die Bischöfe anzutasten, ist noch nicht Zeit, man muß fürs erste die vernichten, die das Herz des<286> Volkes mit Fanatismus entflammen. Sobald das Volk erst abgekühlt ist, werden die Bischöfe schon zahm werden, so daß die Monarchen in der Folge nach ihrem Belieben mit ihnen verfahren können. Die Macht der Geistlichkeit beruhet nur auf Meinungen und auf der Leichtgläubigkeit der Menschen, man kläre diese auf, so hat die Bezauberung ein Ende."

April.

A.

April 1767

Der König in Potsdam.

In den ersten Tagen dieses Monats war der General-Lieutenant und Chef eines Husarenregiments von Werner beim König.

10. April 1767

Die regierende Herzogin von Braunschweig, Philippine Charlotte (Schwester des Königs), mit ihrer Tochter Sophie Caroline Marie, Wittwe des Markgrafen Friedrich von Baireuth (welcher in erster Ehe die Lieblingsschwester des Königs zur Gemalin gehabt hatte), beim König in Potsdam.

23. April 1767

Der König verbindet sich mit der Kaiserin von Rußland in Betreff des den Polnischen Dissidenten zu verleihenden Schutzes etc.

B.

April 1767

In diesem Monat wird der Anfang mit der Verwaltung und Urbarmachung der Warthebrücher gemacht.

Mai.

A.

Mai 1767

Der König in Potsdam.

5. Mai 1767

Der König an d'Alembert :

"Sie dringen in mich, Ihnen zu sagen, was ich von den Zusätzen halte, die Sie Ihren Versuchen in der Litteratur beigefügt haben. Mich dünkt, ich schrieb Ihnen schon einmal, daß ich mich aus dem Theil Ihres Werkes belehrt habe, wo Sie geruhen, die erhabene Geometrie bis zu dem<287> Standpunkt meiner Unwissenheit herabzustimmen, und daß mir die weise Vorsicht ungemein wohlgefällt, womit Sie den metaphysischen Theil behandeln, weil dies die einzige Art ist, diese delikate und gefährliche Materie vorzutragen, daß man nicht einen ganzen Schwarm von Doctoren mit Anathemen und Verdammungen wider sich empört. Das Fach der schönen Wissenschaften leidet freiere Untersuchung; man darf über Geschichte, Dichtkunst und Musik Alles sagen, was man will, ohne die Inquisition zu fürchten, und da der Geschmack verschieden ist, so wird man schwerlich zwei Personen antreffen, deren Empfindungen durchgehends übereinstimmten. Ich z. B. habe mir es bei dem Studium der Geschichte zur Gewohnheit gemacht, sie von ihrem Anfang aufzunehmen und bis auf unsere Zeiten zu verfolgen; so wie man erst Grundsätze feststellt, ehe man Schlüsse daraus herleitet. In der Dichtkunst liebe ich Alles, was das Herz und die Einbildungskraft rührt, es sei Politik oder Fabel, und es würde mir leid thun, wenn man die Mythologie, die so viele Bilder liefert, daraus verbannen wollte. Ich will damit nicht sagen, daß man abgenutzte Bilder mißbrauchen soll; aber welche fruchtbare Quelle für ein schönes Genie gewährt diese Menge reizender Allegorien, in welche die Alten ihre physischen Kenntnisse einhüllten. Wenn Barbaren, wenn schwärmerische Priester die Bilder der Gottheiten des Heidenthums zerstörten, sollen denn auch Gelehrte im achtzehnten Jahrhundert gefühllos genug sein, um alles auch noch so Sinnreiche zu zertrümmern, was die Zeiten der Künste und des Geschmacks hervorgebracht haben? Kurz, des Dichters erste Pflicht ist : zu gefallen, dafür muß es ihm aber auch erlaubt sein, sich jedes Hülfsmittels zu bedienen, wenn er nur seinen Zweck erreicht.

Ich unterfange mich zwar nicht, zu sagen : daß ich einige dialettische Sophismen in den Gedanken eines großen Geometers über die Musik angetroffen habe; ich denke aber, daß ein unrichtiger Sprachgebrauch darin herrscht, und daß vielleicht die verschie<288>dene Erklärung der Wörter mich hindert, mit diesem großen Manne gleicher Meinung zu sein. Er giebt zu, daß die Tonkunst bloß Empfindungen der Seele hören lassen kann, daß folglich alles, was den übrigen Sinnen zukommen mag, dem Gehör fremd ist, und dennoch fodert er von dem Komponisten, daß er das Aufgehen der Sonne darstelle. Sollte er hier nicht gemeint haben, der Tonkünstler solle jene sanfte ruhige Wonne ausdrücken, die das Anbrechen der Morgenröthe einflößt? Dies läßt sich thun; aber von den tiefsten Saiten des Instruments hinauf bis zu den höchsten, und dann wieder hinunter zu steigen, wie der Geometer es will, das wird nie die mindeste Aehnlichkeit zwischen dem Schauspiel eines schönen Morgens und den angegebenen Tönen hervorbringen. In der Musik wollen wir also bei den Empfindungen der Seele bleiben und uns hüten, Froschgequake und hundert andere Dinge nachzubilden, deren Nachahmung in der Musik so fehlerhaft ist, als in der Dichtkunst. Alles in der Welt hat seine bestimmten Grenzen; so auch die Künste, die zu unserm Vergnügen dienen; dehnen wir sie über ihre Sphäre aus, so verfallen wir in das Unnatürliche, statt sie zu vervollkommnen. Ich bin bloß Dilettant und entscheide nicht über Gegenstände, mit denen ich mich nur so ganz im Vorbeigehen beschäftigen kann, aber Sie verlangten, daß ich meine Meinung sagen sollte, und so habe ich es gethan. etc."

7. Mai 1767

Der König schenkt der Prinzessin von Preußen, die an diesem Tage in Potsdam von einer Prinzessin 288-+ entbunden worden war, ein goldenes Kaffee- und Theeservice.

9. Mai 1767

Der König von Potsdam in Charlottenburg, dann nach Berlin. Hier hält er Revue, besucht den kranken General von Hülsen, besieht die Porzellanmanufaktur und geht nach Charlottenburg zurück.

<289>

10. Mai 1767

Nachdem der König im Berliner Thiergarten Revue gehalten, geht er nach Potsdam.

10. Mai 1767

Der regierende Herzog von Braunschweig kommt in Potsdam an.

12. Mai 1767

Der König als Pathe bei der neugebornen Tochter des Prinzen von Preußen, die er über die Taufe hält. Die Königin war nicht unter den Taufzeugen, auch nicht gegenwärtig.

>16.05.1767> bis 18ten. Revue etc. bei Potsdam.

19. Mai 1767

Der König über Spandau nach Charlottenburg.

20. Mai 1767

In Berlin, wo er den kranken General von Hülsen besucht.

21. Mai 1767

bis 23. Revue etc. bei Berlin; am letztern Tage besucht der König den erkrankten General von Zieten und geht alsdann nach Charlottenburg.

25. Mai 1767

Von Charlottenburg nach Cüstrin.

27. Mai 1767

Kommt über Landsberg und Pyritz im Lager bei Stargard an, wo Revue und Kriegsübungen Statt finden.

30. Mai 1767

In Königsberg in der Neumark. Auf der weitern Reise erfuhr der König den Tod des Prinzen Heinrich, seines Neffen. Der Schmerz und die Bestürzung des Königs bei dieser Nachricht war so groß, daß er an diesem Tage die Rückreise nicht fortsetzte, sondern in Bernau anhalten ließ und daselbst übernachtete 289-+.

<290>

31. Mai 1767

Ankunft des Königs in Potsdam.

B.

26. Mai 1767

Stirbt der Prinz Friedrich Heinrich Karl, geb. den 30. Dezbr. 1747, zweiter Sohn des verstorbenen Prinzen von Preußen, August Wilhelm, Bruders des Königs. Er hatte eben erst am 2. April das Kürassier-Regiment, welches sein Vater gehabt hatte (Nr. 2 der alten Armeeliste) als Oberster erhalten, und wollte es nun am 16. Mai von Kyritz, wo es sein Standquartier hatte, zur Revue nach Berlin führen, er mußte aber unterwegs in dem Dorfe Protzen, der ihm zugestoßenen Krankheit halber, die sich bald als die Blattern zeigte, liegen bleiben, wo er trotz der Bemühungen der geschicktesten Aerzte, die ihm der König, der ihn ganz vorzüglich liebte und schätzte, geschickt hatte, am 26. Mai starb.

25. Mai 1767

Stirbt der General-Lieutenant und Gouverneur von Berlin von Hülsen.

Juni.

A.

3. Juni 1767

Der König aus Potsdam nach Körbelitz bei Magdeburg.

4. Juni 1767

Ankunft in Körbelitz.

5. Juni 1767 bis 6. Juni 1767

Hält der König Revue über die bei Pitzpuhl versammelten Truppen.

7. Juni 1767

Rückreise nach Potsdam.

8. Juni 1767

Ankunft in Potsdam.

10. Juni 1767

Die sämtlichen Minister zum König nach Potsdam, wo sie bis den 13ten bleiben.

19. Juni 1767

Der Geheime Rath des Erbstatthalters der Niederlande, von Larrey, hat in Bezug auf die Bewerbung um die Prinzessin Wilhelmine beim König die erste Audienz.

Juli.

A.

Juli 1767

Der König in Potsdam.

<291>

1. Juli 1767

Der Minister von Schlabrendorf aus Schlesien beim König in Potsdam, bis den 5ten.

8. Juli 1767

Die Herzogin von Würtemberg in Potsdam.

24. Juli 1767

Der König mit dem gewöhnlichen Gefolge nach Charlottenburg.

25. Juli 1767

Der König besieht auf dem Exercierplatze im Berliner Thiergarten die Wachtparade, besucht nachher die Prinzessin Amalie in der Stadt, und kehrt nach Charlottenburg zurück. An demselben Tage findet hier in Gegenwart des Königs, der Königin und des ganzen Hofes etc. die Vermählung der Prinzessin Louise Henriette Wilhelmine, Tochter des Markgra fen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt, mit dem regierenden Fürsten von Anhalt-Dessau, Leopold Fried rich Franz, Statt. Es wurden mehrere Tage hinter ein ander verschiedene Festlichkeiten angestellt, und wurden die Oper comigue il pazzo glorioso und das Französische Schauspiel Turquarel aufgeführt.

27. Juli 1767

Der König geht wieder nach dem Berliner Thiergarten, um daselbst die Wachtparade zu besehen, und wieder nach Charllottenburg zurück, wo dann die Verlobung der Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine, Tochter des verstorbenen Prinzen von Preußen, Bruders des Königs, mit dem Fürsten von Oranien und Nassau, Erbstatthalter der Niederlande, Wilhelm V (Großvater des jetzigen Königs der Niederlande), gefeiert wurde.

28. Juli 1767

Der König mit seinem gewöhnlichen Gefolge von Charlotten burg nach Potsdam. Die übrigen Herrschaften nach Berlin.

31. Juli 1767

Der König an Voltaire :

- etc. - "Man altert hier sehr, mein lieber Voltaire. Seit den vergangenen Zeiten, an die Sie Sich erinnern, hat sich Alles sehr geändert. Mein Magen verdaut beinahe gar nicht mehr, und ich muß auf die Soupers Verzicht thun. Ich lese des Abends oder vertreibe mir die Zeit durch Conversation, meine Haare sind weiß geworden, meine Zähne fallen aus, meine Beine sind vom Podagra zu Grunde gerichtet, ich ve<292>getire nur noch und sehe täglich, daß es ein merklicher Unterschied ist, ob man 40 oder 56 Jahr alt ist. Dazu kommt, daß ich seit dem Frieden mit Geschäften überhäuft bin, so daß in meinem Kopfe nichts übrig bleibt, als ein wenig gesunder Menschenverstand und eine wieder auflebende Leidenschaft für die Wissenschaften und schönen Künste, die meinen Trost und meine Freude ausmachen. etc."

In diesem Monat war der Marquis d'Argens beim König in Potsdam (Sanssouci).

B.

29. Juli 1767

Stirbt in Berlin der General-Lieutenant Johann George von Lestewitz, 80 Jahr alt.

August.

A.

Oktober 1767

Der König in Potsdam.

2. August 1767

Die Fürstlich Anhalt-Dessauschen Herrschaften reisen von Berlin über Potsdam zurück.

9. August 1767

Abreise des Königs nach Schlesien.

10. August 1767

11. August 1767

In Crossen, wo der König am Uten bei Anbruch des Tages die Truppen mustert und nachher sogleich nach Glogau ab, geht.

10. August 1767

12. August 1767

In Glogau Mittags angekommen mustert der König die Garnison. Nach der Tafel zog sich der König in sein Zimmer zurück und tritt Nachts um l Uhr die Weiterreise an. Früh um 4 Uhr in Lüden, wo der König Musterung hält, um 7 Uhr bei Liegnitz, wo er ebenfalls die Truppen mustert, Mittags in Bolkenhayn, Abends in Schweidnitz bis den 14ten.

16. August 1767

In Silberberg.

?? August 1767

Der König an den Marquis d'Argens in Potsdam :

"Sie reisen mit Ziel und Maaß, lieber Marquis, ich hingegen laufe im Lande umher und bin bald hier, bald da. etc. Ich glaube gern, daß Sie in meinem Hause zu Sanssouci<293> gewesen, und nun wieder zurückgekommen sind; aber ich wette auch, daß über diese mühsame Reise der ganze Tag vergangen ist. Von meinen Streifereien sage ich Ihnen nichts, sie haben einen doppelten Zweck : Militair- und Finanzangelegeheiten, zwei Dinge, die Sie eben nicht viel interessiren. Unterwegs habe ich Anekdoten von der Reise gesammelt, die der Kaiser auf meinen Grenzen gemacht hat, und da bemerke ich denn, daß Gemälde mehr gewinnen, wenn man sie von fern sieht, als wenn man sie in der Nähe untersucht. etc.

Heute habe ich vier Meilen im Wagen und eben so viel zu Pferde gemacht; das hat mich etwas ermüdet, und ich will daher mit den Worten des Königs Dagobert schließen, der seine Hunde sehr lieb hatte. Wenn er sie verlassen mußte, sagte er jedesmal zu ihnen : Auch die beste Gesellschaft muß sich trennen. etc."

Von Silberberg war der König nach Landeck gegangen, wo er einige Tage das Bad gebrauchte.

22. August 1767

Der König in Neisse.

27. August 1767

Ankunft des Königs in Breslau, wo er bis den 31sten Spezialrevue hält und einige Kriegsübungen machen läßt.

29. August 1767

Gab der König ein großes Souper und Concert.

September.

A.

1. September 1767

Der König geht von Breslau nach seinem Hauptquartier Berghof ab, in dessen Nähe die Truppen ein Lager bei Weghof und Floriansdorf beziehen.

2. September 1767 bis 5. September 1767

Kriegsübungen bei Berghof etc.

5. September 1767

Der König geht über Freystadt nach Potsdam zurück.

7. September 1767

Ankunft in Potsdam.

16. September 1767 bis 20. September 1767

Kriegsübungen bei Potsdam.

24. September 1767

Kabinetsordre des Königs an den Großkanzler von Jariges wegen Beschleunigung der Prozesse.

<294>

Oktober.

A.

1. Oktober 1767

Der König in Potsdam, empfangt hier den Prinzen Wilhelm von Oranien, Erbstatthalter der Niederlande.

2. Oktober 1767

Der König mit dem Prinzen Wilhelm von Oranien, Erbstatthalter der Niederlande, nach Berlin.

3. Oktober 1767

Große Cour beim König, Tafel bei der Königin, Abends Schauspiel : La Metromanie.

4. Oktober 1767

Vermählung des Prinzen Wilhelm, Erbstatthalters etc., mit der Prinzessin Willhelmine von Brandenburg-Schwedt. Es wird vom goldenen Service gespeist. Nach aufgehobener Abendtafel, Fackeltanz im weißen Saal etc.

5. Oktober 1767

Im Opernhause Singspiel : Amor und Psyche, nachher Redoute.

