Juli.

A.

1. Juli 1762

Der König bricht mit seiner Armee von Klein-Tinz auf, desgleichen das Russische Corps von Lissa, nach Kapsdorf. Das Hauptquartier des Königs war in Gniechwitz und das des Generals von Czernitschef in Schauerwitz.

2. Juli 1762

Der König in Neudorf.

3. Juli 1762

In Bunzelwitz, wo das Lager aufgeschlagen wird.

4. Juli 1762

Der König an d'Argens :

"Lieber Marquis, ich habe das schöne, mit zierlichen Einfassungen geschmückte Papier nicht, das die Briefe Ihrer Landsleute so reizend macht, sonst würde ich es zu meiner Antwort an Sie gebrauchen. Sie werden es also sich gütigst gefallen lassen, daß ich Ihnen auf diesem Papiere schlechtweg schreibe, was vorgeht. Wir stehen wieder in dem Lager, in welchem wir im vorigen Jahre so lange standen, und wollen gegenwärtig in die Gebirge eindringen, um dem Feldmarschall Daun in den Rücken zu kommen und ihn zu nöthigen, daß er nach Böhmen zurückgeht. Wie weit uns das gelingen<162> wird, weiß ich nicht; indeß läßt sich nichts anderes thun. Es ist ein großes Unternehmen, einen geschickten General aus allen seinen Stellungen, die er im voraus genommen hat, zu vertreiben. Ohne Zweifel wird Fortuna viel dabei thun, aber wer kann sich auf diese Flatterhafte verlassen?

Sie verlangen Nachrichten vom Tatarchan? Wie man mir schreibt, wird er mir sogleich Truppen schicken. Der Brief ist vom 11. Juni. Diese Diversion wird später geschehen, als ich hoffte, aber immer Wirkung thun. So herrlich unser Friede und unsere Alliance mit Rußland auf der einen Seite find, so haben sie doch auf der andern die guten Gesinnungen der Morgenländer etwas geändert. Man muß nun sehen, ob unsre Feinde dies nicht benutzen werden.

Die ganze Politik, lieber Marquis, beruht auf einer beweglichen Stütze, und man kann auf nichts mit Gewißheit rechnen. Aus diesem Grunde wird sie mir äußerst widrig. Die Trübsale der verflossenen Jahre, die Verwüstung der meisten Provinzen, nebst allen Arten von Unglücksfällen, die mir begegnet sind, haben mich bei allen menschlichen Angelegenheiten philosophischer oder gleichgültiger gemacht, als es Sokrates sein könnte; bald werde ich es zu einer vollkommenen Seelenruhe bringen. Es ist Zeit, lieber Marquis, daß dieser Krieg aufhört; ich tauge nichts mehr, mein Feuer erlischt, meine Kräfte schwinden, ich vegetire nur noch. Bei solchen Umständen, kann man wohl einen guten Einsiedler abgeben, aber für die Welt ist man nichts mehr nütze.

Prinz Ferdinand, hat einen beträchtlichen Vortheil über die Franzosen erhalten. Das ist mir lieb; doch hätte ich es gern gesehen, wenn der Sieg entscheidender gewesen wäre 4000 Mann von 80000 bleiben 76000; mehr als zu viel für den Prinzen Ferdinand, der ihnen höchstens nur 50000 Mann entgegenstellen kann. Allein er gewinnt dadurch Zeit, und dieser beträchtliche Verlust macht einen Soubise, einen<163> der mittelmäßigsten Generale, den die Franzosen jemals gehabt haben, muthlos. Mein armer Markgraf Karl ist todt! Ich bin sehr betrübt darüber, er war der ehrlichste Mann von der Welt. Wir Alle müssen dort unten wieder zu ihm; etwas früher, etwas später, das läuft auf Eins hinaus. Leben Sie wohl. etc."

4. Juli 1762

Der König war krank, weshalb der beschlossene Angriff auf Daun bis den 6ten verschoben wurde.

5. Juli 1762

Der König in Teichenau.

