<75>Im alten Königsbau, des Louvre Prachtpalast,
Trägt Frankreichs Atlas1 stark des großen Reiches Last.
Unsterblich ist sein Leib, die Seele göttlich hell,
Dank Isis und Apoll und dank Machiavell.2
Mit gleißender Gebärde
Täuscht Himmel er und Erde,
Der Falschheit unergründter Quell.

Des Bunds Gefährten hält er hundertfach umsponnen,
Lohn lockt und Ehrgeiz sie; der Sieg scheint ihm gewonnen,
Europa sieht er schon im Bann der Dienstbarkeit.
Da wendet sich das Glück, und schnell ist er bereit,
Wie Spanien noch eben3
So heute preiszugeben
Des Kaisers4 Thron im Massenstreik.

Ich sah voraus! Und eh' der Blitzstrahl niederfuhr,
Begegn' ich dem Verrat auf seiner finstern Spur.
Auf Fargis5 dort in Wien kann zum Beweis ich zeigen —
Ich scheid' aus Fleurys Bund und aus dem blut'gen Reigen;
Im Kampfe um die Beute
Laß ich die grimme Meute,
Mir ward des Friedens Los zu eigen.

Triebfedern spielten hier, profanem Blick verhüllt,
Chimären wirr und wild, Entwürfe trugerfüllt.
Ihr armen Sterblichen! Als dieser Erde Götter
In Anbetung verehrt, und doch das Ziel der Spötter!
Den Lästerzungen allen
Als Opfer heimgefallen,
Harrt ihr umsonst auf einen Retter . . .


1 Fleury.

2 Vgl. Bd. VII, S. 18.

3 Im Wiener Präliminarfrieden von 1735 gab Frankreich seine Bundesgenossen, von denen oben nur Spanien genannt ist, preis, um sich durch ein Sonderabkommen mit Österreich die Erwerbung von Lothringen zu sichern.

4 Karl VII., für dessen Erhebung auf den Kaiserthron die Koalition gegen Österreich gebildet war.

5 Anmerkung des Königs: „Fargis war ein politischer Agent, dessen sich der Kardinal in Wien bediente“ (vgl. Bd. II, S. 119; V, S. 171).