9. Ländliches und höfisches Leben
Ein Vergleich
(30. Oktober 1737)
Daheim in meiner selbstgewählten Klause,
In der ich dank besondrer Gunst nun Hause,
Das Schicksal aller derer mir betrachtend,
Die, eingeschläfert völlig von Chimären,
Des Irrtums voll und wie die Sklaven schmachtend,
Der Erdengötter eitle Größe ehren,
Vermess' ich mich, das Leben zu genießen,
Furchtlos vor Neid, nicht von dem Gift geschreckt,
Das tückisch, von der Großen Gunst gedeckt,
Verleumdung dürft' auf meine Unschuld gießen.
Erwach' ich früh zur schönen Jahreszeit,
Seh' Phöbus ich am Horizonte strahlen,
Die Früchte, Reben rings mit Gold bemalen;
Da sehe ich die Bienen werkbereit,
Den Honig naschend, summend überm Beet,
Das tausendfache Blumenpracht besät.
Den Schatten suche ich des dichten Hains,
Den Rand des Bachs und schöpf' aus alten Werken,