Die Werke Friedrich's des Großen, Die Grenzboten 1 (1841), S. 830-831.
Friedrich's des Großen Werke sollen in Berlin das Licht der Welt erblicken, d.h. in einer nicht zu kostspieligen, dem ganzen Publicum zugänglichen Gesammtausgabe erscheinen. So wird seit mehreren Jahren prophezeiht, und immer gibt es neue Hindernisse, die den alten Fritz nicht in die Oeffentlichkeit lassen. Erst hieß es, man fürchte die Censur. Der berühmte Fritz war bekanntlich nicht sehr christlich-germanisch, und Preußen wäre in das Dilemma gekommen, entweder seinen größten Mann, oder seinen jetzigen religiös-romantischen Nimbus verläugnen zu müssen. Allein auch da ließe sich helfen. Einiges könnte ein schöpferisch begabter Censor umgießen, Anderes ließe sich durch den Umstand entschuldigen, daß Friedrich es nicht als König, sondern als Kronprinz, also gewissermaßen mit noch "beschränktem Unterthanenverstande" geschrieben. Jetzt ist man auf eine neue Klippe gestoßen. Man hat plötzlich entdeckt, daß Friedrich der Große in der Orthographie und Grammatik seines Französisch und auch in anderen Dingen mehr Böcke, als seine Armee in allen Schlachten Feinde geschossen hat. Also wieder ein Dilemma. Soll man den angebeteten Fritz als einen ungeschulten, ungebildeten, autodidaktischen Menschen erscheinen lassen? Wird die Berliner Intelligenz so viel Pietät besitzen, um sich nicht über die Unwissenheit des berühmten Königs zu moquiren? Oder soll man selber die Impietät begehen und, wie Schlegel angerathen hat, dem Helden sein Gewand sauber ausbürsten und Manschetten anziehen, d.h. ihn sauber corrigiren und einen eleganteren Styl. schreiben lassen? Wir möchten doch lieber vorschlagen, den Fritz mit Haut und Haar zu geben. Man sollte bedenken, dass Napoleon auch ein schlechter Sprachmeister gewesen wäre und die Orthographie mit der Willkür eines orientalischen Despoten mißhandelt hat. Friedrich hat ja auch andere Böcke geschossen, als stylistische, und ist doch Friedrich.