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So ward Böhmen erobert und wieder verloren, ohne daß irgendein Sieg der Franzosen oder der Österreicher über das Schicksal beider Reiche entschieden hätte. In jedem andern Lande hätte ein Rückzug wie der Belle-Isles allgemeine Bestürzung hervorgerufen. In Frankreich, wo man Kleinigkeiten mit Würde und große Dinge mit Leichtsinn behandelt, lachte man nur darüber und machte Spottlieder auf Belle-Isle. Solcher Singsang verdient freilich keinen Platz in einem ernsten Werke; aber da dergleichen Züge den Volkscharakter kennzeichnen, so glauben wir das folgende Liedchen nicht unterdrücken zu sollen:

Als Belle-Isle sich jüngst bei Nacht
Still aus Prag davongemacht,
Zu dem Mond er also spricht:
Luna, meiner Tage Licht,
Meines Glückes Stern und Hort,
Leite du mich immerfort!

In London hätte man bei solcher Gelegenheit gefastet, in Rom das Sakrament ausgestellt, in Wien Köpfe abgeschlagen. Besser war's, sich mit einem Epigramm zu trösten.

Mit dem Rückzuge des Marschalls Belle-Isle ging es wie mit allen menschlichen Handlungen. Es gab Enthusiasten, die ihn voller Begeisterung mit dem Rückzug der Zehntausend des Xenophon verglichen. Andre fanden diese schimpfliche Flucht nur vergleichbar mit der Niederlage von Guinegate1. Beide hatten unrecht; 16 000 Mann, die Prag räumen und sich vor 16 000 Verfolgern aus Böhmen zurückziehen, haben keine solche Gefahren zu bestehen wie Xenophons Truppen auf ihrem langen Marsche aus dem innersten Persien nach Griechenland. Aber man darf auch nach der andern Seite nicht übertreiben und einen Marsch, auf dem die Franzosen vom Feinde nicht angegriffen werden konnten, mit einer vernichtenden Niederlage vergleichen. Belle-Isles Anordnungen waren gut. Man kann ihm nur den Vorwurf machen, daß er seine Truppen nicht genug geschont hat.

Von nun an lächelte der Königin von Ungarn das Glück. In Italien schlug Feldmarschall Traun Gages2, der über den Panaro zum Angriff vorgegangen war. Der Sieg genügte aber dem Wiener Hofe nicht: er fand, daß Traun nicht genug getan hätte, und verlangte folgenreichere Schlachten. Kurz, man urteilte über den Marschall wie Midas über Apollo, und doch war er der erste österreichische Feldherr, der überhaupt einen Sieg zu verzeichnen hatte. Das Haus Österreich fing an, seine verlorenen Provinzen wiederzugewinnen und die bedrohten zu sichern. Immerhin drückte die Last des Krieges Österreich doch schwer, und vielleicht wäre es unterlegen, hätten die ersten Glücksstrahlen den guten Willen seiner Bundesgenossen nicht wieder belebt.


1 Bei Guinegate schlugen die Engländer 1513 die Franzosen.

2 Bei Camposanto am 8. Februar 1743.