<49> sechs Reihen tief im Gefecht. Die Piken wurden gegen die Reiterei gebraucht. Die Musketen gaben nur schwaches Feuer; oft versagten auch ihre Lunten. Deshalb führte man andere Waffen ein. Man vertauschte die Piken und Musketen mit Gewehren, die Bajonette trugen, und vereinigte so die furchtbare Wirkung von Feuer und Schwert. Da man die Hauptstärke der Bataillone in das Feuer setzte, so verminderte man nach und nach ihre Tiefe und dehnte sie in die Breite aus. Fürst Leopold von Anhalt, den man einen Kriegsmechanikus nennen kann, führte den eisernen Ladestock ein und stellte die Bataillone in drei Gliedern auf. Der verstorbene König brachte in seine Truppen mit unendlicher Mühe Mannszucht und eine wunderbare Ordnung und in die Bewegungen und Handgriffe eine bis dahin in Europa unbekannte Genauigkeit. Ein preußisches Bataillon wurde zur wandelnden Batterie, deren Feuergeschwindigkeit die Gefechtswirkung verdreifachte, sodaß ein preußisches Bataillon es mit drei feindlichen aufnehmen konnte. Die andern Staaten ahmten die Preußen seither nach, freilich nur unvollkommen.
Karl XII. hatte in seinem Heere zwei Geschütze bei jedem Bataillon eingeführt. In Berlin goß man Kanonen zu 3, 6, 12 und 24 Pfund, leicht genug, um sie mit Menschenarmen zu regieren und sie in der Schlacht mit den Bataillonen, zu denen sie gehörten, vorrücken zu lassen. So viele neue Erfindungen machten ein Kriegsheer zu einer lebendigen Festung, an die jede Annäherung mörderisch und fürchterlich war.
Während des Krieges von 1672 wurden von den Franzosen die transportablen, kupfernen Pontons erfunden. Da es auf diese Art sehr bequem wurde, Brücken zu schlagen, hörten die Flüsse auf, wirkliche Hindernisse zu sein. Auch die Kunst, feste Plätze anzugreifen und zu verteidigen, verdankt man den Franzosen. Besonders Vauban vervollkommnete die Befestigungskunst. Er machte die Werke bestreichbar und schützte sie derart durch ein Glacis, daß, wenn jetzt die Breschebatterien nicht auf dem Kamm des bedeckten Weges angelegt werden, die Kugeln den Mauerkranz, den sie einschießen sollen, nicht erreichen. Seit Vauban hat man gemauerte, doppelte bedeckte Wege eingeführt, und vielleicht hat man sogar zuviel Befestigungsabschnitte angelegt. Vor allem aber hat die Minierkunst die größten Fortschritte gemacht. Man treibt das Minensystem des bedeckten Weges bis auf dreißig Klafter vom Glacis vor. Plätze mit guten Minenanlagen haben Haupt- und Zweigstollen, bis zu drei Stockwerken übereinander. Der Mineur kann ein und denselben Verteidigungspunkt bis zu siebenmal sprengen. Für den Angriff hat man die Druckkugeln erfunden, die, wenn sie gut angelegt sind, alle Minen des Platzes bis auf eine Entfernung von 25 Schritt vom Herde sprengen. In den Minen liegt jetzt die wahre Stärke der Festungen, und durch ihren rechten Gebrauch können die Kommandanten die Dauer der Belagerung am meisten verlängern. Heutzutage lassen sich Festungen nur durch zahlreiches Geschütz erobern. Man rechnet eine Batterie von drei Geschützen, um eine Kanone der Festungswerke zu demontieren; zu dieser Menge Batterien kommen noch die Rikoschettbatterien, welche den Hauptwall bestreichen; und hat man nicht