<53> eine Folge der fortwährenden Kriege, die zwischen beiden Mächten seit dem Tode Karls des Kühnen von Burgund (1477) geführt worden waren. Frankreich hätte Flandern und Brabant gern in seine Gewalt bekommen und seine Grenzen bis an die Ufer des Rheins ausgedehnt. Ein solcher Plan ließ sich aber nicht von heute auf morgen ausführen; die Zeit mußte ihn reifen, und die Umstände mußten ihn begünstigen. Die Franzosen wollen ihre Feinde besiegen, um ihnen Länder abzunehmen, die Engländer die fremden Fürsten durch Kauf zu ihren Sklaven machen. Alle beide aber suchen die Öffentlichkeit mit falschen Vorspiegelungen zu täuschen, um die Augen der Welt von ihrem eigenen Ehrgeiz abzulenken.
Spanien und Österreich waren sich an Kräften ungefähr gleich. Spanien konnte nur mit Portugal Krieg anfangen oder in Italien mit dem Kaiser. Der Kaiser aber konnte Krieg nach allen Seiten führen. Er hatte mehr Untertanen als Spanien, und durch diplomatische Schachzüge konnte er seine Macht um die des Deutschen Reiches vermehren. Spanien besaß mehr Hilfsquellen in seinen Reichtümern, Österreich gar keine, und soviel Steuern es seinen Völkern auch auferlegen mochte, so bedurfte es doch fremder Subsidien, um seine Truppen ein paar Jahre im Felde zu halten. Damals war es durch den Türkenkrieg erschöpft und mit den Schulden aus diesem Kriege überlastet.
Holland war zwar reich, mischte sich aber in keinen ausländischen Krieg ein, wenn nicht die Not es zwang, seine Grenze gegen Frankreich zu verteidigen. Hollands ganzes Bestreben ging dahin, jede Möglichkeit zur Wahl eines neuen Statthalters fernzuhalten1.
Preußen, nicht so stark wie Spanien und Österreich, konnte dennoch hinter diesen in der Reihe der Mächte figurieren, wenn es sich ihnen auch nicht gleichzustellen vermochte. Die Staatseinkünfte überstiegen, wie gesagt, nicht sieben Millionen Taler. Seine Provinzen, durch das Elend des Dreißigjährigen Krieges verarmt und zurückgeblieben, waren nicht imstande, dem Herrscher Hilfsquellen zu bieten; die einzigen, die er hatte, waren seine Ersparnisse. Der verstorbene König hatte einen Schatz angelegt, der zwar nicht sehr bedeutend war, im Notfalle jedoch hinreichte, um eine gute Gelegenheit auszunutzen. Aber Klugheit in der Führung der Geschäfte war nötig. Die Kriege durften nicht in die Länge gezogen werden, vielmehr mußte man seine Pläne rasch ausführen.
Das Mißlichste war die unregelmäßige Gestalt des Staates. Schmale und gleichsam verstreute Provinzen erstreckten sich von Kurland bis nach Brabant. Durch diese Zerrissenheit hatte das Land zwar viele Nachbarn, aber keine innere Festigkeit und war weit mehr Feinden ausgesetzt, als wenn es abgerundet gewesen wäre. Preußen konnte damals nur dann etwas unternehmen, wenn es sich auf Frankreich oder England stützte. Mit den Franzosen im Bunde konnte man sein Glück machen, denn
1 Vgl. S. 29. 30.