<102>daß sie bei Eröffnung des Feldzuges hoffen konnten, ihre Lage von Grund auf zu bessern. Um das Heer aus einer so vorteilhaften Stellung zu vertreiben, mußten die Verbündeten durchaus einen allgemeinen Vorstoß machen, damit die Österreicher, konzentrisch angegriffen, der Überzahl ihrer Feinde erlägen. Dieser Plan wurde dem Marschall Broglie vorgelegt, aber er war nie zur Mitwirkung zu bewegen.
Bei so wenig Einigkeit und gutem Willen unter den Verbündeten mußte man freilich den Plan fallen lassen, durch den die Heere der Franzosen und Bayern am sichersten die Oberhand wieder erlangen konnten. Aber es war nicht minder wichtig, den Kurfürsten so kurz vor der Erlangung der Kaiserwürde zu unterstützen. Es war nicht mehr an der Zeit, sich mit halben Maßnahmen zu begnügen. Entweder mußte sich der König an den mündlich verabredeten Waffenstillstand halten, der nichts Sicheres versprach und der von den Österreichern so offensichtlich gebrochen war, oder er mußte durch eine glänzende Tat das Mißtrauen seiner Bundesgenossen zerstreuen. Das einzige, was die Umstände erlaubten, war der Zug nach Mähren; denn dadurch machte der König sich unentbehrlich und durfte alsdann rechnen, von beiden Parteien gleich umworben zu werden. Er entschloß sich dazu, nahm sich aber zugleich vor, von seinen eignen Truppen nur so wenig als möglich und von den Verbündeten so viele zu verwenden, als er irgend von ihnen erlangen konnte.
Die Sachsen hielten damals die Ufer der Sazawa besetzt. Sie konnten sich bequem mit einem preußischen Korps, das in Mähren eindrang, vereinen. Von da konnte das kleine Heer dann gegen Iglau vorrücken, dort den Fürsten Lobkowitz vertreiben und bis nach Horn in Niederösterreich vorstoßen. Diese Bewegung mußte entweder Khevenhüller zwingen, von Ségur abzulassen, oder die Hauptarmee der Königin nötigen, Wittingau, Tabor und Budweis zu räumen, und dann bekam Marschall Broglie die Hände frei zum Entsatz von Linz.
Die einzige Schwierigkeit war nur, den Dresdener Hof zur Vereinigung seiner Truppen mit den preußischen zu bewegen. Zunächst erhielt Feldmarschall Schwerin Befehl, mit dem Korps, das in Oberschlesien überwintert hatte, Olmütz zu nehmen. Hierauf entwickelte der König dem Marquis Valory den Zweck dieser Unternehmung und den Nutzen, den Frankreich davon haben würde. Es war in der Tat das einzige Mittel, um die in Linz blockierten Truppen zu retten. Der König wollte selbst nach Dresden gehen (19. Januar 1742). Er ließ Valory einen Tag früher abreisen, damit er die Gesinnungen erforschen und den Vorschlägen des Königs vorarbeiten konnte. Es wurde verabredet, daß Valory bei der Ankunft des Königs im günstigen Falle mit dem Kopfe nicken sollte. Valory gab das Zeichen, und sobald der König über die üblichen ersten Komplimente hinweg war, unterhielt er sich mit dem Grafen Brühl über sein Projekt. Um es in den Hauptzügen verständlich zu machen, müssen wir etwas weiter zurückgreifen.
Der verstorbene König August II. von Polen hatte einen Plan zur Aufteilung der Erbschaft Kaiser Karls VI. entworfen, von dem der Wiener Hof Wind bekam.