8. Oktober 1767

Der König besucht verschiedene Gegenden der Stabt, wo neue Casernen erbaut werden sollen. Alsdann große Cour beim König, und Tafel bei der Königin, Abends Französisches Lustspiel auf dem Schloßtheater : l'Enfant prodige.

9. Oktober 1767

Große Revue vor dem Halleschen Thore.

11. Oktober 1767

Der König mit seinem gewöhnlichen Gefolge nach Potsdam.

12. Oktober 1767

Der Prinz Erbstatthalter mit seiner Gemalin nach Potsdam zum König.

14. Oktober 1767

Abreise des Erbstatthalters und dessen Gemalin von Potsdam über Braunschweig etc. nach Holland.

November.

A.

November 1767

Der König in Potsdam.

8. November 1767

Geburtstagsfeier der Prinzessin von Preußen, an welchem Tage beim König in Sanssouci große Tafel ist, und Abends auf dem Schloßtheater in der Stadt die Operette : la Statua aufgeführt wird.

12. November 1767

Der König an Fonqué :

"Werthester Freund. Hier schicke ich Ihnen Balsam aus<295> Mekka, der so eben von Constantinopel angekommen ist, Trauben aus meinem Weinberg und einige Flaschen mit Ihrem Lieblingsgetränk — alten Rheinwein. etc."

30. November 1767

Gedicht des Königs : Das Windspiel Diane, an die Prinzessin von Preußen.

Dezember.

A.

Dezember 1767

Der König in Potsdam.

19. Dezember 1767

Nach Berlin.

?? Dezember 1767

Gedicht des Königs an den Baron von Pöllnitz über seine Genesung. (H. W. VII. 56).

23. Dezember 1767

Der König an Fouqué :

"Werthester Freund. Ich würde glauben, die Weihnachtten sehr übel zugebracht zu haben, wenn ich Ihnen nicht ein kleines Andenken überschickte. Hierbei erhalten Sie von meinem Porzellan, um die Fortschritte meiner Fabrik beurtheilen zu können, und zugleich auch Trüffeln, die ich aus Turin bekommen habe. etc."

31. Dezember 1767

Gedicht an die Prinzessin Amalie. (H. W. VII. 60)

Der König schenkt den Generalen von Lentulus, von Buddenbrock und von Ramin, jedem, ein stark vergoldetes Kaffee- und Theeservice von Porzellan.

B.

20. Dezember 1767

Anfang des Carnevals. Die Ordnung desselben war folgende : Sonntag und Mittwoch Vormittag : die gewöhnliche Cour beim König; Sonntag Mittag : Cour bei der Königin; Mon tag: Oper; Dienstag: Redoute; Mittwoch : Französische Co mödie; Donnerstag : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Freitag : Oper; Sonnabend Ruhe. Die beiden Opern waren : Amor und Psyche, und Iphigenia in Aulis. Die Französischen Comödien : Democrit à<296> la Cour, l'Ecole des femmes, du Puis et de Rosnai, le Joueur, Eugenie.

In diesem Jahre wurde zum Behuf des Russischen und Liefländischen Handels eine neue Münze "nach dem Fuß der Albertsthaler" geschlagen. So auch für den Levantischen Handel sogenannte Levantische Compagniethaler. Abbildungen und Beschreibung von beiden findet man in Gerhardt's Handbuch der Deutschen Münz-, Maaß- und Gewichtskunde, Berlin 1788, S. 63.

Januar 1768.

A.

1. Januar 1768

Der König in Berlin, an den Marquis d'Argens :

"Zuvörderst statte ich dem unvergleichlichen Marquis für seinen Neujahrwunsch meinen Dank ab, und da es sich für mich schlecht schicken würde, ihm etwas schuldig zu bleiben, so wird er mir erlauben, daß ich ihm dagegen die ungemeßnen Kenntnisse des Naturforschers Plinius und des Varro, die Gelehrsamkeit der Huet, Calmet, Salmasius und Scaliger, auch allezeit fertigen Citirens halber das Gedächtniß des Pic von Mirandola, und des jungen Baratier, so wie die unermüdliche Schreibseligkeit Deutscher Professoren zu Leipzig, Halle, Göttingen, Tübingen etc. dafür zurückwünschen darf. Ferner wünsche ich ihm eine Krankheit, die ihn so lange leben läßt, bis der Himmel einfällt, damit er vor seinem Ableben 367345820 Flanellkamisöler verbrauche und durch seinen Schweiß 34378 Betten, Matratzen, Zudecken etc. verderbe; desgleichen für immer die ganze Behendigkeit einer Schildkröte, den Schlaf eines Murmelthiers; überdies eine Zunge von Eisen, die sich nie abnützt, und endlich noch die Gelassenheit des Maulwurfs und die Fruchtbarkeit der Tauben,<297> damit er seine Tage in voller Gnüge des Geistes und Herzens zubringen, und seine vorige Gewogenheit gegen den alten Anbeter seiner herrlichen Eigenschaften behalten möge. etc."

7. Januar 1768

Der König an Darget :

"Ihr Brief ist mir zugestellt worden. Ich danke Ihnen für Ihre Wünsche, und glaube, daß sie aufrichtig sind. Mögen auch Sie Sich Wohlbefinden und Ihr Gesicht behalten!

Ihre Zähne fallen aus? Den meinigen geht es eben so. Alles was existirt ist Veränderungen unterworfen; also müssen Sie Sich denn in Ihr Schicksal zu finden suchen. Das Leben, mein guter Darget, ist, wenn man alt wird, ein erbärmliches Ding; man muß sich entweder entschließen, kurzweg in den Tod zu laufen, oder sich nach und nach absterben sehen. Aber bei dem Allen giebt es doch eine Art glücklich zu sein; man muß sich in Gedanken verjüngen, nicht an seinen Körper denken, bis zu Ende des Stücks frohen Muth behalten, und noch die letzten Schritte der Laufbahn mit Blummen bestreuen. Das wünsche ich Ihnen. etc."

?? Januar 1768

Der König an Voltaire :

"Ein fröhliches Neujahr dem Patriarchen von Ferney, der mir weder Prosa noch die Verse schickt, die er mir seit sechs Monaten versprochen hat etc. — Aber was hält Sie denn ab, ein Lebenszeichen von Sich zu geben? etc. 297-+."

7. Januar 1768

Der König an d'Alembert:

"Ich bin Ihnen sehr für die Wünsche verbunden, zu welchen Ihnen das Neujahr für mich Anlaß giebt. etc. — Wenn Ihnen mein letzter Brief Lachen verursacht hat, so kommt es daher, weil ich gern in die Gegenstände, die dessen fähig sind, etwas Munterkeit hineinbringe. Täglich kommt mir eine so große Menge ernsthafter und langweiliger Dinge unter die<298> Hände, daß ich mich, wo ich nur Gelegenheit dazu habe, wieder durch Sachen, die den Geist erquicken, schadlos halte. — etc. Ich mag gern die Runzeln von der Stirn der Weltweisen verscheuchen. etc. — Der Weltweise sagt : Eitelkeit der Hoheit, Eitelkeit der Philosophie; Alles ist eitel!" Nachdem der König über die Jesuiten, die Stoiker etc. gesprochen, fährt er fort und sagt : "Die erste Sekte für mich wird immer die sein, die am mächtigsten auf die Sitten wirkt, und das gesellschaftliche Leben sicherer, sanfter und tugendhafter macht. So denke ich, und mein einziger Gesichtspunkt ist die Wohlfahrt der Menschheit und der Vortheil der gesellschaftlichen Verbindungen.

Denn, ist es nicht wahr, daß die Elektricität mit allem Wunderbaren, was sie entdeckt, bis jetzt bloß dazu gedient hat, unsere Neugierde zu reizen? Ist es nicht wahr, daß die Anziehungskraft und die Schwerkraft bloß unsere Imagination in Erstaunen gesetzt haben? Ist es nicht wahr, daß bei allen chemischen Operationen der nämliche Fall sich findet? Wird aber wohl darum weniger Straßenraub begangen? etc. verläumdet man weniger? ist der Neid erstickt? ist die Hartherzigkeit dadurch erweicht? Was liegt also der menschlichen Gesellschaft an diesen Entdeckungen der Neuern, wenn die Philosophie den Theil der Moral und der Sittlichkeit vernachlässigt, worin die Alten ihre ganze Stärke setzten! Schon lange habe ich diese Betrachtungen auf dein Herzen, und ich wußte sie an Niemand schicklicher zu richten, als an einen Mann, der jetzt der Atlas der neuern Philosophie ist, der durch sein Beispiel und durch seine Schriften die Lehre der Griechen und Römer in ihrer Kraft wiederherstellen und der Weisheit ihren ehemaligen Glanz wieder schenken könnte."

18. Januar 1768

Der König an d'Argens:

"Hier haben Sie einen Aufsatz, den Sie doch wohl unterzeichnen werden, damit ich künftig meiner Sache gewiß sei. Er enthält Ihre Kapitulation oder vielmehr die abgeschlosse<299>nen Friedensartikel, kraft welcher ich bei meinen Ansprüchen gesichert und zum Besitz Ihrer Gegenwart bei meiner Abendtafel gelangen werde. Ich werde Ihnen darum nicht minder für die Ehre danken, die mir hierunter widerfahren wird, und verspreche Ihnen dafür, über Ihre witzigen Einfälle zuerst zu lachen, Aix für den schönsten Ort in Europa zu halten, zu gestehen, daß Sie die beste Wäscherin im ganzen Reiche und unter allen Gelehrten den geschicktesten Kammerdiener haben. Ich bin, mein Herr Marquis,

Ihr gehorsamster Diener
Friedrich."

23. Januar 1768

Der König nach Potsdam.

Februar.

A.

Februar 1768

Der König in Potsdam.

?? Februar 1768

Der König an d'Argens :

- etc. - "Sie beklagen Sich, daß ich unvollständig gelassen, und ich glaubte dagegen, daß von allem menschlichen Elend auch nicht ein Jota in meinen Versen 299-+ ge<300>fehlt hat, denn was die Zahnschmerzen betrifft, so stecken die unter den Flüssen, und ich habe mich bloß ans Geschlecht gehalten, ohne mich auf die Gattungen einzulassen, wobei man kein Ende finden würde. Hätte ich Ihnen aber auch statt der Verse ein Krankheitslexikon geschickt, so würde ich damit nicht weiter gekommen sein, denn Sie sind ein so sinnreicher Mensch und von so glühender Einbildung, daß Sie, um mich zu beschämen, eine neue Krankheit ausgedacht und Sich aus Uebemuth zugelegt hätten. etc. — Nein, ich nehme es mit Ihnen nicht auf, ein erfahrener Kranker, wie Sie, hat der Mittel zu viel, einen Neuling mit seiner Deutschen, das heißt dürren und unfruchtbaren, Einbildungskraft in die Enge zu treiben. Ich wünsche demnach, daß Ihre Uebel unablässig einander folgen mögen, damit Sie die Glückseligkeit krank zu sein in vollen Zügen schmecken, Ihre Freunde alle vierzehn Tage einmal für Ihr Leben zittern, und Sie selbst doch nie mit Tode abgehen mögen. etc."

B.

3. Februar 1768

Stirbt der Geheime Staats-, Kriegs- und Cabinetsrath August Friedrich Eichel, 73 Jahr alt.

Die bisherigen Kriegs- und Kabinetsräthe Cöper und Galster, desgleichen der Kriegsrath Friedr. Wilhelm Müller werden zu Geheimen Räthen, und der bisherige Geheime Kabinetssekretär Laspeyres zum Geheimen Kriegsrath ernannt.

März.

A.

März 1768

Der König in Potsdam.

15. März 1768

Auf die wiederholten Vorstellungen der Minister vollzieht der König das "Publikandum wider das zu weit gehende Theeund Kaffeetrinken der gemeinen Bürger und Handwerker, Tag<301>löhner und Taglöhnerinnen, Gesinde, auch Bauern, Cossäthen, Einlieger, Müller etc. in der Grafschaft Mark."

Allen den genannten Personen wird das Thee- und Kaffeetrinken gänzlich verboten.

Zugleich genehmigte der König, daß dies Publikandum auch nach Minden gesandt werde, mit der Aufgabe, daß die Kammer ein gleiches für die dortigen 4 Provinzen nach Bewandtniß der entwerfen solle, desgleichen an die Clevesche, Geldersche und Meursesche Kammer, und auch an die Halberstädtische, um ein Gutachten abzugeben, in wie weit dergleichen auch dort zu erlassen nützlich sein möchte.

24. März 1768

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Von Voltaire hört man nichts mehr. Briefe aus der Schweiz melden, daß er an einem Werke, welches er was es sein kann; vielleicht will er ein neues Gesetzbuch für die Polen, Tataren und Perser entwerfen. — Was mich betrifft, ich habe verschiedene Unpäßlichkeiten hinter einander gehabt, die mir sehr lästig waren; allein wer hat die nicht? Man sagt ja, es geschehe, um unsere Geduld zu prüfen. Ich wünsche, daß Ihre Gesundheit nicht ferner dergleichen Gedulds Prüfungen, bei denen man ungeduldig werden kann, ausgesetzt sei. etc."

?? März 1768

Der König an d'Argens:

"Sie wissen, mein lieber Marquis, daß ich das nachgiebigste Geschöpf dieses Jahrhunderts bin, und folglich Niemandem sein Glück beneiden kann, urtheilen Sie also, ob ich nicht zum Voraus meine Einwilligung zu dem köstlichen Krankheiten-Etat geben muß, den Sie Sich für dies laufende Jahr ganz fest zusichern wollen. Voltaire kann nicht fruchtbarer an Bosheit, Maupertuis an Unruhe und die Kirche an abgeschmackten Predigten sein, als Sie es an neuen Krankheiten sind. Gebe der Himmel, daß keine darunter gefährlich sei! Da ich es nun aber aufgeben muß, Sie in dieser Welt wieder<302> zu sehen, so bestelle ich Sie ins Thal Josaphat, wo ich Ihnen die in Sanssouci befindlichen Gemälde geben will, auf die Sie lange schon ein Auge gehabt, und wo wir mit einander den Tacitus vollenden, ich auch die Ehre haben werde, Ihnen meine Bewunderung für alle Ihre Krankheiten auszudrücken, so wie den Eifer, womit ich gegen Jeden behaupten will, daß Hippokrates, Galenus und selbst Aeskulap nie so langwierige Krankheiten zu kuriren gehabt, als die Ihrigen sind. Ich habe die Ehre, zu sein, mein Herr Marquis,

der ergebenste Diener von allen Ihren Unpäßlichkeiten, der Philosoph zu Sanssouci 302-+."

April.

A.

April 1768

Der König in Potsdam.

26. April 1768

Der König an Fouqué :

"Werthester Freund. Ich erfahre vom General Kleist, daß Sie unpäßlich sind, deshalb schicke ich Ihnen meinen Arzt, um sich nach Ihrer Gesundheit zu erkundigen. Ich thue tausend Wünsche für Sie, denn weiter erstreckt sich mein Vermögen nicht.

Wäre ich ein Arzt, so würde ich Sie heilen, und wäre ich ein Gott, so würde ich Sie unsterblich machen, denn rechtschaffene Leute sollten dies sein, allein meine Kräfte reichen nicht weiter, als zu Wünschen für Sie. Steht irgend etwas von hier zu Ihren Diensten, so dürfen Sie nur ein Wort sagen, Alles, was von mir abhängt, soll geschehen. etc."

28. April 1768

Der König an Ebendenselben :

"Werther Freund, nur war es sehr lieb, aus Ihrem Briefe<303> zu ersehen, daß Sie Sich wieder zu erholen anfangen, und daß Sie gesonnen sind, Sich des Lauchstädter Bades zu bedienen. Es wird schlechterdings von Ihnen abhängen, wenn Sie dorthin gehen wollen. Nur wünschte ich, daß es nicht in der bevorstehenden Revuezeit wäre, wenn ich nach Magdeburg durch Ihre Stadt ginge, weil ich Sie alsdann gern dort sehen möchte. etc."

