<210> reich mit Gold und Silber bestickte Samtwämser. Aber der Geist der Zeit verleugnete sich bei all der Pracht nicht. An der Spitze jeder Quadrille befand sich ein Possenreißer, der in lächerlicher Weise das Horn blies und hunderterlei Späße vollführte. Und der ganze Hof stieg auf den Schloßturm, um sich das Feuerwerk anzusehen1. Bei der Durchreise König Christians IV. von Dänemark durch Berlin bereitete der Kurfürst ihm einen großartigen Empfang. Er ritt dem König entgegen, gefolgt von zahlreichen Prinzen, Grafen und Herren und einer Leibwache von 300 Reitern. Der König hielt seinen Einzug in einem mit schwarzem Samt ausgeschlagenen, mit Gold besetzten Wagen. Er wurde von acht Schimmeln gezogen, deren Geschirr und Zaumzeug aus Silber war. Man überhäufte ihn mit Festlichkeiten im Geschmack der oben geschilderten.

Man hatte den Aufwand wohl zu weit getrieben; denn Joachim Friedrich erließ Gesetze gegen den Luxus. Er selbst verwandte seine Einkünfte zu nützlichen Zwecken. Er gründete das Gymnasium zu Joachimstal, das später vom Großen Kurfürsten nach Berlin verlegt wurde, wo es noch heutigentags die blühendste und bestverwaltete Schule des preußischen Staates ist.

Unter der Regierung Johann Georgs fehlten noch viele Erfindungen, die der Bequemlichkeit des Lebens dienten. Der allgemeine Gebrauch der Kutschen datiert erst seit Johann Sigismund. Anläßlich seiner Huldigung in Warschau ist davon die Rede. In seinem Gefolge hatte er 36 Wagen zu je 6 Pferden, außerdem einen Zug von 80 Handpferden. Die Gesandtschaft, die sich für die Wahl des Kaisers Mathias zum Reichstag begab (1612), führte drei Wagen mit sich; das waren elende, aus vier Brettern roh zusammengefügte Fuhrwerke. Wer hätte damals gedacht, daß die Wagenbaukunst sich im 18. Jahrhundert derart vervollkommnen würde, daß man Wagen für 20 000 Taler baute, die sogar Käufer fanden?

Die Bildungsbestrebungen in Brandenburg und Deutschland waren nicht ganz vergeblich. Die Zahl der Hochschulen nahm zu. Die Universität Halle wurde damals gegründet2. Zugleich entstand in Weimar eine Akademie für die deutsche Sprache unter dem Namen „Fruchtbringende Gesellschaft“ (1617), die sehr nützlich hätte werden können. Denn der deutschen Sprache, die in zahllose Dialekte zerfällt, fehlt es an zuverlässigen Regeln, die ihren richtigen Gebrauch festlegen. Wir besitzen kein einziges klassisches Buch. Und wenn uns noch etwas von unserer alten republikanischen Freiheit geblieben ist, so ist es der unfruchtbare Vorteil, eine rauhe und fast noch barbarische Sprache nach Belieben verstümmeln zu können3.


1 Anmerkung des Königs: „Der Kurfürst, so erzählen die Annalen, stecke den Kopf aus einer Luke und rief dem Feuerwerker zu: »Meister Johann, brenne los, wenn ich pfeife.« “ Nach Angelus fand das Feuerwerk vielmehr 1592 zur Feier der Taufe des Markgrafen Sigismund, des einundzwanzigsten Sohnes des Kurfürsten, statt.

2 Die Gründung erfolgt erst 1694.

3 Vgl. dazu die Abhandlung „Über die deutsche Literatur“ (Bd. VIII, S. 74 ff.).