<213>„Hier, Wandrer, ruht ein Schriftsiellerlein,
„Er starb aus Angst, nicht unsterblich zu sein.“
Mag auf der Bühne ein Held einmal
Mit Todesnöten ohne Zahl
Uns in Atem halten, daß für sein Leben
In jedem Augenblick wir beben,
Das muß so sein, das geht uns nah.
Doch Ihr, Marquis, Ihr wißt es ja,
Daß wir Euch lieben: Ihr müßt uns ersparen
Die Angst bei all Euren Lebensgefahren.
Doch Euer Geist ist ein Vergrößerungsglas,
Es zeigt Euch alles im Übermaß.
Habt Ihr Euch ein wenig geritzt und geschunden,
Gleich zeigt es gefährliche, brandige Wunden;
Und kommt Euren Augen, den kummervollen,
Euer Spiegelbild etwas verdächtig vor,
Als wär' das Gesicht Euch ein wenig geschwollen —
Was gilt's? Euer Ende sieht dicht bevor!...
Fort mit dem Wahn, der mich schon längst verdroß!
Gehört er in eines Weisen Schloß?
Ich hasse alles Falsche in der Welt,
Was immer die Wahrheit verderbt und entstellt.
Laßt Eure schwarzen Sorgen endlich weichen,
Die Furcht vor dem Tode und seinen Zeichen;
Die Narrheit hat manchen Tag Euch vergällt!
Könnt' ich es bannen, Euer Verhängnis,
Euch befreien aus Eurer Bedrängnis!
Bedenkt: Ihr versäumt ja zu leben
Vor lauter Zittern und Beben!...
So lang Euren Faden, gnädig gesinnt,
Frau Lachesis noch weiterspinnt,
So lange freut Euch unverzagt
Des schönen Lebens und ungestört,
Indem Ihr Euch der Angst entschlagt
Und nicht auf jeden Unsinn hört,
Den so ein Dummkopf von Doktor sagt.