Der Erbprinz von Braunschweig, die Fürsten Dietrich und Hans George von Anhalt-Dessau waren in diesem Monat beim König in Potsdam.

B.

25. April 1768

Aufruhr in Neuchatel, wobei der Königl. Generaladvocat Gaudot ermordet wird.

Mai.

A.

4. Mai 1768

Der König von Potsdam nach Charlottenburg.

?? Mai 1768

Der König an d'Argens :

"Sicher ist es nicht der Verfasser der Philosophie des Menschenverstandes 303-+, der mir heut geschrieben hat, es ist höchstens ein Grillenfänger. Was ist denn seit ehegestern mit Ihnen vorgegangen? Sie verlangen durchaus und kurz weg Ihren Abschied; ich gestehe Ihnen, ich weiß nicht, was Sie wollen. Ich habe Ihnen mit aller Freundschaft begegnet, es ist mir angenehm gewesen, Sie bei mir zu haben. Ich erinnere Sie nicht hieran, um Ihnen Vorwürfe zu machen, sondern damit Sie den wunderlichen Handel überlegen, den Ihre südliche Imagination Sie im 64sten Jahre unternehmen läßt. Ja — ich muß gestehen, die Franzosen übertreffen an Thorheit Alles, was ich mir vorgestellt. Ehedem wur<304>den sie noch mit 30 Jahren klug, jetzt giebt es für sie gar keinen Termin mehr hierzu. Kurz, mein Herr Marquis, Sie können machen, was Ihnen beliebt; zu den Philosophen muß Sie Niemand mehr rechnen, und Sie bestärken mich in der Meinung, die ich immer gehabt, daß die Fürsten nur in der Welt sind, um Undankbare zu machen ").
Friedrich."

5. Mai 1768

Der König besieht im Thiergarten bei Berlin einige Regimenter der Garnison, und nachdem er in der Stadt die Prinzessin Amalie besucht hat, kehrt er nach Charlottenburg zurück.

6. Mai 1768

Besucht der König die übrigen Regimenter der Berliner Garnison im Thiergarten und geht nach Potsdam.

17. Mai 1768

18. Mai 1768

Hält der König Revue bei Potsdam.

19. Mai 1768

In Spandau und Charlottenburg.

20. Mai 1768

In Berlin.

21. Mai 1768

23. Mai 1768

Revue und Kriegsübungen bei Berlin.

<305>

24. Mai 1768

Von Berlin über Cüstrin nach Landsberg a. d. Warthe.

25. Mai 1768

In Stargard, wo der König Musterung etc. hält, bis d. 27sten.

27. Mai 1768

Von Stargard nach Potsdam.

28. Mai 1768

Ankunft des Königs in Potsdam.

30. Mai 1768

Die sämtlichen Minister in Potsdam beim König zu der gewöhnlichen alljährlichen Conferenz.

B.

Gesetz, daß Söhne bürgerlicher Besitzer adlicher Güter, die Lust zum Kriegsdienst bezeigen, die Erhebung in den Adelstand zu gewärtigen haben sollen, wenn sie bei gutem Verhalten in einem Garnison-Regiment oder bei der Artillerie als Capitain 10 Jahr gedient haben.

Juni.

A.

1. Juni 1768

Der König aus Potsdam nach Brandenburg und Pitzpuhl zur Revue.

2. Juni 1768 bis 5. Juni 1768

Revue und Kriegsübungen bei Pitzpuhl, bis den 5ten.

5. Juni 1768

Der König in Magdeburg, dann in Salzthal, bis den 6ten.

6. Juni 1768

Ueber Hannover nach Minden.

7. Juni 1768

In Bielefeld, Brackwiede.

7. Juni 1768

8. Juni 1768

Hält der König Revue bei Brackwiede, welcher der regierende Graf Wilhelm Friedrich Ernst von Schaumburg-Lippe-Bückeburg, Königl. Portugiesischer General-Feldmarschall, beiwohnte.

8. Juni 1768

9. Juni 1768

Ueber Lippstadt nach Ham, speist bei dem General von Wolfersdorf.

9. Juni 1768

In Wesel, bis den 13ten.

13. Juni 1768

In Cleve, und von da nach Loo, wo der König dem Erbstatt-Halter der Niederlande einen Besuch abstattet.

15. Juni 1768

Von Loo über Emmerich nach Wesel (und Lühnen?).

16. Juni 1768

In Lühnen, bis den 17ten.

18. Juni 1768

In Ham, Lippstadt, Bielefeld, Minden, Braunschweig, Salzthal.

<306>

20. Juni 1768

Von Salzthal nach Potsdam. Der König schenkt den noch mit Kriegsschulden belasteten Städten Bielefeld und Herfort, ersterer 30000 und letzterer 10000 Thlr. Der Stadt Lübbecke, welche durch Feuer gelitten, erläßt er auf 2 Jahr von ihren Abgaben jährlich 2000 Thlr., so auch dem ganzen contribuabeln Stand der Provinz ein Ansehnliches an Steuern etc.

Juli.

A.

Juli 1768

Der König in Potsdam.

18. Juli 1768

Die Prinzessin Amalie zum König nach Potsdam.

19. Juli 1768

Das neue Schloß in Sanssouci, welches der König, obgleich es noch nicht ganz ausgebaut war, beziehen wollte, wird eingeweihet und darin zum ersten Male das Oratorium La Conversione di san Augustino nach Hasse's Composition aufgeführt. Außer der Prinzessin Amalie und dem Prinzen Heinrich (?) scheint von den Herrschaften aus Berlin Niemand zugegen gewesen zu sein. —

21. Juli 1768

Wird das Trauerspiel Mahomet aufgeführt. (Am Abend dieses Tages war in Schönhausen bei der Königin große Cour und Souper).

22. Juli 1768

Wird das Lustspiel le misantrope aufgeführt.

23. Juli 1768

Der Prinz Heinrich und die Prinzessin Amalie beziehen ebenfalls das neue Schloß.

24. Juli 1768

Der Geh. Finanzrath Roden beim König.

29. Juli 1768

Oper la Statua.

Der König schenkt der Prinzessin Amalie eine kostbare Tabatiere, desgleichen auch dem General v. Buddenbrock.

B.

3. Juli 1768

Verordnung wegen abgestellter Begleitung protestantischer Missethäter zur Richtstätte von Geistlichen.

In Breslau und Glogau werden die vom Könige dem<307> Schlesischen Adel zur Retablirung ihrer durch den Krieg sehr heruntergekommenen Güter geschenkten höchst ansehnlichen Summen vertheilt.

26. Juli 1768

Der Prinz Heinrich tritt von Potsdam aus seine Reise nach Holland an, von welcher er erst den 3. November zurückkehrt.

August.

A.

August 1768

Der König in Potsdam.

4. August 1768

Der König schreibt an d'Alembert und schickt ihm eine scherzhafte, in Bezug auf den Marquis d'Argens verfertigte Abhandlung zum Lobe der Faulheit.

5. August 1768

Die Prinzessin Amalie kehrt aus Sanssouci nach Berlin zurück.

20. August 1768

Der König nach Charlottenburg.

21. August 1768

Nach Schlesien mit dem Prinzen von Preußen, beiden Prinzen von Braunschweig und mehreren Generalen etc.

22. August 1768

23. August 1768

In Glogau.

23. August 1768

Ueber Schweidnitz und Silberberg nach Neisse.

B.

August 1768

In diesem Monat fand man in Sanssouci hinter dem neuen Schlosse, als man zur Erhöhung des Schloßhofes, hinter dem Kanal, Erde ausgrub, eine Menge Urnen und verschiedene Instrumente etc. Sie sind weitläuftig beschrieben und abgebildet in der Zeitschrift: Neueste Mannigfaltigkeiten 3. Jahrgang (1779) 1. Quartal, 105. Woche, von dem Pagen-Hofmeister des Prinzen von Preußen J. C. Fuchs.

September.

A.

1. September 1768

Der König in Neisse.

2. September 1768

Aus Neisse in Breslau, wo bis zum 5ten Nevue und Kriegs-Übungen Statt finden.

4. September 1768

Besichtigte der König die auf der Oderseite der Stadt neu angelegten Befestigungswerke.

<308>

5. September 1768

Der Herzog von Würtemberg-Oels, Karl Christian Erdmann, dessen Gemalin und Tochter, Friederike Sophie Charlotte Auguste, Braut des Prinzen Friedrich August von Braunschweig-Wolfenbüttel, Neffen des Königs, kommen in Breslau an. Abends ward von dem Königl. Opernpersonal die Oper il contadino bizarro aufgeführt.

6. September 1768

Vermählungsfest des Prinzen Friedrich August von Braunschweig mit der vorgedachten Prinzessin, Friederike von Würtemberg-Oels. Beim König große Tafel, dann Oper il ratto di Sposa und nachher Ball.

7. September 1768

Oper il contadino etc., Feuerwerk, Ball en Dominoetc. Die Feste dauerten bis den 9ten.

9. September 1768

Nimmt der König sein Hauptquartier in Gohlau. Die zu den Kriegsübungen versammelten Truppen hatten ihr Lager bei Leuthen.

9. September 1768 bis 12. September 1768

Kriegsübungen.

12. September 1768

Der König geht über Glogau nach Potsdam.

14. September 1768

Ankunft des Königs in Potsdam, wo er sogleich das neue Schloß wieder bezieht.

21. September 1768 bis 23. September 1768

Kriegsübungen bei Potsdam.

25. September 1768

Der König ertheilt dem Director des Französischen Theaters in Berlin, Mrs. Fierville, ein Privilegium.

26. September 1768

Die Russischen Grafen von Woronzow und von Czernitschef (Letzterer Gesandter am Engl. Hofe) werden dem Könige vorgestellt.

Der Graf von Ponninsky in Potsdam.

Die Generale von Stechow und von Seydlitz erhalten vom König Tafelservices von Porzellan.

Oktober.

A.

Oktober 1768

Der König in Potsdam.

4. Oktober 1768

Der König an d'Alembert :

"Als ich Ihnen die Posse über die Faulheit schickte, glaubte<309> ich nicht, das Haupt einer Sekte zu werden. Ich thue mir sehr viel darauf zu gut, Philosophen zu Schülern zu haben; doch schreibe ich diese Bekehrung nicht der Stärke meiner Gründe zu. Man muß billig sein und einräumen, daß wer das Roß seiner Einbildungskraft in allen metaphysischen Laufbahnen herumtummelt, wer das letzte Ende aller Dinge, oder besser zu sagen, die Grenzen, die den Geist des Menschen beschränken, gesehen hat, — daß der, nach diesen vergeblichen Versuchen, sich nun in Rücksicht der Naturgeheimnisse, die der Mensch nie enträthseln wird, die Geistesträgheit erlauben wird. Ferner ist es auch wahr, daß das menschliche Leben ein Kinderspiel ist, wo muthwillige Buben wieder aufrichten, was Andere niedergerissen hatten, oder zernichten, was Andere aufbauten; wo Schulknaben, unruhiger und hitziger als die übrige Menge, die Ruhe der Gesellschaft stören; wo gefräßige Küchenjungen ihren Kameraden das Fleisch stehlen und ihnen nur die Knochen lassen. Wären diese Lärmstifter als Faule geboren, so würde, meiner Meinung nach, die menschliche Gesellschaft nichts dabei verloren haben. etc.

Die übrigen Werke, welche Sie von mir wünschen, werden so bald noch nicht das Licht erblicken. Das eine, welches ich "Die den Verstand zertrümmernde Despotenkeule" nenne, bestimme ich für Ihr Vaterland, und werde es herausgeben, wenn ich um eine Stelle bei der Französischen Akademie anhalte. — etc. Das Buch: "Vom Nutzen der Armuth, aus der Politik und Religion erwiesen," soll zu Wien herauskommen, wenn anders nicht Herr van Switen es in den Index der verbotenen Bücher setzt. Nach meiner Ueberzeugung wird dieses Werk die getreuen Unterthanen der Kaiserin Königin Majestät belehren, daß das Geld des Staats bloß dem Monarchen gehört; daß das Volk tugendhaft bleibt, so lange es arm ist, wovon die Spartaner zeugen, und die Römer zur Zeit ihrer ersten Consuln; und endlich, daß kein Reicher das Himmelreich ererbt. etc.

<310>

Das Podagra, meine Reisen und meine Beschäftigungen haben diese wichtigen Arbeiten ein wenig verzögert. Meine Gesundheit, an der Sie so innig Antheil nehmen, ist ganz gut wiederhergestellt. Die Natur hat mir auferlegt, drei Jahr hindurch den Stoff zu sammeln, woraus nach erlangtem Grade der Reife das Podagra entsteht; und das heißt gewiß noch ganz glimpflich behandelt. Der Fürsten Geduld muß eben sowohl geprüft werden, als die Geduld des Privatmanns, weil sie aus einerlei Leimen geknetet sind. Man muß sich mit dem Gedanken seiner Zerstörung bekannt machen und sich bereiten, in den Schoß der Natur zurückzukehren, aus dem man hervorgezogen ward, etc."

23. Oktober 1768

Der König an Fouqué :

"Werthester Freund. Hier bringe ich Ihnen einen kleinen Tribut, sehen Sie nicht auf die Summe, sondern auf das liebevolle Herz des treuesten Ihrer Freunde, der Ihnen gern ein Vergnügen machen möchte. etc."

November.

A.

November 1768

Der König in Potsdam.

5. November 1768

Der Prinz Heinrich, welcher am 3ten aus Holland nach Berlin zurückgekommen war, beim König in Potsdam.

12. November 1768

Der König befiehlt eine Revision aller Schulanstalten in seinem Lande.

Der Oestreichische Gesandte Generalfeldmarschall von Nugent beim König in Potsdam.

Der Hannoversche Gesandte von Lichtenstein wird vom König mit einer Tabatiere beschenkt.

Dezember.

A.

Dezember 1768

Der König in Potsdam.

12. Dezember 1768

An den Staats-Minister von Münchhausen:

- etc. "Ich habe seit geraumer Zeit von dem Erfolg der<311> zum Besten Meiner Länder und Unterthanen eingeführten neuen Schulanstalten keine Nachricht erhalten; es bleibt aber die Beförderung und Befolgung derselben ein Gegenstand Meiner Landesväterlichen Sorgfalt; also sollt auch Ihr nicht nur Euer beständiges Augenmerk auf dieselben richten, sondern auch noch in diesem Jahre eine Revision aller Schulanstalten in Meinen Ländern anstellen und Mir von ihrem Zustand und der Wirkung, welche sie gehabt, pflichtmäßig unmittelbarren und ausführlichen Bericht abstatten, auch die bemerkten Fehler nicht verschweigen, damit Ich gegen dieselben die nöthigen Mittel verkehren kann."

16. Dezember 1768

Nach Berlin, wo er sogleich bei der Einfahrt in die Stadt die Prinzessin Amalie besucht, dann sich nach der Porzellanmanufaktur, und von da erst nach dem Schlosse begiebt.

19.12.1768> Theilt der König Geschenke an seine Familie aus; der Prinz Heinrich erhielt einen reich mit Brillanten besetzten Ordensstern zum schwarzen Adlerorden; die verwittwete Prinzessin von Preußen ein Tafelservice von Porzellan; der Prinzessin von Oranien wurde eine kostbare, künstlich gearbeitete goldene Uhr überschickt.

Auch der General von Ramin erhielt ein Tafelservice.

20. Dezember 1768

An den Staats-Minisier von Münchhausen :

- etc. "Mein Etats-Minister von Darville hat mir von den reformirten Schulen Deutscher und Französischer Nation schon Nachricht gegeben. Ich erwarte nun nächstens Euern Bericht von den lutherischen und übrigen Schulen; mache Euch aber vorläufig bekannt, daß Ich auf die Anzeige des von Darville, durch Meine Kriegs- und Domänen-Kammer, allen Beamten werde aufgeben lassen, mir mehr Sorgfalt als bisher geschehen, die Bauern anzuhalten, daß sie ihre Kinder fleißig in die Schule schicken, und wenn sie dieselben ja zu ihrer Feldarbeit drei Monat im Jahr gebrauchen, sie doch in den übrigen Monate,, in die Schule gehen lassen.

