<193>Weges, auf dem die schwedische Verschanzung bei niedrigem Wasserstande von der Seeseite zu umgehen war. Auf diese Weise wurde sie denn auch erobert.

Die zahlreichen Erfolge der Preußen Schlag auf Schlag feuerten ihren Mut an und benahmen den Truppen der Königin alle Lust, den Feldzug noch weiter in die Länge zu ziehen. Ein jeder rückte also in seine Winterquartiere und blieb nun ruhig dort stehen.

Das Glück hatte den Preußen seine Gunst auch noch durch die Geburt eines Prinzen1 bewiesen, dem die Prinzessin von Preußen das Leben geschenkt hatte. Dadurch ward die Erbfolge in der regierenden Linie, die sich bisher nur auf die drei Brüder des Königs erstreckte, gesichert.

Der Berliner Hof erwartete die Ankunft des Marschalls Belle-Isle, den Ludwig XV. bei seinen Bundesgenossen herumschickte, um die erforderlichen Maßregeln für die Eröffnung des kommenden Feldzuges zu verabreden. Der Marschall war nach München gegangen, von da nach Kassel. Hier riet man ihm, wenn er nach Berlin reiste, den Weg durch das Hannöversche zu meiden, und empfahl ihm einen weit sichereren Weg über das Eichsfeld nach Halberstadt. Aber der Marschall verließ sich auf seine Stellung als Gesandter und seinen deutschen Fürstentitel2. Er schlug den Rat in den Wind und nahm in seiner Verblendung den gewöhnlichen Weg. Kaum in Elbingerode angelangt, wird er von hannöverschen Dragonern gefangen genommen3. Er besaß so viel Geistesgegenwart, alle seine Papiere zu vernichten. Im Triumph wird er nach Hannover geführt, wo der geheime Rat jauchzt, einen Marschall von Frankreich, den Vertrauensmann der Frankfurter Union, kurz, einen Mann, der eine so große Rolle in Europa spielte, gefangen zu haben. Er wird nach England gebracht und im Schloß Windsor gefangen gesetzt, wo er einige Monate bleibt. Erst nach der Schlacht bei Fontenoy ward er ausgewechselt. Der König von Frankrelch war durch die Kränkung, die ihm die Hannoveraner durch Gefangennahme seines Gesandten zugefügt hatten, in seinem Stolze tief verletzt. In Versailles sagte man, die Hannoveraner hätten gegen die der kaiserlichen Majestät schuldige Ehrfurcht und gegen das Völkerrecht verstoßen, da sie einen Mann, der eine diplomatische Würde bekleidete, auf freier Landstraße wie einen Räuber verhaftet hätten. In London sagte man: nach erfolgter Kriegserklärung könne jeder französische Offizier, der ohne Paß den Grund und Boden des Königs von England beträte, mit Fug und Recht verhaftet werden. Der Marschall Belle-Isle sei als Offizier und nicht als Gesandter zu betrachten. Diese Würde sei nicht allgemein, sondern besitze nur an dem Hofe Geltung, wo der Minister beglaubigt sei. Der eigentliche Grund zur Demütigung des Marschalls Belle-Isle aber war nur die Rachsucht des Königs von England. Georg betrachtete ihn als den Urheber des Krieges in Deutschland, als den Mann, der


1 Der spätere König Friedrich Wilhelm II., Sohn des Prinzen August Wilhelm und der Prinzessin Luise Amalie, geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel. Er wurde am 25. September 1744 geboren.

2 Karl VII. hatte ihn zum Reichsfürsten erhoben.

3 Am 20. Dezember 1744.
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