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Während ganz Europa sich wappnete, heiratete Ludwig XV. die Tochter Stanislaus Leszczynskis, des entthronten Königs von Polen1. Der Herzog von Bourbon, der die Königin von Frankreich ausgewählt hatte, vermählte sich kurz danach mit der Prinzessin von Hessen-Rheinfels2, die von rührender Schönheit war. Es wird behauptet, der König von Frankreich habe danach zu ihm gesagt, er wähle besser für sich selbst als für andere. Indessen zeigte die Königin von Frankreich nachmals, daß sie durch Herz und Charakter Ersatz gab für die flüchtigen Reize einer Schönheit, die der geringste Zufall vernichten kann.

Das ganze Jahr 1726 verstrich unter Kriegsvorbereitungen. Drei moskowitische Linienschiffe kamen nach Spanien und überwinterten dort im Hafen San Andrea. Die Engländer schickten drei Flotten in See. Die eine segelte nach Indien, die zweite nach den spanischen Küsten und die dritte nach der Nordsee. Frankreich vermehrte seine Regimenter und schuf eine Miliz von 600 000 Mann.

Der König von Preußen befand sich in einer schwierigen und mißlichen Lage. Er sah sich am Vorabend eines Krieges, bei dem er am meisten aufs Spiel setzte, ohne des Beistands seiner Verbündeten sicher zu sein. Er war dem Einbruch der Mokowiter ausgesetzt und sollte einen Plan vollstrecken, den man ihm verhehlte. Die Provinzen, die erobert werden sollten, waren bestimmt; aber die Teilung, die danach zu geschehen hatte, war nicht geregelt. Kurz, um alles zu sagen, dem hannoverschen Minister König Georgs beliebte es, den König von Preußen wie eine untergeordnete Macht zu behandeln. Soviel Gefahren, sowenig Gewinn in Aussicht, dazu diese maßlose Arroganz: das erfüllte den König mit Widerwillen gegen den gebieterischen Ton, in dem seine Verbündeten mit ihm zu verkehren beliebten. Von nun an sann er darauf, seine Bürgschaften anderwärts zu finden.

Dies Jahr brachte den Premierministern Unheil. In Madrid wurde der Herzog von Ripperda entlassen und verhaftet, weil er den Wiener Vertrag geschlossen hatte. Er entfloh aus dem Gefängnis und ging zum Kaiser von Marokko, wo er bald hernach starb. Der Herzog von Bourbon erfuhr ein milderes, aber beinahe ähnliches Schicksal. Der ehemalige Bischof von Frejus, der Erzieher des Königs von Frankreich3, brachte es durch seine Geschicklichkeit zuwege, daß der Herzog verbannt wurde. Der Erzieher ward Premierminister und Kardinal. Seine ersten Amtshandlungen waren darauf gerichtet, das Volk von dem Druck der Steuern zu befreien, der schwer auf ihm lastete. Er tat viel Gutes für die königlichen Finanzen, in denen er Sparsamkeit einführte; aber das Heerwesen und namentlich die Flotte, die er vernachlässigte, kamen dabei um so schlechter fort. Schmiegsam, furchtsam und verschlagen, wie er war, behielt er auch in seiner Tätigkeit als Minister die Fehler eines Priesters bei. Es ist eine alte Wahrheit, daß das Amt den Mann ehrt, aber nicht ändert. Noch ein Mißgeschick könnten wir berichten: Erhebung und Sturz


1 Maria Leszczynska.

2 Karoline.

3 André Herkules de Fleury (vgl. Bd. II, S. 23 f.).