Wenn aber einer oder der andere Schulmeister zu schlecht<312> besoldet sein sollte und deswegen durch die erlernte Profession sich seinen Unterhalt verschaffen muß, wodurch aber die Schulen vernachläßigt werden, so ist Mein Wille, daß Ihr und der von Darville ein allgemeines Verzeichniß verfassen lassen und Mir schicken sollet, damit Ich auf Verbesserung ihrer Besoldung denken und auch dieses Hinderniß aus dem Wege räumen kann."

22. Dezember 1768

Der König an Fouqué:

"Werthester Freund. Hier sende ich Ihnen ein kleines Andenken. Es ist Sitte, daß sich Familien zu Weihnachten Geschenke machen, und ich betrachte Sie als zur Familie gehörig, sowohl weil Sie ein rechtschaffener Mann, der wahre chevalier sans peur et sans reproche, als auch weil Sie mein alter Freund sind. etc."

In Potsdam waren in diesem Monat der Herzog von Braganza und der regierende Markgraf von Anspach.

In Berlin kamen der General von Lentulus aus seinem Gouvernement Neuchatel und der Geheime Rath von Brenkenhof an.

In diesem Jahre hat der König sein Testament gemacht.

B.

Dezember 1768

In diesem Monat ward die Emdener Häringsfischerei gestiftet.

18. Dezember 1968

Anfang des Carnevals. Die Ordnung desselben war folgende : Sonntag und Mittwoch Vormittag die gewöhnliche Cour beim König. Sonntag Mittag : Cour bei der Königin; Montag : Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch : Opéra comique; Donnerstag : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Freitag : Oper; Sonnabend : Ruhe.

Die beiden großen Opern waren : Cato in Utika und Orpheus. Die Opéra comiques : il ratto della sposa, il contadino Bizarro, la buona figliola.

<313>

In diesem Jahre ward in Berlin der erste Versuch mit Einimpfung der Blattern gemacht. Im Allgemeinen war man hier sehr dagegen, und da die Sache noch zu neu und die Erfahrungen und Meinungen darüber noch sehr verschiedden waren; so wollte es der König dem freien Willen eines Jeden überlassen, sich der Impfung zu bedienen, er befahl aber doch zum allgemeinen Besten, besonders der Landleute, dem Oberkollegium-Medicum : "Eine Anleitung, wie der Landmann und diejenigen, so keinen Arzt erlangen können, bei grassirenden Pocken sich zu verhalten haben," auszuarbeiten und öffentlich bekannt zu machen. Es geschah dies auch im Oktober dieses Jahres.

Januar 1769.

A.

Januar 1769

Der König in Berlin.

6. Januar 1769

Er besucht die Prinzessin Amalie und den Prinzen Heinrich.

8. Januar 1769

An diesem Tage, einem Sonntag, unterschreibt der König sein Testament 313-+. Vormittags war bei ihm die gewöhnliche große Cour, Mittags speiste er mit den Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses bei seiner Gemalin.

Der Eingang des Testaments, dieser merkwürdigen Urkunde von der Denkart und von dem Charakter dieses großen Kö<314>nigs, dem wir noch einige der merkwürdigsten Artikel daraus beifügen, lautet wie folgt :

"Unser Leben ist ein flüchtiger Uebergang vom Augenblicke unserer Geburt bis zu dem unsers Todes. Es ist des Menschen Bestimmung, während dieses kurzen Lebenslaufes, für das Beste der Gesellschaft zu arbeiten, wovon er einen Theil ausmacht. Seitdem ich die Verwaltung der Regierung überkommen habe, verwandte ich alle Kräfte, die die Natur mir verliehen hat, und meine schwachen Einsichten dazu, um den Staat, den ich die Ehre hatte zu beherrschen, glücklich und blühend zu machen. Gesetze und Gerechtigkeit herrschten unter mir; ich brachte Ordnung und Bestimmtheit in die Finanzen, und erhielt die Armee in jener Kriegszucht, wodurch sie sich zur Ersten Europas emporgeschwungen hat. Da ich nun meine Pftichten gegen den Staat erfüllt habe, so würde ich mir einen immerwährenden Vorwurf zuziehen, wenn ich das, was ich meinem Hause schuldig bin, hintan setzte. Um also, die Streitigkeiten, die sich in Rücksicht meiner Hinterlassenschaft unter meinen Anverwandten erheben könnten, zu verhüten, erkläre ich durch diesen feierlichen Akt meinen letzten Willen.

1. Gutwillig und ohne Betrübniß gebe ich den Lebenshauch, der mich beseelt, der gütigen Natur, die ihn mir verliehen hat, zurück, und meinen Körper den Elementen, woraus er besteht. Ich lebte als Philosoph und will so begraben werden, ohne alles Aufsehn, ohne Pracht und Leichenzug. Weder eröffnen noch balsamiren soll man mich. Meine Ruhestätte sei zu Sanssouci, oben auf den Terassen in einem Grabe, das ich mir zurichten ließ 314-+. Ward doch<315> auch Prinz Moritz von Nassau in einem nahe bei Cleve gelegenen Holze begraben 315-+! Sterbe ich auf einem Feldzuge oder auf der Reise, so lege man mich nur an den nächsten besten Ort und bringe mich dann im Winter nach Sanssouci an den so eben bezeichneten Ort.

2. Meinem lieben Neffen Friedrich Wilhelm, dem ersten Thronfolger, hinterlasse ich das Königreich Preußen, die Länder, Staaten, Schlösser, die Festungen, alle Plätze, den ganzen Vorrath, die Zeughäuser, die von mir theils eroberten, theils ererbten Lande, alle Kleinodien der Krone, die goldenen und silbernen Geschirre, die in Berlin sind, meine Landhäuser, Bibliothek, Medaillenkabinet, Bildergallerie, Gärten etc. Außerdem überlasse ich ihm den Schatz, so wie er sich am Tage meines Todes befinden wird, als ein dem Staate zugehöriges Gut, das nur zur Verteidigung oder zu Unterstützungen der Unterthanen verwandt werden soll.

3. Sollte sich's nach meinem Tode zeigen, daß ich einige kleine Schulden hinterlasse, an deren Bezahlung mich der Tod gehindert, soll mein Neffe verpflichtet sein, sie zu berichtigen. Das ist mein Wille.

5. Nun zur Allodialverlassenschaft. Nie war ich geizig oder reich; und so habe ich nicht viel zu vermachen. Mir waren die Staatseinkünfte heilig wie die Bun<316>deslade, die nie eine profane Hand berühren durfte. Nie wurde etwas davon zu meinem Privatgebrauch verwendet. Die Ausgaben für mich stiegen für's ganze Jahr nicht über 220000 Thaler. Und so ist mein Gewissen in Rücksicht meiner Verwaltung ruhig, und ich könnte ohne Furcht öffentliche Rechnung darüber ablegen.

25. Ich empfehle mit aller Zuneigung, deren ich fähig bin, meinem Erben jene braven Officiere, welche den Krieg unter meiner Anführung mitgemacht haben. Ich bitte ihn, für diejenigen Officiere Sorge zu tragen, welche sich besonders zunächst um meine Person befunden haben, daß er keinen derselben verabschiede, daß keiner von ihnen, mit Hinfälligkeit beschwert, im Elend umkomme, er wird an ihnen geschickte Krieger und Personen finden, die Beweise von ihren Einsichten, ihrer Tapferkeit und ihrer Treue gegeben haben.

26. Ich empfehle ihm meine Geheimen Sekretäre, so wie alle Diejenigen, welche in meinem Kabinet gearbeitet haben; sie haben Gewandtheit in den Geschäften und können ihm beim Antritte seiner Regierung über viele Sachen Aufschluß geben, von denen selbst die Minister nichts wissen.

27. Auf gleiche Weise empfehle ich ihm Alle, die mich bedient haben, so wie meine Kammerdiener etc.

32. Ich empfehle meinem Nachfolger, sein Geblüt auch in den Personen seiner Oheime, Tanten und allen übrigen Verwandten zu achten. Das Ohngefähr, welches bei der Bestimmung der Menschen waltet, bestimmt auch die Erstgeburt, aber darum, daß man König ist, ist man nicht mehr werth, als die andern. Ich empfehle allen meinen Verwandten, in guter Einigkeit zu leben und eingedenk zu sein, wenn es sein muß, ihr persönliches Interesse dem Wohle des Vaterlandes und dem Besten des Staates aufzuopfern.

<317>

Meine letzten Wünsche im Augenblick, wo ich den letzten Hauch von mir geben werde, werden für das Glück dieses Reiches sein. Möchte es stets mit Gerechtigkeit, Weisheit und Kraft regiert werden. Möchte es der glücklichste der Staaten sein durch die Milde der Gesetze, der bestverwaltetste in Hinsicht der Finanzen, und der am tapfersten vertheidigte durch eine Armee, die nur nach Ehre und edlem Ruhme strebt. Möchte er in höchster Blüthe dauern bis an das Ende der Zeit 317-+!"

9. Januar 1769

Der König an Fouqué :

"Werther Freund. Ich sende Ihnen alle Gehörwerkzeuge, die ich hier habe auftreiben können, samt dem Gebrauchzettel. Möchten sie Ihnen doch wieder zum Gehör verhelfen und die Beschwerlichkeiten des Alters lindern. etc."

16. Januar 1769

Der König an d'Alembert :

- etc. - "So alt ich auch bin, habe ich doch Voltaire's A. B. C. gelesen. Ich stehe Ihnen dafür, daß er des Grotius A. B. C. weder kennt, noch versteht, und wahrscheinlich den Hobbes eben so wenig je gelesen hat; denn dergleichen ist pedantisch, weil es tiefsinnig ist. Besser abgemessen als alles übrige ist sein Urtheil über Montesquieu, ich fürchte, er hat Recht. Das Uebrige des Werkes enthält Späße und Leichtfertigkeiten, nach seiner Weise hin und wieder angebracht. Die Welt hält er für ewig und<318> führt die schwächsten Gründe dafür an, er möchte gern an Gott zweifeln, allein er fürchtet den Scheiterhaufen. etc. — Seit einem Jahre habe ich nichts von Voltaire bekommen. etc."

17. Januar 1769

Besteht der König die Kasernenbauten.

17. Januar 1769

Der Landgraf von Hessen-Kassel kommt in Berlin an.

24. Januar 1769

Feier des Geburtstags des Königs, große Cour. Der König und der ganze Hof bei dem Prinzen Heinrich zur Mittagstafel. Nachmittag geht der König nach Potsdam.

B.

20. Januar 1769

Stirbt der Markgraf Friedrich Christian von Anspach-Baireuth.

Februar.

A.

Februar 1769

Der König in Potsdam.

2. Februar 1769

Der König an den Staats-Minister von Münchhausen :

- etc. "Ich kann mich in die verschiedenen Theile Eures Berichts nicht einlassen, weil er für mich viel zu weitläuftig ist Meiner Ansicht nach kommt es aber bei diesem mir so angelegenen Geschäfte hauptsächlich auf die Landschulen an, welches die schlechtesten sind, hingegen die Stadtschulen sind auch so taliter qualiter beschaffen. In Ansehung jener muß nothwendig dafür gesorgt werden, daß die Kinder der Bauern und Landleute einen vernünftigen und deutlichen Unterricht in der Religion bekommen. Hieran mangelt es, und die meisten Bauerkinder bleiben in der größten Unwissenheit. Dieser Dummheit muß nothwendig am ersten abgeholfen werden.

Was die Schulen in den Städten betrifft, so finde ich es sehr gut, daß die Aufsicht über dieselben den Bürgermeistern anvertraut wird, so kann es nicht fehlen, daß auch diese sich nach und nach verbessern, und die noch vorhandenen Hindernisse nach und nach aus dem Wege geräumt werden. An ei<319>nigen Orten, wo es dienlich und nöthig sein möchte, können auch die reformirten und lutherischen Schulen mit einander vereinigt werden; denn lesen, schreiben und die lateinische Sprache können die Kinder bei einem Religionsverwandten so gut, wie bei dem andern. Ihr habt also nach diesen Grundsätzen einen kurzen Plan zu entwerfen und Mir einzusenden, Euer Hauptaugenmerk aber auf die Chur- und Neumark und auf Pommern zu richten."

9. Februar 1769

Von Potsdam nach Berlin, wo der König dem Französischen Gesandten, Grafen von Guines, die Abschiedsaudienz ertheilt und nach Potsdam zurückkehrt.

März.

A.

März 1769

Der König in Potsdam.

24. März 1769

Der General, Lieutenant von Krockow beim König in Potsdam.

31. März 1769

Bekanntmachung der Königlichen Spezial-Garantie für die Sicherheit der in die Königliche Bank einzulegenden Gelder.

April.

A.

April 1769

Der König in Potsdam.

3. April 1769

Der Prinz Ferdinand geht über Potsdam nach Ruppin zu seinem Regiment und der Prinz Heinrich von Rheinsberg über Potsdam ebenfalls zu seinem Regiment nach Spandau.

4. April 1769

Der Prinz Moritz von Ysenburg in Russischen Diensten wird dem König vorgestellt.

21. April 1769

Der General von Ramin zum König nach Potsdam.

22. April 1769

Der König an d'Alembert, der sich bei dem König darüber beklagt hatte, daß eine in Cleve erscheinende Zeitung (der Courier du Bas Rhin) in ihr Blatt allerlei Verläumdungen gegen ihn (d'Alembert) einrücke etc.:

- etc. - "Ach, mein guter d'Alembert, wären Sie<320> König von England, Sie würden ganz andere Sticheleien aushalten müssen, womit Ihre allergetreuesten Unterthanen Ihnen zur Uebung Ihrer Geduld aufwarten würden. Wenn Sie wüßten, wieviel Schandschriften Ihre theuren Landsleute gegen mich während des Krieges ins Publikum geschickt haben, Sie würden über jenen kläglichen Schmierer nur lachen. Ich habe es nicht werth gehalten, alle diese Werke des Hasses und Neides meiner Feinde zu lesen, und ich dachte an jene schöne Ode des Horaz : Der Weise bleibt unerschüttert bei den Schlägen des Schicksals. Herabstürze der Himmel, er bleibt ungerührt; die Erde sinke unter seinen Füßen, er fühlt keine Unruhe. Mögen alle Elemente zum Chaos werden, er zeigt allen diesen Ereignissen eine ruhige heitere Stirn. Stark durch seine Tugend wird er durch nichts beunruhigt. Glück und Unglück sieht er mit gleichem Blick. Er lacht bei dem Geschrei des Pöbels, bei den Lügen seiner Neider, bei den Verfolgungen seiner Feinde; in sich selbst zurückkehrend, findet er da Ruhe, und die süße Heiterkeit, welche Verdienst und Unschuld schaffen, etc."

28. April 1769

Der König von Potsdam über Charlottenburg nach Berlin wo er im Thiergarten über einige Regimenter Spezialrevue hält, von da sich nach der Porzellanmanufaktur begiebt, und dann auf dem Wilhelmsplatz die den 26sten und 27sten daselbst errichtete Statue des Feldmarschalls Schwerin in Augenschein nimmt. Alsdann kehrt er nach Charlottenburg zurück.

29. April 1769

Der König kommt wieder von Charlottenburg nach dem Berliner Thiergarten, wo er die übrigen Regimenter der Berliner Garnison mustert und dann nach Potsdam geht.

Der König ernennt den Präsidenten der Clevischen Kammer, von Derschau, zum Staats-Minister.

<321>

Mai.

A.

Mai 1769

Der König in Potsdam, hält Musterung über die dortigen Truppen.

19. Mai 1769

Nach Spandau und Charlottenburg.

20. Mai 1769

Nach Berlin, wo er über die daselbst versammelten Truppen Revue hält.

21. Mai 1769

bis 23. wohnt er den Manövres der Truppen bei. Am letztern Tage besucht er die Prinzessin Amalie und geht nach Charlottenburg.

?? Mai 1769

In Potsdam.

25. Mai 1769

Nach Cüstrin, bis den 26sten Musterung.

27. Mai 1769

28. Mai 1769

In Stettin, wo er Musterung hält und die Festungswerke besieht.

