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Inzwischen war Feldmarschall Daun längs der Elbe vorgerückt, sodaß seine Armee sich von Königgrätz bis Jaromircz gegen Königinhof ausdehnte. Der König lagerte am folgenden Tage bei Wisoka und Retzow bei Starkstadt. Von Wisoka wurde der Marsch nach Politz und Wernersdorf fortgesetzt, ohne daß die Feinde gefolgt wären. Am 9. August bezogen alle Truppen wieder das Lager von Grüssau und Landeshut.

Während dieses Rückzuges aus Böhmen fand die erwartete Diversion der Russen statt. Fermor war aus Ostpreußen in mehreren Kolonnen gegen die Grenzen von Pommern und der Neumark vorgerückt. Platen1 hatte den Feind von Stolp aus beobachtet, wo er den ganzen Winter mit einem Detachement gestanden hatte. Auf die Nachricht vom Anmarsch der Russen hatte Graf Dohna2 schon im Juni Befehl erhalten, die Blockade von Stralsund aufzuheben, sich der Oder zu nähern und den Russen entgegenzutreten, wo immer, sie in die Staaten des Königs einzudringen beabsichtigten. Fermor war von Posen auf Königswalde, Meseritz und Paradies vorgerückt. Dort bezog er ein Lager in drei Abteilungen. Zur Beobachtung des Feindes schickte Dohna Kanitz3 nach Reppen. Von hier unternahm Malachowski einen Streifzug bis Sternberg und vertrieb die Russen von dort (5. August). Da Dohna aber nicht stark genug war und sich nicht durch Detachierungen zersplittern wollte, zog er Platen an sich und beschränkte sich darauf, den Feinden den Übergang über die Oder streitig zu machen. Zu diesem Zweck lagerte er bei Frankfurt.

Trotzdem stand das Spiel nicht gleich. Da die geringste Niederlage Dohnas dem Staat verhängnisvoll werden mußte und den völligen Untergang der Kurmark zur Folge haben konnte, beschloß der König, mit hinreichender Verstärkung zu Dohna zu stoßen, um eine Art von Gleichgewicht zwischen den preußischen und russischen Truppen herzustellen. Die Verstärkung bestand aus 16 Bataillonen und 28 Schwadronen. Der größere Teil der Armee blieb unter dem Befehl des Feldmarschalls Keith und des Markgrafen Karl im Lager von Landeshut zum Schutze der schlesischen Grenze. Der König marschierte über Rohnstock, Liegnitz, Heinzendorf, Dalkau, Deutsch-Wartenberg, Schertendorf, Crossen und Ziebingen auf Frankfurt. Dort (20. August) erfuhr er, daß Fermor über Landsberg nach Groß-Cammin und Tamsel vorgerückt war und Küstrin hatte bombardieren lassen, nachdem alle Kapitulationsvorschläge des Generals Stoffeln vom Kommandanten Schach4 abgewiesen worden waren. Die Festung war nur noch ein Aschenhaufen.

Das Vorgehen des Feindes hatte Dohna bestimmt, sich Küstrin zu nähern, um es besser unterstützen zu können. Am 22. August vereinigte er sich mit dem König im Lager von Gorgast. Die Russen hatten ihre Parallelen genau am Anfang der von


1 Generalmajor Dubislav Friedrich von Platen.

2 Vgl. im Anhang (Nr. 19) die Instruktion vom 2. April 1758 für Graf Dohna, dem als Nachfolger Lehwaldts der Oberbefehl über die Armee in Pommern übertragen wurde.

3 Generalleutnant Hans Wilhelm von Kanitz.

4 Oberst Schach von Wittenau.