<144> warf sich der tapfere Major Langen1 mit einem Bataillon vom Regiment Markgraf Karl in den Friedhof von Hochkirch. Die Armee hatte knapp Zeit, zu den Waffen zu greifen, nicht aber, die Zelte abzubrechen. Der König hörte das Geschützfeuer. Er nahm, obwohl er keine Meldung erhielt, sofort drei Brigaden vom Zentrum und eilte mit ihnen auf den rechten Flügel. Die Dunkelheit war so groß, daß man nicht die Hand vor Augen sah. Indes erkannte man sofort, daß der Feind sich der großen Batterie bemächtigt hatte; denn die Stückkugeln sausten durchs Lager und konnten doch unmöglich von den feindlichen Batterien herkommen. Beim Flammenschein des brennenden Dorfes traf der König seine Dispositionen. Er zog hinter seinem Lager entlang, um das Dorf zu umgehen. Unterwegs stieß er auf ein österreichisches Grenadierkorps und nahm 3 000 Mann gefangen. Da aber nicht Leute genug zu ihrer Bewachung da waren, so entliefen die meisten in der Verwirrung des Kampfes. Die preußische Infanterie umging Hochkirch und fing an, die Österreicher vor sich her zu treiben, wurde aber von einigen feindlichen Schwadronen, die man in der Dunkelheit nicht ankommen sah, wieder zurückgedrängt. Die Gensdarmes und das Regiment Schönaich ritten eine schneidige Attacke und warfen alles, was ihnen in den Weg kam, nieder. Aber da sie in der Dunkelheit keine Richtung einhalten konnten, so gerieten sie auf die Infanterie in dem Gehölz, das Laudon tags zuvor besetzt hatte. Dort stand die ganze österreichische Artillerie und Infanterie in sehr vorteilhafter Stellung. Die preußische Kavallerie wurde von einem Kartätschenhagel empfangen und auf die eigene Infanterie zurückgeworfen. Inzwischen planten Feldmarschall Keith und Prinz Moritz von Anhalt, die verlorene Batterie zurückzuerobern. Sie setzten sich an die Spitze einiger Bataillone, um durch Hochkirch vorzudringen. Der Weg durch das Dorf ist aber so schmal, daß man kaum in einer Front von sieben Mann hindurchkonnte, und so sahen sie sich denn, als sie aus dem Orte hervorbrechen wollten, von den Österreichern derart überflügelt, daß sich die Truppen garnicht erst zum Angriff formieren konnten, sondern sofort zurückgehen mußten. Dabei fiel Feldmarschall Keith. Geist2 wurde tödlich und Prinz Moritz gefährlich verwundet. Verschiedene Versuche, durch das Dorf vorzudringen, schlugen fehl. Die Glut war zu groß, und die Schlacht war verloren.
Zur Deckung des Rückzuges erhielt Retzow Befehl, unverzüglich zum König zu stoßen. Dreimal hatte der General den Markgrafen von Durlach zurückgeworfen. Da dieser nur durch ein Defilee an ihn herankommen konnte, ließ Retzow so viel Leute, als ihm gutdünkte, hindurch, griff dann den Feind an und warf ihn mit bedeutendem Verlust dorthin zurück, woher er gekommen war. Das hatte er nun schon dreimal wiederholt, als er Befehl erhielt, zur Armee zu stoßen. Er traf gerade zur rechten Zeit beim linken Flügel ein, den der König hatte entblößen müssen, um dem
1 Simon Moritz Wilhelm von Langen.
2 Generalmajor Karl Ferdinand Baron von Hagen gen. Geist.