29. Mai 1769

In Oranienburg.

30. September 1769

In Potsdam.

31. September 1769

Die sämtlichen Minister beim König in Potsdam.

Juni.

A.

2. Juni 1769

Der König von Potsdam nach Brandenburg, wo er den General Fouqué besucht.

3. Juni 1769

In Pitzpuhl bei Magdeburg.

4. Juni 1769 bis 6. Juni 1769

Daselbst Kriegsübungen.

6. Juni 1769 bis 8. Juni 1769

In Magdeburg, Braunschweig und Salzthal. Am letztem Tage besucht er den Erbprinzen in Antoinettensruh und kehrt nach Salzthal zurück.

9. Juni 1769

In Schönebeck, wo er feierlich empfangen wird. Hier besieht der König das Gradierwerk, die neuen Salzkothen und alle zum Salzsieden erfoderlichen Einrichtungen. Alsdann kehrt er über Salze, Calbe und Magdeburg nach Potsdam zurück.

10. Juni 1769

Ankunft des Königs in Potsdam.

12. Juni 1769

Der Minister von Finkenstein beim König in Potsdam.

?? Juni 1769

Desgleichen der Minister von der Horst.

<322>

Juli.

A.

Juli 1769

Der König in Potsdam.

2. Juli 1769

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich gestehe Ihnen, ich bin der neuen Bücher so ziemlich satt, die jetzt in Frankreich herauskommen. Man findet darin so viel Ueberflüssiges, viel Paradorieen, ungründliches und unzusammenhängendes Räsonnement und neben diesen Fehlern so wenig Genie, daß man wirklich an den Wissenschaften selbst einen Ekel bekommen möchte, wenn uns nicht das vorhergehende Jahrhundert Meisterstücke in jeder Art geliefert hätte. etc. Ich erblickte die Welt am Ende dieser Periode, in welcher der menschliche Geist in seinem größten Glanze strahlte. etc."

7. Juli 1769

Der König an d'Argens in Frankreich :

"Da ich aus Ihrem neulichen Schreiben vom 10. Juni sehe, daß die Schlichtung eines durch den Tod Ihres Oheims Ihnen zugefallenen Prozesses Sie hindert, noch vor dem nächsten September nach Potsdam zurück zu kommen, so will ich Ihnen die nachgesuchte Verlängerung des Urlaubs bis dahin gern bewilligen, und bitte übrigens Gott, daß er Sie in seinen heiligen und würdigen Schutz nehme 322-+."
Friedrich.

13. Juli 1769

Der König nach Charlottenburg, wo auch die Königin und die sämtlichen Prinzen und Prinzessinnen ans Berlin ankamen. Hier erfolgte an demselben Tage die Ankunft der Prinzessin Friederike Louise, Tochter des Landgrafen Ludwig Xl von Hessen-Darmstadt, Braut des Prinzen von Preußen Frie<323>drich Wilhelms (II), und ihrer Mutter, der Agierenden Landgräfin.

14. Juli 1769

Der König besieht im Thiergarten die Berliner Wachtparade und kehrt nach Charlottenburg zurück, wo Abends die Trauung des Prinzen von Preußen mit der Prinzessin Friederike Louise Statt hat. Alsdann große Tafel und Ball etc.

15. Juli 1769

Der König besieht wieder die Berliner Wachtparade im Thiergarten und geht nach Charlottenburg zurück, wo wieder große Tafel etc. ist.

16. Juli 1769

Der König geht von Charlottenburg nach Potsdam, wo er wieder das neue Schloß bezieht, und die Königin und sämtliche übrige Prinzen und Prinzessinnen etc. gehen nach Berlin.

18. Juli 1769

Vormittags kommt die Prinzessin Amalie und Abends der Prinz von Preußen mit seiner Gemalin aus Belin im neuen Schlosse in Sanssouci an, desgleichen die Landgräfn von Hessen-Darmstadt.

19. Juli 1769

Der Prinz Heinrich im neuen Schloß in Sanssouci, wo mehrere Tage bis den 27sten, verschiedene Lustbarkeiten, Concerte etc. Statt finden.

22. Juli 1769

Der Markgraf von Anspach, Alexander, kommt im neuen Schloß an.

23. Juli 1769

Wird das Lustspiel Tartüffe im neuen Schloß aufgeführt.

25. Juli 1769

Oper il ratto dell Sposa.

27. Juli 1769

Abreise der sämtlichen hohen Herrschaften.

August.

A.

August 1769

Der König in Potsdam.

6. August 1769

Der Minister von Finkenstein beim König.

11. August 1769

Der König nach Charlottenburg.

12. August 1769

Von Charlottenburg tritt der König die Reise nach Schlesien an, wo eine Zusammenkunft mit dem Kaiser Joseph Statt haben sollte. In seinem Gefolge befanden sich der Prinz von Preußen, der Prinz Heinrich, der Markgraf von Anspach, E. F.<324> K. Alexander, der General-Lieutenant von Lentulus, die Obersten von Anhalt, von Rossiere, von Lengefeld, von Schlegel, von Knobloch und der Rittmeister von Poser.

14. August 1769

Der König in Schweidnitz.

25. August 1769

Der König in Neisse, wo er seine Wohnung in der fürstlichen Residenz nahm. Um die Mittagszeit langte der Kaiser Joseph unter dem Namen eines Grafen von Falkenstein in Neisse an, und begab sich sogleich nach der Residenz zum König, von dem er mit großer Achtung empfangen ward. Im Gefolge des Kaisers befanden sich, unter mehreren Personen von hohem Rang : der Herzog von Sachsen-Teschen, der General-Feldmarschall von Laszy und der General-Feldzeugmeister von Laudon etc. Preußischer Seits befanden sich außer dem Gefolge des Königs noch viele andere Generale etc. und Fremde, der abzuhaltenden Monövres wegen, in Neisse, so auch der bekannte Graf Hoditz aus Roswalde etc. Bald nach der Ankunft des Kaisers begab er sich mit dem König zur Tafel, zu welcher auch die Preußischen Generale von Tauenzien und von Seydlitz zugezogen wurden. Nachher verfügte sich der Kaiser nach seiner Wohnung in dem Gasthofe zu den drei Kronen, wo ihm der König den Gegenbesuch machte.

26. August 1769

Der König und der Kaiser wohnen früh um 6 Uhr den Manövres der Truppen bei. Mittags große Tafel beim König, Abends Opéra comique.

27. August 1769

Der Kaiser mit seinem Gefolge wohnt früh um 6 Uhr dem Gottesdienst in der Pfarrkirche, alsdann um 7 Uhr mit dem König den Manövres der Truppen bei, und begiebt sich nach deren Beendigung zur Tafel beim König, Abends in die Opera comique.

28. August 1769

Waren beide Monarchen früh 5 Uhr abermals bei dem Manövre der Truppen, nach deren Beendigung der Kaiser seine Rückreise über Camenz, Glatz und Nachod nach Königingräz antrat. Der König ging nach Breslau.

<325>

29. August 1769

Königliche Kabinetsordre an den Staats-Minister von Carmer, die Wiederherstellung des landschaftlichen Credits betreffend. (Errichtung des landschaftlichen Creditsystems. S. Beiträge etc. I. 380 etc.)

30. August 1769

31. August 1769

Der König in Breslau; mustert die daselbst versammelten Truppen.

B.

4. August 1769

Octroi der Emdener Häringsfischerei-Compagnie. Der Kammerdiener des Königs, Zeisig, wird Geheimer Kämmerer. (Er starb in Potsdam den 24. Oktober 1796).

September.

A.

1. September 1769

Der König von Breslau nach Gniechwitz.

2. September 1769 bis 4. September 1769

Daselbst Kriegsübungen.

4. September 1769

Rückreise des Königs über Glogau uach Potsdam.

6. September 1769

Ankunft in Potsdam.

7. September 1769

Der König an Fouqué :

- etc. - "Der junge Kaiser ist ein Fürst voller Verdienste und Ehrbegierde. Er hat so viele Freundschaft gegen mich geäußert, wie nur immer einer meiner Anverwandten im Stande ist. Sogar hat er mir versichert : er wäre nicht gesonnen, das, was er bei uns lernen könnte, gegen mich oder mein Haus anzuwenden. Er reiste sehr vergnügt ab, und lud mich ein, auf das künftige Jahr zu ihm zu kommen; ich habe ihm dies, wie billig, versprochen. etc.

Hier schicke ich Ihnen Früchte aus meinem Obstgarten. Denn, lieber Freund, in unserm Alter bleibt uns nichts übrig, als Gärten anzubauen. etc ."

11. September 1769

General-Major von Belling und Oberst von Reitzenstein zum König nach Potsdam.<326> Um diese Zeit war auch der Gelehrte Grimm beim König in Potsdam 326-+.

21. September 1769 bis 23. September 1769

Manövres bei Potsdam.

25. September 1769

Der Minister von Finkenstein beim König in Potsdam.

B.

September 1769

Bündniß der Höfe von Petersburg, Wien und Berlin, in Betreff des verwirrten Zustandes in Polen und der Bedrückung der Dissidenten daselbst etc.

Oktober.

A.

Oktober 1769

Der König in Potsdam.

20. Oktober 1769

Die verwittwete Kurfürstin von Sachsen (Gemalin des verstorbenen Kurfürsten Friedrich Christian) Maria Antonie Walpurgis, geb. Prinzessin von Baiern, kommt nach Potsdam, dem Könige einen Besuch abzustatten. Sie wohnt im neuen Schloß in Sanssouci. Während ihres Aufenthalts (bis den 24sten) werden verschiedene Feste gegeben.

23. Oktober 1769

Besah die Kurfüstin alle Merkwürdigkeiten etc. in Sanssouci.

25. Oktober 1769

Der König, die Kurfürstin von Sachsen, der Prinz von Preußen, dessen Gemalin und der Erbprinz von Braunschweig gehen nach Berlin.

26. Oktober 1769

Nachdem der König die Wachtparade vor dem Landsberger Thore ersehen und die Kasernenbauten in Augenschein genommen, kehrt er durch die Stralauer Straße und über dem<327> Mühlendamm nach dem Schlosse zurück. Der König, die Kurfürstin und der ganze Hof speisen Mittags bei der Königin. Abends ward auf dem Schloßtheater, in Gegenwart der Kurftürstin und des ganzen Hofes, das Lustspiel: La surprise de l'amour gegeben, und vorher ein vom König verfertigter Prolog gesprochen. (S. h. W. VII. 175). Abends speiste der König, die Kurfürstin, die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses an der sogenannten Maschinentafel. Bei der Königin war große Abendtafel.

27. Oktober 1769

Mittags große Tafel bei der Königin. Nachmittags der König, die Königin und die Kurfürstin von Sachsen als Taufzeugen bei dem um 21. Oktober gebornen Sohn des Prinzen Ferdinand. Er erhielt die Namen Friedrrich Heinrich Emil Karl und wurde von der Kurfürstin über die Taufe gehalten. (Er starb den 9. Dezember 1773).

Bis den 30 fanden in Berlin verschiedene Lustbarkeiten Statt, auch wurde die Oper: Cato von Utika gegeben.

30. Oktober 1769

Abreise der Kurfürstin von Sachsen. Der König geht nach Potsdam.

B.

21. Oktober 1769

Verordnung, betreffend die Aufhebung der Gemeinheiten.

November.

A.

November 1769

Der König in Potsdam.

15. November 1769

Der König an d'Alembert :

"Es ist mir ungemein angenehm, daß ich die Bekanntschaft des Herrn Grimm gemacht habe. Es ist ein junger Mann von Geist und philosophischer Kopf und dessen, Gedächtniß mit schönen Kenntnissen ausgeschmückt ist. etc. Meine Gesundheit hat er ziemlich gut gefunden etc. Uebrigens ist ohne allen Streit die beste Arznei für Jünglinge, so wie für Greise, Seelenruhe, sie stößt uns eine sanfte Heiterkeit ein, mischt<328> einen neuen Balsam in unser Blut und besänftigt jene stürmischen Bewegungen, welche unser schwaches Maschinenwerk zerstören. etc.

Ein Engländer hat der Hierarchie die Nativität gestellt, und bei der Berechnung ihrer Dauer ihr letztes Ziel auf das Ende dieses Jahrhunderts bestimmt. Nicht ungern möcht' ich dies Schauspiel mit ansehn, aber ich glaube immer, es wird nicht so geschwind gehen; die Hierarchie wird wohl noch ein Paar Jahrhunderte ihre Ungereimtheiten emporhalten, besonders, da der Pöbel sie unterstützt.

Was ich eben da sage, veranlaßt die Frage : ob in einem Religionssystem das Volk der Fabel entbehren könne? Ich glaube es nicht; und das darum, weil die Thiere, welchen die Schule die Ehre erweist, sie vernünftige zu nennen, eigentlich wenig Vernunft besitzen. Was wollen denn ein Paar aufgeklärte Professoren, einige weise Akademisten sagen, im Vergleich mit der unabsehbaren Menge, welche einen Staat bildet? Die Stimme dieser Lehrer des Menschengeschlechts wird wenig gehört, und verbreitet sich nicht über die Schranken einer engen Sphäre. Wie soll man so viele Vorurtheile besiegen, die schon mit der Ammenmilch eingesogen sind? Wie gegen das Herkommen kämpfen, welches bei Dummköpfen für Vernunft gilt? Wie aus dem Herzen der Menschen einen Keim des Aberglaubens mit der Wurzel ausreißen, den die Natur selbst hineingepflanzt hat, und das Gefühl der den Menschen eigenthümlichen Schwachheit darin nährt? Das alles bestärkt mich in der Meinung, daß nicht viel mit dieser saubern Gattung von zweifüßigen ungefiederten Thieren anzufangen ist, und daß sie wahrscheinlich immer der Ball von Betrügern sein werden, welche Lust haben, sie zu berücken."

25. November 1769

Der König an Voltaire 328-+ :<329> "Sie sind zu bescheiden, wenn Sie wirklich geglaubt haben, ein zweijähriges Stillschweigen, wie das Ihrige, lasse sich geduldig ertragen. Ohne Zweifel muß Jeder, der die Wissenschaften liebt, sich für Ihre Erhaltung interessiren, und es sehr gern sehen, wenn Sie selbst ihm Nachrichten davon geben, etc. Ich schicke Ihnen einen Prolog zu einem Lustspiel, den ich in aller Eil aufgesetzt habe, um der Kurfürstin von Sachsen, die mich besucht hat, meine Achtung zu bezeigen. Sie ist eine Prinzessin von großen Verdiensten und wäre wohl eines besseren Dichters werth gewesen. Wie Sie sehen, behalte ich meine alten Schwachheiten. Ich liebe die schönen Wissenschaften bis zur Thorheit; sie allein machen unsere Muße reizend und geben uns wahres Vergnügen. Die Philosophie würde ich völlig eben so sehr lieben, wenn unsere schwache Vernunft in ihr die Wahrheiten entdecken könnte, die vor unser Augen verborgen sind, und die unsere eitle Neugierde doch so begierig sucht, aber sobald man Kenntnisse bekommt, lernt man zweifeln. Ich verlasse also dieses Meer, das so sehr von Klippen der Ungereimtheit wimmelt, und bin überzeugt, da alle die abstrakten Gegenstände der Spekulation außer unserm Fassungskreise liegen, so würde uns die Bekanntschaft mit ihnen ganz unnütz sein, wenn wir auch bis zu ihnen hindringen könnten. Mit dieser Denkart lebe ich mein Alter ruhig hin, und suche mir alle Brochüren von dem Neffen des Abbé Bazin 329-+ zu verschaffen. etc."

Dezember.

A.

Dezember 1769

Der König in Potsdam.

8. Dezember 1769

Der König schickt den Prolog (s. oben S.327) an d'Alembert, und nachdem er über verschiedene Gegenstände gespro<330>chen, sagt er von dem Papst : "Uebrigens begnügt er sich, Schritt für Schritt den Ueberrest eines idealischen Credits zu behaupten, welcher ihn einen nahen Bankerot befürchten läßt. Er befindet sich mit Ihrem Finanz-Controleur in dem nämlichen Fall, doch wollte ich wetten, daß Frankreich, als das allerälteste Königreich auf der Erde, im Bankerotmachen den Vorrang haben wird, und daß Ihre Börsen noch vor Aufhebung des Aberglaubens leer sein werden.

