<139>nehmungen des Kardinals Alberoni zu rächen, ohne die geringste Gefahr zu laufen. Er versäumte die Gelegenheit nicht. Als er Spanien den Krieg erklärte, ließ er verkünden, er habe es nur auf den Premierminister abgesehen. Berwick, der Führer des französischen Heeres, nahm San Sebastian und Fuenterrabia, während die englische Flotte die Häfen San Antonio und Vigo zerstörte und Mercy, der mit dem Heer des Kaisers nach Sizilien übersetzte, den Marquis de Lede zur Aufhebung der Belagerung von Melazzo zwang und Syrakus, Stadt und Zitadelle, zurückeroberte.

Der König von Spanien zog mit seinem Heer an die Grenzen seines Reiches. Er führte eine Kolonne seiner Truppen, die Königin führte die zweite und der Kardinal die dritte. Allein sie waren alle drei nicht zu Heerführern geschaffen, und der König, durch die schlimme Wendung entmutigt, die der Anfang des Krieges für ihn nahm, opferte lieber seinen Minister, als daß er seine Monarchie größeren Fährlichkeiten aussetzte1. Es war in der Tat das einzige Mittel, um Europa wieder einen dauerhaften Frieden zu verschaffen. Dem Kardinal Alberoni hätte man zwei Welten wie die unsere zum Umstürzen geben können, er hätte noch eine dritte verlangt. Seine Entwürfe gingen allzusehr ins Maßlose, seine Phantasie war zu üppig: er hatte beschlossen, den Kaiser aus Italien zu vertreiben, seinen Herrn zum Regenten von Frankreich zu machen, und um den Prätendenten2 wieder auf den Thron Englands zu setzen, wollte er Karl XII. gegen König Georg aufstacheln und Türken und Russen auf Kaiser Karl VI. hetzen. Der Grund, weshalb alle derartig weitgedehnten Pläne der Ehrgeizigen scheitern, scheint der zu sein, daß in der Politik wie in der Mechanik die einfachen Maschinen einen außerordentlichen Vorzug vor den allzu komplizierten voraushaben: je verwickelter die Triebwerke für ein und dieselbe Bewegung sind, um so weniger sind sie zu brauchen.

Alberonis Begeisterung übertrug sich keineswegs auf die Fürsten, die seinen Plan ausführen sollten; er selbst war von seinen Ideen lebhaft durchdrungen, die anderen wurden von ihnen nur leicht berührt. Wenn der gesunde Menschenverstand sich wirklich einmal in die gefahrenreiche Bahn der Phantasie ziehen läßt, so verweilt er doch nicht lange darin: das Nachdenken hemmt ihn, die Voraussicht macht ihn scheu, und oft entmutigen ihn die Hindernisse. Das sollte Alberoni an den Fürsten erfahren, die er in seine Pläne verstricken wollte. Er geriet selber in die Falle, die er der Ruhe Europas gestellt hatte. Mit den Pässen der Mächte, die er am schwersten gekränkt hatte, kehrte er nach Italien zurück. Eine Feuersbrunst, die Europa verhängnisvoll werden konnte, wurde verhütet, indem die Fackel ausgelöscht wurde, die den Brand entfachen sollte. Alberonis Sturz brachte Spanien wieder in sein wahres Gleichgewicht. Es suchte die Freundschaft Frankreichs und trat um der aufrichtigen Versöhnung willen selber der Quadrupelallianz bei (1720).


1 Alberonis Entlassung und Verbannung erfolgte am 5. Dezember 1719.

2 Vgl. S. 125.