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Die Garantie der bergischen Erbschaft, die Seckendorff dem König im Namen des Kaisers förmlich versprochen hatte, ging in Rauch auf1. Und die kaiserlichen Minister waren so gegen Preußen eingenommen, daß Friedrich Wilhelm ganz klar sah: wenn es in Europa einen Hof gab, der darauf aus war, seinen Interessen entgegenzuarbeiten, so war es sicher der Wiener Hof. Der König war zum Kaiser gegangen wie Solon zu Krösus. Er kehrte nach Berlin zurück, noch immer reich an eigener Ehrenhaftigkeit. Die spitzfindigsten Krittler konnten seinem Verhalten nichts anderes vorwerfen als übergroße Rechtschaffenheit. Die Zusammenkunft hatte das gleiche Schicksal wie die meisten Monarchenbesuche: sie hatte die Freundschaft zwischen beiden Höfen abgekühlt oder, um es kurz zu sagen, ausgelöscht. Voller Verachtung für die Treulosigkeit und den Hochmut des kaiserlichen Hofes schied Friedrich Wilhelm von Prag. Und die Minister des Kaisers mißachteten einen Herrscher, der in seiner Vorurteilslosigkeit auf Rang und Titel nichts gab. Sinzendorff2 fand die Ansprüche des Königs auf die bergische Erbschaft zu ehrgeizig, und der König fand die Weigerung der Minister zu plump. In seinen Augen waren sie Schurken, die ungestraft ihr Wort brachen.

Ungeachtet so vieler Gründe zur Unzufriedenheit verheiratete der König seinen ältesten Sohn aus Gefälligkeit gegen den Wiener Hof mit einer Prinzessin von Braunschweig-Bevern, einer Nichte der Kaiserin3.

Während der Hochzeitfeier kam die Nachricht, daß der König von Polen in Warschau gestorben war4. Als der Tod ihn überraschte, war er mit den weitaussehendsten Entwürfen beschäftigt. Er wollte seine Herrschaft in Polen erblich machen. Zu diesem Zweck hatte er sich eine Teilung Polens ausgedacht, um die Eifersucht der Nachbarmächte zu beschwichtigen. Zur Ausführung seines Planes bedurfte er des Königs von Preußen. Er bat, ihm Feldmarschall Grumbkow zu senden, um sich ihm zu eröffnen. Der König von Polen wollte Grumbkow durchschauen und dieser ihn. In dieser Absicht machten sie sich gegenseitig betrunken. Die Folge war König Augusts Tod, während Grumbkow sich eine Krankheit zuzog, von der er sich nie mehr erholte. Friedrich Wilhelm war scheinbar auf Augusts Pläne eingegangen; da er aber deren gefährliche Folgen sehr wohl erkannte, suchte er ihnen entgegenzuarbeiten und setzte sich zu dem Zweck mit dem Kaiser und der Zarin ins Einvernehmen. Sie einigten sich dahin, das Haus Sachsen vom polnischen Thron auszuschließen und ihn dem Prinzen Emanuel von Portugal zuzuwenden5. Allein der Tod, der Mann und Plan vernichtete, gab den polnischen Angelegenheiten eine ganz andere Wendung.


1 Im Berliner Vertrage von 1728 (vgl. S. 148) hatte Karl VI. gegen die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion (vgl. S. 153) dem König die Nachfolge im Herzogtum Berg verbürgt. In Prag wurde ihm erklärt, daß er sich mit einem Teil des Herzogtums zu begnügen habe und auf die Hauptstadt Düsseldorf verzichten müsse.

2 Graf Philipp Ludwig Sinzendorff, Oberster Hofkanzler.

3 Die Vermählung des Kronprinzen Friedrich mit der Prinzessin Elisabeth Christine erfolgte am 12. Juni 1733.

4 August II. war schon am 1. Februar 1733 gestorben.

5 Es handelt sich um den sogenannten Löwenwoldischen Vertrag von 1732.