6. Ode auf den Ruhm
(1737)1
Der Odem eines Gotts entfachte
Die Seele mir zu hehrem Glühn:
O Ruhm, im tiefsten Herzensschachte
Fühl' ich dein himmlisch Feuer sprühn.
Berauscht von deinem starken Zwange,
Will ich mit holdem Leierklange
Besingen deine Segenskraft:
Du reichst dem wahren Wert die Krone;
Dein Lorbeer wird dem Erdensohne
Zum Sporn für alles, was er schafft.
Es ist die Tugend, die zum Ruhme,
Der Ruhm, der uns zur Tugend weist;
Er läßt den Sieg erstehn als Blume,
Entfesselt des Besiegten Geist;
Dank ihm fand Cicero die Worte,
Kam Seneca zum Weisheitshorte,
Entsprang der echten Helden Schar.
Steigt aus der Gräber finstrem Grunde
Und gebt uns, edle Schatten, Kunde:
Wer hieß euch trotzen der Gefahr?
Schon bei den Thermopylen schaue
Die Kämpfer ich, die kühn ihr Blut
Hinopfern, um die Heimatgaue
Zu schützen vor der Sieger Wut;
Ist deren Macht auch ohnegleichen,
Ihr Mut will vor der Zahl nicht weichen,
Steht unerschütterlich im Streit;
Derweil sie sterbend niedersinken,
1 Die für die Ausgabe der „CEvres du philosophe de Sanssouci“ 1750 umgearbeitete Fassung ist zugrunde gelegt.