Die Frage, welche Sie unsrer Akademie vorlegen, gehört zur tiefsinnigsten Philosophie. Sie fodern, wir sollen die Natur und Beschaffenheit des menschlichen Geistes erforschen, um zu bestimmen, ob der Mensch fällig sei, der gesunden Vernunft eher, als seiner Einbildung zu folgen. Nach meinen geringen Einsichten würde ich mehr für die Einbildung sein, weil ein System voll Wunder leicht reizen kann, und weil der Mensch zwar gern vernünftelt, aber nicht vernünftig ist. Ich stütze mich bei dieser Behauptung auf die Erfahrung aller Zeiten und aller Jahrhunderte. Sie werden kein einziges Volk antreffen, dessen Religion nicht aus einer Mischnng von abgeschmackten Fabeln und von einer zur Aufrechthaltung der Gesellschaft nöthigen Sittenlehre bestanden hätte. Bei den Aegyptern, bei den Juden, bei den Persern, bei den Griechen und bei den Römern macht die Fabel den Grund der Religion aus. Bei den Afrikanischen Völkern finden Sie gleichfalls dies System des Wunderbaren; und wenn Sie auf den Marianischen Inseln nicht gleichen Unsinn antreffen, so liegt der Grund darin, daß die Bewohner derselben ganz und gar keine Religion hatten. Von allen Nationen scheint unstreitig die Sinesische am wenigsten vom Aberglauben angegesteckt zu sein; aber wenn die Großen der Lehre des Konfutsen folgten, so scheint dieselbe doch dem Volke nicht behagt zu haben; dies nahm mit offnen Armen die Bonzen auf, die es mit Betrügereien nährten, der Speise, die dem Pöbel ei<331>gen und seiner Dummheit angemessen ist. Meine angeführten Beweise sind von den Beispielen entlehnt, die uns die Geschichte liefert; es gilbt aber noch andre, die mir noch stärker scheinen, die von der Beschaffenheit der Menschen und von den Hindernissen hergenommen sind, die eine tägliche und nothwendige Arbeit dem großen Haufen der Erdbewohner in den Weg legt, sich so aufzuklären, und sich über die Vorurtheile der Erziehung wegzusetzen. Wir wollen den ersten besten Staat annehmen; er soll zehn Millionen Einwohner haben; von diesen zehn Millionen rechnen wir sogleich ab die Landleute die Manufakuristen, die Handwerker und die Soldaten, so bleiben ungefähr noch fünfzig tausend Menschen, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, von diesen wollen wir fünf und zwanzig tausend für das weibliche Geschlecht abziehen, so wird der Ueberrest den Adel und den besseren Theil des Bürgerstandes ausmachen. Nun lassen Sie uns einmal untersuchen, wie viel von diesen Unthätige, wie viel Einfältige darunter sind, wie viel Kleinmüthige und wie viel Wollüstlinge. Aus dieser Berechnung wird sich ungefähr ergeben, daß bei einer sogenannten kultivirten Nation von zehn Millionen Menschen sich kaum tausend Gelehrte befinden, und wie sehr sind diese wieder in Rücksicht ihres Genies verschieden? Gesetzt nun aber, es sei möglich, daß diese tausend Philosophen durchgehends gleicher Meinung und gleich frei von Vorurtheilen wären; was für Wirkung werden ihre Lehren auf das Volk haben? Wenn acht Zehntel der Nation mit dem Lebensunterhalt so beschäftigt sind, daß sie nicht lesen; wenn ein anderes Zehntel, aus Leichtsinn, aus Liederderlichkeit, aus Albernheit, sich nicht anstrengt, so folgt, daß die wenige gesunde Vernunft, deren unser Geschlecht fähig ist, sich nur bei dem kleinsten Theile der Nation befinden kann; daß die Uebrigen derselben nicht fähig sind, und daß daher die wunderbaren Systeme bei dem großen Haufen stets den Vorzug haben werden. Diese Betrachtungen machen<332> mich daher geneigt, zu glauben, daß Leichtgläubigkeit, Aberglauben und die ängstliche Furchtsamkeit schwacher Seelen in der Wage des Publikums allezeit das Uebergewicht haben werden, daß in allen Zeitaltern die Anzahl der Philosophen geringe sein, und daß irgend eine Art des Aberglaubens die Welt beherrschen wird. Die christliche Religion war in ihrem Anfange eine Art von Theismus, bald aber nahm sie den Götzendienst des Heidenthums und dessen Gebräuche in sich auf, gab diesen das Indigenat, und so überdeckte die Menge der immer neuen Stickereien, den bei ihrer Stiftung erhaltenen einfachen Stoff so sehr, daß er ganz unkenntlich ward. Unvollkommenheit, sowohl im Sittlichen, als im Physischen, ist, der Charakter der Kugel, die wir bewohnen. Eben so ist das Bestreben, diese Welt aufzuklären; oft bringt sogar diese Beschäftigung denen Gefahr, die sich damit befassen. Können wir weise für uns sein, gut; das mag uns genügen, aber den Pöbel müssen wir dem Irrthum überlassen, und bloß uns bemühen, ihn von solchen Verbrechen abzulenken, welche die Gesellschaft zerrütten. Sehr richtig sagt Fontenelle: wenn er die Hand voll Wahrheiten hätte, so würde er sie nicht öffnen, um sie dem Publikum mitzutheilen, weil es der Mühe nicht werth sei 332-+.

<333>

21. Dezember 1769

Nach Berlin zum Carneval.

23. Dezember 1769

Besieht der König die Wachtparade und begiebt sich dann nach der Porzellanmanufaktur etc.

24. Dezember 1769

Speist Mittags bei der Königin.

Der König schenkt dem General von Steinkeller ein Tafel- und Theeservice von Porzellan.

B.

14. Dezember 1769

Stirbt der Minister von Schlabrendorf in Breslau, 51 Jahr alt.

Der Abbé Bastiani aus Breslau in Berlin, desgleichen der Prinz Wilhelm von Braunschweig.

22. Dezember 1769

Anfang des Carnevals. Die Ordnung desselben war wie im vorigen Jahre.

Es wurden aufgeführt : die Opern Dido abandonata und Phaeton, und die Französischen Schauspiele Eugenie, Le Glorieux.

"Dieser Brief sei nicht vom 25. November 1769, wie in den Baseler oeuv. posth. II. 404 stehe, sondern vom 25. November 1770," allein dies ist gewiß irrig, denn dieser Brief ist offenbar eine Antwort auf Voltaire's Brief vom November 1769, worin er unter anderm sagt, daß in the Whitehall Evening-Post vom 7. Oktober 1769 in Nr. 3668 ein angeblicher Brief von ihm an den König mitgetheilt werde, und daß er der Redaktion dieser Schrift d. d. Ferney den 29. Oktober 1769 geschrieben : der Brief sei albern und nicht von ihm. Nun läßt sich nicht wohl annehmen, daß Voltaire dies erst ein Jahr nachher im November 1770 gethan und dem König gemeldet habe. Auch wird der König den Prolog nicht ein Jahr vorher "in der Eile" verfaßt haben.


10-+ Nach Andern soll es ein Hauptmann Namens Dekowatsch gewesen sein.

10-++ Andere nennen ihn von Stülpnagel.

100-+ Dem Uebersetzer Vernier, der ein berühmter Reisender war.

100-++ Dieser zweite Theil ist nicht von Voltaire.

102-+ In Voltair's Kandide.

11-+ Diese Ausgabe erschien jedoch nicht bei Neaulme, sondern bei C. F. Voß 1760 in klein 8., worin diejenigen Stellen, "welche sich nicht mit der Politik vertragen," weggelassen oder geändert sind. Indessen erschienen auch von dieser Ausgabe bald drei verschiedene Nachdrücke, in denen alles, was in jener weggelassen oder geändert worden, nach dem ersten Druck in 4. wieder enthalten ist. Der eine Nachdruck ist ohne Verlagsort, der zweite nennt London, der dritte Frankfurt.

111-+ Dieses Haus, das immer mit großer Sorgfalt unterhalten wurde, brannte am 25. Juni 1834, Morgens um 2 Uhr, ab.

112-+ Der König in den h. W. IV. 243 sagt, es sei dies in diesem Monat (Oktbr.) geschehen. In den Denkwürdigkeiten für die Kriegskunst und Kriegsgeschichte, Berlin bei Reimer 1820, Heft 6, G. 108, wo eine ausführliche Erzählung von diesen und den früheren Unterhandlungen, die mit dem Tatarenfürst gepflogen worden, enthalten ist, wird S. 113 gesagt, diese Gesandtschaft sei Mitte November 1761 im Lager bei Strehlen erschienen.

114-+ Merkwürdig hierbei ist, daß der König wenig Tage, nachdem er dies Gedicht verfertigt hatte, einen starken Beweis von der Bosheit der Menschen erhielt, deren Opfer selbst zu werden nur ein glücklicher Zufall verhinderte.

119-+ Es ist nicht wohl anzunehmen, daß Mustapha sich seit Oktober hier aufgehalten, und möchte es also richtiger sein, daß er erst Mitte November beim König angekommen. Vergl. S. 112 Note.

119-++ Die folgende Epistel.

120-+ In den Lettres sur Frederic II, Roi de Prusse etc., Tom II. p. 387 befindet sich diese Epistel nach dem Original von Catt mitgetheilt, und zwar lautet sie da etwas anders, als in den Oeuv. posth. Tom. VIII. 3.

126-+ In der Zeitung für die elegante Welt 1822 Nr. 186 — 89 wird erzählt, der König habe am 15. August 1761 sein Hauptquartier in Schönbrunn gehabt Und daselbst den Jahrestag des Sieges bei Liegnitz gefeiert (?!). Hier schon habe der König auf des Warkotsch Veranstaltung durch die in einem nahen Steinbruch versteckten Oeftreicher überfallen und entführt werden sollen. Zufällig aber habe der General Zieten, der in der Nähe gestanden, in der zur Aufhebung des Königs bestimmt gewesenen Nacht, seine Stellung verändert und sei mit seinem Regiment näher an das Dorf gerücktt dadurch sei der Plan, den König gefangen zu nehmen, vereitelt worden etc. Diese Erzählung ist ganz falsch, der König war an diesem Tage auch gar nicht in Schönbrunn oder in dieser Gegend, sondern in Wahlstadt bei Liegnitz. Die weiterfolgende Erzählung von der beabsichtigten Aufhebung des Königs im November zu Woiselwitz und deren Vereitelung etc. ist voller Unrichtigkeiten.

130-+ Mitchel, Englischer Gesandter am Berliner Hofe, war während dieses Krieges lange Zeit als Gesellschafter beim König.

135-+ S. Bartholdi Mémoires d'un Gentilhomme Suedois etc. Berl. 1788.

135-++ Er ging über Stettin, wo er mit dem Gouverneuer, Herzog von Nevern, eine Unterredung hatte, von da nach Berlin und Magdeburg.

137-+ Die beiden Reisenden. Eine Allegorie. H. W. VII. 150.

137-++ Exposition de la doctrine de l'église catholique, welche schon zu seiner Zeit starken Widerspruch erfahren.

138-+ der auch daran erkrankt und deshalb nach Berlin zurück gegangen war.

138-++ Die erste Nachricht war: daß bei Aufführung des Tancred von Voltaire die Verse : "Tancred ist ein Held, trotz der Kabale, die ihn verweist," stark beklatscht wurden, weil man sie auf die eben geschehene Verweisung Broglio's deutete. S. unten B. Die zweite betraf den Befehl des Parlaments: die Jesuiten zu verjagen, und die Verordnung des Staatsraths, sie zu schützen.

138-+++ Maitresse Ludwig's XV.

139-+ Es waren der Fürst Caspar Lubomirsky, Johann von Nummers, Nicolss Basilius Fürst Repnin und Alerander Alexandrowitz Fürst Prosorofsky.

14-+ Pihihu.

141-+ Die Türkei, mit welcher der König unterhandeln läßt, daß sie den mit Oestreich eingegangenen Waffenstillstand aufheben soll. (Siehe hinterl. Werke IV. 266 etc.).

142-+ Die Türkei. Siehe erste Abtheilung S. 73.

142-++ Die jetzige Krimm, die damals unter dem Chan der Tataren stand.

143-+ Der König meint England. Hier hatte nach George's II Tode der Günstling George's III, der Lord Bute, zum Verdruß des Engl. Volkes großen Einfluß auf die Regierung erlangt, wodurch Pitt bewogen wurde, seinen Abschied zu nehmen. Bute, der nun Pitt's Stelle einnahm, war Friedrich II wenig geneigt. Er verhinderte nicht nur die Erneuerung des zwischen England und Preußen früher geschlossenen Subsidienvertrages, sondern bemühete sich auch eifrigst, mit Oestreich einen einseitigen Frieden zu schließen, und den Kaiser von Rußland zur Fortsetzung des Kriegs gegen Preußen zu bewegen etc. (S. h. W. IV. 251. 256 etc.).

145-+ Der König in den h. W. IV. 261 sagt irrig : Der General Czernitschef habe vom Kaiser Befehl erhalten, "unverzüglich aufzubrechen (von Glatz, wo er stand), um zur Armee des Königs zu stoßen und mit ihr gemeinschaftlich Krieg zu führen." Dieser Befehl erschien erst später, als die Auffoderung des Kaisers vom 23. Febr. an die verbündeten Höfe, und besonders noch vom 9. April an den Wiener Hof, ohne Erfolg blieb, und die Czernitschefschen Truppen auf ihrem Rückmarsch schon bei Thoren angelangt waren. Selbst im Friedenstractat vom 5. Mai war noch festgesetzt, daß dieses Corps durch Schlesien und Polen zurückkehren sollte.

146-+ Das Blatt war in Paris erschienen, wo man im Begriff war sie gänzlich aufzuheben. Es stellte ein Sieb vor, in welchem sich alle Mönchsorden befanden, es wurde von dem Präsidenten des Parlaments geschüttelt, wobei alle Jesuiten durch die Löcher fielen.

151-+ Die Jesuiten.

157-+ Die Königin und ihr ganzer Hofstaat, wozu auch die Gräfin gehörte, hielt sich damals in Magdeburg auf.

164-+ An diesem Tage wollte der König die Oestreicher angreifen.

164-++ Nach Tempelhof VI. 99 soll es um 18ten geschehen sein, womit das Datum des nachstehenden Briefes an Catt im Widerspruch steht.

165-+ Die Nachricht war wenige Stunden nach einem Feste angelangt, welches der König an diesem Tage den Officieren des ihm vom Kaiser verliehenen Russischen Regiments, das sich bei dem Czernitschefschen Corps befand, gegeben hatte.

165-++ Der König sagt in den hinterlassenen Werken Theil IV. S. 301, daß der General Czernitschef ihm die erste Nachricht von den Vorfällen in Petersburg gegeben habe. Doch scheint dies, verschiedenen Umständen nach zu urtheilen, ein Irrthum zu sein, deren sich verschiedene in dem Theile, welcher die Gesch. d .siebenj. Krieges enthält, finden, wie erwiesen ist, und das wohl daherkommt, daß, nachdem, wie bekannt, die erste Hand-schrift des Königs verbrannte, er diese Geschichte nachher noch einmal, und wohl nicht mit derselben Geduld und Genauigkeit, wie das erste Mal, niederschrieb.

167-+ Man hatte prophezeihet: Der König werde eine Schlacht gewinnen und darauf der Friede zu Stande kommen.

167-++ An dem Tage, wo der König diesen Brief schrieb, konnte er den Tod des Kaisers noch nicht bestimmt wissen, da er erst an demselben (des 6./17. Juli) zu Ropscha (nach Andern zu Mopsa, einem kleinen Landhause des Hermann Rasonoffsky) erfolgt war. Entweder hatten gleich die ersten Machrichten von dem Vorgefallenen seinen Tod mit hoher Wahrscheinlichkeit befürchten lassen, oder der Brief des Königs war liegen geblieben und erst einige Tage später, nachdem die Nachricht vom Tode des Kaisers eingegangen war abgeschickt worden, wo dann der König jenen Zettel noch in das Couvert eingelegt haben mag.

