<127> seinen Herrn, zum König von Polen gemacht hatte1 und durch seine schlechte Heerführung schuld an dessen Entthronung war. Als Flemming von dem Neutralitätsbruch der Schweden hörte, begab er sich sogleich zum König von Preußen und nutzte die ersten Augenblicke seines Zornes so trefflich aus, daß er ihn in derselben Stunde dahin brachte, Karl XII. den Krieg zu erklären.
Schon im Monat Juni stießen 20 000 Preußen zu den Sachsen und Dänen in Pommern. Der König begab sich nach Stettin. Das Bataillon holsteinischer Truppen, das dort als Besatzung stand, wurde entwaffnet. Hierauf ließ er sich von der Bürgerschaft den Treueid leisten und stellte sich dann persönlich an die Spitze seines Heeres.
Europa sah nun einen König, der von zwei Königen in Person belagert wurde. Wer dieser König war Karl XII. und hatte unter seinem Befehl 15 000 kriegsgewohnte Schweden, deren Begeisterung für das Heldentum ihres Fürsten bis zur Vergötterung ging. Außerdem kämpfte sein Ruhm und das allgemeine Vorurteil für ihn. Im Heer der Verbündeten prüfte der König von Preußen alle Pläne, entschied über die Operationen und bewog die Dänen, sich darein zu fügen. Der König von Dänemark, ein schlechter Soldat mit geringer Neigung zum Kriegswesen, war nur darum bei der Belagerung von Stralsund erschienen, weil er dort das Schauspiel von Karls XII. Demütigung zu genießen hoffte.
Unter den beiden Königen stand der Fürst von Anhalt als die Seele aller militärischen Operationen. Er war ein Mann von heftigem und eigenwilligem Charakter, in seinen Unternehmungen lebhaft, aber einsichtsvoll. Zu heldenmütiger Tapferkeit gesellte sich bei ihm die Erfahrung aus Prinz Eugens besten Feldzügen. Er war rauh von Sitten, von unbändigem Ehrgeiz, ein gründlicher Kenner der Velagerungskunst, ein glücklicher Kriegsmann und schlechter Bürger. Alles dessen, was Marius und Sulla taten, wäre auch er fähig gewesen, wenn das Schicksal sich ihm in seinem Ehrgeiz ebenso günstig erwiesen hätte wie jenen Römern. Die dänischen Heerführer dagegen waren Prahler, ihre Minister Pedanten.
Das so zusammengesetzte Heer begann also die Belagerung von Stralsund. Die Stadt liegt am Strande der Ostsee. Die schwedische Flotte konnte sie daher mit Lebensmitteln, Munition und Truppen versorgen. Stralsund ist durch seine Lage sehr stark. Ein unwegsamer Sumpf schützt zwei Drittel seines Umkreises. Die einzige Seite, von der es zugänglich ist, wurde durch eine treffliche Verschanzung gesichert, die nördlich am Meeresufer begann und sich südlich bis zu dem Sumpf hinzog. In der Verschanzung lagen 12 000 Schweden, und Karl XII. stand an ihrer Spitze. Die große Anzahl der zu überwindenden Hindernisse nötigte die Belagerer, sie nach und nach hinwegzuräumen.
Die erste Aufgabe war, die schwedische Flotte von der pommerschen Küste zu entfernen, um Karl XII. jegliche Unterstützung, die er aus Schweden erwarten konnte,
1 Vgl. S. 102.