<154>wegs hatte er das bitterste Elend zu erdulden. Die Russen verfolgten ihn. Unter den schrecklichsten persönlichen Gefahren und den seltsamsten Abenteuern langte er, als Bauer verkleidet, in Marienwerder an und begab sich von dort nach Königsberg, nachdem der König ihm seinen Schutz zugesichert hatte.
Die polnischen Wirren zogen ganz Europa in Mitleidenschaft. Sobald man in Versailles erfuhr, daß der Kaiser bei Glogau Truppen versammle und die Russen in Polen eingerückt seien, erklärte Frankreich dem Kaiser den Krieg1. Ein Manifest verkündete, der Krieg richte sich nur gegen den Kaiser und nicht gegen das Reich. Aber im Widerspruch dazu nahmen die französischen Heere, nachdem sie bei Straßburg über den Rhein gegangen waren, die Reichsfestung Kehl. Diesen Fehler, den Kardinal Fleury leicht hätte vermeiden können, benutzten Frankreichs Feinde und zogen schlimme Folgerungen daraus. Lag es doch in ihrem eigenen Interesse, Frankreich zu verdächtigen! Zugleich entbrannte der Krieg in Italien. Die französischen Truppen vereinigten sich bei Vercelli mit den sardinischen und nahmen Pavia, Mailand, Pizzighettone und Cremona ein. Der Marquis von Montemar stieß zu den Verbündeten, und die Spanier rüsteten sich zur Eroberung des Königreichs Neapel.
England war in diesen Krieg zwar nicht verwickelt, wurde aber durch innere Wirren erschüttert. Georg II. hatte den Plan gefaßt, sich zum völligen Selbstherrscher von Großbritannien zu machen. Das konnte er nicht mit offener Gewalt erreichen, sondern nur heimlich und auf Umwegen. Durch die Einführung der Akzise in England2 wollte er der Nation Fesseln anlegen. Wäre die Sache geglückt, so hätte der König ein festes, gesichertes Einkommen gehabt, durch das er das Militär verstärken und seine Macht befestigen konnte. Walpole schlug die Einführung der Akzise einigen Parlamentsmitgliedern vor, deren er sicher zu sein glaubte. Sie aber erklärten ihm: er bezahle sie zwar für die gewöhnlichen Dummheiten; das gelte aber nicht für die außerordentlichen, zu denen die Akzise gehöre.
Trotz dieser Vorstellungen brachte Walpole die Sache vor das Parlament und trat mit solchem Nachdruck dafür ein, daß seine Beredsamkeit über Pulteney und die dem Hofe feindliche Kabale siegte. Ja, sein Sieg schien so vollständig, daß die Akzisebill mit großer Stimmenmehrheit durchging. Am nächsten Tag drohte in der Stadt ein Aufruhr zu entstehen. Die Standesherren und die vornehmsten Kaufleute überreichten dem König eine Adresse, in der sie die Unterdrückung der Bill forderten. Obwohl das Parlament von Wachen umstellt war, rottete sich eine große Volksmenge zusammen, die aufrührerische Rufe ausstieß und die Leute des Königs zu beschimpfen begann. Es fehlte nur noch ein Führer, und der Aufstand war da.
Walpole sah ein, daß die Sache ernst wurde. Er hielt es daher für geraten, nachzugeben. Er kassierte die Bill auf der Stelle und verließ das Parlament, in einen
1 Im Oktober 1733.
2 Die Akzise bestand bereits seit 1643 für eine Reihe von Waren; Robert Walpole wollte sie 1733 vor allem auf Wein und Tabak ausdehnen. Vgl. Bd. II, S. 28.