<285> Musen waren Töchter des Gedächtnisses, um uns zu lehren, daß alle Fähigkeiten des Verstandes ohne Gedächtniß verloren sind. Ich liege mit meinem Gedächtniß täglich in Streit, und strenge mich an, es in den Augenblicken, wo es sich schon aufschwingen will, mir zu entfliehen, wider seinen Willen zurück zu rufen. Alles giebt uns zu erkennen, wie gebrechlich unsere Natur ist, wie wenig wir sind, und in welche Unendlichkeit wir uns versenken werden. Und in einer solchen Lage haben wir noch die Frechheit, uns aufzublähen, und fast der Gottheit beizugesellen, von Hoheit, Würden, Majestät und hundert andern solchen Thorheiten zu reden, die jedem anekeln müssen, der die Natur des Menschen, seine Eitelkeit, sein Nichts erkennt. etc.
Unsere Akademie hat ein neues Mitglied erhalten; er hat Widerwärtigkeiten überstanden, die ihm einige vernünftige und bescheidene Ausdrücke in Turin zugezogen hatten; sein Name ist Denina. Er war Professor der Universität zu Turin, und wird Ihnen vielleicht durch die Geschichte der Staatsveränderungen Griechenlands und der Staatsveränderungen Italiens bekannt sein +. Er kommt, um in Deutschland ganz laut zu sagen, was er in Italien ganz leise dachte. etc.
Sie reden mir von Bankerott etc., die ganze Welt macht Bankerott etc., und was ist endlich der Tod anders, als ein Bankerott am Leben? Im Begriff, diesen letzten Schritt zu thun, verliere ich die Reize der Welt aus dem Auge, und sehe an ihnen nichts mehr, als ihre Täuschungen, mich bestürmen nun die Gicht oder eine andere Krankheit; ich weiß,
+ Denina hat auch geschrieben: La Prusse litteraire und Essai sur la vie et le regne de Fédéric II. Berlin, 1788 (von geringem Werth). Vom letztern erschien 1789, unter dem Verlagsort Amsterdam, ein Nachdruck, unter dem Titel: Nouvelle vie de Frédéric II etc.
Denina ging 1792 nach Piemont zurück, ward nachher Bibliothekar des Kaisers Napoleon, und starb in Paris den 6. Dezbr. 1813, 82 Jahr alt.