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So gelang es dem Regenten zwar, die Händel zwischen Frankreich und Spanien rühmlich zu beenden, aber er hatte nicht das Glück, sein Land vor einem Zusammenbruch zu bewahren, der größer und allgemeiner war als die schlimmen Folgen langer, verderblicher Kriege. Das Lawsche System hatte die Vorliebe der Franzosen für das Wertpapier bis zur Tollheit gesteigert. Als einige jählings ihr Glück machten, kam es wie ein Rausch über das Volk. Es trieb die Dinge auf die Spitze, bis alles verloren war.

Im Jahre 1716 war Law Direktor der Staatsbank geworden1. Von da ab begann er, sein berüchtigtes System zu entwickeln. Er rief die Occident- oder Mississippi-Kompagnie ins Leben und die Bank, deren Schutzherr und zugleich Eigentümer der König von Frankreich war. Die Absicht des Regenten und Laws war, die Fonds des Landes zu verdoppeln, indem sie den Kredit des Papiers durch das wirklich vorhandene Bargeld aufrechterhielten, dann aber allmählich das Bargeld in die Truhen des Königs abzuführen.

Das Edikt vom 27. Februar 1720 verbot den Bürgern bei schwerster Strafe, mehr als fünfhundert Limes an barem Gelde im Haus zu haben. Den ersten Aktien folgten neue, die man Töchter nannte; zuletzt brachten die Töchter Enkelinnen zur Welt, und das Papiergeld, das auf diese Weise geschaffen wurde, stieg auf drei Milliarden und siebzig Millionen. Alle Staatsschulden wurden mit Scheinen, die an einer bestimmten Ecke gestempelt waren, bezahlt. Die Grundlagen des Gebäudes waren ursprünglich nur für ein bestimmtes Verhältnis berechnet. Man wollte es aufs Doppelte und Vierfache erhöhen; da brach es zusammen, verwickelte das ganze Reich in seinen Sturz und riß gleichzeitig auch den Architekten, der es gebaut hatte, mit sich. Law war mehr denn einmal in Gefahr, vom Volk gesteinigt zu werden, als sein Papier ins Sinken kam. Schließlich verließ er Frankreich, unter Verzicht auf das Amt des Generalkontrolleurs der Finanzen, das ihm zu Beginn des Jahres verliehen worden war, und auf die großen Besitztümer; die er im Königreich hatte. Law war nicht reich, als er nach Frankreich kam, nicht reicher, als er es verließ. Er nahm seine Zuflucht nach Venedig, wo er sein Leben in Armut beschloß.

In wenigen Epochen führt uns die Geschichte binnen so kurzer Frist so viele gedemütigte Ehrgeizige vor. So rasch ein Görtz, ein Alberoni, ein Law durch Glücksgunst emporgestiegen waren, so jäh war ihr Sturz. Aber der Ehrgeiz hört auf einen Rat; an Abgründen entlang führt ihn sein Weg in die Irre.

Nach dem Sturz von Alberoni und Görtz atmeten der Süden und Norden Europas gleichermaßen auf. Der Friede, über den der König in Stockholm unterhandeln ließ, gelangte endlich zum Abschluß (1720). Dabei verringerte Friedrich Wilhelm seine Vorteile durch seine Mäßigung. Nach der Gepflogenheit der Minister


1 Die von dem Schotten John Law 1716 errichtete Notenbank wurde erst 1718 in eine „Banque royale“ umgewandelt. Deren Bankrott führte 1720 zu einer allgemeinen Katastrophe.