169-+ Daraus läßt sich erklären, daß der König trotz des glücklichen Anscheins, den die Vorgänge in Petersburg für ihn haben mußten, dennoch in seinen Briefen vom 1. und 8. April an d'Argens so viel Besorgnis äußert.

17-+ Der König meint die bereits eingeleitete Verbindung mit den Türken.

173-+ Der König hatte ihm das oben erwähnte Scherzgedicht an d'Alembert zugeschickt. Der getadelte Vers lautet: "Ne lui depeignez point le martyr qui vous presse." Es müsse eigentlich, wie d'Argens meint, "le martyre" heißen, dann käme aber der Vers nicht mehr heraus.

173-++ In der Utrechter Zeitung

179-+ Es waren zwei Exemplare von des Königs Poësies Diveres. Eine neue Ausgabe in Taschenformat, von Beausobre besorgt. D'Argens schrieb dabei, daß die Russ. Officiere davon 900 Exemp. bestellt hätten.

187-+ Der König las um diese Zeit Fleury's Kirchengeschichte.

189-+ Dies sagt nicht allein Tempelhof VI. 249, sondern es stimmt auch diese Angabe mit des Königs Werken IV. 338. Gleichwohl scheint aus nachstehendem Brief des Königs aus Torgau vom 7ten hervorzugehen, daß er erst von da ab nach Meissen gegangen ist. Vielleicht ging der König von Löwenberg und Lauban aus, über Meissen nach Torgau, ohne sich am erstern Ort lange aufzuhalten. Nach Oesfeld ist der König am 22. Oktober — soll aber wohl November heißen — in Meissen angelangt, was sich jedoch auch nicht mit des Königs Brief vereinigen läßt. Ohne Zweifel war der König schon den 8ten und 9ten in Meissen. (Spenersche Zeitung 1762 Rr. 140).

191-+ Timée de Locres en grec et en françois, avec des dissertations sur les principales question de la méthaphysiques. P. d'Argens. Berl. 1762.

196-+ Die Geschichte seiner Sendung findet man in (Wagners) Denkwürdigkeiten für Kriegskunst und Kriegsgeschichte. Berlin 1818, Heft VI. 80.

197-+ Der König sagt: "am 31. Dezember nahmen die Konferenzen mit den gewöhnlichen Feierlichkeiten ihren Anfang." Nach Weddigen's Fragmenten zu dem Leben Herzberg's, der selbst ihm dazu Mitteilungen machte, erhielt Herzberg erst am 1. Januar 1763 vom Könige Befehl, als Preuß. bevollmächtigter Gesandter nach Hubertsburg zu gehen.

198-+ S. Küster's Charakterzüge des Pr. Generals von Saldern.

199-+ Nach Thiébault, in seinem Buche : Mes Souvenirs IV. 207, ging Pirch zuerst nach Hessen-Darmstadt, mit Empfehlungen des Prinzen von Preußen, mit dem er immer sehr harmonirt und eben dadurch sich den Unwillen des Königs zugezogen haben soll. Hier erhielt er die Anstellung in dem Hessen-Darmstädtischen in Französischen Diensten stehenden Regiment.

199-++ Die Deutschen Uebersetzungen haben alle: "eine nicht unbedeutende Rolle."

20-+ Die Erzählung : Eines Schweizers und einer Holländerin Liebe etc. (h. W. VII. 111).

200-+ In der Rangliste von 1806 steht beim Regt. Garde ein Lieutenant von Pirch, und die 1327 neu aufgelegte Rangliste von 1806 mit Nachrichten etc. von diesem Jahre enthält sein ferneres Schicksal.

202-+ Die erste Schrift hat auch den Titel: Nouveaux secrets à l'eclairicissement de l'histoire du Philosphe de Sans-souci a et de la guerre d'aujourd'hui.
     Außer einem kurzen Abriß der Regierung des Königs enthält sie als Anhang : Epitre des champs elisées donnée de Keith au Philosophe de Sans-souci etc., Londres 1763. Zusammen 123 Seiten. kl. 8. Mit einem Portrait des Königs nach G. Schmidt. Die zweite Schrift enthält in 7 Kapiteln manches nicht allgemein Bekannte über den Preußischen, Sächsischen und Französischen Hof und über den siebenjährigen Krieg. Als Anhang : zwei Gedichte wider und für den König von Preußen etc. 1761, ohne Druckort. 118 S. kl. 8.

205-+ Der Königl. Ober-Consistorialrath Nathanael Baumgarten in Berlin hatte, bei Gelegenheit des Dankfestes wegen des mit Rußland am 5. Mai 1762 geschlossenen Friedens, am ersten Pfingsttage 1762 eine Predigt in Versen gehalten, und darin auf die Kaiserin Elisabeth Anzüglichkeiten eingemischt, wodurch er sich große Verdrießlichkeiten zuzog. (Siehe : Ueber den Religionszustand in den Pr. Staaten I. 177, und die bei Spener im Druck erschienene Predigt S.15). Bald fand er an einem Dorfprediger Namens Bando einen Nachfolger, der nun ebenfalls in Versen predigte.

209-+ Die Pompadour, welcher die Kaiserin Maria Theresia in ihren Briefen die Benennung : Cousine gegeben hatte.

21-+ Bei Landshut. Siehe unten.

211-+ Eine umständliche Beschreibung der dabei stattgefundenen Feierlichkeiten und Freudensbezeigungen findet man nicht nur in den beiden Berliner Zeitungen vom 2. April, sondern auch in einer besondern Schrift unter dem Titel: Sammlung der Freudensbezeigungen und Illuminationen welche wegen der Ankunft Sr. Königl. Majestät von Preußen nach geendigtem dritten Schlesischen Kriege und geschlossenem Hubertsburgischen Frieden in Dero Residenz Berlin (bis) den 4. April angestellt worden sind. Berlin bei Voß. 149 Seiten in 4. mit einem Kupfer.
     Diese Schrift enthält auch noch die Beschreibung aller Ceremonien und Festlichkeiten bei der Bekanntmachung des Friedens, so wie bei der Einholung der Königin und der verwittweten Prinzessin von Preußen.

214-+ Im Preußischen Staat bestand der Münzfuß die Mark zu 14 Thlr. oder 21 Gulden, laut Edict vom 14. Juli 1750. Während der Kriegsjahre 1753, 1759 und 1763 wurden die Preußischen Münzen zu einem gerin» gen Gehalt ausgeprägt, nämlich die Mark fein zu 20 Thaler — (genauer zu 19 74/100). Es wurden auch fremde Münzen schlechter geprägt, besonders Sächsische, die im Preußischen ebenfalls coursirten. Das Agio dieses neuen Geldes gegen das alte Pr. Geld nach dem Münzfuß von 1750 war sehr verschieden, und es fand dabei oft viel Wucher und Uebervortheilung Statt. Nach dem Frieden 1763 wurde nach dem neuen Münzfuß, 20 Thlr. die Mark, gemünzt, und dieses Geld gewöhnlich :
     "neue Brandenburgische 1/3, 1/6 Stücke" genannt. In dem vorstehend erwähnten Edict vom 21. April 1763 ward nun das Agio dieses neuen Brandenburgischen Geldes festgestellt. Nämlich :
     

 nach dem Münzfuß von 1750 sollten gelten vom 1. Juni 1763 anin neuem Brandenb. Gelde nach dem Münzfuß von 20 Thlr. die Mark.
 100 Thlr. in 1/1, 1/2, 1/3, 1/6, 1/12 Stücken141 Thlr.
 100 in alten 1/24, 1/48 Stücken133 1/3
 100 neue Sächsische 1/3 Stücke63
 100 neue Sächs. 1/12 u. 1/24 St.47 1/3 100 Thlr. alte Friedrichsd'or141 1/3 Thlr. neue Friedrichsd'or.
 100 sogenannte Mittel-Frd'or.100

     Bei der im Jahre 1764 erfolgten Wiederherstellung des alten Münzfußes von 1750 wurde das Agio des neuen Brandenb. Geldes nach dem 20 Thaler-Fuß wieder anders bestimmt. — Siehe unter dem Monat März beim Jahre 1764.

218-+ In Geldern traf d'Alembert beim König ein und begleitete ihn auf der ganzen weitern Reise bis nach Potsdam.

219-+ Diesr Brief hat zwar in den hinterl. Werken des Königs das Datum : d. 2. Juni, ohne Angabe des Orts, allein seinem Inhalte nach kann das nicht richtig sein. Die darin erwähnte Schwester des Königs, die Markgräfin von Schwede, Sophie, kam erst Ende Juli mit ihren beiden Töchtern nach Potsdam, scheint jedoch vorher schon einige Zeit in Berlin gewesen zu sein, daher der Brief wohl erst in diesem Monat geschrieben worden ist.

220-+ Pöllnitz.

221-+ Leibarzt des Königs.

228-+ Hiernach hätte der König nur 4—6 Wochen und nicht 4 Monate, wie von Catt a. a. O. sagt, gebraucht, um diese Schrift (da das erste Manuscript verbrannte) noch einmal zu schreiben. Vielleicht enthielt das eine vom Feuer verschont gebliebene Heft den größten Theil.

229-+ Am 2. Juli 1794 ward Trenk in Paris guillotinirt.

231-+ Außer diesen gleich nach dem Frieden baar gegebenen Summen ließ der König noch in demselben Jahr die in der Neumark abgebrannten und ruinirten Häuser mit einem Aufwände von 768000 Thlr. wieder aufbauen, zum Wiederaufbau der Stadt Cüstrin gab er 684000 Thlr.

231-+ Die Summen, welche der König von 1763 - 1783 zu diesem Behuf den verschiedenen Provinzen geschenkt hat, belaufen sich auf 40 Millionen Thlr. (Herzberg's Abhandl, 1784, S. 81).

233-+ Defense du Paganime par l'Empereur Julien etc. p. d'Argens. Obiger Brief steht zwar in der Königsberger Ausgabe der Correspondence entre Frédéric II et le Marq. d'Argens unter dem Jahr 1768, da aber dies Buch 1764 erschienen, auch die Dedication an den Herzog Ferdinand von Braunschweig den "28. Mars 1764" unterschrieben ist, so gehört er ohne allen Zweifel zu diesem Jahr.

239-+ Dieser Brief traf Algarotti nicht mehr am Leben, er starb am 3. Juni.

240-+ Es sind nachher noch die Worte hinzugesetzt worden: "Fridericus magnus" und unten : "sed non omnis." 1765. De Bachaumont in seinen Memoires I. 293 sagt von dem letzteren: "Mr. Algarotti etc. a laissé entre autres chauses, un legs de 8000 écus romains à Mr. Mauro Tosi peintre celèbre à Bologna. Il veut qu'on emploie 2000 à lui éléver un Mausolée à Pisa. Il a donné lui même le dessin de ce monument, et a dicté son épitaphe que voici : Hic jacet Algarottus sed non omnis." Das Wort "magnus" bei dem Namen Fridericus ist erst später von Andern hinzugefügt worden, und, wie sich leicht denken läßt, ohne des Königs Wissen und Willen. S. Björnsstahl's Reisen II. 198.

241-+ S. unsere Beiträge I. 156.

244-+ Der König liebte die Trüffeln und ließ sich jährlich eine Pastete von dergleichen Schwämmen aus Perigord kommen. Fouqué hatte aus Kroatien, wo er sich, während er in Oestreichischer Gefangenschaft war, aufgehalten hatte, einige zur Aufsuchung der Trüffeln abgerichtete Hunde mitgebracht, und durch diese in der Gegend von Magdeburg und Halberstadt Trüffeln gefunden, die den Italienischen nichts nachgaben. Davon ließ Fouqué eine Pastete nach Perigorder Art anfertigen und schickte sie dem König, welcher sie sehr gut fand.

245-+ Er hatte seinen Schwiegersohn durch den Tod verloren.

251-+ Das für dieselbe bestimmte Gebäude in der Burgstraße Nr. 19 ward erst in diesem Jahre zu bauen angefangen und 1769 beendigt.

252-+ Thiebault.

253-+ Siehe oben den Anfang des Briefes vom König an Voltaire vom 1. Januar.

253-++ Der Vater dieses Prinzen Ernst Johann von Biron, Herzog von Curland, war nach dem Tode der Kaiserin Anna von Rußland, ihrer Anordnung gemäß, zum Regenten des Reichs während der Minderjährigkeit des jungen Kaisers Iwan ernannt worden. Er wurde aber 1740 von der Mutter desselben, der Meklenburgschen Prinzessin Anna (Gemalin des Prinzen Anton Ulrich von Braunschweig), gestürzt und mit seiner Familie nach Sibirien verbannt. Der Kaiser Peter III rief ihn und seine Familie 1762 wieder zurück.

261-+ In der Lebensbeschreibung des Generals von Zieten ist als Tauftag irrig der 15te angegeben.

266-+ Nach von Beguelin (Darstellung der Akzise und Zollverfassung in den Preußischen Staaten S. 19) soll der Marquis d'Argens vom König damit beauftragt gewesen sein; es findet sich jedoch in der um diese Zeit Statt gehabten Correspondenz zwischen dem König und d'Argens kein Wort davon. Bekanntlich hat d'Argens dem Könige auf dessen Verlangen früher schon Sänger, Tänzer und andere Künstler aus Italien etc. besorgt, mit welchen er überall viel umging, aber unter den Französischen Fermiers hatte gewiß Niemand weniger Bekanntschaft, als d'Argens, der ohnehin gegen 25 Jahre außerhalb Frankreichs gelebt hatte. Es ist also wohl kein Zweifel, daß Helvetius, der selbst Fermier gewesen war, die Subjecte vorgeschlagen und empfohlen hat.

27-+ Sein Name war Fauser. Der König ernannte ihn zum Sergeanten. Nach dem Frieden erhielt er als Bote eine Versorgung bei der Kammerdeputation in Halle.

275-+ Bekanntlich ist Friedrich allerdings der Verfasser der Vorrede zu dem Abriß der Kirchengeschichte des etc. Fleury, obgleich er es mehrmals abgeläugnet hat. (S. auch den folgenden Brief). Der Abriß erschien zuerst 1766 in Bern, Französisch mit dem Beisatz : "Traduit de l'anglois." Wahrscheinlich wider des Königs Willen.

276-+ Die Hinrichtung des etc. de la Barre, weil er in der Trunkenheit ein Kruzifix verstümmelt und vor einer vorüberziehenden Prozession den Hut nicht abgenommen etc.

278-+ Abrègé etc. de Fleury war in Bern verbrannt worden.

28-+ Sie lautete wie folgt : "Se. Maj. der König lassen allen Officiers von der ganzen Armee danken vor die heute bezeigte Bravoure, und vor den Eifer, mit welchen sie für das Haus Preußen gefochten haben. Der Flecken des Bernburgschen Regiments soll von heute an auf immer vergessen sein. Se. Maj. wollen ihnen in Breslau die Treffen selbst wieder kaufen und ihnen ihre Pallasche wiedergeben lassen und damit die Herren Officiers von der ganzen Armee wissen und sich imprimiren können, daß wenn sich Jemand distinguirt er auch in allen Stücken distinguirt wird so lassen Ihre Maj. hierdurch folgendes Avancement und Begnadigung bekannt machen." Hier folgen die verschiedenen Be» förerlungen. Die Begnadigungen bestanden in Orden und Geschenken an Gelde. Die General Lieutenants Graf von Neuwied und von Bülow erhielten den schwarzen Adlerorden andere Officiere den Orden pour les mérites und Geschenke von 500 und 1000 Thlr.

28-++ Laudon mit Daun.

