Jene schönen Einrichtungen, die uns vielleicht um hundert Jahre vorwärts gebracht hätten, standen eben im ersten Anfang ihrer Entwicklung, als der Dreißigjährige Krieg ausbrach, der ganz Deutschland umwälzte und verwüstete.
Unter der Regierung Johann Sigismunds genossen die Stände großes Ansehen.
Unter Georg Wilhelm verringerte Graf Schwarzenberg die Macht der Stände, obschon sie niemals Mißbrauch damit getrieben hatten1.
Das Jahr 1636 war für die Kurmark das unglücklichste im Verlauf des blutigen Krieges2. Die Schweden standen in Werben, die Kaiserlichen in Magdeburg und Rathenow, Wrangel in Stettin und Morosini in der Neumark, als 36 000 Kaiserliche das Land durchzogen und alles auf ihrem Wege plünderten und verheerten. Das war zuviel auf einmal. Brandenburg war von den Truppen, die auf seine Kosten gelebt und es in den vorhergehenden Jahren ausgeraubt hatten, noch zu sehr geschwächt und brach endlich zusammen. Eine furchtbare Teuerung entstand. Zwei Ochsen kosteten 100 Taler, ein Scheffel Korn 5, ein Scheffel Gerste 3. Der Wert des Geldes stieg mit seiner Seltenheit. Der Zahlwert des Dukatens wurde auf zehn Taler, geschätzt.
Einige Edelleute, die ihre Vorräte vor der Gier des Feindes geschützt hatten, wollten aus der Teuerung Vorteil schlagen. Aber die Bauern, die kein Geld hatten, das Getreide zu bezahlen, und die der Hunger zur Verzweiflung trieb, erschlugen ihre hartherzigen Herren und plünderten ihre Speicher.
Die Hungersnot wütete mit gleicher Heftigkeit fort, die Pest kam hinzu, und das Elend erreichte seinen Höhepunkt. Die wenigen armen Einwohner, die der Seuche und dem Feinde entronnen waren, vermochten so vielem Mißgeschick nicht standzuhalten. Sie verließen ihr unglückliches Vaterland und suchten in den Nachbarländern Zuflucht. Die ganze Mark war nur noch eine schreckliche Wüste. Sie bot ein jammervolles Bild von Trümmern, Brandstätten und all den Plagen, wie sie ein langer und erbitterter Krieg mit sich bringt. Unter all den Schrecken der Zerstörung fand man in diesen ganz verwüsteten Gegenden kaum noch Spuren der alten Bewohner.
Brandenburg wäre zugrunde gegangen, hätte nicht Friedrich Wilhelm es mit eiserner Energie wiederaufgerichtet. Seine Klugheit, seine Ausdauer und die Zeit besiegten alle Schwierigkeiten. Er stellte den Frieden her, traf geeignete Maßnahmen und rettete den Staat vor dem Untergang. Brandenburg wurde in der Tat ein ganz neues Land. Es bildete sich aus dem Zusammenschluß der Kolonisten der verschiedenen Völker mit den alten Bewohnern, die die Verheerung überstanden hatten. In guten wie in schlechten Jahren waren seitdem die Lebensmittelpreise so niedrig, daß der Scheffel Korn 12 Groschen kostete.
Neben allem anderen Unheil, das der Dreißigjährige Krieg anrichtete, zerstörte er auch das bißchen Handel, das in Norddeutschland bestanden hatte. Wir bezogen
1 Vgl. S. 165.
2 Vgl. S. 49 f.