<228> einen Doctor der Sorbonne + bei mir, der mir Unterricht in theologischen Absurditäten giebt, in welchen ich zusehends gelehrter werde; von ihm habe ich gelernt, was die innere und die äußere Intention ist; merkwürdige Sachen, wovon Sie nichts wissen, ein so großer Philosoph Sie auch immer sein mögen; er hat mich Formeln voll unbegreiflichen Unsinns gelehrt, von denen ich in dem ersten theologischen Werke, das ich schreiben werde, Gebrauch zu machen gedenke. etc. Man wird es recht geschickt anfangen müssen, um unsern Priestern eine Messe und ein Seelenamt für Voltaire abzugewinnen. Den Deutschen ist er nur unter dem Namen eines Atheisten, eines Vanini, eines Spinoza bekannt, und es werden Unterhandlungen nöthig sein, um diese Messe glücklich zu Stande zu bringen ++. etc. - Sie sagen mir, daß Herr Rulhière, den ich kenne, Willens ist, die Geschichte der letzten Unruhen in Polen zu schreiben. Mich dünkt, die Epoche ist zu neu, als daß ein Schriftsteller sich mit aller schicklichen Freiheit über diese Begebenheit auslassen könnte; die handelnden Personen leben noch alle, und es hält schwer, die Wahrheit zu sagen, und doch nicht den Einen oder den Anderen zu beleidigen. Was man im Allgemeinen darüber sagen kann, ist ungefähr Folgendes: Die unzufriedenen Polen hatten sich vereinigt, einen König vom Thron zu stoßen, den ihnen die Kaiserin von Rußland gegeben hatte; einige auf Religionsduldung sich beziehende Anträge brachten sie dergestalt auf, daß sie ihren König ermorden wollten; der Wiener Hof bemächtigte sich der Zipser Gespanschaft, und ver-
+ Duval du Peyrau, der König gab ihm eine Pension und unterhielt sich zuweilen mit ihm. Seit 1785 ward er nicht mehr zum König gerufen, behielt jedoch seine Pension. Daß er schon Anfangs des Jahres 1779 beim König gewesen, wie Nicolai in seinen Anekdoten II. 132 sagt, scheint ein Irrthum zu sein.
++ Sie ward am Jahrestage des Todes Voltaire's, den 30. Mai, in der katholischen Kirche in Berlin mit großer Pracht gehalten.