48. An die Zerschmetterer152-1
(20. Dezember 1757)
Soubise, was denkt Ihr Euch dabei,
Samt allen Euren jungen Lassen?
Ihr Helden, weiche Tölpelei!
Wie? Sträußlein wolltet Ihr erraffen
In Sachsen, wo der Herbstwind braust
Und über dürre Stoppeln saust?
Es stiert! Schlüpft in den Pelz! Es wachsen
Längst keine Blumen mehr in Sachsen.
Ihr wißt doch, rühmliche Zerschmettrer,
Daß Flora, wie's bei ihr so Brauch,
Nicht mehr regiert, wenn der Entblättrer,
Der Nordwind, pfeift durch Baum und Strauch
Und schon des Winters Einzug kündet!
Sagt selbst: wie schlecht ist's da begründet,
'nen Strauß für die Dauphine zu pflücken,
Wo jeder Strom zu Eis gerinnt!
Seid froh, wenn Ihr so viel gewinnt,
Mit Dornen ihr das Haupt zu schmücken.
Fürwahr, ein dürftig Angebind
Ist solch ein Kranz von Disteln nur,
Doch wird's die Heldin baß entzücken,
Verblüffen selbst die Pompadour.
Sogar des Vielgeliebten Huld,
Längst von der Liebe eingelullt,
<153>Wird auf die neue Mode regnen,
Den neuen Luxemburger segnen.
Der Hof spricht: „Dieser Held ist wert
„Des großen Königs, der ihn ehrt.“
Voll ist die Welt schon Eures Ruhms
Und klar das Ziel des Heldentums:
Ludwig, der Könige Vernichter,
Wird zu Europens Herr und Richter!
Besäß' ich doch die Sangeskraft
Von Lafontaine, treuherzig-schlicht,
Ich machte füglich ein Gedicht
Auf seine Waffenbrüderschaft
Mit Wien, das Euer Tun diktiert.
Doch meine Muse, höchst galant,
Befaßt sich nur mit eitlem Tand:
So muß denn er, der Euch regiert,
Der große König, sich begnügen —
Ich sag' es frei von Winkelzügen —
Daß ihn Herr Oudrn153-1 konterfeit
Und daß Äsop ihm Lieder weiht.
152-1 Auf dem Wege nach Roßbach hatte Marschall Soubise (vgl. S. 148) nach Frankreich geschrieben, er wolle einen Strauß für die Dauphine pflücken. Darauf geht das Gedicht.
153-1 Jean Baptisie Oudrn (1686—1755), französischer Tiermaler.