<116> auf diese Blöße. Das Regiment wurde zum Weichen gebracht. Der Feind benutzte das, um das Dorf Chotusitz in Brand zu stecken. Eine große Torheit! Ein Dorf, das man einnehmen will, darf man nämlich niemals anzünden, weil man in ein brennendes Dorf nicht eindringen kann. Wohl aber empfiehlt es sich, ein Dorf, das man räumt, in Brand zu setzen, um den Feind am Verfolgen zu hindern. Das Regiment Schwerin ward beizeiten des Brandes gewahr, verließ das Dorf und formierte sich als Flanke des linken Flügels. Das Feuer errichtete gleichsam eine Scheidewand zwischen beiden Heeren und verhinderte den Kampf an dieser Stelle. Freilich hielt das den Feind nicht ab, den linken Flügel der Preußen rechts vom Dorfe anzugreifen. Unter anderm wollte hier das ungarische Infanterieregiment Gyulai1 mit blanker Waffe in die preußische Infanterie eindringen. Aber der Versuch fiel so übel aus, daß alsbald die ungarischen Soldaten und Offiziere, sowie auch das Regiment Leopold Daun vor den preußischen Linien am Boden lagen, als hätten sie das Gewehr gestreckt. Eine so furchtbare Waffe ist die gut geführte Schußwaffe geworden. Diesen Augenblick benutzte der König zu einem raschen Vorstoß gegen die linke Flanke der österreichischen Infanterie. Das entschied den Sieg. Die Feinde warfen sich auf ihren rechten Flügel zurück, wurden gegen die Daubrawa gedrängt und sahen sich auf ein Gelände beschränkt, auf dem sie nicht fechten konnten. Da entstand denn allgemeine Verwirrung. Bald war das ganze Feld mit Flüchtlingen bedeckt; General Buddenbrock setzte den Österreichern, deren Reihen sich völlig auflösten, heftig nach und verfolgte sie mit 40 Schwadronen und 10 Bataillonen bis auf eine Meile vom Schlachtfeld.

Die Preußen erbeuteten 18 Kanonen und 2 Fahnen und machten 1 200 Gefangene. Obwohl es keine große Schlacht gewesen war, verlor der Feind doch viele Offiziere, und wenn man Tote, Gefangene, Verwundete und Überläufer zusammenrechnet, so betrug sein Verlust ohne Übertreibung 7 000 Mann. Man hätte auch eine Menge Standarten erbeutet, wären sie nicht vorsichtshalber, unter Bedeckung von 300 Reitern, sämtlich zurückgelassen worden. Die Preußen verloren 11 Standarten, was um so weniger wunder nehmen kann, als es damals bei der österreichischen Kavallerie üblich war, vom Pferde aus zu schießen. Sie wurde zwar jedesmal geschlagen, aber dem Angreifer kostete das doch viele Leute. Die Preußen verloren an Toten 900 Reiter und 700 Infanteristen und hatten an 2 000 Verwundete. Die Generale Werdeck und Wedell, die Obersten Bismarck, Maltzahn, Kortzfleisch und Pritz2 fanden den Heldentod, und die Truppen vollbrachten Wunder der Tapferkeit.

Der Kampf dauerte nur drei Stunden. Die Schlacht bei Mollwitz war heftiger, blutiger und durch ihre Folgen wichtiger gewesen. Bei Chotusitz wäre auch durch eine preußische Niederlage der Staat nicht verloren gewesen, der Sieg aber brachte den Frieden.


1 Vielmehr das Regiment Starhemberg.

2 Ernst Ferdinand von Werdeck Hans von Wedell, August Friedrich von Bismarck, Freiherr Albrecht Herrmann von Maltzahn, Franz von Kortzfleisch, Hans Jakob von Pritz.