6. Juli 1762

In Neu-Reichenau. Der König leitet das Gefecht des Generals Wied, bei welchem auch der Prinz von Preußen war, gegen Brentano, und nimmt sein Quartier in den Kronhübel-Häusern. (Die Spenersche Zeitung Nr. 83 nennt Baumgarten, wahrscheinlich gehören die Kronhübel-Häuser dazu).

7. Juli 1762

In Seitendorf.

15. Juli 1762

Der König an Catt:

"Sie reden so von meinen Versen, als wenn sie etwas taugten, aber ich versichere Sie, daß ich selbst wohl einsehe, wie matt und fehlerhaft sie sind. Wenn es mir nicht an Zeit fehlte, so machte ich sie etwas weniger schlecht. Doch diese, die ich bei Sorgen, Unruhe und Noth, den gewöhnlichen Gefährten der Kriegsexpeditionen, geschrieben habe, taugten nur für den Augenblick, und um der Person zu schmeicheln, für die sie bestimmt sind. Die Frauenzimmer nehmen es nicht so genau; alle Verse, in denen man ihnen Süßigkeiten sagt, scheinen ihnen gut. Die gegenwärtigen werden, glaube ich, ihre Bestimmung erfüllen, da sie nur gefallen sollen und keine strenge Prüfung von einem d'Olivet und Freron auszuhalten haben.

Wir machen hier nichts als Armseligkeiten. Ich schäme mich meines Feldzugs. Es nimmt noch nicht die Wendung, die ich wünschte, und ich fürchte sehr, daß das, was ich Ihnen diesen Winter sagte, buchstäblich in Erfüllung gebt. Den 20sten werden wir sehen, wie es ausfallen<164> wird 164-+. Ich kann mich nur mit Mühe beruhigen. Bisweilen behalten Mark-Aurel und die Stoiker die Oberhand, aber oft bekommt auch die Natur das Uebergewicht und macht, daß die Philosophie verstummt.

Der Himmel stehe uns bei und gebe uns irgend einen großen Vortheil, der es endlich zu dem so sehr gewünschten und nöthigen Frieden bringt. Noch wäre ein Schimmer von Hoffnung von Seiten der Leute im Orient übrig, wenn man sich auf ihr Wort verlassen könnte; aber Fabriz, den ich gelesen habe, macht, daß ich zittere, und ich fürchte, wir werden keinen Nutzen von ihnen ziehen. Leben Sie wohl, mein Lieber, werden Sie wieder gesund und kommen Sie, wenn wir die Belagerung von Schweidnitz unternehmen können. Vale, Vale."

An diesem Tage 164-++ erhielt der König die erschütternde, und in den ersten Augenblicken ihn ganz zu Boden schlagende Nachricht von den in Petersburg stattgehabten Vorfällen, in deren Folge der Kaiser Peter III am 28. Juni/6.Juli dem Throne hatte entsagen müssen.

- - Aus den vorstehenden Briefen des Königs an seinen einzigen wahren und teilnehmenden Freund, den Marquis d'Argens, dem er sein ganzes Herz aufschloß, haben wir gesehen, welchen großen Hoffnungen er sich jetzt, nach so vielen und anhaltenden Unglücksfällen, hingegeben hatte. - - So nahe daran, endlich alle seine bisherigen Leiden und Sorgen bald beendigt zu sehen und in seinem geliebten, friedlichen Sanssouci die lang und heiß ersehnte Ruhe, und das stille Glück im Schooße der Freundschaft und der Musen genießen zu können, wird er auf einmal durch jene Vorfälle plötzlich in seine vorige be<165>drängte und hülfslose Lage zurückgeworfen, ja, wie es in der ersten Bestürzung scheinen konnte, in eine noch weit gefährlichere versetzt. — Wie konnte es da anders sein, als daß unter solchen Umständen eine solche Nachricht auf ihn fast vernichtend wirken mußte. Blaß und beinahe empfindungslos lag daher der sonst nicht leicht außer Fassung kommende Friedrich auf einem Kanapee, als der Major von Schwerin, den er hatte rufen lassen, ins Zimmer trat. Fast eine Viertelstunde lag der ganz in sich gekehrte König, ohne ein Wort zu sprechen. Schwerin fing an zu besorgen, der Monarch, den er wenig Stunden zuvor 165-+ so heiter gesehen hatte, sei entweder gefährlich krank geworden, oder habe eine höchst unglückliche Nachricht von der Armee des Prinzen Heinrich erhalten. Staunend betrachtete er denselben, endlich faßte er Muth und sagte: "Um Gottes willen, Ihre Majestät, was ist Ihnen?" Mit kaum hörbarer Stimme erzählte ihm der König, was in Petersburg vorgefallen sei, wie Rußland von der Alliance abgehe, wie Czernitschef Befehl habe, zurück zu marschiren etc., und schloß mit den Worten: "Wie muthlos wird diese unerwartete Begebenheit meine Armee machen? Wie werde ich einem vielleicht traurigen Schicksale ausweichen? Nein, dieser Schlag trifft mich zu hart 165-++."

