<130> Schicksal Trotz bieten und in eigner Person die Bresche verteidigen, wenn die Belagerer den Hauptsturm unternahmen. Seine Generale warfen sich ihm zu Füßen und beschworen ihn, sich nicht so nutzlos preiszugeben. Als sie sahen, daß sie ihn durch Bitten nicht umzustimmen vermochten, stellten sie ihm die Gefahr vor Augen, die ihm drohe, wenn er in die Hände seiner Feinde fiele. Das bestimmte ihn endlich, die Stadt zu verlassen. Er bestieg einen leichten Kahn und fuhr im Schutze der Nacht mitten durch die dänische Flotte, die den Hafen von Stralsund blockierte. Mit Mühe und Not gelangte er an Bord eines seiner Kriegsschiffe, das ihn nach Schweden brachte.

Vierzehn Jahre vorher war er aus seinem Königreich ausgezogen als ein Eroberer, der im Begriff steht, die Welt im Siegeslaufe zu unterwerfen. Als Flüchtling kehrte er nun heim, von seinen Feinden verfolgt, seiner schönsten Provinzen beraubt und von seinem Heer verlassen.

Sobald der König von Schweden fort war, dachte die Stadt Stralsund an nichts als an Übergabe. Die Besatzung kapitulierte am 23. Dezember. General Dücker, Kommandant von Stralsund, sandte nach dem Hauptquartier des Königs von Preußen, um die Einzelheiten der Kapitulation zu vereinbaren. Die Besatzung gab sich kriegsgefangen. Zwei preußische Bataillone, ebenso viele Sachsen und ebenso viele Hannoveraner ergriffen Besitz von der Stadt. Aus sämtlichen Schweden, die im Lauf des Feldzugs gefangen genommen waren, bildete der König von Preußen ein neues Infanterieregiment und gab es dem Prinzen Leopold von Anhalt, dem zweiten Sohn des Fürsten, der das Heer des Königs befehligte.

Nach dem Krieg teilten sich die Sieger in den Balg des Besiegten. Der König von Preußen behielt den Teil von Pommern zwischen der Oder und der Peene, einem Flüßchen, das in Mecklenburg entspringt und sich bei Peenemünde ins Meer ergießt. Das übrige Pommern zwischen der Peene und Mecklenburg fiel durch den Frieden von Stockholm (1720) an Schweden zurück. König Georg von England kaufte die Herzogtümer Bremen und Werden, die der König von Dänemark von den Schweden erobert hatte. Das Haus Hannover hat sie noch heute in Besitz.

Obwohl der Friede noch nicht geschlossen war, erfreute sich Friedrich Wilhelm schon ruhig seiner Eroberungen. Er ging nach Ostpreußen, ließ sich aber nicht krönen1. Er war der Meinung, diese eitle Zeremonie eigne sich besser für Wahlkönigreiche als für Erbkönigreiche. Da er alle Äußerlichkeiten des Königtums verachtete, lag es ihm um so mehr am Herzen, die wahren Königspflichten zu erfüllen. Er bereiste Ostpreußen und Litauen und faßte den Entschluß, diese durch die Pest entvölkerten Länder aus ihrem Elend zu neuer Blüte zu erheben.

Um die Reihe der Begebenheiten nicht zu unterbrechen, haben wir die Hauptereignisse des pommerschen Feldzugs im Zusammenhang berichtet. Es ist nun an der


1 Die Huldigung der ostpreußischen Städte empfing Friedrich Wilhelm am 11. September 1714.