<88> Nachbar mußte Deutschland schließlich aus seiner Ruhe aufschrecken. Der schwäbische,fränkische und niederrheinische Kreis schlossen zu Augsburg ein Bündnis, um sich gegen die unaufhörlichen Anschläge des ehrsüchtigen Monarchen zu sichern (1686).

All diese Ursachen zu Beschwerden vermochten den Kaiser nicht zu Taten der Vergeltung aufzureizen. Der Türkenkrieg legte ihm Zurückhaltung auf. Auch die schwache spanische Regierung erwachte nicht aus ihrer Lethargie. Wir werden jedoch bald sehen, daß die Wahl des Fürsten von Fürstenberg zum Kurfürsten von Köln1, die durch französische Ränke zustande kam, den Kaiser endlich nötigte, mit einem Nachbar zu brechen, der seine Unternehmungen maßlos ausdehnte und keine Grenzen seiner Macht mehr anerkannte. Der Kurfürst erlebte den Anfang des neuen Krieges nicht mehr.

Zum zweitenmal ließ er der Stadt Hamburg, die der König von Dänemark persönlich belagerte, seinen Schutz angedeihen. Die kurfürstlichen Abgesandten, Paul von Fuchs und Schmettau, bewogen Christian V., sein Lager vor der Stadt aufzuheben und alles wieder auf den vorigen Stand der Dinge zu bringen (1686)2. Etwa um dieselbe Zeit verständigte sich der Herzog von Weißenfels mit dem Kurfürsten über die vier Ämter, die vom Herzogtum Magdeburg abgetrennt und im Besitz des Herzogs von Weißenfels waren3. Der Kurfürst kaufte das Amt Burg für 34 000 Taler und begab sich seiner Ansprüche auf Querfurt, Jüterbog und Dahme.

Durch Zwistigkeiten zwischen dem König von Dänemark und dem Herzog von Gottorp geriet der Norden unvermutet wieder in die Gefahr kriegerischer Verwicklungen. Es handelte sich dabei um den Frieden von Roeskilde (1658), durch den der schwedische König Karl Gustav dem Herzog die volle Souveränität über sein Gebiet verschafft hatte. Den Dänen war dieser Vertrag verhaßt. Sie verjagten den Herzog aus Schleswig und erklärten, sie seien entschlossen, sich den Besitz des Herzogtums Schleswig, wie den von Dänemark selbst zu erhalten. Kaiser Leopold wollte sich in den Streit mischen. Allein der König von Dänemark ließ sich nicht darauf ein, sondern vertraute die Wahrung seiner Interessen dem Kurfürsten von Brandenburg an. Zu Hamburg und Altona wurden Unterhandlungen gepflogen. Christian V. bot dem Herzog die Abtretung einiger Grafschaften an, deren Erträgnisse den Einkünften aus Schleswig gleichkämen; nur die Souveränität wollte er sich vorbehalten. Der Herzog lehnte ab. Der Kurfürst hatte nicht mehr die Genugtuung, den Vergleich zum Abschluß zu bringen4. Der Tod beendete seine ruhmreiche Regierung.


1 Graf Wilhelm von Fürstenberg (vgl. S. 69), seit 1682 Bischof von Straßburg, war am 7. Januar 1688 zum Koadjutor und am 19. Juli des Jahres zum Erzbischof von Köln gewählt worden; doch die römische Kurie erklärte seine Wahl für ungültig und ernannte seinen Gegenkandidaten, Prinz Joseph KlemenS von Bayern, zum Erzbischof.

2 Vgl. S. 84.

3 Vgl. S. 49.

4 Durch den Vergleich von Altona vom 20. Juni 1689 erhielt Herzog Christian Albrecht von Holstein-Gottorp seine seit 1684 von den Dänen besetzten Länder zurück und außerdem eine Geldentschädigung.