<166>

Nachdem der König sich wieder gesammelt und ermannt hatte, gab er dem Major Schwerin eine Instruction, und befahl ihm, nach dem Russischen Hauptquartier zu reiten, und alles anzuwenden, den General Czernitschef zu bewegen, daß er denselben Abend noch mit ihm zurück zum Könige komme.

Schwerin traf im Russischen Lager alles in Bewegung an, die Armee war ausgerückt, der neuen Herrscherin den Eid der Treue zu schwören. Nach Beendigung dieser Ceremonie gelang es Schwerin, wiewohl nicht ohne Mühe, die Bedenklichkeiten Czernitschef's zu besiegen, und ihn dem König zuzuführen.

Es war die Absicht des Königs gewesen, um sich der Festung Schweidnitz wieder bemächtigen zu können, die Oestreichische Armee unter Daun, welche ihn daran verhinderte, in diesen Tagen anzugreifen, aus ihrer Stellung zu vertreibben, und ihr die Communication mit dieser Festung abzuschneiden. Hierbei hatte er auf die Mitwirkung der Russischen Truppen gerechnet, wo dann das Gelingen der Unternehmung gar nicht zweifelhaft gewesen wäre. Da diese Mitwirkung jetzt nicht stattfinden konnte, so wünschte er bloß, daß der General Czernitschef seinen Rückmarsch um einige Tage aufschieben, und, während des Angriffs des Königs auf die Oestreicher, in seiner Stellung bleiben möchte, damit diese, welche von dem Vorgefallenen noch nichts wußten, von dieser Seite in Schach gehalten würden. Den General Czernitschef hierzu zu bewegen, war der Zweck, weshalb er ihn zu sich rufen lassen. Der Beredsamkeit des Königs gelang es auch, den General dahin zu bringen, auf die Gefahr seinen Kopf zu verlieren, in des Königs Verlangen zu willigen, und seinen Rückmarsch um drei Tage zu verschieben.

<167>

17. Juli 1762

An demselben Tage, da dies alles geschah, schrieb der König aus seinem Lager bei Seitendorf an von Catt :

"Ach! mein Lieber, so eben bekomme ich eine Nachricht, die mich zu Boden schlägt und die Sie in Breslau, leider nur zu bald, erfahren werden. Ich bin so bestürzt und bekümmert, daß ich nicht weiß wohin ich mich wenden soll. Für mich giebt es nur Schimmerblicke von Hoffnung, aber wesentliches Unglück drückt mich zu Boden. Die schönen Prophezeihungen sind nun alle zu Schanden geworden 167-+, und Gott weiß, was für ein Schicksal mich noch erwartet. Leben Sie wohl, mein Lieber. Mein Herz ist so voll Kummer, daß ich Ihnen unmöglich mehr sagen kann."

Unter das Couvert dieses Briefes hatte der König noch einen Zettel gelegt, welcher die Worte enthielt: "Mein lieber Peter III vom Thron gestürzt, todt! Ist irgend ein Schicksal dem meinigen gleich 167-++!"

19. Juli 1762

Der König verlegt sein Hauptquartier nach Bögendorf.

