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Gleich den übrigen Fürsten seines Hauses war Leopold kein Kriegsmann. All seinem Hochmut zum Trotz flüchtete er nach Linz. Wien aber wurde befreit durch König Johann Sobieski von Polen, einen der großen Männer seines Zeitalters. Mit weniger Ruhm als Glück kehrte der Kaiser nach Wien zurück. Weder vor den Franzosen, die Luxemburg einschlossen, noch vor den Türken, die seine Hauptstadt belagert hatten, wollte er klein beigeben, ungeachtet seiner Ohnmacht, die keinen Widerstand gegen einen seiner Feinde zuließ. Durch die Vorstellungen des Papstes1, der Kurfürsten von Brandenburg und Bayern und der übrigen führenden Fürsten Deutschlands ließ er sich endlich zum Abschluß eines Waffenstillstands mit Frankreich bewegen, der am 15. August 1684 unterzeichnet ward.

Im selben Jahre verbündete sich der Kurfürst mit dem niedersächsischen und dem westfälischen Kreise zum Zwecke gemeinsamer Verteidigung2. Es wurde dabei die Bestimmung getroffen, daß die Fürsten bei der Zusammenziehung der verbündeten Truppen den Nachbarstaaten Kriegssteuern auferlegen sollten. Solche Züge sind zu charakteristisch für die Sitten jener Zeit, als daß wir sie übergehen dürften.

Der Kurfürst hatte Ansprüche auf die schlesischen Herzogtümer Jägerndorf, Ratibor, Oppeln, Brieg, Wohlau und Liegnitz3. Von Rechts wegen mußten diese Lande ihm zufallen, da mit den Fürsten, die sie besessen hatten, Erbverträge bestanden, die von den böhmischen Königen bestätigt waren. Er glaubte schon, er habe einen günstigen Zeitpunkt getroffen, um den Kaiser zu ersuchen, daß er seinen Ansprüchen gerecht werde. Zugleich beantragte er die Belehnung mit Magdeburg. Leopold aber kannte keine anderen Rechte als seine eigenen, keine Ansprüche außer denen des Hauses Österreich und keinen Rechtsgrundsatz als seinen Hochmut. Er bewilligte nur so viel, wie er nicht verweigem konnte, d. h. die Belehnung mit dem Herzogtum Magdeburg (1685). Er machte dabei noch einen Versuch, 2 000 Mann brandenburgischer Truppen zu erlangen, die er im Türkenkrieg verwenden wollte. Aber der Kurfürst war allzusehr verstimmt gegen ihn, um sie ihm zu bewilligen. Vielmehr stießen die Brandenburger zu Sobieskis Truppen und halfen den Polen, die Angriffe der Türken zurückzuschlagen.

Im übrigen schienen alle Ereignisse zum Vorteil des Kurfürsten auszuschlagen. Ludwig XIV., der aus politischen Gründen die deutschen Protestanten gegen den Kaiser in Schutz genommen hatte, verfolgte die Protestanten in seinem eignen Land, da sie unruhig und rebellisch waren, und störte Frankreichs Ruhe durch die Aufhebung des berühmten Edikts von Nantes (1685)4. Infolgedessen vollzog sich eine Auswanderung, die in der Geschichte kaum ihresgleichen hatte. Ein ganzes Volk


1 Innozenz XI.

2 Die Angabe beruht auf Irrtum.

3 Für Jägerndorf vgl. S. 37. Mit den Plasten von Liegnitz hatte Kurfürst Joachim II. 1537 eine Erbverbrüderung geschlossen. Trotzdem waren nach dem Tode des letzten Piastenherzogs (1675) die Herzogtümer Liegnltz, Brieg und Wohlau vom Kaiser als heimgefallene böhmische Lehen eingezogen worden.

4 Dagegen erhob der Kurfürst Einspruch durch das Potsdamer Edikt vom 8. November 1685.