285-+ Sie befindet sich in der Vossischen Zeitung Nr. 28. Der König hatte nämlich erfahren, daß man in Berlin von einem nahe bevorstehenden Kriege spreche. "Was das für dummes Geschwätz ist," sagte hierauf der König, "die Leute reden nur immer von Krieg, weil sie nichts anders zu reden haben. Man muß ihnen Gelegenheit geben, von etwas anderem zu sprechen." Dies geschah nun durch jene Nachricht. Unter andern war darin gesagt, daß Hagel von solcher Größe gefallen sei, daß dadurch ein Ochse vor einem Bauerwagen auf der Stelle erschlagen worden etc. So sehr diese Nachricht die Bewohner Potsdams und der Umgegend befremden mußte, so fand sie doch bei entfernter Wohnenden Glauben, und der Professor und Lehrer der Physik an der Universität zu Wittenberg Joh. Dan. Titius schrieb darüber 1768 eine Abhandlung unter dem Titel : Bedenken bei dem vorjährigen Potsdamschen Hagel etc.

288-+ Friederike Charlotte Ulrike Catharine. Sie starb in London als Wittwe des Herzogs von York am 6. Aug. 1820.

289-+ Bei der großen Betrübniß, welche der König über den Tod des Prinzen äußerte, suchte einer der anwesenden Generale ihn zu trösten; der König antwortete ihm: "Er hat Recht, aber Er fühlt nicht den Schmerz, der mir durch diesen Tod verursacht wird." "Ich fühle ihn," erwiederte der Officier, "denn es war einer der hoffnungsvollsten Prinzen." "Nein," versetzte der König, "Er hat den Schmerz auf der Zunge und ich hier (auf das Herz zeigend), denn dieser Prinz war einer der besten Menschen." Der König schrieb eine Lobrede auf den Prinzen und ließ sie in der Akademie der Wissenschaften am 30. Dezember (dem Geburtstage des Prinzen) vorlesen. Zum Text der zu haltenden Leichenpredigt hatte der König selbst die Worte gewählt: "Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken etc." Jesaias Kap. 55. B. 8. 9.

29-+ Flügeladjutant, den der König als Kourier nach Berlin schickte.

297-+ Der König schickte nachher diesen Brief nicht ab, und so blieb der Brief-wechsel mit Voltaire bis im November unterbrochen, wo ihn der letztere selbst wieder anfing.

299-+ Diese Verse befinden sich im 7. Theil der hinterl. W. G. 61, und die darin vorkommende Stelle, welche die (eingebildeten) Krankheiten des Marquis aufzählt, lautet wie folgt :
     

"Verstopfung, Hypochonderdunst,
Erschlaffung, Strangurie, Kolik,
Katharrn, Flüsse, Fieberglut,
Ein Lungenauswurf, schlimmer Hals,
Ein böser Ausschlag an der Haut,
Und Blattern von der Hitz erzeugt,
Der Blutlauf, bald ein Schlagfluß dann,
Erbrechen, Schwindel, Asphyrie —
Das ist der Uebel ganze Schaar,
Die voller Höflichkeit, sobald
Nur Deine Phantasie es will,
Gehorcht, und die, mein d'Argens, stets
Ganz akkurat und wechselweis
Die Aufwartung Dir macht. etc."

302-+ Dieser Brief scheint die Antwort auf ein Urlaubsgesuch des Marquis zu einer Reise zu sein, die er in diesem Jahre seiner Gesundheit wegen nach der Provence machen wollte.

303-+ La Philosopie du bon Sens etc, par d'Argens. Dresde 1756.

31-+ Dieser Brief ward von den Feinden aufgefangen. d'Argens meldet dies aus Berlin dem König unter dem 19. Oktbr. mit den Worten :
     "Die Oestreicher haben einen Brief aufgefangen, den Ew. Maj. mir aus Herrmannsdorf am 27. Aug. zu schreiben die Ehre erzeigten. Sie haben das Original nach Wien geschickt und hier mehrere Abschriften davon gemacht; ich fand Mittel, eine der letzteren zu erhalten, die ich Ew. M. überschicke. Es steht Nichts als Großes, Edles und Tugendhaftes in diesem Brief. Er hat bei mehreren Oestreichischen Generalen die Lust erweckt, mich kennen zu lernen, allein ich fand dazu keinen Beruf bei mir. etc."

313-+ Dieses Testament erschien zuerst im 64. Heft der Staatsanzeigen des Hofraths Schlözer, und zwar in der (Französischen) Ursprache. Nachher kam es 1792 in Berlin Französisch und Deutsch heraus. Der König hatte es bei dem Herzog Karl von Braunschweig, den er auch zum Vollstrecker desselben ernannt, niedergelegt, der es nach Friedrichs Tode durch seinen Minister, den Baron Karl August von Hardenberg (nachherigen Fürsten und Preuß. Staatskanzler), nach Berlin sandte.

314-+ Dieses Grab befindet sich in Sanssouci unter der Stelle, welche oben auf der Terrasse die schöne Marmor-Statue einer liegenden Flora einnimmt, die der König von seinem gewöhnlichen Arbeitszimmer aus stets vor Augen hatte. Daß der König hier nicht, wie er gewünscht hatte, beigesetzt worden, ist bekannt. Man glaubte damals, es der Würde dieses großen allgemein verehrten Monarchen schuldig zu sein, seiner Asche eine minder bescheidene Ruhestätte zu bereiten, und setzte ihn deshalb in der Garnisonskirche zu Potsdam in dem Gewölbe unter der Kanzel, neben seinem Vater, bei. Jetzt, wo Zeiten und Ansichten sich geändert, und des Königs Friedrich Wilhelm III Majestät mir seiner Gemalin ebenfalls in ihrem Garten zu Charlottenburg ihre letzte Ruhestätte sich gewählt und eingenommen haben, jetzt dürfte es wohl vielleicht noch geschehen, daß auch die Asche Friedrichs des Großen nach Sanssouci in die von ihm gewählte Gruft übergeführt würde.

315-+ S. oben unter Juni 1763.

317-+ Die hier übergangenen Artikel enthalten die einzelnen Bestimmungen der verschiedenen Vermächtnisse für die Königin, die Brüder, Schwestern und anderen Verwandten des Königs und einige seiner Diener, bestehend in Gold, Silber, Juwelen, baarem Gelde etc., Porzellan, Tokaier-Wein, Equipagen, Reitpferden mit Sattel und Zeug etc. Den Stabsofficieren von des Königs und von dem Lestowitzischen Regimente, so wie von der Leibgarde, war, einem jeden, eine goldene Denkmünze vermacht, die bei Gelegenheit einer großen Waffenthat der Preuß. Armee, unter des Königs Anführung, geprägt worden, und jedem Soldaten dieser 4 Bataillons und der Leibgarde 2 Thaler.

322-+ D'Argens kam nicht wieder zurück, sondern starb in Frankreich. (S. I. Abteilung S. 82 und weiterhin beim Februar 1771). Der vorstehende Brief des Köinigs war nicht eigenhändig von ihm geschrieben, bloß die Unterschrift.

326-+ Friedrich Melchior Freiherr von Grimm, damals Herzoglich Gothaischer Geheimer Rath und Resident zu Paris, war zu Regensburg im Jahr 1727 geboren. Er hat viele Beiträge zu dem Pariser Dictionnaire encyclopaedie geliefert und ist Verfasser der reizenden Bagatelle : Le petit propéte de Boemischbroda. Er starb als Kaiserlich Russischer wirklicher Etatsrath und Gesandter zu Paris und Großkreuz des St. Wladimirsordens 2. Klasse am 19. Dezember 1807, 85 Jahr alt.

328-+ Nach langem Stillschweigen hatte endlich Voltaire in diesem Monat den Briefwechsel mit dem König wieder angefangen.

329-+ Unter diesem Namen hat Voltaire eine Vertheidigung seines Versuchs einer Schilderung der Sitten etc. geschrieben.

332-+ Dieser Brief steht zwar in den 0euvr. posth. unter dem 8. Januar 1770; er gehört aber zuverlässig hierher, denn schon unter dem 18. Dezember 1769 dankt d'Alembert dem König für den überschickten Prolog und beantwortet darin zugleich des Königs Brief vom 15. November 1769, ohne des vom 4. Januar zu erwähnen., welchen er erst den 29. Januar 1770 beantwortet. Daraus ergiebt sich, daß das Datum von d'Alembert's Brief, der 18. Dezember 1769, richtig ist, und zugleich auch, daß der Prolog — wie oben angeführt — am 26. Oktober 1769 zum ersten Mal, und zwar bei dem Lustspiel: la surprise de l'amour, und nicht, wie in Preuß "Friedrich als Schriftsteller" S. 142 gesagt wird, den 27. September 1770 aufgeführt worden ist. Hiermit stimmt auch des Königs Brief an Voltaire vom 25. November 1769, worin der König sagt, daß er den Prolog in der Eile verfertigt habe. Nach S. 143 des angeführten Buches heißt es zwar :

36-+ S. Siehe 31 die Note.

4-+ Die Feinde des Königs.

40-+ In der Erzähl. : Babuck oder wie es in der Welt geht, von Voltaire.

41-+ Das Tottlebensche Corps, aus 3 Regimentern Cosacken, 3 Regt. Husaren bestehend, war bereits Ende September aus der Gegend von Glogau aufgebrochen, unterweges waren, noch 2 Regimenter Dragoner, 2000 Grenadiere und ein Train von 20 Kanonen zu ihm gestoßen. Ihr Marsch ging über Sagan, Sorau, Pfürten, Guben, Beeskow und Königswusterhausen, von wo sie den 3. Oktober (ein Freitag), Vormittags 11 Uhr, vor Berlin erschienen. Hier befanden sich als Besatzung nur 2 Bataillone vom Garnisonregiment Itzenplitz und 1 Bataillon vom Garnisonregiment Lüderitz. Es befanden sich damals in Berlin: der General-Feldmarschall von Lehwald, der General-Lieutenant von Seidlitz und General von Knobloch, welche von ihren Wunden noch nicht wiederhergestellt waren. Diese hatten schon auf die erste Nachricht von der Annäherung des Feindes alle möglichen Volkehrungen zu einer tapfern Vertheidigung der Stadt getroffen; vor den Thoren wurden Fleschen angelegt, und an den Mauern Gerüste errichtet etc.

48-+ Alle Truppen mußten jedoch in der Stadt auf dem Schloßplatz und wo sonst Raum war bivouakiren, und wurden nicht bei den Bürgern einquartiert.

48-++ Um diesen Einhalt zu thun und die Stadt, der Capitulation gemäß, vor aller Plünderung und Ausschweifung der Truppen zu schützen, war Tottleben genöthigt, noch mehr reguläres Militär in die Stadt zu ziehen, und die Sauvegarden bis auf 800 zu vermehren, ja sogar, als die Oestreicher die Russischen Wachen forciren wollten, auf sie feuern zu lassen. (Bericht des Grafen Tottleben).

49-+ Sogar die Messingwerke und der Canal bei Neustadt-Eberswalde sollten nach Fermor's Befehl bis auf den Grund ruinirt werden. (Gotskowsky S. 53. 57 etc.).

50-+ Mit Inbegriff der 500000 Thlr., die Berlin auf Abschlag der Contribution baar bezahlt hatte, und der 200000 Thlr. Douceurgelder, nahmen die Feinde 763500 Thlr. baares Geld aus Berlin mit.

50-++ Nach des Grafen Tottleben's Bericht wurde auch der Königl. Schatz visitirt, und die darin befndlichen Kasten und Körbe, mit Gold, Silber, Edelsteinen und Antiquitäten, mußte der Brigadier Benkendorf versiegeln und mit zur Armee nach Frankfurt nehmen.

51-+ z. B. in der Spenerschen Zeitung 1759 Nr. 118.

61-+ Diesr Brief ist datirt: "Wittenberg, den 24sten" (November) 1760. Der Name des Orts ist wohl unstreitig falsch, vielleicht auch das Datum, wenigstens ergiebt sich aus Gotskowsky's Lebensgeschichte, daß er am 25. November noch in Berlin und noch nicht zum König gereiset war. G. sollte nämlich wegen Herbeischaffung der von Berlin noch zu bezahlenden Contribution Verhaltungsbefehle etc. einholen.

65-+ Ein Hoffräulein hatte einen Fehltritt begangen, den Frau von Camas für eine Wassersucht hielt. Als sie ihren Irrthum gewahr ward, klagte sie sich selbst beim König der Unachtsamkeit an, und bat um Verhaltungsbefehle.

65-++ Wie auch noch in neuester Zeit während des Befreiungskrieges der Prophet Joh. Ad. Müller. S. dessen Geschichte, Erscheinungen und Prophezeiungen. Frankfurt a. M. 1816.

70-+ Ihr Name war Maria Petronella Victor. Der Königl. Poln. und Churfürstl. Sächsische Resident zu Amsterdam, Peter Bock, war der Bruder ihrer Mutter.

70-++ Vorher soll er, wie mit seiner ersten, auch mit dieser zweiten Frau geschieden worden sein. (?)

71-+ Nach Einigen soll ihm am 11. April 1763 Ehre und Leben abgesprochen worden sein, wegen seiner langen Gefangenschaft aber aus Gnaden bloß des Landes verwiesen (?), endlich aber auf seine Bittschrift im Juni 1769 gänzlich begnadigt sein. (Fortgesetzte Geneal. Nachr. Band III. 103. IX, 473).

73-+ Nach zweien verfälschten, wenn nicht ganz unwahren Anekdoten in der Zeitung für die elegante Welt 1810 Nr. 231 und Anekdoten-Samml. VIII. 90 soll Quintus der Sohn eines Töpfers gewesen sein. Es ist dies aber ungegründet, und der Irrthum daher entstanden, daß sein Vater der Syndicus eine Fayance-Fabrik in Magdeburg anlegte, wofür er vom König im Jahr 1763 ein Privilegium privatum auf 15 Jahr erhielt. (Spenersche Zeitung 1763 Nr. 87.

74-+ S. Fortgesetzte Geneal. Nachrichten Thl. 164, S. 536.

74-++ Nach Einigen soll es der Verfasser ihm zugeschickt und dabei das Verlangen in des Königs Dienste zu treten geäußert haben. Andere sagen, er sei als Freiwilliger zur Armee der Alliirten gegangen, habe sich da die Gunst des Herzogs von Braunschweig erworben, und dieser habe ihn dem König empfohlen.

75-+ Circular-Rescript, So Ihro K. M. in Preußen an Dero Ministros an auswärtigen Höfen ergehen lassen, betreffend die von den Oestreichischen Kriegsvölkern und deren Alliirten in verschiedenen Königl. Provinzen wider alle Kriegs-Raison ausgeübte Gewaltlhaten und Grausamkeiten. Berlin bei dem Hofbuchdrucker Hennig 1760.

76-+ Die vortreffliche Bibliothek und Münzsammlung, welche er hinterließ, kaufte der König der Wittwe für 12000 Thlr. ab, schenkte ihr außerdem noch 3000 Thlr., und wies ihr eine Pension von 1200 Thlr. zur Erziehung ihrer Kinder an.

79-+ Eine Dose von Meissener Porzellan, auf der ein Hund ruhte.

8-+ Es waren kurz vorher die Poesieen des Königs in Druck erschienen, von welchen bis dahin nur die wenigen Exemplare existirten, die der König für einige Freunde hatte drucken lassen.

87-+ Tancred.

87-++ An die Pompadour.

87-+++ Jac. Aug. Thuani historiarum sui temporis libri 138. 1604—1654 erschienen 12 Ausgaben. Die ersten lateinisch. Das Werk wurde nachher ins Deutsche und Französische übersetzt. Der Verfasser war Präsident des Parlamemtes zu Paris. Er lebte von 1553 bis 1617.

89-+ Es soll eine Kabinetsordre des Königs an Tauenzien existiren, welche aus Schlettau den 23. Mai 1761 datirt ist. Es läßt sich aber nicht gut erklären, wie der König um diese Zeit aus Kunzendorf bei Schweidnitz nach Schlettau bei Meissen gegangen sein sollte.

9-+ Den Kammerherrnschlüssel und den Orden pour les mérites.

92-+ Vergl. Virgil Aeneis VII. 340 seq.

94-+ Saute Marquis! Worte aus Regnard's Spieler, welche zum Sprichwort geworden sind.