20. Juli 1762

Der König manövrirt, um die Oestreicher von Schweidnitz abzudrängen und sich dieser Festung mehr zu nähern, wobei Schloß und Dorf Burkersdorf genommen werden.

21. Juli 1762

Der König begiebt sich schon vor Anbruch des Tages zu ber Möllendorfschen Brigade und trifft Anstalten, die vom<168> Feinde besetzten und stark verschanzten Höhen bei Burkersdorf und Leutmannsdorf anzugreifen. Nach tapferer Gegenwehr werden sie durch die Generale von Möllendorf und von Wied erstürmt, wodurch sich Daun genöthigt sieht, in der folgenden Nacht seine vortheilhafte Stellung zu verlassen und sich nach Giersdorf, wo er sein Hauptquartier nahm, zurückzuziehen.

21. Juli 1762

Der König an d'Argens :

"Unsere Umstände, lieber Marquis, fingen an, eine ziemlich gute Wendung zu nehmen, und nun werde ich plötzlich durch einen von den politischen Vorfällen gestört, die man weder voraussehen, noch verhindern kann. Das Uebrige werden Sie erfahren. — Der Friede mit Rußland hat Bestand, aber die Alliance geht in den Wind. Die Truppen marschieren alle nach Rußland zurück, und nun bin ich wieder auf mich allein eingeschränkt. Indeß haben wir noch zwei Oestreichische Detachements geklopft, man muß nun sehen ob uns das zu etwas Bedeutendem führen wird. Ich zweifle daran, und so wäre ich denn wieder in einer gezwungenen, beschwerlichen und kritischen Lage. Ich bin der Kreisel des Glücks; es spottet meiner.

Wir haben heut tausend Gefangene gemacht und 14 Kanonen erobert, aber dadurch wird nichts entschieden, und Alles, was nichts entscheidet, vermehrt meine Verlegenheit. Daß in Berlin und anderswo Vieles verkehrt geht, glaube ich gern; aber was kann ich dazu sagen? Das Schicksal, das Alles lenkt, ist stärker, als ich, ich muß ihm nachgeben. Ich habe Kummer im Herzen, meine Verlegenheit ist unbeschreiblich. Allein was soll ich thun? Geduld haben.

Schreibe ich Ihnen heut einen albernen Brief, so halten Sie Sich an die Politik, ich bin ihrer so müde, daß ich glaube, ich entsagte der ganzen Welt, wenn ich einmal diesen leidigen Krieg endigen könnte. Leben Sie wohl. etc."

22. Juli 1762

Fast zu gleicher Zeit brach der General Czernitschef mit<169> seinem Corps auf und ging in zwei Colonnen über Freiburg und Zirlau nach den Höhen von Jerichau, den folgenden Tag aber weiter nach Polen zurück. (Tempelhof VI. 111).

26. Juli 1762

Der König verlegt sein Hauptquartier von Bögendorf nach Dittmannsdorf.

?? Juli 1762

Der König an d'Argens :

"Ihre Besorgnisse, mein lieber Marquis, sind ungegründet. Wir haben von den Russen nichts zu fürchten; alle Truppen gehen nach Moskau zurück. Ich habe diese Revolution befürchtet 169-+ und dem Kaiser sogar gerathen, seine Maßregeln zu nehmen, allein seine Sorglosigkeit war zu groß. Er ward verdrießlich, wenn man ihm etwas von Vorsicht sagte. Ich habe den Brief noch, in welchem er mir über den Rath antwortet, den ich ihm gegeben hatte. Sein Unglück kommt daher, daß er der Geistlichkeit gewisse Güter nehmen wollte. Die Priester leiteten die Revolution ein, die gleich nachher ausgeführt ward. Dieser Fürst hatte alle Eigenschaften des Herzens, die man nur wünschen kann, allein nicht eben so viel Klugheit, und von der hat man sehr viel nöthig, um jene Nation zu regieren. Heute wird mir gemeldet, daß er an der Kolik gestorben ist.

