<187> auszuführen hat. Diese braven Offiziere glichen Landwirten, die ihre Kompagnien wie Pachtgüter betrachteten, aus denen sie möglichst viel herauszuschlagen suchten.

Außerdem war die Armee auch durch den langen Frieden heruntergekommen. Im Anfang der Regierung Friedrich Wilhelms hatte man die Ordnung und Disziplin bei den Regimentern verbessert. Als es aber nach dieser Richtung nichts mehr zu tun gab, verlegte man sich auf Äußerlichkeiten. Der Infanterist putzte sein Gewehr und seine Ausrüstung spiegelblank, der Reiter gab seinem Zaumzeug, seinem Sattel und sogar seinen Stiefeln die glänzendste Politur. Die Mähnen der Pferde wurden mit Bändern durchflochten. Und schließlich wurde die Sauberkeit, die an sich ja sehr wichtig ist, aufs lächerlichste übertrieben. Hätte der Friede länger als bis 1740 gedauert, so wären wir wohl heute bei Schminke und Schönheitspflästerchen angelangt. Noch viel trauriger aber war es, daß darüber die höhere Kriegskunst ganz in Vergessenheit geriet und das Interesse von Tag zu Tag mehr in Kleinigkeiten unterging.

Trotz all dieser Mißstände war die Infanterie gut. Bei ihr herrschte größte Ordnung und strenge Disziplin. Aber die Kavallerie war gänzlich verwahrlost. In der Schlacht von Malplaquet hatte der König die kaiserliche Kavallerie dreimal zurückweichen sehen1, und bei den Belagerungen von Menin, Tournai und Stralsund gab es für die Kavallerie keine Gelegenheit, sich hervorzutun. Der Fürst von Anhalt war in ähnlichen Vorurteilen befangen. Er konnte der Kavallerie Styrums den Mißerfolg in der ersten Schlacht bei Höchstädt2 nicht verzeihen und hielt diese Waffe für zu unzuverlässig, als daß man auf sie rechnen könne. Solche unglückselige Voreingenommenheit wurde unserer Kavallerie höchst verderblich. Sie blieb ohne Disziplin und versagte daher völlig, als man sie dann im Felde zu gebrauchen versuchte3.

Die Infanterieoffiziere gingen mit großem Eifer ihrem Berufe nach. Bei der Kavallerie, die fast ganz in kleinen Städten lag, blieben die Offiziere an Intelligenz und Regsamkeit weit zurück. Bei den Generalen war mehr Tapferkeit vorhanden als Geist. Der Fürst von Anhalt war der einzige, der eine Armee zu führen verstand. Er wußte das auch und nutzte seine Überlegenheit aus. Er wollte gesucht sein und mehr gelten als die anderen.

Während der Regierung des Königs wurden die Festungswerke von Magdeburg und Wesel vollendet, und die von Stettin von Oberst Walrave4, aber unter Leitung des Fürsten von Anhalt begonnen.

Der König schuf ein Korps von dreißig Ingenieuren, die in ihren verschiedenen Dienstzweigen ausgebildet wurden. Er füllte sein Artilleriearsenal für künftige Feldzüge und Belagerungen. Er hatte vorzügliche Artillerieoffiziere. Und die Kadetten, diese Pfianzschule von Offizieren, füllten alle Lücken aus, die durch Todes-


1 Vgl. S. 113 f. und 183.

2 Vgl. S. 107 und 183.

3 Vgl. die Urteile König Friedrichs in der „Geschichte meiner Zeit“ (Bd. II, S. 78 und 213).

4 Gerhard Cornelius von Walrave.