Erläuterung zur nebenstehenden Tafel
Eröffnung des Ballfestes, das die europäischen Mächte im großen Saale Deutschland abgehalten haben (1742)
Dieser außerordentliche Ball war vom Oberzeremonienmeister Lord Fleury (1) so hübsch erdacht und angelegt, daß die hohen Herrschaften der Einladung des Zeremonienmeisters Belle-Isle (2) anstandslos entsprachen.
Der Kurfürst von Bayern, als zu erwählender Kaiser, gab den Ball und bezahlte füglich die Musik. Die katholischen Kurfürsten von Mainz (3), Trier (4) und Köln (5) dirigierten die Musik; und obwohl die beiden ersteren wegen ihres hohen Alters schwerhörig waren, so schwang der letzte den Taktstock doch so trefflich, daß man keine falschen Töne merkte, trotzdem mehrere schlechte Instrumente da waren, weil jeder der kleinen Fürsten und Staaten (6), welche die Musikanten abgaben, das in seinem Lande übliche Instrument spielte, mit dem er sich auszuzeichnen hoffte.
Wiewohl jeder wußte, daß die Königin von Ungarn (7) Ballkönigin war, wußten doch manche nicht, wer ihr Partner sein würde, bis Seine Majestät von Preußen (8) als Erster erschien, ihr die Hand reichte und den Ball eröffnete. Als sie sich ein wenig ausruhen wollten, bot der König von Schweden (9) einer russischen Dame die Hand; doch anstatt einer sah man zwei erscheinen, und jede beanspruchte den Tanz. Aber die eine (Elisabeth) (10) machte die andre (Anna) (11) so verwirrt, daß diese es für angezeigt hielt, den Ball zu verlassen.
Hiernach tanzten die Könige von Frankreich (12) und von Polen (13), die Kurfürsten von Bayern und der Pfalz (14) ihrem Range nach mit der Königin von Ungarn. Aber sie tanzten nicht so flott wie der König von Preußen und ermüdeten rascher, besonders der Kurfürst von Bayern (15), dem der Schweiß ausbrach. Man will wissen, daß die Königin von Ungarn englisches Goldpulver einnimmt, das sie derart kräftigt, daß sie die anderen halbtot tanzen kann, zumal sie sich anfangs schont und nicht so stark hüpft wie ihre Tänzer.
Die Könige von England (16) und von Spanien (17) belustigten sich derweil mit englischen Tänzen; aber da diese ihm zu lange dauerten, so wünschte der (altersschwache) König von Spanien, daß man aufhören sollte. Um so mehr bemühte sich seine Gemahlin1 (18), sich im Tanzen hervorzutun, und da ihr niemand rasch genug die Hand bot, so tanzte sie solo die „Folie d'Espagne“. Wie man glaubt, wird der König von Sardinien, ihr Landsmann, auch mit ihr allein eine Sarabande tanzen.
Ihre Söhne (19), von denen der eine, der König beider Sizilien2, auf Kosten des verstorbenen Kaisers tanzen gelernt hat, während Don Philipp es auf Kosten der Königin von Ungarn erlernen soll, bleiben Zuschauer und tanzen (wenn sie nicht genötigt werden) nur ein Menuett zu vieren mit ihrer Frau Mutter und ihrem Herrn Oheim3. Der Großherzog von Toskana konnte nicht tanzen, weil die neuen Schuhe, die er kurz vor Beginn des Balles aus Frankreich bekommen hatte, ihn drückten und er sich vor Hühneraugen fürchtete; inzwischen hält er seiner Gemahlin, wenn sie tanzt, das Gleichgewicht.
Die Könige von Dänemark (20) und Portugal (21) müssen wohl keine Freunde der Tanzkunst sein und werden sich anscheinend nur als Zuschauer beteiligen, ebenso einige andre Herrschaften, welche die gleiche Absicht hegen, falls man sie nicht außerordentlich bittet ober ein feierlicher Fackeltanz befohlen
1 Elisabeth Farnese.
2 Don Carlos.
3 Karl Emanuel III. von Sardinien.