Wegen Berlin, mein lieber Marquis, können Sie gänzlich ruhig sein, nicht aber unsertwegen; denn wir haben eine eben so schwere, als gefährliche Arbeit vor uns. Aber bei dem Allen muß man sich durcharbeiten. Erbitten Sie mir den Beistand Fortunens, Alles geschieht durch ihre Hülfe, Nichts ohne sie.

In Dem, was Sie von der Eitelkeit menschlicher Dinge sagen und von der Bosheit der Menschen, bin ich ganz Ihrer Meinung. Das ist ja immer meine Rede gewesen, daher<170> mein Ekel vor der Welt und mein Verlangen, diesen Unglücklichen Krieg zu endigen, um irgendwo mein Leben in Frieden beschließen zu können. Sie sehen, wie unbeständig die Entwürfe der Menschen sind.

Die Revolution in Rußland fiel Ihnen stärker auf, als andere Ereignisse, von denen ich Zeuge war, aber glauben Sie mir, ich habe während dieser sieben Feldzüge weiter nichts gesehen, als zerstörte Hoffnungen, unerwartete Unglücksfälle, kurz, Alles, was aus dem wunderlichen Spiel und dem Eigensinne des Zufalls kommen kann. In einem Alter von fünfzig Jahren und bei solchen Erfahrungen, lieber Marquis, hat man Recht, wenn man nicht mehr der Ball des Glücks sein will, und wenn man dem Ehrgeize, allen Thorheiten, die einen Jüngling ohne Erfahrung nur zu sehr täuschen, und den Vorurtheilen entsagt, welche von der großen Welt genährt und immer fortgepflanzt werden. Leben Sie wohl. etc."

B.

5. Juli 1762

Der Aufstand der Oestreichischen Kriegsgefangenen in Küstrin wird besonders durch das kluge Benehmen eines Preußischen Lieutenants, Namens Thiele, vereitelt. (J. C. Seyffert's Annalen der Stadt und Festung Küstrin. 1801. S. 115 bis 117).

5. Juli 1762

Wird in Königsberg in Preußen der zwischen Rußland u. Preußen geschlossene Friede mit vieler Feierlichkeit bekannt gemacht.

6. Juli 1762

Gefecht bei Reichenau. General Wied gegen Brentano. (S. oben).

8. Juli 1762

Auf Befehl des Kaisers macht der in Königsberg commandirende Russische General-Lieutenant Forodor von Woyekow mittelst Proklamation öffentlich bekannt : daß Se. Maj. der König in Preußen seit dem letztverwichenen 22. Juni/6. Juli in völligen Besitz dieses Königreiches Preußen zurückgetreten sind, und nun alle Einfassen desselben von ihrem Huldigungseide und andern<171> Pflichten, womit sie Ihro Kaiserl. Majestät verbunden gewesen, hierdurch völlig losgezählt werden.

9. Juli 1762

General Wied etc. bricht auf Befehl des Königs in Böhmen ein, um Daun zu veranlassen, Schlesien zu verlassen.

9. Juli 1762

In Petersburg erfolgt am 28. Juni/9. Juli eine Revolution, in deren Folge der Russische Kaiser abdankt, und seine Gemalin Katharina (II) die Regierung übernimmt.

15. Juli 1762

Der Russische (oben erwähnte) General-Lieutenant von Woyekow macht in Königsberg am 5./16. Juli auf (angeblichen) Befehl der Kaiserin Katharina II mittelst Proklamation bekannt, daß, nachdem selbige den Thron bestiegen, alle Einsassen dieses Königreichs Preußen, bei Vermeidung der höchsten Ahndung, sich wieder in die Treue und denjenigen Gehorsam zu begeben haben, welchen sie vor der letzten vorgefallenen Veränderung dem Russisch-Kaiserlichen Reiche zu leisten schuldig gewesen, und jetzt Ihrer Kaiserl. Maj. Katharina II in allen Stükken zu leisten verbunden sind. etc.

Hierauf bemächtigten sich die Russischen Commissarien wieder der Einkünfte des Landes und trafen verschiedene Verfügungen, das Land wie vorher, als dem Russischen Scepter unterworfen, zu behandeln.

17. Juli 1762

Der Kaiser Peter III stirbt 6./17. Juli).

