<109> Geschütz, und es sei die Schuld der Sachsen, wenn sie zur Einnahme von Brünn keines gehabt hätten.

Der König war fest entschlossen, künftig nur noch die Führung von Truppen zu übernehmen, über die er frei verfügen könnte und die Gehorsam besäßen. Er setzte seinen Marsch über Zwittau und Leitomischl fort und kam am 17. April zu Chrudim beim Erbprinzen Leopold an, wo er seine Mannschaften in Erholungsquartiere legte. Die Sachsen erlitten auf diesem Rückzuge einen kleinen Verlust: feindliche Husaren fingen ihnen ein Bataillon weg, das die Arrieregarde bildete. Umsonst suchte man die Sachsen zu bereden, zu den Franzosen zu stoßen. Sie gingen durch die preußischen Quartiere, um im Kreise Saaz an der Grenze ihres Kurfürstentums zu kantonnieren. Ihr Abfall schwächte die Franzosen, die nun in Pisek ohne Hilfe blieben. Die Last des Krieges lag fast allein auf den Schultern der Preußen, und die Feinde schöpften aus der Schwäche der Verbündeten die rosigsten Hoffnungen.

Während die Preußen sich in Böhmen von ihren Strapazen erholten, die Franzosen in Pisek schliefen und die Sachsen sich so schnell wie möglich den Gefahren des Krieges entzogen, rückte Prinz Karl von Lothringen wieder in Mähren ein. Prinz Dietrich von Anhalt bot ihm bei Wischau eine Schlacht an. Seine Stellung war aber so gut gewählt, daß die Truppen der Königin ihn nicht anzugreifen wagten. Die Preußen blieben in dieser Stellung und zogen nicht eher ab, als bis sie die letzte Tonne Mehl aus ihrem Magazin verzehrt hatten. Prinz Dietrich ging über das Mährische Gebirge und schlug sein Lager zwischen Troppau und Jägerndorf auf, ohne daß die feindliche Armee Miene machte, ihm zu folgen. Auf diesem Rückzug bestand das neu errichtete Dragonerregiment Nassau ein Gefecht1 mit österreichischen Husaren, bei dem es sich durch Tapferkeit und gute Haltung auszeichnete. Um dieselbe Zeit schlug sich das Regiment Kannenberg durch 3 000 Feinde durch, die es von der Armee abschneiden wollten, und erfocht sich großen Ruhm2. Das Regiment Gensdarmes wurde in einem Dorfe3, wo es in Quartier lag, bei Nacht angegriffen. Der Feind hatte das Dorf angezündet, aber die Hälfte der Schwadron focht zu Fuß in den Flammen, um den andern Zeit zum Aufsitzen zu schassen. Hierauf griffen sie selbst die Österreicher an, schlugen sie und machten mehrere Gefangene; Major Bredow4 kommandierte sie. Diese Ereignisse sind nicht wichtig, aber wie dürfte man so tapfre Taten in Vergessenheit sinken lassen, zumal in einem Werke, das die Dankbarkeit dem Ruhme der braven Truppen widmet?

Was ließ sich indes von diesem Kriege erwarten, wenn man sah, wie wenig Einverständnis unter den Verbündeten herrschte, wie kläglich die Generale der Franzosen, wie schwach ihr Heer und wieviel schwächer noch das Heer des neuen Kaisers war? Was anders, als daß die weitausschauenden Pläne des Versailler Kabinetts, die im vorigen Jahre in Erfüllung zu gehen schienen, jetzt mehr als zweifelhaft waren?


1 Bei Napagedl, 5. März 1742.

2 Bei Fulnek, zwischen Prerau und Grätz, 18.-20. April 1742.

3 Zeltsch bei Wischau, 13. April 1742.

4 Christian Friedrich von Bredow.