<228> ihn bei Biebrich über den Rhein gehen. Prinz Conti wurde dadurch besorgt. Er sprengte seine Brücke bei Aschaffenburg, ließ die Brücke bei Höchst abbrechen und zog sich über Gerau auf den Rhein zurück. Der Großherzog kam persönlich zur Armee. Traun ging bei Flörsheim über den Main, Bernklau schlug einige Freikompanien des Prinzen Conti bei Oppenheim. Nun hielten die Franzosen nicht mehr stand. Prinz Conti wich bei Gernsheim und bei Rheintürkheim über den Fluß zurück (19. Juli). Seine Bagage wurde von den Feinden weggenommen, die ihm auf dem Rückzuge hart zusetzten. Er lagerte sich bei Worms hinter dem Osthofener Bach und zog sich von da auf Mutterstadt zurück, wo er den für die französischen Waffen wenig ruhmvollen Feldzug beschloß.
Contis Rückzug war das Signal für den Ausbruch eines allgemeinen Taumelgeistes unter den Reichsfürsten, die nun gänzlich dem Hause Österreich zufielen. Angesichts des Hochmuts und der Tyrannei, womit Österreich von jeher in Deutschland geschaltet hat, erstaunt man mit Recht, daß es noch so niedrige Sklaven gab, die sein hartes Joch gern auf sich nahmen. Trotzdem war die Mehrzahl der deutschen Fürsten so gesinnt. Der König von England hatte das ganze kurfürstliche Kollegium in seinem Solde; er war Herr des Reichstages. Der Kurfürst von Mainz1 verdankte dem Hause Österreich sein Glück und war das blinde Werkzeug seines Willens. Nach altem Brauche beruft der Älteste des kurfürstlichen Kollegiums die Kurfürsten zur Kaiserwahl. Nach Karls VII. Tode versah der Mainzer dieses Geschäft. Er setzte die Eröffnung des Wahltages auf den 1. Juni fest. Freiherr von Erthal wurde mit der Einladung der Kurfürsten betraut. Er ging nach Prag und ließ dem Königreich Böhmen die gleiche Einladung wie den andern Kurfürsten zukommen, ganz gegen die Beschlüsse des letzten Wahltages, nach denen die böhmische Wahlstimme ruhen sollte.
Zu Anfang des Jahres 1745 hatte man sowohl in Wien wie in Hannover gefürchtet, das Heer des Prinzen Conti möchte durch sein Erscheinen bei Frankfurt verhindern, daß die Anhänger des Großherzogs von Toskana ihre Stimme für ihn abgaben. Man hatte deshalb die Absicht, den Wahltag in Erfurt abzuhalten. Auch das verstieß gegen die Grundgesetze des Reiches, besonders gegen die Goldene Bulle; aber die Feigheit der Franzosen bewahrte die Königin von Ungarn vor dieser Übertretung.
Der Wahltag trat also am 1. Juni in Frankfurt zusammen. Frankreich schloß den Großherzog von Toskana aus. Aber das Heer des Prinzen Conti, das Frankreichs Veto hätte unterstützen sollen, war bereits verschwunden: ein schweigendes Eingeständnis der Ohnmacht, durch das Frankreich sich alle seine Verbündeten entfremdete. Der brandenburgische und der pfälzische Gesandte2 überreichten dem Reichstag eine Denkschrift, worin die Prüfung folgender drei Punkte beantragt ward:
1. Sind alle vom Kurfürsten von Mainz geladenen Gesandten zur Abgabe ihrer Stimme berechtigt?
1 Johann Friedrich Karl, Graf Ostein.
2 Pollmann und Menßhagen.