21. Juli 1762

Gefecht bei Leutmannsdorf etc. (S. oben).

22. Juli 1762

Dem Preußischen Gesandten in Petersburg Freiherrn von der Golz wird am 11./22. Juli folgende Erklärung übergeben :

"Daß Ihro Kaiserl. Majestät fest und unveränderlich entschlossen wären, mit allen Höfen und also auch mit des Königs in Preußen Majestät in Frieden und gutem Vernehmen zu leben, wie solches schon der General Czernitschef, da er Befehl erhalten, mit seinen unterhabenden Volkern nach Rußland zurück zu kommen, in Höchst Dero Namen erklärt habe. Da man aber zu Petersburg die unvermuthete Nachricht erhalten,<172> daß die Generalität, weil sie von dem wahren Zustande der Sachen nicht genugsam unterrichtet gewesen, in Preußen einige Verfügungen gemacht, nach welchen es das Ansehn habe, als ob die friedfertigen Gesinnungen Ihro Kaiserl. Maj. einigen Abfall gelitten hätten, so habe das Russisch-Kaiserl. Ministerium dem König!. Preußischen Minister erklären sollen: daß Ihro Maj. die Kaiserin den Frieden kräftig beobachten wolle und werde, und deshalb an die Generalität die Befehle ergehen lassen würde, Alles wieder auf den vorigen Fuß zu setzen." (Siehe unter dem Monat August B).

22. Juli 1762

Das Russische Armeecorps trennt sich von der Preuß. Armee und tritt den Rückmarsch durch Polen nach Rußland an.

24. Juli 1762

Gefecht bei Lutterberg. Der Herzog von Braunschweig überfällt das Corps des Prinzen Xaver, schlägt es und nimmt ihm 13 Kanonen, 5 Fahnen, 3 Standarten und 1200 Gef. ab.


164-+ An diesem Tage wollte der König die Oestreicher angreifen.

164-++ Nach Tempelhof VI. 99 soll es um 18ten geschehen sein, womit das Datum des nachstehenden Briefes an Catt im Widerspruch steht.

165-+ Die Nachricht war wenige Stunden nach einem Feste angelangt, welches der König an diesem Tage den Officieren des ihm vom Kaiser verliehenen Russischen Regiments, das sich bei dem Czernitschefschen Corps befand, gegeben hatte.

165-++ Der König sagt in den hinterlassenen Werken Theil IV. S. 301, daß der General Czernitschef ihm die erste Nachricht von den Vorfällen in Petersburg gegeben habe. Doch scheint dies, verschiedenen Umständen nach zu urtheilen, ein Irrthum zu sein, deren sich verschiedene in dem Theile, welcher die Gesch. d .siebenj. Krieges enthält, finden, wie erwiesen ist, und das wohl daherkommt, daß, nachdem, wie bekannt, die erste Hand-schrift des Königs verbrannte, er diese Geschichte nachher noch einmal, und wohl nicht mit derselben Geduld und Genauigkeit, wie das erste Mal, niederschrieb.

167-+ Man hatte prophezeihet: Der König werde eine Schlacht gewinnen und darauf der Friede zu Stande kommen.

167-++ An dem Tage, wo der König diesen Brief schrieb, konnte er den Tod des Kaisers noch nicht bestimmt wissen, da er erst an demselben (des 6./17. Juli) zu Ropscha (nach Andern zu Mopsa, einem kleinen Landhause des Hermann Rasonoffsky) erfolgt war. Entweder hatten gleich die ersten Machrichten von dem Vorgefallenen seinen Tod mit hoher Wahrscheinlichkeit befürchten lassen, oder der Brief des Königs war liegen geblieben und erst einige Tage später, nachdem die Nachricht vom Tode des Kaisers eingegangen war abgeschickt worden, wo dann der König jenen Zettel noch in das Couvert eingelegt haben mag.

169-+ Daraus läßt sich erklären, daß der König trotz des glücklichen Anscheins, den die Vorgänge in Petersburg für ihn haben mußten, dennoch in seinen Briefen vom 1. und 8. April an d'Argens so viel Besorgnis äußert.